Abendland...

  • Autor Autor Hellequin
  • Erstellungsdatum Erstellungsdatum
  • Lesezeit Lesezeit 1 Min. Lesezeit
Biestige Menschen vor verblassten Statuen. Quietschbunte Einsprengsel. Ministranten mit Turnschuhen. Die Fotografin, noch nicht volljährig, trägt ein durchsichtiges Oberteil. Eine auf Xavier Naidoo getrimmte Schaufensterpuppe hält ein Stück Pappe, das sie als Erlöser ausweist. Der Pfarrer singt linkische Verse in deutscher Sprache, wahrscheinlich selbst verfasst. Vorne überlebensgroß der Gekreuzigte. Heute habe ich erkannt, dass er tot ist, tot wie die Seelen seiner letzten verbliebenen Schafe. Auch der katholische Gottesdienst ist dieser Tage ein Totentanz; ein besonders trauriger, denn die Tänzer spielen sich selbst vor, dass ihre Religion noch in Blüte stehe. Nur sie bemerken nicht, dass die Aufführung nurmehr ein Witz ist, eine miese, demütigende Karikatur längst vergangener Größe. Freilich: Nicht nur die Tempel der Katholiken stehen, von Spuk abgesehen, leer. Die einzigen Tempel, die dieser Tage noch leben, sind die Tempel des Fleisches, und selbst die ächzen unter der hemmungslosen Verschweinung der Bewohner der hoffentlich letzten Zuckungen dieses Eisernen Zeitalters. In dieser fiebrigen Nacht der Seele obliegt es dem Narren nicht länger, zu dekonstruieren, denn die Dekonstruktion selbst ist Gott geworden. Seine Aufgabe ist nun ungleich schwieriger, denn sie besteht darin, Wunder zu wirken, wo Schutt, Dreck und Scheiße im Schafspelz radikaler Vernunft Mythen zu Kitsch und Menschen zu Maschinen ätzen.
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