Soziale Kontakte / die Gesellschaft von heute

Schafgarbe

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Moin,

mir ist in den letzten Jahren wiederholt die Schwierigkeit unserer Gesellschaft im Rahmen sozialer Kontakte aufgefallen.

Ich bin jemand, der sich durchaus schwer tut mit den sozialen Beziehungen (mangelndes Urvertrauen, Mobbing), aber dennoch immer wieder versuche soziale Kontakte zu knüpfen. Mir wurde immer gesagt "besuche einen Kurs der dich interessiert, da habt ihr ein gemeinsames Thema"...

Grundsätzlich eine gute Idee.
Funktioniert nur leider nicht wirklich.
Ist das nur mein Empfinden oder scheint es wirklich schwere zu werden sich irgendwo zu integrieren?

Ich, mit meinen Anfang 30, komme kaum in irgendwelche Gruppen neu rein.
Um bei den Kursen zu bleiben: die meisten anderen Teilnehmer dort haben ihr eigenes Netz aufgebaut (Familie, Kollegen, Freundeskreis) und kein Interesse (?) an Neuem?
Die meisten in meinem Alter haben selbst eigene Familie und daher eh viel um die Ohren und somit keine Zeit.

Auch im Rahmen von Weiterbildungen habe ich Kurse mit buntgemischtem Alter besucht. Die "Jüngeren" klebten am Smartphone oder Rauchten und die "Alten" unterhielten sich wenig bzw. nur über Kinderthemen (z.B).
Darüber hinaus ist mir aufgefallen, dass immer mehr Menschen nicht mehr richtig zuhören können. Wenn ich mich mit einer ehemaligen Arbeitskollegin unterhalte (so alle 6 Monate mal), dann habe ich oft das Gefühl, dass sie mich entweder nicht verstanden hat oder es gar nicht hören wollte, in dem sie gar nicht auf mein Gesagtes einging oder gleich ein Neues Thema ansprach.

Mein Eindruck ist, dass die meisten die Kontakte / Clique aus der Schule beibehalten und diese "weiter tragen".

Als ich das Thema in meiner Familie mal ansprach, waren die meisten irritiert.
Die "Alten" ginge zu irgendwelchen Kursen, sprachen dort mit denen und bezeichneten sie als "Freunde". Auf nähere Nachfrage stellte sich heraus, dass sich die Kontakte lediglich im Rahmen dieses Kurses bewegte (außerhalb nicht) und man lediglich Smalltalk hielt - so was bezeichne ich persönlich nicht als "Freundschaft". Da es hier zu anderen Grundsatzverständnissen kam, war das Thema nicht weiter disskussionsfreudig.

Als meine Großmutter mal ein ähnliches Problem anschnitt (sie hatte auch Schwierigkeiten neue Kontakte zu finden, was aber auch mit an ihr lag) - war es auf einmal was ganz anderes. "Alte Leute sind anders zu bewerten, da ist es immer schwieriger als in jugen Jahren" - Öhhhmm... Ah ha...

Tu ich mir nur schwer?
Haben andere ein ähnliches "Problem" damit?
Ich weiß, dass auch ich durchaus meine Schwierigkeiten habe und z. B. mal zu viel rede ("hast du keine Freunde zu zuquatschen"). Wenn man selten unter Leuten ist, muss man neu "dosieren" lernen.
Oder ist es wirklich auch ein Manko der heutigen Gesellschaft (durch Smartphone ständig erreichbar)?

Es geht mir nicht darum irgendwen an den Pranger zu stellen. Mir ist auch klar, dass ich niemanden ändern kann.
In erster Linie möchte ich mich gerne austauschen.

MfG Schafbarbe
 
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Ach ja,
nur zur Verwollständigung / Sicherheit :)

Mir ist schon klar, dass sich Freundschaften entwickeln müssen und dass man nicht an nur einem Abend "Erfolg" haben kann.
 
Ich habe da auch so meine Probleme damit @Schafgarbe
Das hatte ich schon immer.
Und es liegt eindeutig an mir.
So dieses „nebenbei“ und „bekannt sein“ ist mir so sehr zu wenig, dass ich es gleich sein lasse.

Ich bin immer freundlich und durchaus offen für ein Gespräch, wenn der erste Schritt von anderen kommt. Aber ich fühle mich selten wirklich wohl. Was mein Seelchen wohl eben noch zusätzlich so wichtig für mich macht. Mit ihm ist das anders.

Mein Mann musste damals schon wesentlich mehr in die Trickkiste greifen. Er hatte es nicht einfach.

Denn normalerweise fühle ich mich immer irgendwie unsicher oder unwohl bei anderen Menschen.

Generell ist es aber so, dass ich besser mit Männern zurecht komme, wie mit Frauen. Oder besser noch mit Menschen, die beide Seiten haben. Frauen allein sind mir oft zu intrigant und hintergründig. Das sind Männer meistens nicht. Sie sind da lockerer und nicht so fürchterlich spitzfindig.

Es gibt noch ein Problem, bei dem ich mich sehr unwohl fühle. Wenn die Gespräche Belanglosigkeit enthalten, die schon in Dummheit münden. Ich muss mich selbst dann zurückstellen, was mir unangenehm ist.

In mir entsteht dann so eine Art „Fluchtreflex“. Auf Feiern entgehe ich solchen Situationen häufig durch die Flucht auf die Toilette, auf der Straße muss ich dann dringend weiter. Und es ist schwer, immer höflich zu bleiben.

Freundschaften sind schwierig. Und wenn Jemand wirklich mit mir befreundet sein möchte, obwohl ich ihm wie ein Fisch aus den Händen flutsche, dann hilft echt nur Beharrlichkeit und Geduld. Etwas wofür viele einfach nicht die Zeit oder Lust haben, ich mir aber manchmal mehr wünsche.

Tja und dazu kommt ja noch, dass in meinem Alter die meisten Leute verheiratet sind. Mit den sogenannten Alphamüttern und ihren klugen Ratschlägen, komme ich häufig nicht klar. Weil ich mich schwer der Norm anpassen kann, ganz anders bin.

Wir leben in einer oberflächlichen Gesellschaft, vor der ich mich manchmal arg schützen muss. Schade, oder?

Du siehst also... Wir haben alle so unsere sozialen Schwierigkeiten, irgendwo...
 
Hallo MeinWolfsblut,
"schön", dass ich nicht damit alleine bin. Zumindest liegt es scheinbar nicht "nur" an mir.

Wir leben in einer oberflächlichen Gesellschaft, vor der ich mich manchmal arg schützen muss. Schade, oder?
Dass finde ich wirklich schade. "Früher" schien es mir nicht so extrem zu sein. Vielleicht war es auch nur die Teenie-Sicht der Dinge.

So dieses „nebenbei“ und „bekannt sein“ ist mir so sehr zu wenig, dass ich es gleich sein lasse.
Dass finde ich teilweise auch. Aber mir sind die Bekanntschaften lieber, als gar keine.

Ich bin immer freundlich und durchaus offen für ein Gespräch, wenn der erste Schritt von anderen kommt.
Ich versuche sogar teilweise durchaus den ersten Schritt zu machen und komme trotzdem nicht weit.

Wenn die Gespräche Belanglosigkeit enthalten, die schon in Dummheit münden.
So was finde ich auch "mehr" geworden und schrecklich. Meistens höre ich trotzdem zu und ein Stück weit "dazuzugehören".

Freundschaften sind schwierig. Und wenn Jemand wirklich mit mir befreundet sein möchte, obwohl ich ihm wie ein Fisch aus den Händen flutsche, dann hilft echt nur Beharrlichkeit und Geduld. Etwas wofür viele einfach nicht die Zeit oder Lust haben, ich mir aber manchmal mehr wünsche.
Viele haben die Geduld nicht mehr, da auch einfach andere Dinge wichtiger sind. :oops: öhmmm. Ich will dir nicht auf die Füße treten ... :oops: mir hätte man in solchen Momenten gesagt "selber Schuld" :oops:

Tja und dazu kommt ja noch, dass in meinem Alter die meisten Leute verheiratet sind.
Jep. Dito :)

Du siehst also... Wir haben alle so unsere sozialen Schwierigkeiten, irgendwo...
Jaaaa.
Alles nicht so einfach
 
Tu ich mir nur schwer?
Haben andere ein ähnliches "Problem" damit?

Allein bist du damit wohl nicht, aber zumindest was mich betrifft liegt es wohl schon an mir selbst größtenteils.
Bin wohl mehr oder weniger autistisch (Asperger), wurde aber nie diagnostiziert, was auch an Eltern lag.

Wobei ich auch sehr viel gemobbt wurde von der 1. bis zur 9. Klasse, und mit meinen Eltern war es auch schwierig, obwohl ich wiederum nicht misshandelt wurde (aber meine Isolation wurde zum Teil sogar gefördert, "nicht für die Welt erziehen" war eine oft wiederholte Aussage).

Jetzt liegt es schon insofern klar an mir, dass ich es nahezu nicht mehr wirklich versuche. Schon deshalb bringt es nichts da zu meckern. Aber kann gut sein, dass es noch komplizierter wird, je älter man wird, aber bin da ja auch selber so, dass es mir mittlerweile eher noch schwerer fällt zu verknüpfen, obwohl ich zumindest etwas weniger schüchtern bin als als Jugendlicher oder sehr junger Erwachsener. Hat natürlich auch zusätzlich damit zu tun, dass ich mit den meisten Leuten nichts mehr gemeinsam habe (noch weniger als früher), und sowieso als gescheitert wahrgenommen würde/werde.

Wenigstens komme ich trotzdem einigermaßen damit klar, solange ich nicht zu sehr grübele. Die Gefühlslage ist quasi etwas über Depression, gut genug, dass es nicht ungemütlich wird, und die Gedanken intrusiv werden.

Ich weiß auch nicht, ob ich Leuten, die es länger nicht hinbekommen, dazu raten soll sich damit abzufinden, oder ob diejenigen sich besser quälen sollen, in der Hoffnung es doch noch hinzubekommen. Wird wohl nicht leichter und insofern hat man auch nicht ewig Zeit etwas hinauszuschieben. Naja, wer nicht autistisch ist, hat es wohl leichter, aber kommt wohl auch umgekehrt gar nicht klar, falls es nicht klappt.

Wobei, vermutlich machst du es schon richtig mit Kursen, Hobbies, wo es gemeinsame Interessen gibt. Aber keine Ahnung.
 
Naja, wer nicht autistisch ist, hat es wohl leichter
Dass würde ich nicht behaupten...
Autistisch bin ich nicht und habe dennoch Probleme damit.

Wobei, vermutlich machst du es schon richtig mit Kursen, Hobbies, wo es gemeinsame Interessen gibt.
Dazu muss ich mich auch immer jedesmal wieder neu überwinden. Aber es ist zumindest ein Anhaltspunkt / ein Anfang

oder ob diejenigen sich besser quälen sollen, in der Hoffnung es doch noch hinzubekommen.
Du scheinst dich mit deiner Situation arrangiert zu haben. Das freut mich sehr.
Ich hadere immer mal wieder zwischen "ich hätte gerne" und "ich brauche nicht".
 
Dass würde ich nicht behaupten...
Autistisch bin ich nicht und habe dennoch Probleme damit.

Ja, manchmal kann es "normalen" Leuten auch ähnlich schwer fallen. Sehr schlechte Kindheit, Trauma, oder warum auch immer. Ist aber für das autistische Spektrum typisch, und sonst eben eher ungewöhnlich, oder zumindest nicht so schwerwiegend.

Du scheinst dich mit deiner Situation arrangiert zu haben. Das freut mich sehr.
Ich hadere immer mal wieder zwischen "ich hätte gerne" und "ich brauche nicht".

Ja, ist auch nicht so, dass dieser Widerspruch bei mir nicht existieren würde.

Im Gegenteil denke ich, dass es allgemein klar besser ist, sozial integriert zu sein. Die eigentliche Frage ist, ob das mit meinem Sein überhaupt kompatibel ist, und besser für mich selbst ist, oder nicht. Und weiterhin geht es darum, ob es überhaupt mittel-bis langfristig möglich ist, ohne einen Burnout zu erzeugen. In gewisser Weise muss ich schauspielern, um halbwegs normal wahrgenommen zu werden, auch wenn man sich etwas daran gewöhnt, und Teile der Rolle automatisch/echt werden können. Aber es ist so anstrengend immer...

Wenn überhaupt hätte ich es eher früher hinbekommen können, aber gelang mir eben nicht.

Aber klar, ist irgendwie gut sich damit arrangiert zu haben meistens, das dämpft den Schmerz, wenn man so will.
 
Ich kenne das auch.

Ich hab zwar weder Probleme damit jemanden kennen zu lernen noch damit, auf andere aktiv zu zu gehen - bei mir hapert es später.

Ich hab da auf der einen Seite ein Vertrauensproblem - ich wurde oft von den Menschen enttäuscht. Wenn es bei Bekanntschaften in die Tiefe geht, frag ich mich immer, ob ich dieser Person vertrauen kann.
Oft fühl ich mich unverstanden und oft verstehe ich die Menschen auch nicht.

Ich hab einen etwas eigentümlichen Humor, der wohl nicht gut ankommt. Man muss mich schon kennen, damit man weiß, wie ich die Dinge meine und was ich damit sagen will. Ich muss mich mit meinem Humor oft erst an die "Schmerzgrenze" der Leute herantasten.

Und zu guter Letzt bin ich ein sehr direkter Mensch. Ich würde nie hinter dem Rücken einer Person etwas sagen, was ich ihr nicht auch ins Gesicht sage. Wenn man mich um Rat fragt oder sich bei mir ausheult, sag ich, wie ich es sehe, was ich darüber denke, zeige andere Sichtweisen auf und (wenn danach gefragt wird) was ich tun würde.
Und das mach ich ohne mich um "die Partei" zu kümmern oder jemanden nach dem Mund zu reden. Das macht mich unbeliebt. Wenn sich jemand in Selbstmitleid suhlt, will er nicht hören, dass es zum Teil auch seine Schuld ist (als Beispiel).
Deswegen tu ich mich bei Freundschaften mit Männern leichter als mit Frauen. Mir kommt es so vor, als wären Männer direkter und ehrlicher und könnten könnten mit einem direkten Feedback besser umgehen - oder ich kenne einfach nur die falschen Frauen.
Freundschaften mit Männern haben aber meistens ein "Ablaufdatum" da meist irgendwann eine sexuelle Komponente auftaucht. Dann wird es ungemütlich und kompliziert. Das kann auch nach Jahren noch passieren und macht so viel kaputt...
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Dass finde ich wirklich schade. "Früher" schien es mir nicht so extrem zu sein.

wennn es früher nicht so extrem war, hättest du ja von früher auch Freunde...........
die weiterhin Freunde sind.
nein ich denke verändert hat sich nur die art aber nicht die soziale Komponente.

um mal zu deinem Eingangspost zu kommen,
da sprichst du von *man kann nicht gleich Erfolg haben*,
das bedeutet du kommst mit einem Menschen zusammen zum reden um einen Freund zu finden?

ich sag es mal so, die wenigsten haben viele Freunde, das meißte sind ja Bekannte,
in Familien ist es anders, da ist viel Intimes vorhanden was verbindet kann,
so haben viele die besten Freunde in Geschwistern, eltern oder anderen Verwandten.
so etwas pflegt man dann auch, wenn es miteinander gut geht.

ich habe zB nur immer höchstens 2 Freunde, auf die ich mich verlassen kann, die mich so nehmen wie ich bin, das ist für mich das entscheidende bei einer Freundschaft.
deswegen sind für mich mit die besten freunde immer auch meine Partner, zumindest funktioniert es bei mir so,
auch wenn man sich trennte, blieb man in kontakt, weil es eben nicht nur Liebe sondern auch tiefe Freundschaft war,

am besten findet man Freunde wenn es einem nicht gut geht, und wenn du nicht an anderen hängst,

kannst du erklären was für dich ein Freund ist, ein guter Freund,
miteinander reden habe ich ja schon gehört, aber welche Erwartungshaltung hast du noch, oder kannst du auch mal loslassen, wenn der andere mit sich beschäftogt ist?
 
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Ich hadere immer mal wieder zwischen "ich hätte gerne" und "ich brauche nicht".

Ich glaube das ist normal. Ich persönlich bin eigentlich ganz gern für mich, aber manchmal wünsche ich mir auch mehr Kontakte. Nur ich mag Smalltalk und oberflächliches Blabla nicht sonderlich.
 
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