02- Mein Weg aus der Depression oder wie ich fühlen lernte

z.T aus Beiträgen von mir hier reinkopiert...

Ich habe 14 Jahre zum Teil unter schwersten Depressionen gelitten. Mein Sohn war es, der mich damals "am Leben" gehalten hat. Er war ein absolutes Wunschkind und ich wollte ihn nicht alleine auf dieser Erde lassen. Hätte ich ihn nicht gehabt, hätte ich mich umgebracht... Früher hatte ich schlechte Jahre, jetzt habe ich maximal einen schlechten Tag...
Ich hab mit Antidepressiva begonnen und sie haben ein wenig geholfen. Nachdem ich sie abgesetzt hab (nach 1,5 Jahren) war alles wie vorher. Ich bin dann 2 Jahre zu einer Gesprächstherapie gegangen. Es hat nix genützt. Ich wusste einfach nicht, was der Therapeut von mir wollte. Er wollte immer, dass ich meine Mutter "schlecht" mache. Dabei hatte ich eine normale Kindheit, mit Höhen und Tiefen. Ich habe mich oft mit meinen Schwestern "ausgetauscht" und plötzlich habe ich es gefühlt, den Zusammenhang zwischen meinem schlechten Zustand und meiner Kindheit. Ich hatte eine gute Kindheit UND mir hat trotzdem viel gefehlt und vieles wurde mir unabsichtlich falsch beigebracht. Es war wie "Lichtanmachen" bei mir... Ich wusste auf einmal, was ich tun muss, um aus der Depri rauszukommen: MEINE KINDHEIT NACHHOLEN UND KORRIGIEREN! Und dazu brauchte ich Hilfe. Meine Gesundheit war angeschlagen. Ich hatte viel zu hohe Blutfettwerte, beginnende Diabetes und Schilddrüsenprobleme. Das war 2004. Da war ich 44 Jahre alt. Ich hab dann im Internet nach einer "Lebensschule" gesucht, um meine Kindheit zu korrigieren, um umzulernen... Ich habe die ADULA Klinik in Oberstdorf gefunden und bin da für 9 Wochen rein. Quasi vom Arbeitsplatz weg in die Klinik. Ich hatte 4 Fragen im Gepäck: 1. wie fühlt man Gefühle, 2. was tut man, wenn man Gefühle fühlt, 3. wie kann man gute Gefühle verstärken und 4. wie schlechte durchleben... wie eine 2 Jährige bin ich da losgeeiert, voller Angst. Das war ein Selbsterfahrungskurs höchster Qualität auf Krankenkassenkosten. Meinen Kollegen im Dienst hab ich erzählt, ich müsse eine Kur wg. der Diabetes machen. Ich habe da gelernt, dass Depressionen eine Sucht nach negativen Gedanken ist. Es ist einfacher negativ zu sein, als die wahren schmerzhaften, angstmachenden Gefühle zu fühlen... In dieser Klinik wurde ich mit 44 Jahren noch einmal geboren, habe meine Depression überwunden und bin seit dem auf dem spirituellen Weg... die arbeiten da ganzheitlich… Und ich habe einen „Werkzeugkoffer“ mitgenommen. Immer wenn es mir schlecht geht, weiss ich, wie ich da wieder raus komme!!
Die Klinik ist keine Klapse... da waren nur "Normalos" drin... das ist eine psychosomatische Klinik... (Soma=Körper)... nicht zu verwechseln mit Psychiatrie, wo man eine psychische Störung haben muss wie z.B. eine Psychose.. Wenn man körperliche Beschwerden hat, die eine psychische Ursache haben, kommt nur die Psychosomatische Klinik in Frage…und das haben ALLE körperlichen Beschwerden. Da waren vom Waldarbeiter bis Ärzten alles vertreten... vor allem Lehrer, Sozialarbeiter, Krankenschwestern (helfende Berufe)mit Migräne, Bluthochdrück, Bobbingopfer, Arbeitssüchtige, Trauernde, Depressive... und viele mehr... Da wurde gesagt: Die gesunden Kranken sind in der Klinik und die kranken Kranken draussen (die, die nichts für sich tun...).. und ich habe niemals soviel Liebe gespürt, wie in dieser Klinik. Die gleiche Atmosphäre hab ich in Poona in Indien im Ashram von Osho gespürt... LIEBE pur..

Depression ist genauso eine Sucht wie Zigarettensucht, Arbeitssucht, Alkoholismus, Sex- und Liebessucht, Co-Abhängigkeit, Kaufsucht, Esssucht, Drogensucht, Fernsehsucht, Sucht zu Helfen, Computersucht, Handysucht usw. Alle Süchte habe was gemeinsam: Die wahren Gefühle runter zuhalten. Ich hatte als Kind immer schon mal depressive Phasen. Meine Schwachstellen sind Arbeitssucht, Fernsehsucht, Esssucht und Co-Abhängigkeit. Ich habe Alkohol nie richtig vertragen… sonnst hätt ich sicherlich ein Alkoholproblem. Alle Süchte sind „gleichwertig“…so wie manche braune und andere blonde Haare haben, ist der Eine Alkoholiker und der Andere Workoholiker. Letztere Sucht ist gesellschaftlich anerkannt aber nicht besser als Alkoholismus… Beides ist tödlich. Man kann entweder die Leber "versaufen" oder sich einen Herzinfarkt "erarbeiten"… . Irgendwann in der Kindheit bildet man diesen Mechanismus aus, weil man nie gelernt hat, die Gefühle zu fühlen und angemessen auszudrücken. Das Suchtmodell ist auch nur ein Modell, um seine eigenen Strukturen zu durchschauen. Es ist sehr einfach zu verstehen. Man braucht da kein Psychologiestudium. Es ist leider so, dass viele Menschen da nicht hingucken wollen, weil das Wort "Sucht" so negativ besetzt ist. Dabei haben Süchte die Aufgabe, das Überleben zu sichern. Die Depression hat mir geholfen, zu überleben. Hätte man mir alle Suchtmittel entzogen, ohne mir Hilfe an meine Seite zu stellen, hätt ich das nicht überlebt. In der Klinik werden einem alle Suchtmittel weggenommen und du stehst frontal Deinen Gefühlen gegenüber... gnadenlos aber heilsam. Die Therapien waren teilweise hammerhart und in den ersten 4 Wochen wollt ich da immer abhauen... Ich hatte mir vorgenommen, dass ich da alles machen darf: rumheulen, schreien, schmollen, nur eins nicht: abhauen! Und es war guuuut.. Es gab nicht nur ein paar Massagen, Streicheleinheiten und Gespräche, da geht es ans "Eingemachte"... Es gibt ein Buch, "Von mir aus nennt es Wahnsinn" ist der Titel... da wird alles beschrieben aus der Sicht einer Patientin (allerdings von der Bad Herrenalber Klinik, die nach dem gleichen Konzept arbeitet...) Die Therapeuten waren rundum klasse! Und die meisten Therapeuten waren selbst mal Patienten dort, auch das Küchenpersonal und viele aus der Verwaltung. Da können die sich besser einfühlen...

2004 habe ich ein neues Projekt mit höchster Priorität in meinem Leben eröffnet: "Das Projekt Sigrid". Vorher hatte ich die Projekte: Mutter, Ehefrau, Laborantin, Hausfrau, Gärtnerin, Verwandtenbespasserin usw... die rückten alle nach hinten! Ganz oben auf meinem Projekt steht: Selbstliebe lernen... :kuesse:

Auf Wunsch hier stichpunktartig einige Werkzeuge:

1.) Hilfe holen... ich bin regelmässig (3Jahre lang) 2 mal die Woche zu OA und EA gegangen (Overeater anonymous, Emotion anonymous) und 2 mal die Woche zu meiner Therapeutin. Da habe ich alle im Altag angefallenen Situationen und Gefühle "angeschaut" und wenn es hakte, nochmal durchlebt.
2.) Täglich min 2 mal meditieren oder zumindest intensiv die höheren Kräfte um Hilfe bitten, mich verbinden mit dem Höheren... das muss trainiert werden.
3.) Gefühle ANNEHMEN, sofort fühlen und ausdrücken (ist leichter gesagt, als getan... meist hatte ich Essdruck und daran hab ich erst erkannt, dass da ein Gefühl gefühlt werden will... Ich hab da heute immer noch Schwierigkeiten...es geht aber schon ganz gut)
4.) Sanft mit mir umgehen und so bewusst wie möglich meine Bedürfnisse spüren, mir diese gestatten und so gut wie möglich erfüllen (krieg ich auch noch nicht so gut hin)
5.) Mich von Menschen fernhalten, die mir nicht gut tun. Und dabei auch schauen, warum ich mit diesen Menschen nicht klarkomme. Mein Anteil beträgt immer 50%.
5.) Nur das tun, was mir spass macht (Achtung: Süchte natürlich nicht ausleben!) und meine eigenen Grenzen wahren
6.) Grenzen setzen, d.h. nein sagen, auch wenn ich Angst habe, abgelehnt zu werden.
7.) In jeder "schlechten" Situation fragen: Was soll ich lernen?... dadurch steige ich aus der Opferrolle aus...

Ich war 9 Wochen in der Klinik und kann das hier nicht so in ein paar Worten alles wiedergeben... In der Klinik habe ich z.B. auch innere Schwüre gefunden, die ich mir als Kind geschworen habe... z.B.: das lasse ich nicht mehr zu, dass mir was wehtut... damit habe ich mich von den Gefühlen abgeschnitten. Und ein Schwur wirkt so lange, bis er aufgelöst wird... ich könnt einen Roman schreiben... Wir haben da Gefühle fühlen und sie ausdrücken regelrecht trainiert....in der Grossgruppe mit 50 Patienten (bibber, dat war angstbesetzt!!). Da gab es Regeln, wie ich meine Wut ausdrücke, ohne mein Gegenüber "umzublasen"... Der hat die Wut zwar ausgelöst, ist aber nicht verantwortlich dafür. Denn er weiss ja nicht, wo ich meine alten Wunden hab. Wenn die berührt werden, krieg ich z.B. die Wut...
Ich war ja noch ein 2. mal in der Klinik für 8 Wochen... wegen Selbstmordgedanken, die ich nicht loskriegte... JETZT sind sie weg... für immer!!!:debatte:

Eine weitere Frage war: Wie kann man sich an Einzelheiten aus der Kindheit erinnern?

Ich hatte natürlich auch massieve Schwierigkeiten, mich an meine Kindheit zu erinnern. In der Klinik haben die verschiedene Methoden gehabt, um an die alten Gefühle zu kommen. (NIP-Bondig google) Die Gefühle waren wichtiger als die konkrete Situation. Und wenn Du das Gefühl hast, fällt einem meist auch eine Situation dazu ein und man weiss, dass man das aber oft gefühlt hat. Ich habe z.B. mir die Wut verboten als kleines Kind, weil ich mal aus Wut meine Schwester die Treppe runtergestossen hab. Sie hätte tot sein können, 13 Stufen! In der Klinik hab ich alleine 7 Wochen gebraucht, um wirklich Wut zu spüren... die hatte ich, wenn überhaupt, als Druck wahrgenommen, aber nie als Wut... und diese Wut habe ich mit der Depression all die Jahre runtergehalten. In der Klinik habe ich die ganze Wut regelrecht ausgekotzt... bis sie weg war, ... das war ne Ladung!!! Man ist geschützt bei dieser Art von Arbeit. Die Seele lässt immer nur soviel zu, wie man erträgt. Das Bonding ist umstritten, wenn man es ausserhalb einer Klinik macht, weil da zu wenig Betreuung ist. In der Klinik hatte ich die Zeit und die Hilfe, das Verarbeitete zu integrieren..:umarmen:

Kommentare

S
Danke fürs Lesen dürfen :)

LG Sayalla
 
Ich habe gerade deinen Bericht gelesen.Ja.Ich war in Bad Herrenalb .Wir haben dort ein Forumstreffen,mit Bonding.Ja auch ich habe noch nie so viel Liebe gespürt.Und der Schlüssel zu allem ist Selbstliebe.
Bin einen etwas anderen Weg gegangen als du.
Habe auch andere Therapeuten gebraucht,doch gibt es nur einen Weg und das ist der zu sich selbst.Sich spüren zu lernen,ERnst zu nehmen und dieses zu leben

Grüsse dich von ganzem Herzen
Namaste Kosima
 

Blogeintragsinformationen

Autor
seestern
Lesezeit
6 Min. Lesezeit
Aufrufe
582
Kommentare
3
Letztes Update

Weitere Einträge in Esoterik-Blogs

Weitere Einträge von seestern

Zurück
Oben