Meine Schwester, was meint Ihr?

LoveLights

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30. Juli 2005
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Hallo,

ich würde gerne mal Eure Meinungen hören. Ich selber stehe im Zwiespalt und erhoffe mir bei dieser Bitte, das eine oder andere mehr in meine Denkweise mit einarbeiten zu können, um dann einen Weg aus diesem Zwiespalt zu einem Ergebnis bzw. einem für mich zu vertretenden Standpunkt zu finden.

Ich habe eine jugendliche Halbschwester. Ich selbst bin so jung :), daß ich ihre Mutter sein könnte. Wir sind beide von unserem Vater mißbraucht worden.
Das haben wir gemeinsam beide, sonst jedoch nicht viel. Man könnte fast behaupten wir sind ein Unterschied wie Tag und Nacht.

Ich bin ein ziemlich energiereicher Mensch, der anstelle "alles wegzupacken und zu verschließen" eher erst recht "drauflosstürmt". Meine Schwester nicht und sie ist leider auch immer noch so, daß sie weiterhin in ihrer verschlossenen Fassade bleiben möchte.

Ich selbst weiß wie schwer das ist, - ich sage mal - zu springen, aus dieser Fassade herauszuspringen auf eine Maske zu verzichten u.a. Ich weiß wie diese Folgen von Mißbrauch einen im Leben behindern, quälen und das in allen Situationen im Leben, so daß man nur noch zusieht, überhaupt überleben zu können.
Dazu kommt, daß sie keinerlei seelische Stütze, hilfreiche Begleitung in Ihrem näheren Umfeld hat, so daß ich es auch selbst momentan nicht für ratsam halte würde.

Ich möchte Ihr da auch nicht reinreden oder sie ändern. Mir tut es weh, zu sehen, wie sie selbst oft leidet. Schwer für mich ist, dazustehen und nichts tun zu können. Das ist für mich besonders schwer auf Grund meiner Vergangenheit, nichts tun zu können. Daran muß ich selbst mehr arbeiten.

Ich habe ihr lediglich ein bißchen von mir erzählt und von den Folgen des Mißbrauchs, wo es nun im Leben hapert.
Ich sagte ihr, momentan ist es so, daß du dich lieber für dich zurückziehen möchtest. Wenn du dann doch an dem einen oder anderen arbeiten möchtest, kannst du mich ja ansprechen, wenn du möchtest.

Ich habe das Problem, daß ich mich völlig ausgelaugt fühle, wenn meine Schwester da ist. Ich selbst habe meinen Tag jedoch kaum anders gestaltet, als sonst auch, und war auch nicht anders drauf als sonst.
Sie scheint mir jedes Mal meine Energie abzusaugen. Und ich bekomme fast die ganze Zeit über ihre Gedanken, Schwingungen mit. Das ist für mich das Allerschlimmste. Sie sagte mir auch, ich bin ihr großes Vorbild. Das paßt zu dem,was sie denkt. Weiterhin klammert sie sich gedanklich förmlich an mich. Ich muß noch was im Haushalt erledigen, sie kann sich nicht alleine beschäftigen und hängt nur rum, während sie mir die ganze Zeit vermittelt (gedanklich) wie langweilig es ist und wie schlimm es für sie ist und daß ich mich mit ihr beschäftigen solle und.........

Ich kann so nicht mehr. Ja, ich selbst muß mich schützen. Mit den Einwirkungen von Gedanken anderer könnte man sich bestimmt schützen, indem man das dritte Auge schließt. Dann wäre ein Problem schon mal beseitigt. Daß sie keine Hilfe möchte und sich nicht ändern will, kann ich in erster Linie auch akzeptieren. Was ich widerum nicht akzeptieren kann, ist, daß sie von mir erwartet, auch so herumzuhängen wie sie, denn das ist überhaupt nicht mein Ding.

Ich bin auf meinem Weg immer wieder alleine weiter gegangen. Meine Schwester sehe ich nicht oft, aber wenn dann gleich ein paar Tage und wißt ihr was? Ich weiß nicht, ob ich mich für diesen Gedanken verurteilen soll oder nicht: Es scheint so, als müßte ich ohne sie weiter gehen oder zumindest ihre Aufenthalte auf 2 Tage hintereinander beschränken.
Wir haben so gut wie nichts gemeinsam und irgendwie ist das auch eine sehr einseitige Beziehung zwischen uns, denn alles kommt von mir. Sie ist aber im Allgemeinen so zu allen und hat wie gesagt auch die Folgen und es echt schwer. Sollte ich dieses wirklich so sehen? Irgendwie sage ich mir, wünschenswert wäre schon wenn nur so eine nette Geste mal kommen würde.
Manchmal kommt es mir so vor: Wenn ich vor ihren Augen schuften und schuften würde, sie würde nicht merken, wenn ich fast umfalle und manchmal scheint es auch, als wäre es ihr egal. Andererseits wieder weiß ich, wie schwer es ist (bzw. war), sich vor anderen Menschen zu öffnen, eine nette Geste zukommen zu lassen; auch dies ist eine Folge des Mißbrauchs.

Ich habe ziemlich viel geschrieben und einfach drauf los. Ich danke Euch schon mal für das Lesen und vielleicht ja für die eine oder andere Meinung, die Euch dazu so einfällt. Kritik ist von mir erwünscht :)

Alles Liebe Euch
LoveLight
 
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Liebe LoveLight,

Ich will dir zunaechst einmal als ehemalige juristin zum thema garantenstellung antworten: ein garant ist durch seine soziale beziehung dem anderen gegenueber dazu verpfichtet, in seinem sinne fuer dessen wohlergehen zu sorgen. Die garantenstellung ergibt sich konkludent auch ohne den garanten explizit zur hilfe aufgefordert zu haben, jedoch nur, wenn auch eine gefahrensituation gegeben ist. Diese gefahrensituation koennte bei deiner schwester in form einer selbstgefaehrdung durch phlegmatische antriebsarmut und auferlegter selbstkasteiung vorliegen, was sie zur dauerhaften handlungsunfaehigkeit fuehrt. Problematisch ist hier abzuwaegen, inwiefern die schwester diese selbstgefaehrdung wuenscht; es waere ueberheblich, ihre wuerde insofern zu schmaelern, sich selbst gegenueber unwuerdevoll zu verhalten. Da sie durch die seelische last des missbrauchs nicht 100%ig in ihrem sinne entscheiden kann, ist es durchaus legitim, sie als garant zu einer veraenderung aufzufordern und zu mehr aktivitaet zu ermahnen. Der garant darf weiterhin fuer sich selbst abwaegen, inwiefern er die belastung seiner hilfeleistung ertragen kann, denn er braucht sich selbst nicht dem wohle eines anderen zu opfern und damit selbst gefaehrden. Ausserdem hat der garant das recht, sich aus seiner garantenstellung zu entfernen, wenn die art seiner ihm moeglichen unterstuetzung nicht dazu geeignet ist, ueberhaupt die gafahr abzuwenden. Die verpflichtung zur hilfeleistung aus garantenstellung loest sich damit auf.

Du beschreibst deine schwester als vom missbrauch traumatisiert und still. Sie beobachtet dich als ihr vorbild, ohne selbst aktiv zu werden, fuer mich sieht es so aus, als ob sie passiv deinen schutz einfordert; je passiver sie sich gibt, desto intensiver faellt in ihren augen dein schutz aus. Ich meine, dass du ihr die liebevolle sorge, die sie bei dir sucht, gar nicht geben kannst, solange du ihre anwesenheit nicht als erfreulich empfinden kannst. Von einer ablehnenden liebe habe ich noch nie gehoert, das schliesst sich in meinen augen gegenseitig aus. Die loesung, sie eine ertraegliche zeit lang in deine naehe zu lassen, halte ich fuer sehr schlau, wobei ich zwei tage schon als zu viel sehe. Ich kann es sehr gut nachempfinden, dass du diese einseitige beziehung als energiesaugende last erlebst. Sie verkoerpert fuer dich ein schreckensbild, von dem, wovon du dich so weit wie moeglich entfernen willst, um zu deinem eigenen seelenfrieden zu gelangen. Wenn dein innerer impuls lautet: nichts wie weg! solltest du diesen nicht vernachlaessigen. Ich wuensche dir sehr, dir auch darueber im klaren zu sein, wo du hinwillst und dass du dich auf deinem lebensweg nicht alleingelassen fuehlst, selbst wenn du ihn allein bestreitest. Vielleicht hilft es dir, deinen zwiespalt zu klaeren, wenn du dich tatsaechlich von ihrer antriebslosigkeit voellig absetzt, ihr eigentliches wesen jedoch annimmst. Im grunde sucht sie neben deinem schutz doch die bestaetigung, selbst annehmbar zu sein, dieser wunsch ist verstaendlich, sonst befaendest du dich wohl nicht in einem konflikt ihr gegenueber.
Mich selbst wuerde es sehr stoeren, wenn mich jemand besucht und regungslos wie einen fernseher anstarrt, dann koennte ich mich noch nicht einmal darueber freuen, als vorbild auf einen sockel gestellt zu werden. Zumal ich mir zeitraubende gedanken darueber machen wuerde, welches bild von mir nach dem fernsehen noch im koepfchen des zuschauers haengengeblieben ist, hoffentlich kein festgefrorenes ideal-standard-bild, das wuerde ich als ignorante beleidigung meiner person empfinden. Ich glaube auch, dass ich teilnahmslosigkeit im allgemeinen als persoenliche beleidigung auffasse und dazu tendiere, beleidigt auf meine belange hinzuweisen. Wenn einer dann auch noch verlangt, dass ich mich von seiner lahmen art befluegeln lasse, und ihm dadurch bestaetigung geben soll, waere ich so richtig trotzig schmollend beleidigt. Mir sagt man jedoch nach, ein schalk zu sein; deshalb will ich dich nicht erst auf dumme gedanken bringen....

Liebe gruesse
LeeLoo
 
Liebe LoveLight!

Du bist eine starke Person, trotz deinem eigenen schweren Weg.
Ich glaube dir auch, dass du ihre Schwingungen und Gedanken wahrnimmst, aber ich vermute, dass du dir das auch zu einem großen Teil einredest - einfach weil sie ständig PASSIV ist und schließlich das selbe ertragen musste wie du.
Ich kenne es sehr gut, sich mit so einem selbst-blockierendem Menschen herumzuschlagen. Man will dem anderen ein Licht schenken, aber der sitzt so tief im Dunkeln, dass es anscheinend nicht durchdringt!
Ich kann auch gut verstehen dass du aufgeben/dich zurückziehen willst und auch wenn es sehr egoistisch für andere klingen mag, finde ich, das solltest du tun. Warte darauf ihre Reaktion ab!

Manchmal hilft nur mehr ein "Tritt in den Arsch"!
... vielleicht auch bei ihr, denn dann könnte ihr bewusst werden, dass eine zwischenmenschliche Beziehung nur mit Geben&Nehmen funktioniert!

Viel Kraft und liebe Grüße
Silesia
 
Hallo LoveLight,
ich finde die Situation mit deiner Schwester schwierig und kann dir auch nicht sagen, was da richtig oder falsch ist.
Fakt ist wohl, dass sie Hilfe braucht und sie bei dir sucht, du aber ueberfordert bist.
Kannst du ihr nicht professionelle Hilfe vorschlagen?
Mir draengt sich eine ganz andere Frage auf:
Habt ihr den Missbrauchtaeter angezeigt?
Oder scheut ihr davor zurueck - was ich verstehen koennte.
Andererseits koennte ein Ausgleich in Form einer gerichtlichen Strafe erleichternd fuer euch beide sein.
Ich finde es immer falsch, wenn so ein Mensch ohne Konsequenzen weiter lebt und auch weiter taetig sein kann - vermutlich!
Dies ungeachtet irgendwelcher Diskussionen und Ansichten ueber Opfer und Taeter!

Bijoux
 
Bijoux schrieb:
Hallo LoveLight,
ich finde die Situation mit deiner Schwester schwierig und kann dir auch nicht sagen, was da richtig oder falsch ist.
Fakt ist wohl, dass sie Hilfe braucht und sie bei dir sucht, du aber ueberfordert bist.
Kannst du ihr nicht professionelle Hilfe vorschlagen?
Mir draengt sich eine ganz andere Frage auf:
Habt ihr den Missbrauchtaeter angezeigt?
Oder scheut ihr davor zurueck - was ich verstehen koennte.
Andererseits koennte ein Ausgleich in Form einer gerichtlichen Strafe erleichternd fuer euch beide sein.
Ich finde es immer falsch, wenn so ein Mensch ohne Konsequenzen weiter lebt und auch weiter taetig sein kann - vermutlich!
Dies ungeachtet irgendwelcher Diskussionen und Ansichten ueber Opfer und Taeter!

Bijoux

Hallo
Kenne dieses Dilemma aus meinem Bekanntenkreis. Die Opfer haben Angst die Traumatas wiederdurchzuleben auch als eigentliche "Angeklagte"
darzustehen. Sie können nicht realisieren, dass der Täter über Jahre hinweg Opfer auflauert. Weiteres Leiden entsteht.
Es kann eine Missbrauchskette über die Generationen entstehen wenn dieser "Knoten" nicht aufgelöst und erlöst wird.
Von diesen Fällen gibt es leider nicht wenige !
 
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hallo love lights!

:kiss3: du bist ein ganz lieber, mitfühlender mensch! Mitgefühl ist allerdings nur bedingt gut, denn es sollte dort enden, wo es dich selbst beeinträchtigt (ich hab das problem sozusagen "erfunden" - grins).

bitte lerne, dich selbst abzugrenzen, sei es auf psychischer, sei es auf energetischer ebene.

psychologisch bedeutet das, dass du erkennst, dass das schicksal deiner schwester NICHT auf deinen schultern lastet.

energetisch kannst du dir helfen, indem du dir angewöhnst, dich selbst unter eine lichtglocke zu stellen (schon bevor sie kommt), wo nichts hereinkommt und nichts hinausgeht (falls die attacken "zu massiv" sind, kannst du außen auf deiner glocke noch einen spiegel anbringen, damit sie zurückerhält, was sie dir gibt).

allerdings solltest du ihr das sagen, denn sie wird den unterschied spüren und sollte das nicht als ablehnung auffassen. im kontext dieses gesprächs würde ich auch versuchen, ihr klar zu machen, dass auch sie einen anteil an der beziehung leisten muss.

alles liebe, miramana
 
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