sabine m.
Neues Mitglied
Hallo-
ich bin neu in diesem Forum und finde es sehr interessant.
Allerdings bin ich sehr kritisch was das Thema Tod anbelangt, ich
würde gerne an ein Leben nach dem Tod glauben, kann es aber irgendwie
nicht, denn irgendwie kann ich an so etwas Übersinnliches nicht glauben.
Ich selbst habe auch schon einige Schicksalsschläge erlebt, z.B. den Tod
meines geliebten Vaters an Lungenkrebs vor 6 1/2 Jahren, und gleich dannach die Erkrankung meines Ehemannes an Hirnhautentzündung.
Der Tod meines Vaters ging mir sehr nah, ich bin Arzthelferin und daher weiß
ich sehr viel über die tückische Erkrankung Krebs, bin aber wirklich erstaunt
darüber, wie mein Vater mit dieser Erkrankung umgegangen ist.
Er war erstaunlich gefasst, hatte zwar auch zwischendurch verzweifelte Momente, aber als er wußte, dass er sterben wird, hat er das erstaunlich gelassen hingenommen und ist dann auch sehr schnell "eingeschlafen",
ich möchtge gerne noch etwas darüber erzählen:
es fing an im Frühjahr 1998, meine Mutter lag gerade im Krankenhaus und
bekam eine Hüft-TEP, als mein Vater ein Stechen auf der Brust hatte, er
sagte mir, wenn es das sei, was er denke, müsse er sowieso ins Krankenhaus,
und das könne er sich jetzt nicht erlauben, da er meiner Mutter nach ihrer Krankenhausentlassung erst zur Seite stehen müsse mit seiner Hilfe.
Damals dachten wir, es käme vom Herzen.
Mein Vater war herzkrank, er hatte schon einen Hinterwandinfarkt und auch schon eine Bypassoperation hinter sich.
Er war dann bei meinem Chef, seinem Hausarzt, und dieser überwies ihn zum
Lungenfacharzt.
Die Lunge wurde geröntgt, und der Lungenarzt stellte einen Schatten auf
der Lunge fest(er stellte auch gleich den Verdacht auf Lungenkrebs...)
und rief auch gleich meinen Chef an, dass dieser veranlassen sollte, dass mein
Vater gleich in eine Spezialklinik für Lungenkrankheiten eingewiesen werden
sollte.
Ich bin damals aus allen Wolken gefallen, habe mit meinem Chef gesprochen,
und er hatte gemeint, es könne wirklich Krebs haben, evt. auch eine Form
der Tbc--aber eher unwahrscheinlich---
ich habe damals schon nur geheult.
Ich bin dann mit meinem Vater in die Lungenklinik gefahren, ich weiß noch, wie wir zusammen im Auto saßen, sagte er zu mir:"Wenn da jetzt nichts
herauskommt, werden wir zusammen in Urlaub fahren nach Österreich, auf
alle Fälle--"
wir hatten damals ein Kind, Janine, sie war 1 Jahr alt und Papa´s Sonnen-
schein.
Als wir dann in der Klinik ankamen, sagten die Ärzte gleich, er müsse dort
bleiben zur Untersuchung.
Mein Vater sagte, nein, das kann er jetzt auf keinen Fall, seine Frau hat
ein künstliches Hüftgelenk bekommen und braucht ihn jetzt, und er würde
ein paar Wochen später wieder kommen.
Keiner konnte ihn umstimmen.
Also fuhren wir einige Wochen später wieder in die Klinik.
Mein Vater bekam eine Bronchoskopie, und wir warteten verzweifelt auf das
Ergebnis, es kam uns eine Ewigkeit vor.
Als ich und meine Mutter wieder meinen Vater besuchten, kam der Arzt ins
Zimmer, und ich fragte, ob der Befund vorliegen würde.
Er sagte, nein, noch nicht, und ich sagte ihm, dass ich Arzthelferin sei
und ich gerne wissen möchte, was los sei.
Der Arzt ging hinaus, und nach einer Weile kam er wieder herein-mit dem
Befund in der Hand.
Er erklärte uns allen, dass mein Vater Krebs hätte, und zwar ein kleinzelliges
Bronchialcarzinom.
Für uns brach damals alles zusammen, wir waren verzweifelt und meine Mutter und ich haben gleich geweint.
Mein Vater saß in seinem Bett, war erstaunlich gefasst, und fragte den Arzt:
"Und was können wir dagegen tun?"
Der Arzt erklärte, dass man diese Art von Krebs nicht operieren kann, man kann nur eine Chemotherapie machen und anschließend evt. eine Bestrahlung.
Mein Vater willigte ein(ich glaube, es war uns zuliebe, denn mein Vater wußte genau, was los war...).
Ich weiß noch, als wir vom Krankenhaus heimfuhren, haben meine Mutter und
ich nur geweint.
Wir fuhren gleich bei meinem Chef vorbei, ich sagte ihm, was mit meinem
Vater los war, und er sagte mir:"Vielleicht noch 1 Jahr".
Ich und meine Mutter waren wirklich sehr verzweifelt, es war wie ein Schlag ins Gesicht, und trotzdem hofften wir und hofften.....
Mein Vater sagte mal: "Wenn ich merke, dass es nicht mehr geht, dann bringe ich mich um, so ein Leiden mache ich nicht mit!"
Es war einfach schrecklich.
Mein Vater mußte dann in gewissen Abständen in die Klinik zur Chemotherapie,
und erstaunlich gut hat er diese verkraftet, und der Tumor ging auch zurück.
Ich sehe noch seinen Hals vor mir, an der einen Ader war eine Geschwulst zu sehen, dass war eine Lymphknotenmetastase---diese bildete sich auch mit der Zeit zurück.
Im Sommer ging er mit uns noch zum See zum Schwimmen, er war in ganz
guter Verfassung, es gab ihm Kraft, mit uns, meiner Schwester und Ehemann(der Mann meiner Schwester leidet an MS und ist schon in Rente) und meiner kleinen Tochter Janine zusammen zu sein.
Die Chemotherapie war dann im Herbst zu Ende, und der Arzt ordnete
Bestrahlungen an, es waren über 40 Stück.
Von diesem Zeitpunkt an ging es mit meinem Vater bergab.
Er mußte jeden Tag ins Krankenhaus zur Bestrahlung, und es war ihm jedesmal
dannach furchtbar schlecht, und er erbrach sich mehrmals am Tag.
Eine Woche nach der Geburtstagsfeier meiner Schwiegermutter sagte er dann
zu meiner Mutter, als er wieder zur Bestrahlung gefahren werden sollte:
"Ich schaffe das nicht mehr, ich habe keine Kraft mehr!"
Meine Mutter hat dann gleich bei uns in der Praxis angerufen, und mein
Chef wies meinen Vater gleich wieder in die Spezialklinik ein.
Ich saß in der Praxis und heulte, ich weiß noch, wie mein Vater zur Türe
hereinkam und die Einweisung holte, und wie er mich dabei anschaute.
Als er dann in der Klinik war, rief er meine Mutter an, und sagte ihr, dass die
Ärzte Wasser in der Lunge festgestellt hätten und einen Leberschaden.
Die Wahrheit war dann aber, dass die ganze Leber voller Metastasen war und
der Tumor so groß war, dass sich Wasser in der Lunge angesammelt hatte.
Wir holten meine Schwester dann von ihrem Urlaub zurück( sie gingen im
Herbst immer für einige Wochen in Urlaub auf die Kanaren, da mein Schwager
das Klima dort gut verträgt mit seiner MS)-weil es meinem Vater so schlecht ging, wir heulten und heulten.
Im Krankenhaus wollte dann mein Vater genau wissen, wie es um ihn stand.
Der Arzt sagte ihm, dass er einschlafen würde, wann, wüßte er nicht, es
könne Wochen und Monate dauern, oder auch nur Tage.
Wir waren alle bei ihm, er saß in seinem Bett und dann hat er auf einmal geweint und geschrien: "Was habe ich verbrochen, dass mir so etwas
passieren muss??"
Ich habe geweint und geschrien, dass ich ihn nicht verlieren möchte.
Und dann wollte er nur noch nach Hause-zum Sterben nach Hause.
Als er dann daheim war, bekam er ein Krankenbett.
Zuerst kam er immer noch zu uns an den Tisch zum Essen, und wenn er meine
kleine Janine sah, sagte er immer"Hallo mein Schatz!".
Sogar beim Essen mußte ich weinen, und er sagte zu mir"Bitte, mache es mir
nicht noch schwerer!".
Wir saßen an seinem Bett, meine Schwester kam und schlief dann auch bei
meiner Mutter.
Wir verkrafteten das alles sehr schwer, meine Mutter war ständig am Putzen und Wischen, so ging sie mit der Krankheit um.
Mein Vater bekam Morphium und wurde jeden Tag vom Arzt besucht.
Von Tag zu Tag wurde mein Vater weniger, wir konnten direkt dabei zusehen,
er schlief immer mehr, hatte Träume, und faßte immer mit seiner Hand
ins Leere und griff nach dem Dreieck, dass er im Krankenhaus am Bett hängen
hatte, oder fuhr sich ständig mit seiner Hand an die Nase, ich weiß heute noch die Bewegung.
Meine Mutter fragte ihn, ob er wolle, dass der evangelische Pfarrer zu ihm kommt, und mein Vater wollte es.
Ich kann es bis heute nicht verstehen, mit welcher Stärke mein Vater auf seinen Tod gewartet hat.
Es dauerte genau 10 Tage, dann schlief mein Vater ein.
Meine Mutter kam früh zu ihm ins Wohnzimmer, und er war eigentlich fast nur
noch am Schlafen und auch verwirrt, und sie fragte ihn, ob er Schmerzen habe und ob sie ihm seine Medizin geben sollte, und er war ganz klar und sagte:"Ja!".
Sie sagte ihm dann, nachdem sie ihm die Medizin gegeben hatte, sie wolle
sich nur schnell waschen, und dann würde sie wieder zu ihm kommen.
Er nickte.
Und als sie dann wieder zu ihm ins Zimmer kam und nach ihm schauen wollte-
war er schon eingeschlafen.
Ich weiß noch, am Anfang seiner Erkrankung habe ich gebetet, dass er
wieder gesund wird-am Ende, dass er nicht lange leiden soll-und so war es
auch.
Wenn ich andere Krebspatienten sehe, die einen langen Todeskampf haben
unter unerträglichen Schmerzen, so bin ich froh, dass mein Vater davor
bewahrt wurde.
Die Aussegnung und die Beerdigung kamen mir damals so unwirklich vor,
ich stand wie neben mir und das war, denke ich, ganz gut so, denn sonst
verzweifelt man daran.
Mein Vater hat eigentlich genau gewußt, was ihn erwartet.
Wenn er Leuten begegnet ist, hat er immer gesagt:" Was wollt Ihr denn-
ich bin 69 Jahre alt, ich habe mein Leben gelebt..."
und doch hatte er zwischendurch auch Phasen, wo er mich fragte"Der Herr
.....hat schon Lebermetastasen, da gibt es keine Hoffnung mehr---ODER?"
und ich habe gesagt, dass man mit Lebermetastasen noch einige Zeit
leben kann oder diese sogar wieder weggehen----ich habe ihm und mir
Hoffnung gemacht, an die er sich auch wieder geklammert hat.
Nicht lange nach dem Tod meines Vaters erkrankte dann mein Mann an
Hirnhautentzündung, und das war auch eine schlimme Zeit.
Ich war nur noch Haut und Knochen, erst das mit meinem Vater, und dann noch das mit meinem Mann, mein Mann war auf der Intensivstation,
er hatte das Kurzzeitgedächtnis verloren und war wesensverändert,
und er war ein halbes Jahr im Krankenhaus, auf Reha, und dann wurde es
langsam auch wieder besser mit ihm, genau ein Jahr nach dem Tod meines
Vaters machte mein Mann eine Wiedereingliederung in seinem Beruf.
Ich selbst habe ein sehr gespaltenes Verhältnis zum Tod, ich gebe auch zu,
dass ich mächtige Angst vor dem Sterben habe.
Nicht nur das "WIE" macht mir Angst, sondern auch das Gefühl, wenn man
stirbt, dass man sein Leben aushaucht, und wie mag das wohl sein??
Auch habe ich schon vieles erlebt und gesehen, wir hatten in unserer
Straße Nachbarn, deren Kind an Leukämie erkrankt war.
Wir haben immer gesehen, wie sie mit dem Kleinen(er war noch nicht einmal
1 Jahr alt, als er erkrankte) nach Würzburg in die Uniklinik fuhr.
Es ging ihm dann auch besser, und sie sind dann weggezogen in die Stadt.
Kurz vor seinem zweiten Geburtstag kam ich von der Arbeit heim, ich schlug
die Zeitung auf, und da sah ich seine Todesanzeige in der Zeitung.
Ich war geschockt und habe das ganze Wochenende nur geweint.
Auch meine Tanten sind an Krebs verstorben, und das war sehr, sehr schlimm.
Im Januar ist ein Vater mit seinen zwei Söhnen(Zwillinge, 7 Jahre al)
bei einer Schneewehe auf der Schnellstraße ums Leben gekommen.
Jetzt vor 14 Tagen ist eine Frau mit ihren 3 Kindern Fahrrad gefahren, sie
hat sich nach ihren Kindern umgedreht und ist so unglücklich mit ihrem
Rad an einen Pfeiler gefahren, dass sie an ihren Verletzungen nach 2 Tagen
gestorben ist, und die Kinder mußten dabei zusehen.
Ich komme über solche Sachen nur schwer hinweg, ich denke an die, die
"Dageblieben" sind, und an ihren unvorstellbaren Schmerz.
Aber an ein Leben nach dem Tod, kann ich einfach nicht glauben-ich hoffe es-aber es erscheint mir einfach nicht logisch.
Der Tunnel, den die Menschen sehen, wenn sie sterben, ist medizinisch zu erklären, dass wenn man stirbt Endorphine vom Gehirn ausgeschüttet werden,
die so etwas bewirken.
Ich gehe in die Kirche und bemühe mich, ein guter Mensch zu sein, aber an
ein Leben nach dem Tod kann ich nicht glauben, würde es aber gerne.
Ich habe schon viele Bücher von Elisabeth Kübler-Ross gelesen, und trotzdem
glaube ich einfach nicht an ein Leben nach dem Tod.
Meine Mutter hat mir erzählt, dass sie nach dem Tod nachts aufwachte, und
den Atem meines Vaters ganz deutlich neben sich gespürt hat.
Sie wurde ein Jahr nach seinem Tod an der zweiten Hüfte operiert, und sie
hatte große Angst vor der OP, und sie erzählte mir dass sie nachts die Stimme meines Vaters hörte, der zu ihr sagte"Hab´keine Angst-es wird alles wieder gut!".
Und meine Schwester erzählte mir neulich, dass sie geträumt hat, dass sie meinem Vater alles erzählt hat mit ihrem Mann( er hatte Anfang des Jahres zwei schwere MS-Schübe und zwar zwischenzeitlich ein Pflegefall)
und mein Vater war ihr ganz nah und hatte gemeint, dass sie sich keine
Sorgen zu machen brauche-Jens wird es wieder besser gehen!"
aber sind das nicht alles Wunschgedanken(übrigens ist das mit meiner Mutter
und das mit meiner Schwester UNABHÄNGIG voneinander passiert, ich habe
meiner Schwester nie davon erzählt, was mir meine Mutter gesagt hat)
aber mir selbst ist so etwas noch nie passiert.
Ich habe manchmal abends im Schlafzimmer schwarze Schatten gesehen,
ganz flüchtig, und ich dachte sofort an meinen Vater.
Aber ich denke einfach, das ist EINBILDUNG-HALLUZINATION.
Keiner kann mir das Gegenteil beweisen.
Und wo soll denn die Seele der Ameise sein, die ich mit meinen Schuhen
zertreten habe??
Jedes Lebewesen müßte dann doch eine Seele haben, nicht nur der Mensch,
oder??
Ich habe auch große Angst vor dem AUGENBLICK des Sterbens, vor dem
Gedanken des "NICHT MEHR SEINS" ich kann es mir nicht vorstellen, wie
es ist, einfach nicht mehr zu sein.
Und ich habe meinen Vater bewundert, wie er angenommen hat, dass er
sterben wird.
Er war dann garnicht mehr verzweifelt, er hatte keine Angst, sondern er
nahm es an. Er wartete auf seinen Tod, er sehnte ihn regelrecht herbei,
darum ist er auch so schnell gestorben.
Ich weiß nicht, wie ich mir so etwas umgehen würde, ich glaube, ich würde in
der Psychiatrie landen, sollte ich einmal so schwer erkranken.
Darum würde ich mich über Nachrichten von allen freuen, die mir
ein paar "Lichtblicke" geben können, wie sie das Sterben sehen.
Ich habe wirkliche Angst davor.
Oder wem geht es ähnlich wie mir??
Bitte schreibt mir.
Ich würde mich sehr freuen-
eure Sabine mit Ehemann Jürgen und den Kindern Janine und Fabienne!!
ich bin neu in diesem Forum und finde es sehr interessant.
Allerdings bin ich sehr kritisch was das Thema Tod anbelangt, ich
würde gerne an ein Leben nach dem Tod glauben, kann es aber irgendwie
nicht, denn irgendwie kann ich an so etwas Übersinnliches nicht glauben.
Ich selbst habe auch schon einige Schicksalsschläge erlebt, z.B. den Tod
meines geliebten Vaters an Lungenkrebs vor 6 1/2 Jahren, und gleich dannach die Erkrankung meines Ehemannes an Hirnhautentzündung.
Der Tod meines Vaters ging mir sehr nah, ich bin Arzthelferin und daher weiß
ich sehr viel über die tückische Erkrankung Krebs, bin aber wirklich erstaunt
darüber, wie mein Vater mit dieser Erkrankung umgegangen ist.
Er war erstaunlich gefasst, hatte zwar auch zwischendurch verzweifelte Momente, aber als er wußte, dass er sterben wird, hat er das erstaunlich gelassen hingenommen und ist dann auch sehr schnell "eingeschlafen",
ich möchtge gerne noch etwas darüber erzählen:
es fing an im Frühjahr 1998, meine Mutter lag gerade im Krankenhaus und
bekam eine Hüft-TEP, als mein Vater ein Stechen auf der Brust hatte, er
sagte mir, wenn es das sei, was er denke, müsse er sowieso ins Krankenhaus,
und das könne er sich jetzt nicht erlauben, da er meiner Mutter nach ihrer Krankenhausentlassung erst zur Seite stehen müsse mit seiner Hilfe.
Damals dachten wir, es käme vom Herzen.
Mein Vater war herzkrank, er hatte schon einen Hinterwandinfarkt und auch schon eine Bypassoperation hinter sich.
Er war dann bei meinem Chef, seinem Hausarzt, und dieser überwies ihn zum
Lungenfacharzt.
Die Lunge wurde geröntgt, und der Lungenarzt stellte einen Schatten auf
der Lunge fest(er stellte auch gleich den Verdacht auf Lungenkrebs...)
und rief auch gleich meinen Chef an, dass dieser veranlassen sollte, dass mein
Vater gleich in eine Spezialklinik für Lungenkrankheiten eingewiesen werden
sollte.
Ich bin damals aus allen Wolken gefallen, habe mit meinem Chef gesprochen,
und er hatte gemeint, es könne wirklich Krebs haben, evt. auch eine Form
der Tbc--aber eher unwahrscheinlich---
ich habe damals schon nur geheult.
Ich bin dann mit meinem Vater in die Lungenklinik gefahren, ich weiß noch, wie wir zusammen im Auto saßen, sagte er zu mir:"Wenn da jetzt nichts
herauskommt, werden wir zusammen in Urlaub fahren nach Österreich, auf
alle Fälle--"
wir hatten damals ein Kind, Janine, sie war 1 Jahr alt und Papa´s Sonnen-
schein.
Als wir dann in der Klinik ankamen, sagten die Ärzte gleich, er müsse dort
bleiben zur Untersuchung.
Mein Vater sagte, nein, das kann er jetzt auf keinen Fall, seine Frau hat
ein künstliches Hüftgelenk bekommen und braucht ihn jetzt, und er würde
ein paar Wochen später wieder kommen.
Keiner konnte ihn umstimmen.
Also fuhren wir einige Wochen später wieder in die Klinik.
Mein Vater bekam eine Bronchoskopie, und wir warteten verzweifelt auf das
Ergebnis, es kam uns eine Ewigkeit vor.
Als ich und meine Mutter wieder meinen Vater besuchten, kam der Arzt ins
Zimmer, und ich fragte, ob der Befund vorliegen würde.
Er sagte, nein, noch nicht, und ich sagte ihm, dass ich Arzthelferin sei
und ich gerne wissen möchte, was los sei.
Der Arzt ging hinaus, und nach einer Weile kam er wieder herein-mit dem
Befund in der Hand.
Er erklärte uns allen, dass mein Vater Krebs hätte, und zwar ein kleinzelliges
Bronchialcarzinom.
Für uns brach damals alles zusammen, wir waren verzweifelt und meine Mutter und ich haben gleich geweint.
Mein Vater saß in seinem Bett, war erstaunlich gefasst, und fragte den Arzt:
"Und was können wir dagegen tun?"
Der Arzt erklärte, dass man diese Art von Krebs nicht operieren kann, man kann nur eine Chemotherapie machen und anschließend evt. eine Bestrahlung.
Mein Vater willigte ein(ich glaube, es war uns zuliebe, denn mein Vater wußte genau, was los war...).
Ich weiß noch, als wir vom Krankenhaus heimfuhren, haben meine Mutter und
ich nur geweint.
Wir fuhren gleich bei meinem Chef vorbei, ich sagte ihm, was mit meinem
Vater los war, und er sagte mir:"Vielleicht noch 1 Jahr".
Ich und meine Mutter waren wirklich sehr verzweifelt, es war wie ein Schlag ins Gesicht, und trotzdem hofften wir und hofften.....
Mein Vater sagte mal: "Wenn ich merke, dass es nicht mehr geht, dann bringe ich mich um, so ein Leiden mache ich nicht mit!"
Es war einfach schrecklich.
Mein Vater mußte dann in gewissen Abständen in die Klinik zur Chemotherapie,
und erstaunlich gut hat er diese verkraftet, und der Tumor ging auch zurück.
Ich sehe noch seinen Hals vor mir, an der einen Ader war eine Geschwulst zu sehen, dass war eine Lymphknotenmetastase---diese bildete sich auch mit der Zeit zurück.
Im Sommer ging er mit uns noch zum See zum Schwimmen, er war in ganz
guter Verfassung, es gab ihm Kraft, mit uns, meiner Schwester und Ehemann(der Mann meiner Schwester leidet an MS und ist schon in Rente) und meiner kleinen Tochter Janine zusammen zu sein.
Die Chemotherapie war dann im Herbst zu Ende, und der Arzt ordnete
Bestrahlungen an, es waren über 40 Stück.
Von diesem Zeitpunkt an ging es mit meinem Vater bergab.
Er mußte jeden Tag ins Krankenhaus zur Bestrahlung, und es war ihm jedesmal
dannach furchtbar schlecht, und er erbrach sich mehrmals am Tag.
Eine Woche nach der Geburtstagsfeier meiner Schwiegermutter sagte er dann
zu meiner Mutter, als er wieder zur Bestrahlung gefahren werden sollte:
"Ich schaffe das nicht mehr, ich habe keine Kraft mehr!"
Meine Mutter hat dann gleich bei uns in der Praxis angerufen, und mein
Chef wies meinen Vater gleich wieder in die Spezialklinik ein.
Ich saß in der Praxis und heulte, ich weiß noch, wie mein Vater zur Türe
hereinkam und die Einweisung holte, und wie er mich dabei anschaute.
Als er dann in der Klinik war, rief er meine Mutter an, und sagte ihr, dass die
Ärzte Wasser in der Lunge festgestellt hätten und einen Leberschaden.
Die Wahrheit war dann aber, dass die ganze Leber voller Metastasen war und
der Tumor so groß war, dass sich Wasser in der Lunge angesammelt hatte.
Wir holten meine Schwester dann von ihrem Urlaub zurück( sie gingen im
Herbst immer für einige Wochen in Urlaub auf die Kanaren, da mein Schwager
das Klima dort gut verträgt mit seiner MS)-weil es meinem Vater so schlecht ging, wir heulten und heulten.
Im Krankenhaus wollte dann mein Vater genau wissen, wie es um ihn stand.
Der Arzt sagte ihm, dass er einschlafen würde, wann, wüßte er nicht, es
könne Wochen und Monate dauern, oder auch nur Tage.
Wir waren alle bei ihm, er saß in seinem Bett und dann hat er auf einmal geweint und geschrien: "Was habe ich verbrochen, dass mir so etwas
passieren muss??"
Ich habe geweint und geschrien, dass ich ihn nicht verlieren möchte.
Und dann wollte er nur noch nach Hause-zum Sterben nach Hause.
Als er dann daheim war, bekam er ein Krankenbett.
Zuerst kam er immer noch zu uns an den Tisch zum Essen, und wenn er meine
kleine Janine sah, sagte er immer"Hallo mein Schatz!".
Sogar beim Essen mußte ich weinen, und er sagte zu mir"Bitte, mache es mir
nicht noch schwerer!".
Wir saßen an seinem Bett, meine Schwester kam und schlief dann auch bei
meiner Mutter.
Wir verkrafteten das alles sehr schwer, meine Mutter war ständig am Putzen und Wischen, so ging sie mit der Krankheit um.
Mein Vater bekam Morphium und wurde jeden Tag vom Arzt besucht.
Von Tag zu Tag wurde mein Vater weniger, wir konnten direkt dabei zusehen,
er schlief immer mehr, hatte Träume, und faßte immer mit seiner Hand
ins Leere und griff nach dem Dreieck, dass er im Krankenhaus am Bett hängen
hatte, oder fuhr sich ständig mit seiner Hand an die Nase, ich weiß heute noch die Bewegung.
Meine Mutter fragte ihn, ob er wolle, dass der evangelische Pfarrer zu ihm kommt, und mein Vater wollte es.
Ich kann es bis heute nicht verstehen, mit welcher Stärke mein Vater auf seinen Tod gewartet hat.
Es dauerte genau 10 Tage, dann schlief mein Vater ein.
Meine Mutter kam früh zu ihm ins Wohnzimmer, und er war eigentlich fast nur
noch am Schlafen und auch verwirrt, und sie fragte ihn, ob er Schmerzen habe und ob sie ihm seine Medizin geben sollte, und er war ganz klar und sagte:"Ja!".
Sie sagte ihm dann, nachdem sie ihm die Medizin gegeben hatte, sie wolle
sich nur schnell waschen, und dann würde sie wieder zu ihm kommen.
Er nickte.
Und als sie dann wieder zu ihm ins Zimmer kam und nach ihm schauen wollte-
war er schon eingeschlafen.
Ich weiß noch, am Anfang seiner Erkrankung habe ich gebetet, dass er
wieder gesund wird-am Ende, dass er nicht lange leiden soll-und so war es
auch.
Wenn ich andere Krebspatienten sehe, die einen langen Todeskampf haben
unter unerträglichen Schmerzen, so bin ich froh, dass mein Vater davor
bewahrt wurde.
Die Aussegnung und die Beerdigung kamen mir damals so unwirklich vor,
ich stand wie neben mir und das war, denke ich, ganz gut so, denn sonst
verzweifelt man daran.
Mein Vater hat eigentlich genau gewußt, was ihn erwartet.
Wenn er Leuten begegnet ist, hat er immer gesagt:" Was wollt Ihr denn-
ich bin 69 Jahre alt, ich habe mein Leben gelebt..."
und doch hatte er zwischendurch auch Phasen, wo er mich fragte"Der Herr
.....hat schon Lebermetastasen, da gibt es keine Hoffnung mehr---ODER?"
und ich habe gesagt, dass man mit Lebermetastasen noch einige Zeit
leben kann oder diese sogar wieder weggehen----ich habe ihm und mir
Hoffnung gemacht, an die er sich auch wieder geklammert hat.
Nicht lange nach dem Tod meines Vaters erkrankte dann mein Mann an
Hirnhautentzündung, und das war auch eine schlimme Zeit.
Ich war nur noch Haut und Knochen, erst das mit meinem Vater, und dann noch das mit meinem Mann, mein Mann war auf der Intensivstation,
er hatte das Kurzzeitgedächtnis verloren und war wesensverändert,
und er war ein halbes Jahr im Krankenhaus, auf Reha, und dann wurde es
langsam auch wieder besser mit ihm, genau ein Jahr nach dem Tod meines
Vaters machte mein Mann eine Wiedereingliederung in seinem Beruf.
Ich selbst habe ein sehr gespaltenes Verhältnis zum Tod, ich gebe auch zu,
dass ich mächtige Angst vor dem Sterben habe.
Nicht nur das "WIE" macht mir Angst, sondern auch das Gefühl, wenn man
stirbt, dass man sein Leben aushaucht, und wie mag das wohl sein??
Auch habe ich schon vieles erlebt und gesehen, wir hatten in unserer
Straße Nachbarn, deren Kind an Leukämie erkrankt war.
Wir haben immer gesehen, wie sie mit dem Kleinen(er war noch nicht einmal
1 Jahr alt, als er erkrankte) nach Würzburg in die Uniklinik fuhr.
Es ging ihm dann auch besser, und sie sind dann weggezogen in die Stadt.
Kurz vor seinem zweiten Geburtstag kam ich von der Arbeit heim, ich schlug
die Zeitung auf, und da sah ich seine Todesanzeige in der Zeitung.
Ich war geschockt und habe das ganze Wochenende nur geweint.
Auch meine Tanten sind an Krebs verstorben, und das war sehr, sehr schlimm.
Im Januar ist ein Vater mit seinen zwei Söhnen(Zwillinge, 7 Jahre al)
bei einer Schneewehe auf der Schnellstraße ums Leben gekommen.
Jetzt vor 14 Tagen ist eine Frau mit ihren 3 Kindern Fahrrad gefahren, sie
hat sich nach ihren Kindern umgedreht und ist so unglücklich mit ihrem
Rad an einen Pfeiler gefahren, dass sie an ihren Verletzungen nach 2 Tagen
gestorben ist, und die Kinder mußten dabei zusehen.
Ich komme über solche Sachen nur schwer hinweg, ich denke an die, die
"Dageblieben" sind, und an ihren unvorstellbaren Schmerz.
Aber an ein Leben nach dem Tod, kann ich einfach nicht glauben-ich hoffe es-aber es erscheint mir einfach nicht logisch.
Der Tunnel, den die Menschen sehen, wenn sie sterben, ist medizinisch zu erklären, dass wenn man stirbt Endorphine vom Gehirn ausgeschüttet werden,
die so etwas bewirken.
Ich gehe in die Kirche und bemühe mich, ein guter Mensch zu sein, aber an
ein Leben nach dem Tod kann ich nicht glauben, würde es aber gerne.
Ich habe schon viele Bücher von Elisabeth Kübler-Ross gelesen, und trotzdem
glaube ich einfach nicht an ein Leben nach dem Tod.
Meine Mutter hat mir erzählt, dass sie nach dem Tod nachts aufwachte, und
den Atem meines Vaters ganz deutlich neben sich gespürt hat.
Sie wurde ein Jahr nach seinem Tod an der zweiten Hüfte operiert, und sie
hatte große Angst vor der OP, und sie erzählte mir dass sie nachts die Stimme meines Vaters hörte, der zu ihr sagte"Hab´keine Angst-es wird alles wieder gut!".
Und meine Schwester erzählte mir neulich, dass sie geträumt hat, dass sie meinem Vater alles erzählt hat mit ihrem Mann( er hatte Anfang des Jahres zwei schwere MS-Schübe und zwar zwischenzeitlich ein Pflegefall)
und mein Vater war ihr ganz nah und hatte gemeint, dass sie sich keine
Sorgen zu machen brauche-Jens wird es wieder besser gehen!"
aber sind das nicht alles Wunschgedanken(übrigens ist das mit meiner Mutter
und das mit meiner Schwester UNABHÄNGIG voneinander passiert, ich habe
meiner Schwester nie davon erzählt, was mir meine Mutter gesagt hat)
aber mir selbst ist so etwas noch nie passiert.
Ich habe manchmal abends im Schlafzimmer schwarze Schatten gesehen,
ganz flüchtig, und ich dachte sofort an meinen Vater.
Aber ich denke einfach, das ist EINBILDUNG-HALLUZINATION.
Keiner kann mir das Gegenteil beweisen.
Und wo soll denn die Seele der Ameise sein, die ich mit meinen Schuhen
zertreten habe??
Jedes Lebewesen müßte dann doch eine Seele haben, nicht nur der Mensch,
oder??
Ich habe auch große Angst vor dem AUGENBLICK des Sterbens, vor dem
Gedanken des "NICHT MEHR SEINS" ich kann es mir nicht vorstellen, wie
es ist, einfach nicht mehr zu sein.
Und ich habe meinen Vater bewundert, wie er angenommen hat, dass er
sterben wird.
Er war dann garnicht mehr verzweifelt, er hatte keine Angst, sondern er
nahm es an. Er wartete auf seinen Tod, er sehnte ihn regelrecht herbei,
darum ist er auch so schnell gestorben.
Ich weiß nicht, wie ich mir so etwas umgehen würde, ich glaube, ich würde in
der Psychiatrie landen, sollte ich einmal so schwer erkranken.
Darum würde ich mich über Nachrichten von allen freuen, die mir
ein paar "Lichtblicke" geben können, wie sie das Sterben sehen.
Ich habe wirkliche Angst davor.
Oder wem geht es ähnlich wie mir??
Bitte schreibt mir.
Ich würde mich sehr freuen-
eure Sabine mit Ehemann Jürgen und den Kindern Janine und Fabienne!!