SYS41952
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Finde ich klasse, denn es scheint als hättest du deinen schamanischen Seelenanteil voll integriert, oder hattest du ihn ganz bewusst vor uns allen verborgen?
Dazu eine kleine Geschichte, die sich so zugetragen haben kann, aber es nicht muss.
Als ich ein junger und unerfahrener Schamane war, schickte mich mein Lehrer in den Wald um meinen Seelenspiegel zu finden. Viele Jahre und Jahrzehnte wanderte ich nackt durch den Wald, trank aus seinen Bächen und nährte mich von seinen Früchten. Die Geschichten seiner Bewohner trösteten und lehrten mich in einsamen Zeiten. Viele hunderte Jahre streifte ich durch das edle Gehölz bis ich eines Tages etwas Außergewöhnliches am Boden liegen sah. Ein flaches Stück schwarzes Ebenholz. Morgentau lies es im Licht schimmern und auf der Oberfläche konnte ich mich selber spiegeln. Doch sah ich nicht mich, sondern den Wald und all die vielen Geschichten, die mir in den Jahrhunderten erzählt wurden.
Ich war so froh mich endlich auf den Nachhauseweg machen zu können, dass ich sofort umkehrte und in Richtung Heimat ging.
Ich hielt den Spiegel fest in der Hand, voller Stolz ließ ich ihn nicht aus meinem Blick. Schritt für Schritt. Ich stellte mir vor wie Stolz alle auf mich sein werden, dass ich endlich meine Aufgabe geschafft habe. Und währenddessen bemerkte ich das der Spiegel größer wurde, die Oberfläche wie aus geschliffenem Marmor konnte ich mich selber darin betrachten. Wie besonders ich geworden bin. Ich konnte den Schamanen darin sehen. Ich gefiel mir sehr. So sehr, dass mir die vielen Geschöpfe am Wegesrand nicht auffielen, die um meine Hilfe baten.
Der Spiegel war jetzt schon so groß, dass ich ihn mit zwei Händen tragen musste. Wie ein Schatz lag er in meinen Händen. Doch weil sein Gewicht ebenso zu genommen hatte, fing der Waldboden an, mir mit seinen Unebenheiten die Füße zu verletzen. Und so machte ich mir Schuhe. Die festen Sohlen brachen kleine Äste ab und auch so manch kleines Tier wurde verletzt. Doch ich hatte nur Augen für diesen beeindruckenden Schamanen in diesem wahren Meisterwerk von Seelenspiegel. Noch nie hatte Schamane einen schöneren Spiegel gehabt. Doch dieser Schamane, den ich im Spiegel sehen konnte war nackt. Wie konnte das sein? Wie konnte so ein mächtiger und besondere Schamane ohne Kleidung sein?
Und so zog ich Kleidung an. Edles festes Leder. Schön bestickt, mit reichhaltigen Perlenmuster, Gold und silberfarbenes Garn. Schuhe mit so dicken Sohlen das der Waldboden mir nichts antun konnte. Ein Hut damit der Wind mit nicht die Haare zerzaust und Handschuhe, damit ich mir an dem knorrigen Bäumen nicht die Hände dreckig mache. Und eine Brille damit ich das Elend der Tiere nicht sehen muss.
Denn Ich bin nicht irgendein Schamane, sondern der Schamane mit dem schönsten und größten Seelenspiegel aller Zeiten und gekleidet im besten Garn.
Und so ließ ich den Wald hinter mir….
Na ja nur eine Geschichte und sicher nicht meine, denn ich kann auch sein, ohne gesehen zu werden.
Ich werde nicht in Existenzlosigkeit verschwinden, weil kein Licht auf mich fällt.
Mein Seelenspiegel sind Aug von Frau und Kind, ich trage meinen Besitz im Herzen, bin nackt und reise mit leichtem Gepäck.
Gestatten? Schamane!
Nur ein unbedeutender Reisender in einem Wald.