Ausführlich drüber nachgedacht, passt, weiterzeichnen.

Bis uns halt was Gscheiters einfallt, weil der Weisheit letzter Schuß kanns a ned sei.

Ein Bild geht um die Welt, eine Zeichung, eine wirkliche Erklärung des Künstlers dazu, wie ich diese verstehen darf, finde ich nicht. Der angehende Christ in mir wird schwer geprüft. Da dieser nicht so gefestigt ist, wie es wünschenswert wäre, ziehen mir Gedanken durch den Kopf, die meinem christlichen Verständnis von Gewaltfreiheit nicht mehr ganz treu sind. "A so a Scheißfigur, so a verdammte. Dem tät i jetzt aber a gern die Finger brechen, ned, weu i eahm weh tuan wü, sondern nur, dass er amoi 6 Wochen kan Bleistift mehr halten kann." Die christliche Erziehung hab i von der Mama, das derbe Gemüt vom lebenslangen Umgang mit anderen Menschen. So kommt`s, dass ich in manchen Situationen ein wenig zerrissen bin.

Der Jesus aber, der sitzt zum Glück in mein Schädel drinnan und sagt: "Nein, Freund, so geht das nicht. Das ist nicht mein Weg. Denk nach, lass dir was einfallen, lern Französisch, tritt mit dem Zeichner in Kontakt, sprich mit ihm über sein Werk."

Ja, die Zeichnung hat schon das Potential, einen jungen, schwachen Christen, der sich in seinem Glauben erst noch festigen muss, ein wenig ins Grübeln zu bringen. Der gefestigte Christ dagegen sagt: "Pha... was kümmerts mich, der heilige Geist steht über allem, Gottes Strafe folgt auf dem Fuße." Die Kirche ruft: "Sakrileg! Sakrileg!" Die Aussagen der Bibelkundigen, der Christus-Experten und Religionswissenschaftler also liefern dem jungen Christenlehrling keine brauchbare Erklärung für das Bild. Er sieht auf der Zeichnung nur diesen Jesus, jenen, der in seinem Kopf vom Frieden, von Nächstenliebe und von Feindesliebe schwärmt, wie der seinen Vater in den Arsch fickt und dabei das Symbol der Heiligen Dreifaltigkeit, falsch beschriftet noch dazu, im Hintern stecken hat. Le Saint Spirit, der heilige Geist, so hat er`s gelernt, ist nur ein Aspekt der Dreifaltigkeit, vielleicht sogar jener, von menschlicher Willkür unberührbare Aspekt Gottes, der sich im menschlichen Denken Ausdruck verleihen und so auf der Erde manifestieren könnte, wenn man ihn nur ließe. Egal, diese Nebensächlichkeit kann der angehende Christ ruhig ignorieren, was zählt, er ist ein wenig traumatisiert, ein Denkprozess beginnt und Fragen ziehen durch seinen schmerzenden Kopf.

Will der Künstler hier die Religion, den Glauben des Christen an einen Gott lediglich in sehr lächerlicher Weise durch den Kakao ziehen oder will er ihn prüfen? Handelt es sich bei dem Kunstwerk in hoher Auflage um ein Zeichen des kulturellen Verfalls generell und des Verfalls des Glaubens speziell, oder handelt es sich bei dem Verlag gar um eine geheime Zweigstelle der wahren Kirche des einen Gottes; des einzigen Tempels, welcher das Individuum selbst ist; und dient diese kritische Außenstelle nur der Prüfung und Stärkung seines Gottvertrauens?

Das sind Fragen, die der Künstler dem Betrachter schuldig bleibt.

Der angehende Christ im zweiten Lehrjahr sagt nicht mehr: "Ich brech dir die Finger, du Drecksau." der sagt: "Okay Freund, du fühlst dich berufen, mich und meinen Glauben zu prüfen und das tust du, indem du mir mit deinen Straßenschuhen provokativ ins Heiligste steigst, in das nämlich, was mich zum Menschen macht und dich vor einem Unfall bewahrt. Mein Glaube an Gott wird nicht erschüttert durch dein Bild, wohl aber würde ich meinerseits gerne dich prüfen, wie weit du würdig bist und kompetent, wie weit du weißt, was du tust und wovon du hier in Bildern sprichst; würde gern etwas über deinen ganz persönlichen Glauben und deinen Bezug zu Gott erfahren.

Ich bin Automechanikerlehrling, Freund, und du? Bist du auch Automechaniker? Oder bist du Kochlehrling? Du zeichnest gerne Autos und Maschinen und beschreibst in deinen Bildern sehr verwirrend ihre Funktion. Daher rührt meine Neugier, was ist dein Motiv, Künstler? Unterhaltung, Spiel, Verwirrung... Aufklärung? Was? Bilder wie am Fließband rauswerfen und die freiwilligen und unfreiwilligen Kunstkonsumenten blöd sterben lassen, ist ein bisschen wenig und die Situation auf der Erde mir persönlich doch etwas zu dramatisch, um es einfach als Spiel abzutun.

Religion, ja, das ist so eine Sache, da ist viel schief gegangen im Lauf der Geschichte. Und müssen wir unser Bekenntnis zu Gott in der westlichen Welt auch nicht einem jeden gleich um die Ohren haun, so ahnen wir als halbwegs kultivierte Affen zumindest, dass der Gedanke der Menschenwürde nebst in der Antike auch tief verwurzelt ist in der jüdischen und christlichen Religion und damit auch alles, was das Leben in dieser Gesellschaft lebensfreundlich, wert und würdig macht. Auch dafür, dass vor dem irdischen Gesetz alle Menschen gleich sind gibts keine andere Garantie als den Glauben und die Überzeugung, dass vor Gott alle Menschen gleich sind. Und auch wenn ich selbst in Geschichte ein absoluter Volltrottel bin, kann ich mir bei dem einen oder anderen qualifizierten Historiker eine Bestätigung für dieses vage Gefühl einholen. Und dann belass ich es dabei, denn irgendwo muss ich ankommen, wo meine vibrierende Seele und mein unsteter Geist ihren Frieden finden. Und es ist gut, dass ich an diesen Gott glauben kann, denn in einer Welt, in der der Mensch das Höchste über Allem ist, würde ich nicht eine Minute lang leben wollen. Bei aller Liebe zu diesem Erforscher des Irrsinns.

Die Menschenrechte, ja. Vermutlich darf ich davon ausgehen, dass dem Künstler beim Anfertigen des heiter-erotischen Dreiers sehr wohl bewusst war: "Steig ich auf das eine, zertrete ich auch das andere." Und da ich weiters davon ausgehe, dass es nicht im Interesse des Kreativen ist, dass ich oder irgend jemand anderer auf seine Menschenrechte steigt, darf ich annehmen, dass derartige Provokation nur der Prüfung dient, wie friedfertig meine Religion ist.

Als gewöhnlicher Mensch, unabhängig von Bekenntnis und Glauben kann ich nun sagen:

"Okay, du musst mit mir auf einem Planeten leben, also darfst du auch meine ideellen Werte und meine Religion prüfen. Aber übertreibs bloß nicht, hab auch noch anderes zu tun, als über die wahren Motive deiner Provokation nachzudenken.
Steig ich auf das eine, steig ich auch auf das andere und steigst du zu oft mir in das meine, leg ich das Kreuz kurz zur Seite und steig dir in das Deine. Ein trauriges Spiel, wenn man`s genau betrachtet, doch, so scheint`s, will es der Mensch.

Jesus1000.jpg


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