Wie geht man mit dem nahenden Tod eines lieben Menschen um?

Licht-Hauch

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30. August 2004
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Oberbayern
Meine Oma ist die Frau, die mich seit ich drei Wochen alt bin erzogen hat.
sie hat mich meine ganze Kinderzeit über begleitet.
sie wird mit großer Wahrscheinlichkeit in der nächsten Zeit vertsterben.
Sie hat Krebs in mehren Organen und die Chemo nun abgebrochen.
ich weis, dass alle Krankheiten Seelisch sind, aber sie ist schon zu alt und zu starr um das zu begreifen.
sie hat wieder Gelbsucht und körperlich sehr abgebaut. Das trinken fällt ihr immer schwerer.
Vor zwei wochen hat sie ihren zwei söhnen und mir ihr Erbe vermacht.
Gestern wurde ich benachrichtigt, dass sie allen anscheins nach im sterben liegt. als ich bei ihr war ging es ihr schlagartig besser.
sie betet ständig, dass der liebe Gott sie endlich holt. und sie hat angst dass sie noch lange leiden muss.
eine ärztliche Behandlung lehnt sie mitlerweile vollkommen ab, sie hat angst, dann im Krankenhaus sterben zu müssen.
wir haben in der Familie darüber gesprochen, ihr infusionen zu geben, ihr wille ist es, keine zu bekommen. noch trinkt sie noch, aber eigentlich nur für uns.

ich weis, dass der tod nur ein übergang ist, ich kann ab und an engel sehen. aber wenn es dann einen doch "live" betrifft ist es dennoch hart, zu begreifen, dass eine geliebte person bald nicht mehr als mensch bei einem ist.

im gegensatz zu den meisten meiner angehörigen spreche ich mit ihr über den tod, und darüber, dass sie nicht mehr leben will.

wie geht ihr damit um?

ich habe gemerkt, darüber zu schreiben hilft. vor allem wenn mir die tränen kommen.

Sandra
 
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@moderatoren
oh, entschuldigung, ich glaube, dass thema gehört hier nicht hin, habe gesehen, dass es zu "Trauer" gehört.
dann bitte verschieben

alles liebe sandra
 
Also ich habe ja meinen Chef sozusagen bis in den Tod begleitet. Wir hatten ein sehr gutes offenes Verhältnis. So haben wir viel über seinen Tod gesprochen (er war 93). Er meinte noch soviel vorher regeln zu müssen, was er auch noch getan hat. Ich wollte auch nicht leiden, tat es aber eigentlich doch, konnte nachher auch nichts mehr essen und trinken, wollte aber keine lebensverlängernde Maßnahmen. Wir haben uns vorgestellt, visioniert, wie er stirbt, und ich habe dass dann auch so ans Universum gegeben. Er wollte sanft im Schlaf hinübergehen, ich habe dann noch für seine im Haus wohnende Tochter bestellt, dass sie nicht alleine ist und es am Wochenende passiert, da ist dann ihre Schwester mit Mann auch immer anwesend. Er sagte dann die letzten Tage auch oft, warum er so bestraft würde und nicht gehen dürfte und ich sagte, er müsse loslassen, hier brauche ihn keiner mehr, es sei für alles gesorgt. Das habe ich 14 Tage vor seinem Tod ihm ständig gesagt, er war dement krank, damit es ihm bewußt bleibt. So ist er dann auch am Wochenende im Kreise seiner Familie sanft entschlafen. Ich bin glücklich, dass er so gehen durfte.
Seine Tochter hat oft zu ihm gesagt, Vati, du machst mich glücklich, wenn du ißt, wenn du trinkst. Ich habe zu ihr, sie sollte das nicht zu ihm sagen (er tat sich damit ja sehr schwer zu essen und zu trinken), weil er sich sonst zu sehr in dei Pflicht genommen fühlt und dann nicht gehen kann. Irgendwann hat sie es dann auch gelassen.
Ich denke, dass ist ganz wichtig, dass der Sterbende nichts mehr tun muss, um andere glücklich zu machen, dass die Lebenden ihn gehen lassen können. Nur dann kann Frieden eintreten, auch sollte man noch was zu verzeihen, falls der Sterbende meint, noch irgendeine Schuld abtragen zu müssen.
Also mein Chef hat immer für alle gesorgt, nicht nur für seine Kinder und seine Frau, sondern auch für seine Schwester, seine Mutter, seine Schwiegermutter und eine Tante. Zuletzt auch für mich, ich habe ihm aber klar gemacht, dass ich schon für mich selber sorgen kann und er mir ja von oben einen neuen Job besorgen kann, er solle mir mal eine Nachricht zukommen lassen. Er meinte noch so, wenn er sich dann noch erinnere. Ich habe noch keinen neuen Job, auch noch kein Zeichen von ihm, aber egal, das ist auch nicht so wichtig.
 
Hallo Licht-Hauch,
ich schreibe Dir, weil ich fühlen kann, wie es in Dir aussieht.
Ich selbst habe meine geliebten Großeltern verloren, konnte mir ein Leben ohne sie überhaupt nicht vorstellen.

Ich finde es bemerkens-u. bewundernswert dass Du mit Deiner Oma über den Tod sprichst.
Voneinander so bewußt Abschiednehmen ist etwas , was zurückbleibt.
Ich habe es versäumt, ich habe meine Großeltern nicht beim Sterben begleitet, nur ein kurzes Stück.Heute glaube ich, ich war ich nur zu feige der Realität ins Auge zu sehen.
Leider kann ich nichts mehr rückgängig machen aber den Weg den ich jetzt mit meinen Großeltern im Herzen gehe, ist der Weg der bestimmt war für mich.
Ihr Tod war mein Schritt ins Leben.
Ich bin Trauerrednerin geworden und sehe Tod und Sterben aus einer ganz anderen Richtung.
Nichts ist vorbei, nichts ist ausgelöscht.Alles was Du erlebt hast mit Deiner Oma kann Dir niemand mehr nehmen.
Das zu erkennen war für mich ein langer, schwieriger und steiniger Weg.
Heute kommt es mir vor, als würde ich auf Waldmoos gehen, so getragen fühle ich mich.
Steh Deiner Oma bei, nehme sie in die Arme und diese Liebe wird sie mitnehmen.
Sei umarmt
LilyoftheValley
 
Hallo Licht-Hauch,

ich mache mir zur Zeit die gleichen Gedanken wie du, denn ich bin in einer ähnlichen Situation.
Durch meine Erfahrungen in Medialität nehme ich den Tod anders wahr, als meine Angehörigen. Für mich ist es auch nur ein Übergang...
Deshalb fällt es mir auch schwer, mit meinen Angehörigen darüber zu reden.
Ich sage dann von mir aus lieber nichts, nur, wenn ich drauf angesprochen werde auf das Thema. Verstehen tut es sowieso nicht jeder...:confused:

Ich finde es aber sehr gut, dass du mit deiner Oma darüber reden kannst. Das kann man halt erst tun, wenn der Kranke selbst akzeptiert hat, dass es zu Ende gehen wird. Viele Menschen sind nicht in der Lage, so darüber zu sprechen, denn sie wollen nicht loslassen.
Zeig deiner Oma, dass du sehr optimistisch bist, auch, dass ihr euch mit Sicherheit wiedersehen werdet, irgendwann.
Sprich nicht negativ über den Tod - und vor allem, zeig ihr deine Liebe jetzt.
Du hilfst ja schon, einfach, weil du da bist.
Deine Angehörigen werden auch noch anfangen, das Thema anders zu behandeln, vllt. ist es auch einfach noch zu früh für sie. Manche Menschen wollen oder können aber einfach nicht mit einem Sterbenden über den Tod reden...dass muss auch nicht jeder. Hauptsache ist, es ist überhaupt jemand da, der das kann.

Ich pers. wär manchmal froh, das Thema Tod wäre nicht mehr derart tabu, wie es in unserer Gesellschaft der Fall ist.
In Kulturen, in denen die Menschen offener damit umgehen, verkraften die Leute auch besser den Tod eines Angehörigen.
In manch einem Land wird sogar richtig fröhlich gefeiert, z.b. in asiatischen Ländern...

Wünsch dir alles Liebe und weiterhin viel Kraft. :)

LG
 
Grenzgänger schrieb:
das klingt & ist sehr überheblich ... sorry - aber das muss ich mal anmerken

wie kommst du darauf ? wieso überheblich ?

wenn sie schon alt ist und nicht mehr ganz bei der sache, dann versteht sie auch nicht mehr alles- ich denke, so war das gemeint. und das ist nunmal so...deshab weiss ich nicht, was daran überheblich sein soll.

:)
 
Hallo Licht-Hauch,

es ist wahrhaft bewundernswert ,dass du so ehrlich mit deiner Oma umgehen kannst.
Zeig ihr deine Liebe indem du ihre Hand hälst und sie zärtlich streichelst.
Dazu sein und die Situation auszuhalten erfordert jetzt all deine Kraft.
Deine Oma möchte keine Lebensverlängernden Maßnahmen und das sollte respektiert werden.
Es gibt Pflegestationen,deren Pfleger ins Haus kommen und auch beratend zur Seite stehen.
Ich weiß nicht wo du wohnst,aber es gibt auch Palliativdienste,die ins Haus kommen und beratend zur Seite stehen.

Liebe Grüße und viel Kraft wünscht dir
daredevil


Die Würde des Menschen ist unantastbar
 
hallo ihr lieben,
danke für eure antworten. es tut gut, über die trauer zu schreiben.

erstmal: @ grenzgänger: kannst du mir erklären, warum du diese aussage überheblich findest? denn so war sie sicher nicht gemeint, wenn ich mich falsch ausgedrückt habe, dann tut es mir leid. ich habe es gemeint, wie Astralengel es ja schon erklärt hat. dass sollte keine wertung sein, einfach eine feststellung, dass sie, denke ich, nicht begreifen wird, dass ihr darm krebs von "unverdauten" Erlebnissen in ihrem leben resultiert. sie hat vieles (krieg etc.) in sich "hineingefressen" anstatt darüber zu sprechen. dadurch wurde sie sehr oft innerlich böse. (folge "bösartiger" krebs in Darm und leber)


Meine Oma ist diese woche noch einmal ins krankenhaus gegangen, um wie sie selbst sagt zu verhindern, dass ihre Familie sich vorwürfe macht, nicht alles versucht zu haben. sie wurde am nächsten tag zum sterben wieder heim geschickt, der krebs ist in fast allen organen. die ärzte sagen, sie kann heute oder erst in zwei wochen sterben.
Sie ist (war natürliche schon immer) eine bemerkenswerte Frau geworden.
ich habe tiefsten respekt vor ihr. sie ist sich ihrer situation voll bewusst, sie hat alles erledigt, sie wird nun von uns gehen. ich habe als sie den einen Tag im Krankenhaus war noch nie so eine stärke bei einem menschen erlebt. sie hat uns allen für ihr schönes leben gedankt. vor allem ihrem mann: zitat: " Gell Rudi, jetzt san wir so lang zam gewesen, den letzten schritt geh ma jetzt a no" "ja a ganzes leben warn ma zam (53 jahre) und es war richtig schön"
da hab ich geweint.
seit der Krankheit küssen sich die beiden auch wieder. das hab ich vorher nie gesehen. an dieser stelle meine hochachtung an meinen Opa, der nur von der seite meiner oma weicht, wenn er ihr was zu essen macht, oder die wäsche wäscht. ansonsten hält er den ganzen tag ihre hand.

zu mir hatte sie immer eine besondere bindung. ich bin das einzige enkel kind und sie hatte mich seit ich drei wochen alt bin den ganzen tag über. sie sagt auch heute noch ich sei der wichtigste mensch in ihrem leben. wir haben verabredet, dass wenn sie gestorben ist, auf mich von oben aufpasst. wie ein schutzengel.

sie wird mir fehlen.

Sandra
 
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Licht-Hauch, mir ist spontan noch was eingefallen, was du mit deiner Oma machen kannst, um diesen Übergang leicht zu machen. Es ist großartig, daß sie es bewußt tut, und noch großartiger, daß sie zu Hause und gut begleitet gehen darf. Vielleicht kannst du mit ihr ein schönes Land ausdenken, in das sie jetzt geht - sie kann es sich so schön und bunt und warm und paradiesisch vorstellen wie nur überhaupt - und sich wie in einem schönen alten Garten alles drin vorstellen, was sie gerne hat. Dann wird ihr Bewußtsein an der Schwelle in dieses Land gehen, ohne Angst, sondern mit Erleichterung...

Ich wünsch euch viel Kraft - und deiner Oma einen sanften Übergang.
 
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