M. Scott Peck „Die Lügner“ Eine Psychologie des Bösen
Ein großes Einfallstor für das Böse: Wenn
wir uns vor dem legitimen Schmerz, den das
Leben mit sich bringt, drücken wollen.
Stark traumatisierte Kinder
überwinden oft diese „magische Phase“ nie. So
kann man den Pakt mit dem Teufel auf dem
Hintergrund dieses Modells deuten – eben als
Ausdruck des magischen Denkens. So gesehen
ist der Pakt mit dem Teufel ziemlich normal.
Was aber, wenn wir im Rahmen des Christentums
deuten? Demgemäß ist das Universum in
einem gewaltigen Kampf. Und das Schlachtfeld
ist jede einzelne Menschenseele. Der tiefste
Sinn des menschlichen Lebens hat dann mit dieser
Schlacht zu tun. Die einzig wichtige Frage
ist dann, ob dieses Individuum von Gott oder
vom Teufel erobert werden wird.
Die Antwort lautet schlicht, dass es bei weitem
besser, befriedigender und konstruktiver ist,
wenigstens einen Schimmer davon zu haben,
wer wir eigentlich sind, als völlig im Dunkeln
zu tappen. Schade ist daher, wenn man das wissenschaftliche
und das religiöse Modell als sich
ausschließende Interpretationen betrachtet.
Heute geht es darum beide miteinander zu reintegrieren.
Das Böse steht im Widerspruch
zum Leben. Es ist das, was sich der Lebenskraft
widersetzt. Menschliches Leben hat
viele Eigenschaften: Vernunft, Mobilität, Empfindsamkeit,
Wachstum, Eigenständigkeit, Wille.
Das Böse will töten - eine dieser Eigenschaften,
mehrere oder das ganze Leben. Es
geht um unnötiges Töten, das nicht dem biologischen
Überleben dient. „Er ist ein Mörder von
Anfang an.“ (Joh 8,44) Das Böse hat nichts mit
dem natürlichen Tod zu tun; es geht ausschließlich
um unnatürlichen Tod, um Mord an
Körper oder Geist.
Das Gute ist das, was das Leben und die Lebendigkeit
fördert.
So ist der einzig berechtigte Grund, das Böse zu
erkennen der, es zu heilen, wo immer wir es
können, und dort, wo wir das nicht können, es
schließlich eines Tages vom Angesicht der Erde
zu vertreiben. Und Heilung ist eine Funktion
der Liebe. So muss eine Psychologie des Bösen
eine liebende Psychologie sein. Sie muss von
der Liebe zum Leben verpflichtet sein; einer
Liebe zur Wahrheit, zum Licht, zur Wärme,
zum Lachen zur Spontaneität und Freude, zu
Hingabe und menschlicher Anteilnahme.
Eine Psychologie des Bösen muss auch alle wissenschaftlichen
Erkenntnisse ernst nehmen und
zugleich muss sie auch eine religiöse Psychologie
sein.
Man kann zwei Typen von Geschichten über
das Böse unterscheiden: Im einen geht es um
Menschen, die gerade daran sind ins Böse abzugleiten.
Beim anderen werden Menschen beschrieben,
die Opfer oder Beute des radikal Bösen
geworden sind
Ein Kind, das von den Eltern schlecht behandelt
wird, wird in der Regel annehmen, dass es selber
schlecht sei. Wenn es als hässlicher und
minderwertiger Mensch behandelt wird, wird es
für gewöhnlich annehmen, dass es selbst
schlecht ist.
Überall da, wo es wesentlich an elterlicher Liebe mangelt,
wird das Kind höchstwahrscheinlich auf
diesen Mangel reagieren, indem es sich selbst
für die Ursache des Mangels hält und dadurch
ein unrealistisch negatives Selbstbild entwickelt.
Wenn ein Kind mit einem beachtlichen Mass
elterlicher Bosheit grob konfrontiert wird, wird
es seine Situation höchstwahrscheinlich falsch
deuten und glauben, dass das Böse in ihm selbst
steckt.
Die Konfrontation mit dem Bösen stiftet in der
Regel selbst bei sehr ausgeglichenen und
selbstsicheren Erwachsenen Verwirrung. Man
stelle sich vor, wie es für ein naives Kind sein
muss, das dem Bösen bei denen begegnet, die es
am meisten liebt und von denen es abhängig ist.
Das Gefühl, das ein gesunder Mensch in der
Begegnung mit einem bösen Menschen oft erlebt,
ist Abscheu. Abscheu ist ein starkes Gefühl,
das dazu führt, dass wir das, was uns abstößt,
augenblicklich meiden oder ihm entfliehen
wollen. Und das ist für einen gesunden
Menschen unter normalen Bedingungen die angemessene
Reaktionsweise, wenn er mit dem Bösen konfrontiert wird. Das Böse ist gefährlich,
denn es kann uns verseuchen. Wenn man
daher nicht genau weiß, wie man mit dem Bösen
umgehen soll, ist es das Beste, Reißaus zu
nehmen.
Eine weitere Reaktion, die das Böse bei uns
häufig auslöst ist Verwirrung. Wiederum ist diese
Reaktion völlig angemessen. Lügen verwirren.
Die Bösen sind die Lügner, die andere
betrügen, während sie zugleich systematisch am
eigenen Selbstbetrug weiterarbeiten
Der Versuch, böse Menschen zu heilen sollte
daher nicht leichtfertig unternommen werden.
Es erfordert eine beachtliche Portion psychischer
und spiritueller Stärke.
Ich habe in 20 Jahren nichts gelernt, was mich
veranlasst zu meinen, böse Menschen können
auf die Schnelle anders beeinflusst werden als
durch den Einsatz roher Gewalt. Sie reagieren –
zumindest kurzfristig – weder auf sanfte
Freundlichkeit noch auf irgendeine Form von
intellektueller Überredungskunst
Bosheit und Sünde
Es sind nicht die Sünden an und für sich, die böse
Menschen kennzeichnen; es ist vielmehr die
Raffiniertheit, Hartnäckigkeit und Stetigkeit ihrer
Sünden. Deshalb ist der Hauptdefekt der
Bosheit nicht die Sünde selbst, sondern die
Weigerung, sie als solche zu erkennen.
Solche Menschen findet man häufig unter den
„anständigen Bürgern“. Weil sie ihre Bosheit
aber gut verstecken, werden ihre Verbrechen
gegen das Leben nur selten identifiziert. In den
Gefängnissen sitzen identifizierte Verbrecher, es
sind aber selten böse Menschen, denn auch
wenn sie ihr Vergehen gegenüber der Justiz
verbergen, machen sie sich aber im Grunde über
ihre eigene Schlechtigkeit nichts vor.
Ein erwähntes Merkmal der bösen Menschen ist
die Hartnäckigkeit ihrer Sünden. Obwohl sie
gewöhnlich sehr subtil auftritt, ist ihre Destruktivität
bemerkenswert durchgängig. Das liegt
daran, dass diejenigen, die die Grenzlinie überschritten
haben, von der absoluten Weigerung
gekennzeichnet sind, sich selbst in irgendeiner
Weise als sündig zu erachten.
Das Böse entsteht aufgrund der Weigerung, sich
selbst zu prüfen. Denn alle Sünden sind korrigierbar,
ausser derjenigen, sich für sündlos zu
halten.
Ein vorherrschendes Verhaltensmuster bei all
jenen, die man böse nennen kann, ist die Suche
nach Sündenböcken. Weil sie sich selber über
jeden Tadel erhaben halten, müssen sie auf jede
Person eindreschen, die es wagt, sie zu kritisieren.
Sie opfern andere, um das eigene Selbstbild
der Vollkommenheit aufrechtzuerhalten. Böse
Menschen sind chronische Anschwärzer.
Geistliches Wachstum erfordert die Einsicht,
dass man des Wachstums bedarf. Wenn wir das
nicht einsehen, bleibt uns nichts übrig als zu
versuchen, die Beweismittel unserer Unvollkommenheit
aus der Welt zu schaffen.
Böse Menschen haben anscheinend keinerlei
Motivation, gut zu sein, hegen aber den intensiven
Wunsch, gut zu erscheinen. Ihr Gutsein ist
in Wahrheit eine Lüge. Dabei geht es vor allem
um Selbstbetrug, denn böse Menschen wollen
den Schmerz der Selbstkritik nicht ertragen. So
kann man sagen, dass der Kernpunkt des Bösen
nicht ein mangelndes Gespür für Sünde oder
Unvollkommenheit ist, sondern die fehlende Bereitschaft,
dieses Gespür zu ertragen. Das Problem
ist also kein Gewissensdefekt, sondern die
Weigerung, dem Gewissen berechtigten Raum
zu geben.
Wir werden böse, indem wir versuchen,
uns vor uns selber zu verstecken.
Böse Menschen verüben ihre Missetaten nicht direkt,
sondern – im Zuge des Vertuschungsprozesses –
indirekt. Das Böse entsteht nicht aus Mangel an
Schuldgefühlen, sondern beim Bemühen, ihnen
zu entrinnen.
Nachdem sie praktisch alles tun, um den spezifischen
Schmerz zu vermeiden, der aus der
Selbstprüfung erwächst, sind die Bösen unter
normalen Umständen die letzten, die sich auf
eine Psychotherapie einlassen würden. Die Bösen
hassen das Licht.
Narzissmus und Wille
Narzissmus oder Selbstbezogenheit nimmt viele
Gestalten an. Einige sind normal.
Es gibt aber einen bösartigen Narzissmus, der
dadurch gekennzeichnet ist, dass sich der Wille
nichts und niemandem unterwirft. Alle geistig gesunden Erwachsenen ordnen ihren Willen auf
die eine oder andere Weise einer Wirklichkeit
unter, die höher ist als sie selber – sei es Gott
oder die Wahrheit oder die Liebe oder irgendein
anderes Ideal. Solche Menschen glauben an
das, was wahr ist, und nicht so sehr an das, was
sie gerne wahr hätten. Bei Bösen verhält es sich
nicht so. Im Konflikt zwischen Schuldgefühl
und Wille ist es das Schuldgefühl, das abtreten,
und der Wille, der die Oberhand behalten muss.
Ein großes Einfallstor für das Böse: Wenn
wir uns vor dem legitimen Schmerz, den das
Leben mit sich bringt, drücken wollen.
Stark traumatisierte Kinder
überwinden oft diese „magische Phase“ nie. So
kann man den Pakt mit dem Teufel auf dem
Hintergrund dieses Modells deuten – eben als
Ausdruck des magischen Denkens. So gesehen
ist der Pakt mit dem Teufel ziemlich normal.
Was aber, wenn wir im Rahmen des Christentums
deuten? Demgemäß ist das Universum in
einem gewaltigen Kampf. Und das Schlachtfeld
ist jede einzelne Menschenseele. Der tiefste
Sinn des menschlichen Lebens hat dann mit dieser
Schlacht zu tun. Die einzig wichtige Frage
ist dann, ob dieses Individuum von Gott oder
vom Teufel erobert werden wird.
Die Antwort lautet schlicht, dass es bei weitem
besser, befriedigender und konstruktiver ist,
wenigstens einen Schimmer davon zu haben,
wer wir eigentlich sind, als völlig im Dunkeln
zu tappen. Schade ist daher, wenn man das wissenschaftliche
und das religiöse Modell als sich
ausschließende Interpretationen betrachtet.
Heute geht es darum beide miteinander zu reintegrieren.
Das Böse steht im Widerspruch
zum Leben. Es ist das, was sich der Lebenskraft
widersetzt. Menschliches Leben hat
viele Eigenschaften: Vernunft, Mobilität, Empfindsamkeit,
Wachstum, Eigenständigkeit, Wille.
Das Böse will töten - eine dieser Eigenschaften,
mehrere oder das ganze Leben. Es
geht um unnötiges Töten, das nicht dem biologischen
Überleben dient. „Er ist ein Mörder von
Anfang an.“ (Joh 8,44) Das Böse hat nichts mit
dem natürlichen Tod zu tun; es geht ausschließlich
um unnatürlichen Tod, um Mord an
Körper oder Geist.
Das Gute ist das, was das Leben und die Lebendigkeit
fördert.
So ist der einzig berechtigte Grund, das Böse zu
erkennen der, es zu heilen, wo immer wir es
können, und dort, wo wir das nicht können, es
schließlich eines Tages vom Angesicht der Erde
zu vertreiben. Und Heilung ist eine Funktion
der Liebe. So muss eine Psychologie des Bösen
eine liebende Psychologie sein. Sie muss von
der Liebe zum Leben verpflichtet sein; einer
Liebe zur Wahrheit, zum Licht, zur Wärme,
zum Lachen zur Spontaneität und Freude, zu
Hingabe und menschlicher Anteilnahme.
Eine Psychologie des Bösen muss auch alle wissenschaftlichen
Erkenntnisse ernst nehmen und
zugleich muss sie auch eine religiöse Psychologie
sein.
Man kann zwei Typen von Geschichten über
das Böse unterscheiden: Im einen geht es um
Menschen, die gerade daran sind ins Böse abzugleiten.
Beim anderen werden Menschen beschrieben,
die Opfer oder Beute des radikal Bösen
geworden sind
Ein Kind, das von den Eltern schlecht behandelt
wird, wird in der Regel annehmen, dass es selber
schlecht sei. Wenn es als hässlicher und
minderwertiger Mensch behandelt wird, wird es
für gewöhnlich annehmen, dass es selbst
schlecht ist.
Überall da, wo es wesentlich an elterlicher Liebe mangelt,
wird das Kind höchstwahrscheinlich auf
diesen Mangel reagieren, indem es sich selbst
für die Ursache des Mangels hält und dadurch
ein unrealistisch negatives Selbstbild entwickelt.
Wenn ein Kind mit einem beachtlichen Mass
elterlicher Bosheit grob konfrontiert wird, wird
es seine Situation höchstwahrscheinlich falsch
deuten und glauben, dass das Böse in ihm selbst
steckt.
Die Konfrontation mit dem Bösen stiftet in der
Regel selbst bei sehr ausgeglichenen und
selbstsicheren Erwachsenen Verwirrung. Man
stelle sich vor, wie es für ein naives Kind sein
muss, das dem Bösen bei denen begegnet, die es
am meisten liebt und von denen es abhängig ist.
Das Gefühl, das ein gesunder Mensch in der
Begegnung mit einem bösen Menschen oft erlebt,
ist Abscheu. Abscheu ist ein starkes Gefühl,
das dazu führt, dass wir das, was uns abstößt,
augenblicklich meiden oder ihm entfliehen
wollen. Und das ist für einen gesunden
Menschen unter normalen Bedingungen die angemessene
Reaktionsweise, wenn er mit dem Bösen konfrontiert wird. Das Böse ist gefährlich,
denn es kann uns verseuchen. Wenn man
daher nicht genau weiß, wie man mit dem Bösen
umgehen soll, ist es das Beste, Reißaus zu
nehmen.
Eine weitere Reaktion, die das Böse bei uns
häufig auslöst ist Verwirrung. Wiederum ist diese
Reaktion völlig angemessen. Lügen verwirren.
Die Bösen sind die Lügner, die andere
betrügen, während sie zugleich systematisch am
eigenen Selbstbetrug weiterarbeiten
Der Versuch, böse Menschen zu heilen sollte
daher nicht leichtfertig unternommen werden.
Es erfordert eine beachtliche Portion psychischer
und spiritueller Stärke.
Ich habe in 20 Jahren nichts gelernt, was mich
veranlasst zu meinen, böse Menschen können
auf die Schnelle anders beeinflusst werden als
durch den Einsatz roher Gewalt. Sie reagieren –
zumindest kurzfristig – weder auf sanfte
Freundlichkeit noch auf irgendeine Form von
intellektueller Überredungskunst
Bosheit und Sünde
Es sind nicht die Sünden an und für sich, die böse
Menschen kennzeichnen; es ist vielmehr die
Raffiniertheit, Hartnäckigkeit und Stetigkeit ihrer
Sünden. Deshalb ist der Hauptdefekt der
Bosheit nicht die Sünde selbst, sondern die
Weigerung, sie als solche zu erkennen.
Solche Menschen findet man häufig unter den
„anständigen Bürgern“. Weil sie ihre Bosheit
aber gut verstecken, werden ihre Verbrechen
gegen das Leben nur selten identifiziert. In den
Gefängnissen sitzen identifizierte Verbrecher, es
sind aber selten böse Menschen, denn auch
wenn sie ihr Vergehen gegenüber der Justiz
verbergen, machen sie sich aber im Grunde über
ihre eigene Schlechtigkeit nichts vor.
Ein erwähntes Merkmal der bösen Menschen ist
die Hartnäckigkeit ihrer Sünden. Obwohl sie
gewöhnlich sehr subtil auftritt, ist ihre Destruktivität
bemerkenswert durchgängig. Das liegt
daran, dass diejenigen, die die Grenzlinie überschritten
haben, von der absoluten Weigerung
gekennzeichnet sind, sich selbst in irgendeiner
Weise als sündig zu erachten.
Das Böse entsteht aufgrund der Weigerung, sich
selbst zu prüfen. Denn alle Sünden sind korrigierbar,
ausser derjenigen, sich für sündlos zu
halten.
Ein vorherrschendes Verhaltensmuster bei all
jenen, die man böse nennen kann, ist die Suche
nach Sündenböcken. Weil sie sich selber über
jeden Tadel erhaben halten, müssen sie auf jede
Person eindreschen, die es wagt, sie zu kritisieren.
Sie opfern andere, um das eigene Selbstbild
der Vollkommenheit aufrechtzuerhalten. Böse
Menschen sind chronische Anschwärzer.
Geistliches Wachstum erfordert die Einsicht,
dass man des Wachstums bedarf. Wenn wir das
nicht einsehen, bleibt uns nichts übrig als zu
versuchen, die Beweismittel unserer Unvollkommenheit
aus der Welt zu schaffen.
Böse Menschen haben anscheinend keinerlei
Motivation, gut zu sein, hegen aber den intensiven
Wunsch, gut zu erscheinen. Ihr Gutsein ist
in Wahrheit eine Lüge. Dabei geht es vor allem
um Selbstbetrug, denn böse Menschen wollen
den Schmerz der Selbstkritik nicht ertragen. So
kann man sagen, dass der Kernpunkt des Bösen
nicht ein mangelndes Gespür für Sünde oder
Unvollkommenheit ist, sondern die fehlende Bereitschaft,
dieses Gespür zu ertragen. Das Problem
ist also kein Gewissensdefekt, sondern die
Weigerung, dem Gewissen berechtigten Raum
zu geben.
Wir werden böse, indem wir versuchen,
uns vor uns selber zu verstecken.
Böse Menschen verüben ihre Missetaten nicht direkt,
sondern – im Zuge des Vertuschungsprozesses –
indirekt. Das Böse entsteht nicht aus Mangel an
Schuldgefühlen, sondern beim Bemühen, ihnen
zu entrinnen.
Nachdem sie praktisch alles tun, um den spezifischen
Schmerz zu vermeiden, der aus der
Selbstprüfung erwächst, sind die Bösen unter
normalen Umständen die letzten, die sich auf
eine Psychotherapie einlassen würden. Die Bösen
hassen das Licht.
Narzissmus und Wille
Narzissmus oder Selbstbezogenheit nimmt viele
Gestalten an. Einige sind normal.
Es gibt aber einen bösartigen Narzissmus, der
dadurch gekennzeichnet ist, dass sich der Wille
nichts und niemandem unterwirft. Alle geistig gesunden Erwachsenen ordnen ihren Willen auf
die eine oder andere Weise einer Wirklichkeit
unter, die höher ist als sie selber – sei es Gott
oder die Wahrheit oder die Liebe oder irgendein
anderes Ideal. Solche Menschen glauben an
das, was wahr ist, und nicht so sehr an das, was
sie gerne wahr hätten. Bei Bösen verhält es sich
nicht so. Im Konflikt zwischen Schuldgefühl
und Wille ist es das Schuldgefühl, das abtreten,
und der Wille, der die Oberhand behalten muss.