Das Ei (Text)

  • Autor Autor LalDed
  • Erstellungsdatum Erstellungsdatum
  • Lesezeit Lesezeit 4 Min. Lesezeit
Am Anfang, war das, was manche ein Ei nennen,
andere sagen dazu ein Wort,
andere nennen es den Klang –
es war nichts von alledem,
und es barg gleichzeitig dies und noch vielmehr in sich.

Davon erzählen können nur, die heraussprangen, als „es“ sich öffnete.
Davon erzählen können nur, die geboren wurden,
als „es“ barst, klang, tönte, sich zum ersten mal regte.
Aber – da hatte „es“ schon nicht mehr seine ursprüngliche Form, oder auch schon gar keine mehr.

Um die Wahrheit zu sagen: „es“ hatte niemals eine gehabt.

Vor jedem Sein war das Nichts.
Vor der Vielfalt war die Leere.
Vor der Form war Formlosigkeit.

Denn das Nichts birgt das Sein und gebiert es zu seiner Stunde.
Und die Leere hütet Vielfalt –
alle, die jemals war, ist und sein wird –
und entlässt sie nach ihrem Ermessen.
Und die Formlosigkeit umgibt ein jedwede Form in mütterlicher Fürsorge,
damit ja nichts zu Schaden komme.

Ist es der Schlaf, der den Traum entlässt,
damit dieser sich austoben kann, wie er möchte?
Ist es das Wachen, dass den spielenden Traum nach Hause ruft,
damit auch er einmal ausruhen kann?

Wer wacht?
Wer schläft?
Wer spielt?

Schlief die Formlosigkeit, und träumte sie Form?
Erwachte die Leere – und was war sie dann?
Konnte Nichts Alles sein?
Ist es vergangen, oder geschieht es in einem fort?

Bergung und Hut, wohin ich auch sehe,
Fürsorge, Freigabe, leiseste Lenkung -
und Spiel der übermütigsten Art,
wertfrei und vollkommen unterschiedslos
zwischen allem was später einmal
„gut“ wurde und „böse“ und alles dazwischen.

So, wie ein Kind mit Schlamm spielt
und frei sich Hyänen nähert,
jauchzend vor Liebe und Glück -
und diese es aufziehen werden wie eines der ihren.
Wo Liebe noch unterschiedslos ist,
erkennt eines das andere,
ist anderer Schutz nicht nötig.
So begann es vor langer Zeit,
als Zeit noch nicht war.
So beginnt es auch heute,
weil alles nur den Uranfang gibt, immer:
den Einen, den Einzigen,
den aus dem Ei, dem Wort, dem Klang.

Was immer es war, das Unbenennbare,
worin die Vielfalt geborgen war wie im mütterlichen Leib und genährt
und im Nichtwissen von sich selber Eins mit dem Unnennbaren -
Es gab frei, vielleicht einmal, vielleicht mehrfach,
vielleicht immer, und immer wieder.
Oder schläft es und träumt, es gäbe frei?

Die Einheit mit dem Unnennbaren, dem Ei, dem Klang, dem Wort, dem Ersten, dem Uranfang, worin die Vielfalt, die Form nichts weiss von sich, ebensowenig, wie der Gedanke, der Wunsch, die Sehnsucht, der Witz oder das Spiel, löste sich und Vereinzelung tat sich hervor mit einem Mal, wie ein Schwall, nach kosmischem Maßstab. Nach unserem Ermessen dauerte es unendliche Zeiten, hält immer noch an.

Wir sind Teile der Vielfalt, leben im Spiel und nehmen es sehr ernst.
Wir leben in Wünschen, Sehnsüchten, materiellen Begehrnissen (die wir oft genug „Notwendigkeiten“ nennen), Gedanken, Gefühlen, Verwirrungen (die uns zu einer Zeit durcheinander bringen – und zu anderen Zeiten wieder als vollkommene Klarheit erscheinen), Liebesgefühlen, Zornaufwallungen, gierigen Gelüsten ebenso, wie zartestem Ahnen.

Und das alles ist uns Realität. Denn wir sind in alledem, sind Teil von alledem.
Etwas schläft tief in der Seele und erwacht nur selten.
In wem es erwacht, dem wird all dies fremd,
er selber wird ein Fremder inmitten seiner Heimat,
versteht die Worte nicht mehr, die Bräuche, den Humor nicht, nicht die Moral.
Denn erwacht, ist er wieder Eins mit dem Unnennbaren, dem Ei, dem Wort, dem Klang, dem Uranfang, dem ohne Anfang und ohne Ende, und kennt er selber nicht mehr Anfang und Ende.

Das ist eine andere Realität, eine andere Wahrheit.

Eine Wahrheit umfasst, eine Wahrheit geht ein in diese.
Eine Wahrheit kennt Leben nicht und nicht den Tod,
eine Wahrheit kennt beides, und das schmerzlich.
Eine Wahrheit ruht in sich, nichtwissend, ewigseiend,
eine Wahrheit verändert Leben Welten ruhelos bis ins letzte Detail.
Eine Wahrheit trägt in sich den Keim aller Töne,
eine Wahrheit singt seine Lieder,
spielt Instrumente,
komponiert seine Werke.
Eine Wahrheit trägt in sich die Kraft der Stille,
eine Wahrheit redet und plappert und erzählt ohne Ende.

Welche der beiden ist nun wahrer?
Die Ewige, die Todbringende?
Die Seiende, die Handelnde?
Die des ersten Klangs
oder die aller Lieder?
Die der hörbaren Stille
oder die der oberflächlichen Rede?

Wo die Todbringende vergeht
bleibt die Ewige.
Wo die Handelnde sich erschöpft,
ruht in sich die Seiende.
Wo kein Lied mehr gesungen werden wird,
gibt es immer noch den Ersten Klang
und was er gebar.
Wenn das Geplapper verebbt,
erhebt Stille die Stimme.

Beides ist wahr, jedes auf seine Weise -
aber eines ist wahrer:
was war, bevor mein Denken begann,
und was bleiben wird,
wenn mein Denken sich legt
ist wahrer:

Das Ei, der Klang, das Wort, der Uranfang, das Sein,
das immer noch dauert,
nach meinem Erleben,
das längst schon geschah,
nach kosmischem Maßstab.

Wir fürchten den Tod und nennen ihn Untergang und haben ein Grauen davor.
Und wissen nicht, dass es ihn doch gar nicht gibt!
Heimgang, das gibt es.
Wandlung, das gibt es.
Tod gibt es nicht.

Ist es Tod, wenn das Sein wieder heimgeht, wo es herkam: ins Nichts?
Ist es Tod, wenn die Vielfalt zurückkehrt in den mütterlichen Schoss,
aus dem sie doch kam, um wieder zu ruhen?
Ist es Tod, wenn die Form sich wieder löst und Formloses wird?

Vor jedem Sein ist das Nichts.
Vor der Vielfalt ist die Leere.
Vor der Form ist Formlosigkeit.

Denn das Nichts birgt das Sein und gebiert es zu seiner Stunde.
Und die Leere hütet Vielfalt –
alle, die jemals war, ist und sein wird –
und entlässt sie nach ihrem Ermessen.
Und die Formlosigkeit umgibt ein jedwede Form in mütterlicher Fürsorge,
damit ja nichts zu Schaden komme.

Und alles folget dem inneren Pfad kehrt wieder heim,
Eins zu werden, mit dem Unnennbaren,
dem Ei, dem Klang, dem Wort,
dem Uranfang.

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