Der Sinn des Chantens

Den englischen Begriff "Chanten" hat Iskcon im Westen bekannt gemacht. Er bezeichnet das Wiederholen des Maha-Mantras:

"Hare Krishna Hare Krishna
Krishna Krishna Hare Hare
Hare Rama Hare Rama
Rama Rama Hare Hare"

Wörtlich übersetzt etwa: "Heiliger Gott, heilige Inkarnation Gottes". Es gilt als das wohl stärkste Mantra überhaupt. Wie aber kommt es dazu, dass hier zwei der obersten Götter des Hindu-Pantheon zusammen genannt werden? Sie sind Gegensätze. Krishna ist "der Dunkle", wörtlich übersetzt, der Mond, die Nacht, die Finsternis. Rama ist die Sonne, der Tag und das Licht. Vielleicht sind sie auch wie Yin und Yang. Ein Gegensatzpaar, das die gesamte Schöpfung umfasst.

Immer wieder hört man es bringt ja gar nichts das zu wiederholen. Selbst von langjährigen Anhängern. Irgendjemand hat mal geschrieben "Da kannst du genauso gut Coca-Cola chanten.". Seitdem wird auch das immer wieder wiederholt. In der Tat würde man sich damit bestimmt stark auf Coca-Cola ausrichten. Schliesslich überall und in allem Coca-Cola sehen. Doch der effektive Nutzen wäre vermutlich begrenzt.

So ein Mantra ist wie ein Zero-Fill bei einem Computer. Der ganze Speicher wird mit Nullen überschrieben. Alles wird gelöscht, auch alle übriggebliebenen Fragmente, der ganze Müll. Es ist somit eine Grundreinigung. Ebenso bei uns. Es wird einfach alles mit Namen Gottes gefüllt und so gereinigt.

"The mind doesn't want to chant." "Der Verstand will nicht chanten", so sagte mir einmal ein ungarischer Devotee. Bei ISKCON trifft man alle Nationalitäten. Es stimmt aber. Der Verstand wehrt sich dagegen. Er merkt wohl, dass es letzlich seinen Tod bedeuten wird und seine Macht schmälert.

Eigentlich ist es leicht täglich 16 Runden mit der Mala zu chanten, wenn man nicht darüber nachdenkt. Doch man tut es. Der Verstand rattert von morgens bis abends und er hält es für eher sinnlos.

Man tut Gott keinen Gefallen damit wenn man chantet, er braucht es nicht, hat schon alles. Das Chanten ist für uns. Es bedeutet so viel wie: "Lieber Gott, bitte befreie mich aus diesem materiellen Albtraum, hole mich zu dir auf die spirituelle Ebene!".

Das Entscheidende ist dabei, dass die Namen Gottes ausgesprochen werden, egal ob gesungen, gesprochen oder auch gedacht.

Da Krishna und Rama auf der spirituellen Ebene sind entsteht so nach und nach eine Anziehung, die uns auf die spirituelle Ebene zieht.

Spirituell heisst geistig. Der "normale" Mensch erwartet durch das Chanten zunächst mal materielle Ergebnisse. Dann ist er enttäuscht, wenn die Ergebnisse "nur" spirituell sind. Denn das erscheint ihm oft wie "gar nichts".

Das eben ist unsere grundsätzliche Aufgabe. Wir sind aus der geistigen, spirituellen Ebene in die materielle Welt gefallen, inkarniert. Nun müssen wir wieder den entgegengesetzten Weg zurück gehen, von der Materie zum Geist. Dabei hilft uns das Maha-Mantra.

Dazu müsste man wohl wissen wie Krishna und Rama denken und das dürfte für uns äusserst schwierig sein.

Materielles und spirituelles Denken unterscheiden sich grundlegend, weil die Grundannahmen anders sind. Einfach nur zu sagen es wäre genau das Gegenteil trifft es auch nicht richtig. Er ist eben ganz anders.

Beim materiellen Denken ist es das Ziel immer weiter zu leben. Nach dem Tod würde man dann möglichst schnell und günstig wieder inkarniert werden wollen um mit seinen materiellen Aktivitäten weitermachen zu können. Das wäre die "normale", heisst meistverbreitete Denkweise.

Bei der spirituellen Denkweise ist es ja gerade das Ziel die materielle Ebene möglichst zügig hinter sich zu lassen. Dabei sein Karma so zu ordnen, dass man dann auch nicht wieder geboren wird sondern auf der spirituellen Ebene verbleibt. Diese Denkweise haben nur wenige und man muss sie sich erarbeiten.

Der Schlüssel ist Entsagung. So lange man materielle Freuden geniesst fehlt einfach der Sinn für Spiritualität. Doch gerade Entsagung fällt dem normalen Menschen am schwersten. Die meisten sehen in Entsagung nicht den geringsten Sinn. Der wird erst im Nachhinein klar.

So müssen wir erstmal einfach glauben und chanten und darauf warten, dass wir spirituellen Fortschritt machen wie es in allen Religionen gepredigt wird.

Die Idee der Entsagung ist doch uralt und spielte in allen alten Religionen wie Brahmanismus, Hinduismus, Buddhismus und Christentum eine geradezu entscheidende Rolle. Der noch unverbildete Geist der frühen Menschen sah damals noch ganz klar, dass völlige Spiritualität letzlich die Entsagung von der Materie bedeuten muss, was aus unserer Sicht im Tod gipfelt.

Völlig spirituelle Wesen wie Götter und Engel sind materiell überhaupt nicht präsent. Diesem Zustand kann man demnach nur durch Entsagung näher kommen. Dabei muss Entsagung aber nicht unbedingt leidvoll sein. Wer zum Beispiel gar keinen Alkohol mag vermisst gar nichts wenn er ihm entsagt.

So kann Entsagung auch freudig, fast unbemerkt erfolgen wenn man andere Ziele im Fokus hat.

Man könnte sich ja auch einfach selber umbringen, dann kommt man ja auf die spirituelle Ebene. Einerseits ja. Doch genauer betrachtet bleibt man ja innerlich der Gleiche. Innerlich wollen die meisten Selbstmörder ja noch weiter leben, jedoch nicht unter diesen Bedingungen. Es ist nur eine Flucht vor äusseren Umständen.

Die wirkliche Änderung muss im Inneren erfolgen. Dazu gehört das klare Erkennen der spirituellen Ebene bevor man bewusst zu ihr hinüberwechseln kann. Das wiederum soll ganz allmählich durch Chanten und Entsagung erreicht werden.

Es dürfte aber auch einen grossen Unterschied machen, wie, auf welche Art die Seeele den materiellen Körper beim Tod für immer verlässt.

Bei Selbstmord dürfte es meist ähnlich wie bei einem Unfall sein. Die Seele "stolpert" irgendwie ins Jenseits. Sie wird wohl in den meisten Fällen nicht die Energie haben sich weit vom materiellen Körper zu entfernen. Dann könnten solche Geister entstehen, die auf der materiellen Ebene "herumspuken".

Je nach den Umständen des Todes wären drei Fälle zu unterscheiden:

1. Die Seele gelangt mehr unfallmässig ohne Kontrolle ins Jenseits. Sie weiss nicht wirklich was los ist und hat auch keine Kraft sich weit weg zu bewegen. Sie bleibt auf der materiellen Ebene in der Nähe ihres früheren Wohnorts und spukt dort unkontrolliert herum.

2. Die Seele verlässt normal den Körper, hat jedoch nicht übermässig viel Kraft und ist durch die Erlebnisse des vergangenen Lebens eher negativ ausgerichtet. Sie gelangt in die niederen astralen Ebenen, die in der Nähe der materiellen Ebene liegen. Dort sieht es teilweise aus wie auf einem Gemälde von Hieronymus Bosch. Es gibt eher unangenehme Wesen, die einen belästigen.

3. Die Seele ist gläubig und durch Gebete und Chanten vorbereitet. Sie ist stark, gereinigt und unbeschwert von Karma und aller materiellen Anhaftung. Wie eine Rakete zischt sie kraftvoll quer durch die materielle Ebene und die niederen astralen Ebenen direkt in höhere Gefilde oder gar auf einen himmlischen spirituellen Planeten.


Dann müsste man bedenken, dass Götter wie Krishna, Rama und Vishnu geradezu unfassbar gross sein müssen. Wenn man sich vorstellt, dass Krishna in seinem Aspekt als Überseele überall im Universum gegenwärtig ist, dann sind das mindestens Gigaparsecs (Milliarden Lichtjahre = Milliarden * Billionen km), Also für uns absolut unvorstellbar.

Wenn unser Chanten auf diese Götter irgendeine Wirkung haben sollte, dann würde sie wohl aus ihrer Sicht unvorstellbar winzig sein. Wenn es auch aus unserer Sicht viele, viele Stunden ernsthaften Chantens sind.

Diese gewaltige Diskrepanz wäre bei dem ganzen Umgang .mit solchen Göttern zu berücksichtigen. Wenn man das überhaupt Dialog nennen kann, denn es scheint doch recht einseitig zu sein. Zwar können sie einem eine Antwort zukommen lassen wenn sie es wollen, doch können wir ihnen wohl kaum etwas von Interesse für sie sagen.

Wir können davon ausgehen, dass Krishna und Rama einen umfassenden Überblick über alles haben, natürlich auch über uns und alle früheren und zukünftigen Inkarnationen. Darum fällen sie andere Entscheidungen über uns als wir uns das vorstellen.

Mit anderen Worten: Wir müssen ihnen einfach vertrauen, dass sie aus unserem Chanten die richtigen Schlüsse ziehen und das Beste für uns arrangieren. Und so wird es auch kommen, wenn wir ernsthaft chanten.

Zusammenfassend kann man schreiben:

Der Sinn des Chantens ist, dass man nach dem Tod wie eine Rakete in den Himmel auftsteigt.

Hierbei muss man allerdings bedenken, dass zum Chanten noch viel mehr gehört als man zunächst denkt. Denn es wird nebenbei auch erwartet, dass man gleichzeitig die vier religiösen Prinzipien einhält!

1. Kein Fleisch essen.
2. Keine Berauschung.
3. Keine unzulässige Sexualität.
4. Kein Glücksspiel.


Denn es wäre eigentlich eine Frechheit Gott zu bitten uns in den Himmel zu erheben, wenn wir die Prinzipien nicht einhalten. Er hat aber Verständnis für unsere Situation und weiss, dass wir in einer völlig degenerierten Umgebung leben und es für uns sehr schwer, wenn nicht gar so gut wie unmöglich ist diese strengen Regeln auf Dauer zu befolgen.

Unabhängig davon, dass wir Gott um Erhebung in den Himmel bitten müssen wir trotzdem die Anforderungen erfüllen.

Diese Regeln wurden von den indischen Rishis der Vorzeit entwickelt. Sie erkannten in geistiger Schau "Sanatana Dharma", die ewige Ordnung. Es sind Naturgesetze. So ist es z.B. ein Naturgesetz, dass Alkohol immer Nervenzellen auflöst, wenn getrunken. Auch ist es Naturgesetz, dass die sexuelle Energie schwere Schäden anrichten kann, wenn fehlgeleitet.

Dieses Wissen wurde im 15. Jh. von Sri Chaitanya Mahaprabhu wiederbelebt und von Srila Prabhupada in den Westen gebracht.

Im Laufe der Zeit gab es in allen Religionen Tendenzen die strenge Entsagung abzumildern und zu verwässern. Da gab es einen "linkshändigen Pfad" und was nicht alles. Das sind im Endeffekt alles nur Versuche ohne Entsagung spirituellen Fortschritt zu machen und wird am Ende dann doch nicht richtig funktionieren.

Es mag sein, dass man nach längerem Chanten eigenartige Zustände erreichen kann. Die meisten berichten nur von einer leicht reinigenden Wirkung. Den Haupteffekt aber dürfte man selber gar nicht direkt merken. Es ist die Wirkung, die man bei Gott erzielt, der dann besonderen Schutz und Führung geben kann.
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Kommentare

Toll nicht? Seine Lieblingsvideos hier rein zu stellen, so geht nichts im Universum verloren. Alles hat seine Ordnung.



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Lieber @Pfeil :) Wow, du hast dir wirklich viel Zeit genommen und Mühe gemacht, um hier einen so tollen aufschlussreichen und langen Text einzustellen,von dem man etwas tolles lernen kann :) Vielen lieben Dank !!! Ich denke, ich werde damit anfangen!!! :)
 

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