Hallo,
vielleicht kann man sich der Frage auch nähern, wenn man nicht von dem Verstand oder dem Denken spricht, da die Nomen eine Entität - das Dasein eines Dinges, einer Substanz - suggerieren, die eventuell gar nicht vorhanden ist, sondern lediglich funktional rekonstruktiv-theoretisch geschlussfolgert wird.
Was ist phänomenal gegeben? Sind das nicht Gedankenstücke (sprachlich, akustisch) eventuell begleitet von Emotionen und unterlegt von einer Stimmung? Manchmal/oft reißen diese Gedankenstücke einfach ab und die Aufmerksamkeit richtet sich auf ein ganz neues Thema.
Ist diese Aufmerksamkeit/Achtsamkeit nicht ausgeprägt, dann ist es ihr nicht einmal bewusst, dass diese Gedanken ständig ins Leere laufen und immer wieder neue Sequenzen beginnen. Das falsche Selbstbild entspricht in unserer Gesellschaft manchmal dem Ideal eines Computers, der Rechnungen beginnt und bis zum Ende rechnet, um dann neue Rechnungen zu beginnen.
Wichtig scheint mir: da ist jeweils eine Aufmerksamkeit auf diese Gedankenstücke gerichtet.
Und diese Aufmerksamkeit/Achtsamkeit ist es auch, die diesen Strom von Gedankenstücken koordiniert, aber auch anzuhalten vermag (mit ein wenig Übung).
Zunächst richtet sie sich überhaupt erst auf das „Ziel“ des Anhaltens und dabei wird ihr erst einmal gewahr, wie konditioniert das Bewusstsein auf die Produktion dieser Gedankenstücke ist.
Um sich von dieser Zwanghaftigkeit zu lockern, schaltet man beispielsweise im täglichen Leben manchmal Musik oder den Fernseher an/ein, damit die Aufmerksamkeit immer wieder zwischen zwei Objekten hin und herspringen kann, um ab und an in den lieblichen Apfel der Musik zu beißen, um sich dann wieder - nun vergnügt - der spontanen Produktion von Gedanken hinzugeben.
In der Meditation stellt – vor allem nach buddhistischer Lehre - dieses Anhalten und Auflösen der Gedankenstücke das erste Jhana dar (
http://de.wikipedia.org/wiki/Jhana ).
Wenn man sich einmal 5-7 Tage Zeit nimmt, jeden Tag 10 Stunden auf den Atem meditiert - auf die Empfindung des Atems, die er am Ausgang der Nasenlöcher und über der Oberlippe hervorruft - und ansonsten schweigt und sich auch sonst an die 5 Shila-Regeln hält, dann kann das, meiner Meinung nach, jeder Mensch, der nicht an allzu starken Neurosen oder einer akuten Lebenskrise leidet, zumindest für ein paar Minuten erfahren: Stille.
Außerdem vollziehen sich auf anderen Ebenen zahlreiche Veränderungen. Die Wahrnehmung der Natur verändert sich: die Natur erscheint wunderschön und strahlt eine Geborgenheit aus. Die Wahrnehmung von Essen verändert sich und das „gesunde“ (Bio)-Essen schmeckt nun (noch) wundervoll(er).. Stress und Zwanghaftigkeit (Kontrolle abgeschlossener Türen, von Herdplatten
Waschmaschinen etc., sowie Eifersucht etc. ) vergehen/lockern sich ebenfalls außerhalb der Meditation. Etc. .
Wenn man dies erfährt, dann wird auch erfahrbar, wer oder was das ist, der/das den Verstand (die Gedankenstücke) achtsam beobachtet und nun zumindest in der Meditation „beherrscht“.
Liebe Grüße
Energeia