Christentum - Verfälschungen

Ein spannender Beitrag des Users "Schreib" (2008), weil sie eine äußerst problematische Positionierung des Christentums aufzeigt:
Schreib schrieb:
Zwischen dem Christentum und den anderen Religionen gibt es natürlich vielerlei Unterschiede. Der entscheidende Unterschied liegt jedoch im Weg zu Gott.

Die östlichen Religionen gehen davon aus, dass der Mensch Gott in sich trägt. Dessen ist der Mensch sich aber normalerweise nicht bewusst, weil seine Gefühle und Wünsche ihn davon abhalten. Der Mensch muss also sich selbst verändern in der Hoffnung, so Gott mehr und mehr erleben zu können.

Auch im Islam ist der Mensch auf sich selbst zurückgeworfen, wenn es darum geht, den Weg zu Gott zu bahnen. Er muss treu die Gesetze des Islam befolgen. Nur so kann er auf ewiges Leben hoffen.

Die Bibel geht jedoch davon aus, dass der Mensch durch seine Sünde ganz und gar von Gott getrennt ist. Die Kluft zwischen Mensch und Gott ist so tief, dass der Mensch gar nichts dazu beitragen kann, um sie zu überbrücken - nur Gott hat diese Möglichkeit. Er hat seinen Sohn Jesus Christus gesandt, um stellvertretend für die Sünden der Menschen zu sterben. Wer an ihn glaubt, wird allein durch den Glauben, ohne irgendeinen Beitrag des Menschen, von Gott gerecht gesprochen. Durch diese ihm verliehene Gerechtigkeit ist dann die Kluft zwischen Gott und Mensch überbrückt und der Mensch kann in Gemeinschaft mit Gott leben.

Die Tatsache, dass der Mensch ohne sein Zutun allein aus Gnade in die Gemeinschaft mit Gott gelangen kann, ist unter den Religionen einmalig. Wenn diese Aussage der Bibel tatsächlich der objektiven geistlichen Wirklichkeit entspricht, kann das Christentum nicht nur eine von mehreren wahren Religionen sein. Die Einzigartigkeit im Menschenbild und der Überwindung der Trennung zwischen Gott und Mensch macht das Christentum dann zur einzig wahren Religion.
Hehe! Aus der Sicht dieser Logik heraus könnte sich das Ganze aber auch umkehren und das Christentum zur einzig falschen Religion werden! :) Aber das meine ich nicht wirklich, denn JEDE Religion hat ihre Berechtigung.

Religion ist immer etwas von Menschenhand Erschaffenes und Gelenktes. Sobald der Gottmensch und Meister, der Diener des Göttlichen, den physischen Körper verlässt, wird eine Organisation gegründet, der sich möglichst viele Menschen anschließen sollen ... und es geht hier immer mehr um Quantität als um Qualität. In weiterer Folge entstehen die ersten Machtkämpfe unter den Schülern ... und die ersten Gruppierungen beginnen sich abzuspalten, weil sie sich mit bestimmten Entwicklungen (zurecht) nicht mehr identifizieren können ... denn die Urlehren werden über die Generationen immer weiter verwässert.

DESWEGEN ist es sehr sehr schwierig, wenn nicht sogar unmöglich, dass eine Religion ihre ursprüngliche Reinheit bewahrt. Weltliche Interessen spielen eine überragende Bedeutung und so werden die ursprünglichen Lehren verfälscht ... meist, weil sie den Menschen wenig Materielle Vorteile einbringen. Der Reichtum ist ja auf der spirituellen Seite zu finden :D ... nur wer von uns versteht das schon und will nicht lieber die kurzfristigen Gusto-Stückchen genießen, wie sie in DIESER Welt zu finden sind? :D

Das Ergebnis dieser Überlegungen ist aber, dass in allen Religionen tiefe Wahrheiten zu finden sind ... genauso wie Verfälschungen. Eine der problematischsten Verfälschungen der kath. Kirche ist oben sehr sehr gut beschrieben: Demnach braucht ein Mensch keinen Beitrag zu seinem Seelenheit zu leisten. Und genau das kommt der negativ-erhaltenden Kraft sehr gelegen! Du brauchst dich nicht zu verbessern! Kümmere dich nicht darum, denn Gott ist Gnade und somit wird Er die ganze Arbeit machen!

Jesus hat das niemals gesagt. Stattdessen hat er die Menschen fortwährend auf ihre Fehler hingewiesen und aufgefordert sich zu verbessern! Warum wohl? Weil sie ansonsten niemals die spirituellen Bereiche erreichen können!

Mk 10 schrieb:
Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt.

Wer soo sehr vom Materiellen eingenommen ist, der kann nicht loslassen und entsprechend seinem Verlangen muss er in die Welt zurückkommen.

Die Bergpredigt ist voll von solch ethischen Prinzipien die eingehalten werden MÜSSEN, damit eine Annährung zwischen uns und Gott stattfinden kann. Und sieht man sich das Leben der wirklich großen christlichen Mystiker an, wie z.B. Teresa von Avila, so kommt in ihrem Werk "Die innere Burg" die Bedeutung der Selbstanalyse ganz klar zum Ausdruck. Ohne Selbstanalyse und persönliche Fortschritte kann es keine Gotterkenntnis geben. Deswegen sagt sie:

Teresa von Avila schrieb:
Hört nicht auf vorwärts zu streben!

Sie sagt auch, dass es eine "Schlacht" gibt, die wir zu "durchfechten haben".

Meister Eckehart, ein weiterer christlicher Mystiker schreibt in der 9ten Predigt:

Meister Eckehart schrieb:
Die Seele wird im Körper geläutert, auf dass sie sammle, was zerstreut und herausgetragen ist. Wenn das, was die fünf Sinne hinaustragen, wieder in die Seele hereinkommt, so hat sie eine Kraft, in der alles eins wird.

Meister Eckehart beschreibt hier den Vorgang der Meditation. Die großen Meister sagen genau dasselbe: Gegenwärtig verschwenden wir unsere gesamte spirituelle Energie über die 5 Sinne an die Außenwelt. Der Großteil der Energie fließt dabei über die Augen nach außen. Und es heißt, dass Aufmerksamkeit eine Qualität der Seele ist. Und indem wir etwas in der Welt beobachten, schenken wir dem unsere Aufmerksamkeit und Energie.

Meditation ist ein Vorgang bei dem nun dieser Abfluss gestoppt und nach innen hin umgelenkt wird. Die Sinnesströme werden gebündelt nach innen gerichtet! Dieser Prozess ist eine Notwendigkeit und niemand kann das für uns tun!

Darüber hinaus erklärt Meister Eckehart, den zweiten Faktor der notwendig ist, um Gott zu erreichen:
Meister Eckehart schrieb:
Zum anderen wird die Seele geläutert in der Übung der Tugenden ...
Tugenden sind die guten Taten ...

und er sagt weiters:
Meister Eckehart schrieb:
Zum dritten liegt darin der Seele Lauterkeit [= Reinigung], dass sie auf nichts geneigt sei.
Das ist das Prinzip der Wunschlosigkeit. Wünsche & Verlangen verhaften uns, wie es Jesus schon angesprochen hat. Der Mensch muss frei werden von jeglichen materiellen Verlangen und sie durch höhere Verlangen ersetzen. Unsere Verlangen entscheiden unter anderem, was nach dem Tod mit uns passiert ... und wie "weit" ein Mensch in höhere Bereiche vordringen kann. Bis der Mensch aufgrund seiner selbst-geschaffenen Gedanken/Worte/Taten wieder einen Körper wird annehmen müssen ...

In der Astralebene, in die die Seele gewöhnlich nach dem Tod gelagt, findet sie keine Befreiung, auch wenn manche sie für das Paradies halten mögen. Der Mensch kämpft hier ebenso mit der Verstrickung seines Selbst mit der Materie & Persönlichkeit. Aber alles ist hier etwas leichter als auf der Erde ... hier gibt es nicht diesen Überlebenskampf und Wünsche materialisieren sich sehr sehr schnell. Es ist quasi eine Wunsch-Welt, wie man nicht zu träumen vermag ... aber es ist bei weitem nicht das höchste Bewusstsein ... und die Seele kann hier niemals tiefste Glückseligkeit erreichen ... auch nicht in der Kausalebene darüber in der bereits ein sehr hoher Bewusstseinsgrad vorherrscht ... aber auch diese Ebene gehört noch zum Spielplatz der Negativ-Erhaltenden Kraft. Alle Wesenheiten und Gottheiten, so unglaublich groß und mächtig sie hier auch sein mögen ... sind dem Gesetz des Karma unterworfen!

Es ist alles soooo unglaublich ... und kein Mensch kann diese Illusionen durchschauen. Wir sind wirklich nur ganz ganz kleine Springer ... in Anbetracht der Größe allen Seins. Und dennoch tragen wir eine unglaubliche Größe in uns.

Aber um zum Thema zurück zu kommen ... damit wir den größtmöglichen Nutzen aus dem physischen Leben ziehen, muss die Reinigung bereits hier erfolgen. Nicht erst nach dem Ableben, wo wir keine Ahnung haben, was tatsächlich mit uns passieren wird. Ist es nicht töricht, sich darauf zu verlassen, dass irgend jemand MEINE Arbeit macht? Meine Wohnung ist ziemlich schmutzig, aber bisher hat nicht ein einziges Mal jemand angeklopft und gefragt, ob er/sie für mich staubsaugen darf. Wie lange soll ich noch warten? :D

Erst durch unserer Bemühen erhalten wir mehr Aufmerksamkeit und Gnade des Göttlichen ... und aus einer höheren Sicht verhält es sich tatsächlich so, dass unser Beitrag, zur "Befreiung" der Seele aus dem Materiellen minimalst ist. Das Göttlich muss einen Großteil der Arbeit abwickeln, weil wir dermaßen hoffnungslos in den niederen Ebenen verstrickt sind (Karma). Was wir also für seeeehr viel und mühsam halten ... dieser kleine Beitrag des Bemühens und Anstrengens ... täglich Zeit für die Meditation aufzubringen ... und täglich darüber nachzudenken, wie man sich selbst verbessern kann ... das ist nur ein Minimalstbeitrag, den wir aber beitragen müssen. Alles andere, die Schwerstarbeit, kann nur Gott selber tun ... und uns völlig bewusste Helfer schicken, die ganz in ihn eingetaucht sind ... und deren Größe wir nur erkennen können, wenn sie uns erlauben diese zu sehen.

Deswegen sagte Jesus:
Mat. 11 schrieb:
... niemand kennet den Sohn denn nur der Vater; und niemand kennet den Vater denn nur der Sohn und wem es der Sohn will offenbaren.

Niemand kann die Größe eines Gottmenschen erfassen. Das weiß nur Gott ... und das Göttliche direkt erfahrbar zu machen ist ein Gnadenakt ... Führung. Man mag selber weit kommen ... aber das ist vergleichsweise seeehr bescheiden.

Kommentare

Das Ganze heißt aber nicht, dass man ein asketisches Leben führen muss, denn das entspräche dem Prinzip der "negativen Mystik". "Positive Mystik" bedeutet, dass man seinen weltlichen und gesellschaftlichen Verpflichtungen (Beruf, Familie etc.) weiterhin nachkommt ... aber eben fortwährend an sich arbeitet und Zeit für die Meditation aufbringt. Der Tag hat eigentlich 24 Stunden ... aber wenn man sich das genauer ansieht merkt man schnell, wie schwierig es ist Zeit aufzubringen ... auch wenn wir sie oft seeehr verschwenderisch einsetzen.

Die Meister sagen, dass es eine Sache der Prioritäten ist. Was uns selbst wichtig ist, dafür bringen wir nämlich auch Zeit auf. Bringen wir also keine Zeit auf, ist es ein Zeichen, dass es uns nicht wirklich wichtig ist ... und wir es nicht ernst meinen. Außerdem heißt es, dass ZEIT das eigentliche Kapital ist, dass wir für das Leben mitbekommen haben. Und es kommt darauf an, diese Zeit weise einzusetzen ... also zur Erreichung seiner individuellen Ziele (wie die auch immer lauten mögen).
 

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