Naivität vs Vertrauen

Verantwortung und Schuld sind vollkommen verschieden.
Spüre mal in deinen Körper nach, spüre mal in dein Herz und in deinen Bauch und dann sage einmal die Sätze:
"Ich bin verantwortlich für mein Leben." bzw. "Ich übernehme die Verantwortung für mein Leben."
"Ich bin schuldig für mein Leben." "Ich habe Schuld daran, was in meinem Leben passiert."
Wie fühlt sich das an, was geht das in dir vor?

Ja, das ist in der Tat ein großer Unterschied. Bemerkenswert, dass solch abstrakten Begriffe so unterschiedliche Gefühle auslösen.

Wenn ich die VErantwortung für mein Leben übernehme, dann richtet sich mein Körper auf, es ist so, als würde ich einen Berg besteigen, ich fühle einen gewissen ernst, aber ich fühle auch eine gewisse Reife.
Wenn ich mir die Schuld für mein Leben zuschreibe, dann löst das ganz andere Gefühle und Prozesse in mir aus.
"Schuld"-Zuschreibung löst zumeist Scham- und Schuldgefühle aus, eine Haltung der Verurteilung, Bewertung, führt zur Passivität und in die Depression. "Schuld" ist in diesem Sinne Aggression gegen sich selbst: Autoaggression.

Ja, das mit der Aggression stimmt. Irgendwie ist das eine ganz kindliche Haltung, die noch nicht die Fähigkeit zur Verantwortung hat.
Aber wie sieht es denn aus mit "Schuldgefühlen" für etwas, wofür man keine Verantwortung hat?
Ich gestehe, hier fängt es an, für mich ans Eingemachte zu gehen.
Ich persönlich werde, so gerne ich es möchte, einen Schuldvorwurf einfach nicht los. Etwas total Kindliches. Und ich habe sehr viel Lebensenergie darin investiert, dass ich selbst oder meine Kinder mir niemals diesen Vorwurf machen muss. Das war wie ein Fluch. Und dennoch konnte ich die Katastrophe nicht verhindern. Und wieder sehe ich mich mit diesem Schuldvorwurf konfrontiert, den ich in diesem Fall mir selbst mache, - dabei konnte ich doch gar nichts dafür. Es ist fast wie ein Zwang, dass ich die Verantwortung (oder Schuld?) für etwas übernehmen muss, wofür ich aber gar nichts kann. Irgendwie hakt es da in meinem System. Da ist immer noch dieses "Hättest du es noch ein bisschen besser, noch ein bisschen richtiger gemacht, hättest Du doch mehr gekämpft, hättest Du...., hättest du......, hättest du......., - dann wäre es nicht passiert". Dabei bin ich durchaus schon so erwachsen, dass ich den Unsinn darin sehen kann. Ich hatte mich doch so sehr bemüht. Mehr ging einfach nicht.
Aber wenn ich keine Schuld habe, keine Verantwortung übernehmen muss, dann bleibt dieses grauenvolle, fassungslose Entsetzen. Und das Sahnehäubchen ist dann die Erinnerung an das Bild meiner Mutter, die früher oft sagte "mea culpa, mea maxima culpa". Ich glaube, das habe ich als Kind gar nie verstanden, was das sollte.


indem du lernst, dich selbst zu lieben :)
Denn indem du lernst, dich zu lieben, übernimmst du eine sehr zentrale Verantwortung für dein Leben, die z.B. auch die Schuldzuschreibungen annimmt und loslässt.

Ja, da bin ich dabei:).

Ich mag das übrigens, wie Du schreibst. Du hasst ja durchaus was zu sagen und wirkt dabei gar nicht wie ein Oberlehrer. Ungewöhnlich!

Viele Grüße

Tanita
 
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Ich denke, zu Vertrauen gehört immer auch Naivität - schließlich ist ja eine Grundbedingung für Vertrauen unser Nicht-Wissen. Eben darum vertrauen wir ja in etwas - auch wenn wirs nicht wissen, vertrauen wir blind.

Ich habe gerade mal das Wort Naivität gegoogelt und soooo viel dazu gefunden. Ahnungslosigkeit von den tatsächlichen Vorgängen, Blauäugigkeit, Mangel an Realiätsbewusstsein und und und..... Auf viele Männer wirken naive Frauen übrigens sehr attraktiv (was mE wiederum Bände über diese Männer aussagt:)).
Ne, ich glaube, Vertrauen ist ein anderes Kaliber. Aber wirklich etwas Substantielles kann ich wohl erst dann dazu sagen, wenn ich es wirklich mal am eigenen Leib kennengelernt habe. Wobei, vielleicht kenne ich es ja schon und bin mir dessen nur noch nicht so ganz vollständig bewusst:)?

Viele Grüße

Tanita
 
Das war wie ein Fluch. Und dennoch konnte ich die Katastrophe nicht verhindern. Und wieder sehe ich mich mit diesem Schuldvorwurf konfrontiert, den ich in diesem Fall mir selbst mache, - dabei konnte ich doch gar nichts dafür.

Deinen Zeilen entnehme ich, du empfindest Ohnmacht.
Aus diesem Zustand kann man sich befreien, wenn man emotional die als solches wahrgenommene Machtlosigkeit mal durch >
Kapitulation
ersetzt. Fühlt sich gleich ganz anders an.
 
Deinen Zeilen entnehme ich, du empfindest Ohnmacht.
Aus diesem Zustand kann man sich befreien, wenn man emotional die als solches wahrgenommene Machtlosigkeit mal durch >
Kapitulation
ersetzt. Fühlt sich gleich ganz anders an.

Hm, also wirklich fühlen kann ich da keine Ohnmacht. Es ist (also wenn ich da man wieder emotional drin bin, was ich ja nicht ständig bin) eher so eine Mischung von Gefangenschaft, Einsamkeit, totaler Fassungslosigkeit und so etwas wie partielle Blindheit. Es ist als könne ich irgendetwas nicht sehen. Und immer suche ich noch nach diesem einen Puzzlestück, das ich nicht sehen kann. Und meine diversen Schuldvorwürfe an mich selbst und an die, die mich alleine gelassen haben in diesem Drama, das gibt mir Halt und hält mich gleichzeitig weiter gefangen.
Also ich habe echt das allergrößte Interesse daran, diese Schuldgeschichte aufzulösen. Ich will das so gerne loslassen, aber noch ist der Krampf, der festhält, größer.
Was hilft ist, wenn ich da mal wieder drin bin, mir die linke Hand auf`s Herz zu legen, zu atmen, meinetwegen auch die Tränen ließen zu lassen (natürlich nur, wenn`s niemand sieht;)) und mir selbst zu sagen "Ich bin bei Dir. Du bist nicht alleine." Das hat - auch körperlich - eine ungemein tröstliche und lösende Wirkung. Es ist dann, als wäre ich zwei und da kann ich dann vertrauen. Und mein Empfinden ist, dass es damit stetig besser wird. Also, ganz paradox. Je tiefer ich damit komme, je trauriger das Ganze wird, desto mehr spüre ich dahinter so eine extrem liebevolle Präsenz.
Ich glaub, das läuft schon ganz richtig so wie es läuft:).

Liebe Grüße

Tanita
 
Dieser thread arbeitet ja in mir:). Und, das was jetzt kommt, hat nur scheinbar nichts mit dem threadthema zu tun. Es geht um Vertrauen, um das totale Sich-Öffnen. Wo willst Du das erleben, wenn nicht an einem Ort, wo schwach Du Dich zeigen kannst, ohne Stärke zu provozieren? Das geht nur in der Liebe, von der wir alle ahnen, dass es sie vielleicht gibt, - und wie die Bienchen immer und immer wieder gegen das Fenster knallen.

Was hat es mit dieser Jesus-Geschichte auf sich? Ich kam da vorhin drauf wegen meiner Neigung, mir für alles, was passiert die Schuld/Verantwortung aufhalsen zu wollen, - in der Hoffnung, wenn ich noch ein bisschen mehr an mir arbeite, wenn ich noch ein bisschen achtsamer, noch ein bisschen bewusster und und und werde, dann gibt es endlich eine Erlösung für diesen ganzen bullshit. Gleichzeitig sehe ich, wie ich genau damit auch weiterhin Schuld projiziere und den ganzen Kreislauf in Gang halte.

Wer zumTeufel war dieser Jesus? Weshalb hat er so eine Bedeutung für uns, selbst dann, wenn wir - wie ich - nicht religiös erzogen wurden? Wir feiern Weihnachten und Ostern, wir feiern die Geburt und die Wiederauferstehung einer Person, von er wir eigentlich was genau wissen? Ich kenne nur Geschichten. Ich habe ihn nie persönlich erlebt. Sind das alles nur Introjekte und Projektionen?

Ich bin nicht bibelfest, aber irgendwie hat er ja wohl alle Schuld auf sich genommen, oder? Und zum Lohn wurde er ans Kreuz genagelt. Du, Andreas, sprachst irgendwie von der Transformation des Hass`, die darin liegt, aber wo ist die? Schau`in die Welt! Wo ist da was transformiert?
Ist diese Jesus-Geschicht eine Erfindung? Aber von wem? Und wozu? Damit alles beim Altem bleibt?

Ja, Leute, das zweite Glas Wein lässt grüßen:D,

Tanita
 
Dieser thread arbeitet ja in mir:). Und, das was jetzt kommt, hat nur scheinbar nichts mit dem threadthema zu tun. Es geht um Vertrauen, um das totale Sich-Öffnen. Wo willst Du das erleben, wenn nicht an einem Ort, wo schwach Du Dich zeigen kannst, ohne Stärke zu provozieren? Das geht nur in der Liebe, von der wir alle ahnen, dass es sie vielleicht gibt
... und zahlreiche von uns es auch schon erlebt haben, dass es sie gibt und dass wir uns, so wie wir sind, öffnen, zeigen, sein durften :)
Wenn diese Liebe, die wir mit anderen erfahren, dazu führt, dass wir uns mehr und mehr selbst lieben und aus dieser Selbständigkeit heraus wiederum anderen in tiefster Nähe begegnen können, dann beginnen wir zu blühen :flower2:


Was hat es mit dieser Jesus-Geschichte auf sich? Ich kam da vorhin drauf wegen meiner Neigung, mir für alles, was passiert die Schuld/Verantwortung aufhalsen zu wollen, - in der Hoffnung, wenn ich noch ein bisschen mehr an mir arbeite, wenn ich noch ein bisschen achtsamer, noch ein bisschen bewusster und und und werde, dann gibt es endlich eine Erlösung für diesen ganzen bullshit. Gleichzeitig sehe ich, wie ich genau damit auch weiterhin Schuld projiziere und den ganzen Kreislauf in Gang halte.

Wer zumTeufel war dieser Jesus? Weshalb hat er so eine Bedeutung für uns, selbst dann, wenn wir - wie ich - nicht religiös erzogen wurden? Wir feiern Weihnachten und Ostern, wir feiern die Geburt und die Wiederauferstehung einer Person, von er wir eigentlich was genau wissen? Ich kenne nur Geschichten. Ich habe ihn nie persönlich erlebt. Sind das alles nur Introjekte und Projektionen?

Ich bin nicht bibelfest, aber irgendwie hat er ja wohl alle Schuld auf sich genommen, oder? Und zum Lohn wurde er ans Kreuz genagelt. Du, Andreas, sprachst irgendwie von der Transformation des Hass`, die darin liegt, aber wo ist die? Schau`in die Welt! Wo ist da was transformiert?
Ist diese Jesus-Geschicht eine Erfindung? Aber von wem? Und wozu? Damit alles beim Altem bleibt?
mit Jesus verbinden manche Menschen Bilder der Reinheit, die dazu führen, dass sie Unreinheit verurteilen, sich voller Scham fühhlen, voller Schuld. Das Ideal der "selbstlosen" Liebe, des selbstlosen Mitgefühls führt oftmals dazu, dass sich Menschen vollkommen aufgeben, ausbrennen, ständig in der Helfer- und dann irgendwann in der Opfer-Rolle leben.
Zugleich erwächst aus all dem eine "Härte" zu sich selbst.
DAss das irgend etwas mit Jesus zu tun hat, bezweifle ich. All das entspringt vielmehr eine Gesellschaftsmoral, die vor Jahrzehnten, Jahrhunderten, vielleicht auch Jahrtausenden bestimmte Funktionen für eine Gesellschaft hatte. In unserer Sprache, in unseren Bildern, in unseren Verhaltensweisen finden sich ab und an noch derartige Spurenelemente.
Wir finden in uns "Stimmen", die all das immer wieder predigen, die uns in eine Jacke stecken wollen, voller Dornen.

Aber es gibt Wege, diese Zwangsjacke abzulegen :)
 
- in der Hoffnung, wenn ich noch ein bisschen mehr an mir arbeite, wenn ich noch ein bisschen achtsamer, noch ein bisschen bewusster und und und werde, dann gibt es endlich eine Erlösung für diesen ganzen bullshit.
diese Perspektive hat einerseits seine Berechtigung. Es ist ja schön für jeden Menschen, wenn er sich entwickelt.
Andererseits ist es schon Trennung und Gewalt, wenn du dich nicht im Jetzt annimmst, sondern stets vor einem Ideal bewertest.
Die Annahme kann also erst einmal nur im JETZT stattfinden: ich bin jetzt GANZ. Ich nehme mich jetzt so an, wie ich jetzt bin.
Wenn diese Annahme aus dem Herzen erfolgt, ohne Verurteilungen, schuldig, schmutzig, wertlos zu sein, wenn ich mich ganz annehme, wie ich bin, dann entwickelt sich hieraus ganz von selbst die Offenheit für Wachstum und Entwicklung.
Verheerend ist es nur, wenn wir uns ständig sagen, was wir alles noch an uns machen und entwickeln "müssen", etc. ohne dass wir uns im Jetzt annehmen, ohne dass wir im JETZT Ruhe finden, ohne dass wir im Jetzt offen sind.
 
Wer zumTeufel war dieser Jesus? Weshalb hat er so eine Bedeutung für uns, selbst dann, wenn wir - wie ich - nicht religiös erzogen wurden? Wir feiern Weihnachten und Ostern, wir feiern die Geburt und die Wiederauferstehung einer Person, von er wir eigentlich was genau wissen? Ich kenne nur Geschichten. Ich habe ihn nie persönlich erlebt. Sind das alles nur Introjekte und Projektionen?

Ich bin nicht bibelfest, aber irgendwie hat er ja wohl alle Schuld auf sich genommen, oder? Und zum Lohn wurde er ans Kreuz genagelt. Du, Andreas, sprachst irgendwie von der Transformation des Hass`, die darin liegt, aber wo ist die? Schau`in die Welt! Wo ist da was transformiert?
Ist diese Jesus-Geschicht eine Erfindung? Aber von wem? Und wozu? Damit alles beim Altem bleibt?

Ja, Leute, das zweite Glas Wein lässt grüßen:D,

Tanita

Hallo Tanita

nun, Jesus + Christus waren die ersten die einen Prozeß angestossen haben, der so etwa 6000 Jahre dauert. Es sieht oft so aus, als ob sich nichts verändert und doch hat sich sehr sehr viel verändert. Z.B. haben sich diese scharfen Blöcke Ost-West aufgelöst. Und vieles mehr. Und zugleich sind wir immer auf Messers Scheide, es ist ein unglaublich schmaler Grat, auf dem wir wandeln und es braucht tatsächlich immer unsere ganze Anstrengung diesen Weg zu gehen, wie wir ihn auch immer nennen: Liebe, Licht, Frieden, Freude ...
Der Weg ist einfach, aber nicht leicht. Du brauchst nur an Liebe zu denken und sie ist da -- und wenn du es 2000 Jahre lang machst ......

Wir gehen auf dieselbe Art und Weise zurück in einen Frieden, eine Unschuld, wie wir in die Schuld gingen: wir konnten uns -- als wir unschuldig und von Natur aus friedlich waren, Unfrieden und Schuld nicht vorstellen und wir sind des öfteren daran verzweifelt, weil wir das mit der Schuld nicht hinkriegten .... ich meine das so wie es dasteht .... und heute? heute sagen wir Frieden, Frieden, Frieden und dann soll er da sein, für alle bitte, und so wie ich ihn mir vorstelle. Und was machst Du dann? Und woher willst Du wissen, wie Frieden oder Unschuld wirklich aussieht? Ich meine Frieden und Unschuld für alle?

Zur Bibel.....
Und wenn es nur Innenbilder sind, sind sie. Und wenn es nur Geschichten wären, wären sie als Geschichten berechtigt. Das macht keinen Unterschied, denn sie sind in Deinem und meinem Leben real, sie geben ein paar Sätze vor und sie geben jedem eine Möglichkeit ..... :D ..... Gewaltliebhaber zitieren gerne die Stelle als Jesus die Peitsche nahm und die Händler aus dem Tempel vertrieb ..... sie sehen nicht, dass er sowas nur ein einziges Mal gemacht hat .... oder was hältst Du davon: Jeder von euch wird dasselbe wie ich tun und noch mehr! (Das sagt Jesus Christus zu uns, zu jedemjeder.....).

Kommt ein Schiff an, das dauernd den Kurs ändert? Sehe ich am Anfang der Reise bereits das gelobte Land? Ein paar Lichter im Dunkeln -- genügt das nicht um die Reise zu beginnen? Hat irgendwer so ähnlich gesagt. Kurs halten.

Ein für mich wunderschönes Buch, das das ausdrückt, was eigentlich nicht gesagt werden kann ist "Maria Magdalena" von Marianne Fredriksson.

Liebe Grüße

Andreas
 
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Was meint Ihr, was war oder was ist genau damit gemeint, dass Jesus unsere Sünden auf sich genommen hat?

Ich weiß nicht, wie lange ich schon in diesem Pseudoheiligenmodus unterwegs bin, aber er ist fatal. Mir scheint, die Erlösung liegt nicht in einem Christusbewusstsein, sondern in der Erlösung von der Vorstellung, es sei soweit, wenn man zu einem solch`personifizierten Gutmensch geworden ist. Mir scheint, Erlösung liegt in der Aufgabe von jeglichen Konzepten und jeder,aber auch wirklich jeder Projektion, auch der von dem, was wir Menschen Gott nennen.
 
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