Was ist Religion?

Paul

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Passau
Der Begriff "Religion" (re-ligio = verbinde wieder) bezeichnet die Suche oder Frage nach der Rückverbindung mit der Ganzheit, also nach der Rückverbindung mit der Bedeutung und dem Sinn des ganzen Seins — und ebenso bezeichnet er auch die Antwort auf diese Frage. Religion ist ihrem Wortursprung und ihrem ursprünglichen Verständnis nach in keinster Weise das, was eine abgewirtschaftete Kitsch- und Dogmenideologie daraus gemacht hat — deshalb ist es wichtig, diesen Begriff wieder reinzuwaschen von all dem Schmutz und den Lügen, die sich in den letzten hundert und tausend Jahren in diesem Kontext gebildet haben. Religion ist nicht Glauben, und schon gar nicht Glauben an Vorstellungen, Ideen, Bilder, Worte oder Wesenheiten. Sie ist weder der Glauben ans Christkind in der Krippe, den Nikolaus oder an einen über den Wolken schwebenden Gottvater, noch der Glauben an irgendwelche übersinnlichen Fähigkeiten des Gottsohns Christus oder anderer Propheten. Genau so wenig ist sie der Glauben an die Wiedergeburt, das Nirwana, die Erleuchtung oder an sonstige Wünsche und Projektionen.

Was ist sie aber dann? Sie ist die Wiederentdeckung der Einbettung in das Ganze, in die Ganzheit des Seins. Das vom Ganzen getrennte Ich — bzw. die auf ihre Körperlichkeit und ihre mentalen Konstrukten und Konzepte beschränkte Persönlichkeit — fühlt sich abgeschnitten und einsam, und es muß sich demnach verloren und im Stich gelassen fühlen. Die Wiederverbindung mit dem Sein ist nichts weit Hergeholtes, sondern sie ist Tatsache. Und Tatsachen benötigen nicht Dogmen oder ideologische Unterfütterung, sondern Erkenntnis und Einsicht.


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Religion ist auch keine Tradition, kein Kult, kein soziales oder kulturelles Gebilde. Denn die Einsicht, mit dem Ganzen in Verbindung zu stehen, kann nicht in der Zeit, sondern nur im aktuellen Jetzt stattfinden. Denn sie ist keine Idee, kein Gedanke und erst recht nicht das Für-wahr-Halten einer Theorie oder Hypothese. Ich und Ganzheit stehen in Widerspruch. Wo das Ich ist, kann das Ganze nicht sein. Um den Zugang zum Ganzen wiederzufinden, ist es nötig, zu verstehen, was das Ich ist, worin es besteht, wie es sich erhält, wie es denkt und reagiert, und wodurch es sich das Leiden der Getrenntheit auferlegt.

Deshalb führt kein Weg an der Selbsterkenntnis vorbei. Fehlt die Selbsterkenntnis, wird sie gemieden, wird das Augenmerk auf anderes gerichtet, so ist auch Religion nicht möglich. Genau hier begegnen wir dem fundamentalen Irrtum, der heute so populär ist wie selten zuvor: Die Kitsch- und Dogmenideologie, die sich heute noch Religion nennt, aber nicht nur keine mehr ist, sondern noch nie eine gewesen ist, hat ja nichts anderes im Sinn, als von Selbsterkenntnis abzulenken und Einsicht durch dumme, blinde Imitation von Behauptungen und vorgefertigten Sehweisen (sogenannten Weltanschauungen) zu ersetzen. Damit wird der Mensch schön abgelenkt und in fortwährendem Schlaf gehalten. Die ganze Gesellschaft arbeitet daran, daß es so bleiben soll. Nur wenn Einzelne — und so war es schon immer — den Mut haben, der Wahrheit nachzuforschen, können sie aus den oberflächlichen Patentantworten zu tieferem Erkennen gelangen. Sie müssen sich selbst finden und sich selbst erkennen wollen, und verstehen wollen, was sich hinter den Fassaden befindet. Sie müssen herausfinden wollen, was die wahre Bedeutung ihres Lebens ist und warum sie sich in ausgerechnet dieser Art von Existenz wiederfinden.

Genau dieser tiefe Herzenswunsch ist der Wunsch nach echter Religion, nach echter Bedeutung, nach Einbettung in das echte, verläßliche Sein, und nach Wahrheit. Dazu ist der Mensch berufen. Vergißt er das und geht er hierin fehl, läßt er sich von den hohlen Spielchen und Ablenkungen der Masse einfangen, dann verpaßt er die Antwort. Und dann lebt er ein sinn- und bedeutungsloses Leben, ein Leben der Vergessenheit und der Lüge, der Bitterkeit und Resignation. Aber vor allem: Er verpaßt sich selbst.

Text von: Gerd-Lothar Reschke
Link: http://www.neue-religion.de/nr_religion.htm
 
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Genau dieser tiefe Herzenswunsch ist der Wunsch nach echter Religion, nach echter Bedeutung, nach Einbettung in das echte, verläßliche Sein, und nach Wahrheit. Dazu ist der Mensch berufen. Vergißt er das und geht er hierin fehl, läßt er sich von den hohlen Spielchen und Ablenkungen der Masse einfangen, dann verpaßt er die Antwort. Und dann lebt er ein sinn- und bedeutungsloses Leben, ein Leben der Vergessenheit und der Lüge, der Bitterkeit und Resignation. Aber vor allem: Er verpaßt sich selbst.

Absolute Zustimmung.

Und dennoch - viele brauchen das, um den Weg aus der Dualität zur Einheit hin überhaupt beginnen zu können.
Dies ist das Prinzip der Schriftreligionen. Man fühlt sich sicher darin, dass etwas so geschrieben steht und daher zweifellos richtig ist. Es ist der sichere Käfig, in dem man scheinbar mit allem versorgt wird, was man so braucht.

Erkenntnisreligonen gehen da schon einen Schritt weiter.
Man kann mal was nachlesen, aber das Prinzip besteht darin, dass man seine eigenen Erfahrungen damit macht und nicht gläubig nachglaubt, was einem so vorgeglaubt wird. Da steht die Käfigtür schon weit offen und es unterliegt jedem selber, auch mal einen Ausflug in die endlose Weite des blauen Himmels zu unternehmen...

Was jenseits der Religionen liegt, überlasse ich der Phantasie eines jeden Einzelnen :banane:

Lieben Gruß von RitaMaria
 
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