jake schrieb:Mich würde ja auch einmal ein Thread interessieren, in dem der Prozess des Deutens an sich beleuchtet wird ... diese vielschichtige mentale Wechselbeziehung zwischen Menschen, Mustern und MundanemVielleicht starte ich das mal, ohne allzu große Hoffnungen und offen für jede Überraschung ;-)
Okay, here we go ...greenorange schrieb:Welche Rolle für die Deutung spielt die individuelle Kombi zwischen Berater und Beratendem? Sie ist einzigartig, unwiederholbar, kann ich deshalb Rückschlüsse auf einen allgemeinen Verlauf eines Deutungsprozesses erkennen, kann ich à priori eine Methode im vornhinein bestimmen? Sinds im besten Fall nicht höchstens Grundkonstrukte einer bestimmten Deutungsschule erkennbar, alles andere die "Kraft des Moments"?
Das Zusammentreffen von Deutendem und Fragendem findet freilich zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort statt und ist damit, so eine Grundannahme der Astrologie, einmalig. Und da wäre auch schon mal ein astrologischer Rahmen um diesen konkreten Deutungsprozess gelegt: Der Deutende mit seinem astrol. Kontext, der Fragende mit seinem astrol. Kontext, die je aktuelle Zeitqualität ... eh schon vielschichtig genug und in beliebiger Komplexität bettachtbar, auch wenn ich innerhalb der Astrologie bleibe.
Ich meine, da ist die Wahl einer Methode zunächst einmal eine hilfreiche Form von Komplexitätsreduktion. Ich greife auf Verfahren zurück, denen ich vertraue und mit denen ich operieren kann. Das legt eine Grundstruktur in den Austausch mit dem Fragenden, sehe ich auch so.
Für das, was praktisch unterm Strich dabei rauskommt, halte ich es auch für relativ unerheblich, wie sich da nun Astrologie, Geschick in der Gesprächsführung, ethische Haltung, Kenntnisse und Erfahrungen in anderen Disziplinen und aus dem eigenen Leben mischen ... es wird immer ein bunter Blumenstrauß sein, in den Teilen, wo's möglich ist, bewusst zusammengestellt, in den vermutlich größeren Teilen unbewusst wechselwirkend mit Situation und Gegenüber.
Das ist die eine Seite. Die praxisorientierte. Und meine ich mit Steve de Shazer: "If it works ... more of it!" Wobei in einer Beratungssituation natürlich auch noch die Frage auftaucht, wer entscheidet, ob's workt ... Berater oder Beratener. Ist ja auch nicht selten, dass bei ausbleibender Wirkung oder Evidenz strittig wird, woran es nun liegt ... an den Widerständen des Beratenen oder an den Kompetenzen des Beratenden (die Kompetenz zur Selbstkritik eingeschlossen).
Mich interessiert die Theorie, wie Deutungskonstrukte entstehen. Wie komme ich von dem verwirrenden Schnittmuster eines Horoskops zu Aussagen, die für jemand Be-Deutung annehmen können? Mich interessiert das nicht zuletzt deshalb, weil ich mich ja auch selbst gern kritisch durchleuchte (was ich für eine nützliche Anwendung meines Quadrats von UR/6 auf SO/2 halte ...) und so annähernd wissen möchte, was ich eigentlich tue, wenn ich mit jemand über astrologische Be-Deutungen kommuniziere.
Erst mal geht es mir dabei nicht um praktisch angewandte Kombinatorik (à la "Ich beginne beim Aszendenten, schaue dann auf die Sonne und ..."), sondern um diese eigenartige Mischung, die auf dem Weg vom Betrachten einer HK-Grafik bis zur konkreten Ausformulierung einer Deutung bzw. vermuteten astrologischen Wechselwirkung entsteht. Ich gebe zu, das hat was vom Tausendfüßler, der beginnt, übers Gehen nachzudenken ... Gläubige haben's da leichter ;-)