04- ein etwas ungewoehnlicher Tag in Nepal, Boudha in der Naehe von Kathmandu...

Ich interessiere mich ja fuer alternative Heilmethoden. Also hab ich hier in Nepal vor einer Woche einen Schamanen besucht. Ich wollte wissen, ob ich eine Ausbildung bei ihm machen kann. So hat er mich an einer "grossen Heilsitzung" als Zuschauer teilnehmen lassen. Um 11 Uhr Vormittags bin ich ziemlich gespannt zu ihm gegangen. Die Patientin war eine junge Nepalesin. Sie klagte ueber Energielosigkeit und permanente Muedigkeit. Sie war auch sehr duenn und hatte dunkle Augenraender.

Der Schamane hatte einen halben Tag fuer Vorbereitungen gebraucht. Er hatte mehrere aus Schilf geflochtene runde Tabletts mit verschiedenen Speisen, Gegenstaenden und Blumen versehen. (Reis, Aepfel, Bananen, bunte Stofffaehnchen, eine kleine Puppe, Kamm und Spiegel, Nagellack, Schleifenbaender, Nuesse, Raeucherstaebchen usw.) Ich hab Fotos gemacht und kleine Videofilmchen gedreht. Raeucherwerk schmokte das Zimmer zu und eine Oellampe brannte. Der Raum war Heilerraum, Schlafzimmer, Kinderzimmer und Kueche zugleich. Im Hintergrund stand ein grosses Bett. Im Bett lag eine junge Frau mit einem 2 Wochen alten Saeugling, die Frau des Schamanen. Im rechten Winkel dazu stand ein zweites schmales Bett. Das war das Bett der beiden Toechter des Schamanen. 5 Personen teilten sich das Zimmer, das etwa 6 mal 5 Meter (grosszuegig geschaetzt) mass. Und nun sassen zeitweise 12 Personen drin! An einer Wand befand sich ein buddhistischer Schrein und an einer weiteren, Poster mit hinduistischen Goettern. Er mixe die Religionen, wurde mir gesagt. ...kenn ich ja von mir...

Erst hat sich der Schamane "angepellt" eine rote Unterhose und einen weissen Rock, der aus 9m Baumwollstoff genaeht war und ein weisses Hemd. Auf dem Kopf hatte er eine Pfauenfederhaube. Darueber band er einen langen weissen und darueber ein langen roten duennen Baumwollschal als Stirnband. Rot bedeutet Kraft und weiss bedeutet Frieden. Ueber die Schulter und einen Arm durchgesteckt hatte er Ketten grosser Malas aus heiligen Nuessen und Lederguertel mit vielen, vielen Glocken, die laut bimmelten, wenn er sich bewegte. Die Malas und Guertel waren ueber seine Brust und seinen Ruecken gekreuzt... so wie frueher die Soldaten ihre Munitionsguertel trugen. Ich waere zusammengebrochen, haett ich versucht, das alles anzulegen. Das war sauschwer.

Dann hat der Schamane begonnen, Mantras zu singen und seine Trommel zu schlagen. Jeh, dat war laut. Ich schielte auf das Baby. Es schlief. Die Kranke sass neben dem Schamanen auf dem Boden. Er fiel in Trance und hat sich geschuettelt, wie ein Irrer. Danach hat er ein Ende eines dicken Baumwollfadens zu einem der Tabletts gelegt und das andere Ende der Kranken um die Haende gewickelt. Er schuettelte sich weiter wie verrueckt. Die Glocken schepperten und dann hat er den Baumwollfaden in der Mitte angebrannt, so dass er durchtrennt wurde. Die Frau sollte sich schnell umdrehen und das Tablett wurde aus dem Zimmer getragen und ich nehme an, die Krankheit auch. Mit jedem der angerichteten Tabletts wurde ein anderes Ritual durchgefuehrt. Irgendwann erschienen die beiden Toechter (geschaetzt 6 und 13 Jahre alt) und setzten sich in ihr Bett. Ich wurde dazugebeten und hockte da im Schneidersitz. Das Baby wurde immer wieder gestillt und gewickelt. Rauchschwaden vom Raeucherwerk zogen durch das Zimmer. Zwischendurch wurde ein grosser Topf Wasser auf einem Spitiuskocher zum Sieden erhitzt. Die kranke Frau musste ihr Oberteil ausziiehen und ihren Ruecken freimachen. Sie tat es ein wenig verschaemt. Zu einem Strauss gebundene belaubte Zweige eines bestimmten Baumes wurde in das bruehend heisse Wasser getaucht und ihr dann auf den Ruecken geschlagen. Das sah furchterregend aus. Dann deutete der Schamane auf mich (er kann kein Englisch) und ich sollte mich da auch hinsetzen... aaaahhh... es gab kein entrinnen. Jehhh und die Bude voll nepalesischer Maenner... Ich wickelte mich aus meinem Schal, schob die Spaghettitraeger meines Topps von meinen Schultern...hakte meinen BH auf und hoffte, meine weiblichen Habseligkeiten unter Kontrolle halten zu koennen, indem ich BH und Oberteil gegen meine Brust drueckte. Und dann kriegte ich die heissen nassen Blaetter zu spueren...oooch, die waren gar nicht so heiss, und wehgetan hat das auch nicht, obwohl es lautstark auf meinem Ruecken klatschte. .... nur hinterher war ich pudelnass...wie geduscht. Das Wasser wurde rausgetragen und eine runde Eisenscheibe von etwa 6 cm Durchmesser, an dem ein Stiel war, wie bei einem Bratkartoffelwender, wurde in die Spiritusflamme gelegt und zur Rotglut erhitzt. In mir stieg ein Unwohlsein auf... Ich ahnte boeses und mir fielen die Cowboys ein, die irgendwelche Rinder markieren. Da traf sich mein Blick mit dem Blick der jungen Kranken. Sie schaute mich gross an und deutete auf das gluehende Eisen und machte eine Geste, wie eine Backpfeife und deutete auf ihre Handflaechen... neeehhh ne? Ihre Handflaechen, Stirn und Fusssohlen wurden mit Butter bestrichen und der Schamane nahm das Eisen und klatschte es ihr erst auf die Handflaechen, dann, nach erneutem Erhitzen (bloss nicht abkuehlen lassen!), auf die Stirn und dann wieder Hitze drauf, auf die Fussohlen. Es gab ein klatschendes Geraeusch und dann brutzelte es leise und die Kranke lachte. Offensichtlich hat die Butterschicht die Hitze von der Haut ferngehalten... Mir blieb dieses Ritual ersparrt. Aber es kam noch dicker. Der Schamane fiel zwischendurch nach ohrenbetaeubendem Trommeln immerwieder in Trance. Das Baby schlief tief und fest (unglaublich) Der Schamane tanzte um die Kranke. Er tanzte wie ein Wilder. Einmal guckte er mich mit weit aufgerissenen Augen an...... wie ein Irrer...Ich gab immer Obacht, dass sich sein Rock nicht an der Oellampe, die am Boden stand, entzuendet. Es war kein Platz im Raum und er tanzte mit wallendem Rock, scheppernden Glocken und ohrenbeteubenden Trommeln durch den Raum...Dann entzuendete er eine grosse Fackel aus Holzstaeben. Die 6 jaehrige Tochter verkroch sich hinter meinem Ruecken. Sie wusste, was kommen wird. Ich sass ja noch mit ihr und ihrer grossen Schwester im Bett. Die Fenster vergittert, die Tuer auf der gegenueberliegenden Seite des Zimmers.... und weit und breit kein Feuerloescher. :wut1:Die Fackel brannte lichterloh. Die Kranke wurde mit ihrem Hoeckerchen, auf dem sie sass, in die geoeffneten Tuer geschoben mit dem Blick auf den Hausflur. Sie kriegte ein Bettlaken umgelegt. Da schmiss der Schamane irgendein Pulver in die Luft, ueber ihren Kopf...irgendein Brandbeschleuniger... und ein Feuerball schoss uber das Bettlaken zur Decke und waelzte sich an der Decke durch den Raum in Richtung der Betten. Ich dachte, mein Skalp wird abgesengt. Das hat er 3 mal gemacht. Ich sass mit grossen Augen da und wusste, ich werde dat nicht lernen... neeee... weder die nepalesischen Mantras singen koennen, die unaussprechlich scheinen, noch die Taenze tanzen, die einem Verueckten glichen, noch werde ich die Trommeln schlagen koennen. Junge Maenner haben es abwechselnd versucht und nach 3 Minuten fehlte ihnen die Kraft, die schwere Trommel zu halten und zu schlagen. Und schon gar nicht krieg ich das mit dem Feuer hin. Anschliessend kann ich die Bude renouvieren und die Feuerwehr rueckt mir auf die Pelle und ich hab fuer Haarersatz zu sorgen... Der Mummenschanz endete gegen 20 Uhr. Es war klasse und ich glaube, die Kranke wird Heilung erfahren. Zwischedurch hat sie geweint... nicht aus Angst oder weil ihr irgendetwas wehtat... Ich glaube, sie war mit ihrer Seele in Kontakt und es warten reinigende heilende Traenen...

Ich bin echt dankbar fuer diese Erfahrung und werde nicht mehr in der Phantasie einer schamanischen Ausbildung nachhaengen. :escape:Ich glaube, dass man damit aufwachsen muss und es weiter gegeben wird von den Eltern zu den Kindern.

Namaste

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seestern
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