Lesung in 1030 Wien, 16.2.2007

ChrisTina

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Ort
Himmelreich des Ortes, wo die Götter Schach spiele
Bezirksmuseum Landstraße
Wien 3. Bezirk,
Sechskrügelgasse 11

Erreichbarkeit:
U 3, 4A und 74A bis Rochusgasse
Linie O bis Sechskrügelgasse
(s. Planausschnitt)

Öffnungszeiten:
Sonntag 10 bis 12 Uhr,
Mittwoch 16 bis 18 Uhr,
An Feiertagen und während der Schulferien ist geschlossen.
Nach tel. Voranmeldung jederzeit.

Ausstellungen,
die am 16. Februar 2007 eröffnet werden:

Die dritte Schau eines gebürtigen Landstraßers ist eher ungewöhnlich, weil sie sich sowohl mit Literatur als auch mit Malerei beschäftigt: Fritz Maywald, Maler und Schriftsteller.

Der letzte Öffnungstag dieser Ausstellungen ist Mittwoch, 21. März 2007.



Fritz über sich und seinen Bezug zum 3. Bezirk:

Die Landstraße lässt mich nicht los!

Ich bin 1948 in Wien geboren und lebe seit sechs Jahren in Göttschach in der Nähe von Gloggnitz im südlichen Niederösterreich - wenn Sie links abbiegen ganz oben am Waldrand, eigentlich nicht zu verfehlen.

Auf einem der ausgestellten Fotos sehen Sie mich als Kind in einer für mich damals eher untypischen wagemutigen Haltung - wenig später beschloss ich dann, erwachsen zu werden, und zwar ein ebenso braver Erwachsener, wie ich ein braves Kind war.

Das blieb eine ganze Weile so.

Mein Bezug zum 3. Bezirk ist klar – in Erdberg in der Rüdengasse aufgewachsen, zuerst auf Nr. 13, in einer typischen Wiener Wohnung der Nachkriegszeit – Zimmer, Küche, Kabinett (in dem allerdings die Großmutter wohnte), Klo im Hof – allerdings mit Fließwasser, eine Besonderheit in dieser Zeit.

Bei Durchsicht der Internet-Seiten des Bezirksmuseums kommen Erinnerung an diese Zeit hoch: Die alte Markthalle, in der meine Großmutter (jene, die in Weißgerb zuhause war, in der Hießgasse) jede Woche einkaufen ging, der alte Rochusmarkt, das alte Wirtshaus Ecke Landstraße/Erdbergerstraße, das Ufer des Donaukanals und Alt-Erdberg.

Verblüffend, wie viel Altes ich noch erlebt habe, das heute nur mehr auf Fotos im Museum existiert.

Und dann – ab 1958 - auf Rüdengasse 16, einem „klassischen“ Wiener Altbau.

Um die Ecke war der Kardinal Nagl Platz, der bis heute – mit Ausnahme des Kinderfreibades – ziemlich unverändert geblieben ist.

Überhaupt gibt es heute noch immer einige Fixpunkte meiner Kindheit. Die alten Gemeindebauten, das kleine Gasthaus in der Schlachthausgasse beim Donaukanal, und das Lieblings-Modegeschäft meiner Mutter in der Erdbergstraße. Und der Donaukanal ist natürlich auch noch da!

Wesentlicher Bestandteil meines Lebens war in dieser Zeit der J-Wagen – zuerst für die Fahrt in die Mittelschule Radetzkystraße, ab 1962 für die weite Fahrt in den 17. Bezirk, HTL Rosensteingasse. Die U-Bahn heute ist viel schneller, allerdings konnte man im alten J-Wagen herrlich Hausaufgaben machen.

1970 habe ich dann nach Meidling geheiratet – immerhin ein Bezirk, der durch 3 teilbar ist – bin aber 1979 beruflich in den 3. Bezirk zurückgekehrt, in die Beatrixgasse zur Tochtergesellschaft einer Bank.

Dieser Bezirk hat mich bis heute nicht losgelassen: 1986-1994 hatte ich – inzwischen selbständiger Unternehmensberater geworden – mein Büro in der Lechnerstraße, dort, wo früher die MIAG stand, in der ich 1965 meinen ersten Ferienjob hatte.

Am Beginn der Neunzigerjahre beschloss ich, etwas weniger brav zu werden, heiratete zum 2. Mal in den 6. Bezirk (man beachte: schon wieder durch 3 teilbar) und zur Jahrtausendwende gleich noch einmal, was eine kurze Rückkehr in die Wohnung meiner Eltern und meine Übersiedlung in den Süden Niederösterreichs verursachte. Meine Eltern leben noch immer in Erdberg – in der Zwischenzeit im Pensionistenwohnheim Würtzlerstraße.

Scheinbar war mir ab 2000 der Bezug zum 3. Bezirk abhanden gekommen – aber nur scheinbar. 2001 schrieb ich – nach damals 2 Sachbüchern, aus denen in der Zwischenzeit 8 geworden sind – meinen ersten Roman, aus reiner Neugier, ob ich dazu fähig bin. Und – Überraschung – „Der Zaureiter“ spielt zu einem großen Teil im 3. Bezirk, und zwar in der Gegend zwischen Rochusmarkt und Donaukanal, also in dem Viertel, in dem meine Großmutter früher lebte.

Bei dieser Gelegenheit lernte ich das Cafe Wilhelmshof Ecke Erdbergstraße / Wassergasse kennen (das ich wohl aus Kindertagen schon kennen musste, denn es lag auf dem Weg von der Rüdengasse zu meiner Großmutter), dass zum Zeitpunkt des Erscheinens dieses Romans den Besitzer und den Namen gewechselt hatte – heute ist es das Cafe Goldengel.

Und damit die Geschichte weitergeht: In meinem im Oktober 2006 erschienenen zweiten Roman, „Im Mittelpunkt der Zeit“, spielen Kaffeehäuser eine wesentliche Rolle – eines davon ist das Cafe Goldengel.

Beruflich wäre ich 2002 fast wieder in den 3.Bezirk zurückgekehrt, wäre nicht das Beratungsunternehmen, für das ich damals als Senior Manager gearbeitet habe, an einen Mitbewerber verkauft worden. Die noch existierenden Teile – Wirtschaftstreuhänder und Steuerberatung – haben heute ihren Sitz Erdbergerstraße 200.

Meine heutige Tätigkeit lässt sich – scheinbar – in zwei Teile teilen: In einen „seriösen“ Teil – ich bin Managementtrainer und Coach – und einen „närrischer“ Teil – Verleger, Autor und bildender Künstler. Deswegen scheinbar, weil für mich diese Teile gut zusammenpassen.

Seit mehr als 20 Jahren male ich mit wechselnder Intensität Bilder, seit wann ich Narr bin, ist nicht so genau zu datieren - unbewusst vermutlich schon sehr lange, bewusst geworden ist es mir erst vor einigen Jahren. Als öffentlich bekennenden Narren kann ich mich erst seit 2000 bezeichnen, wobei das nicht ganz zufällig mit der Entstehung meines ersten Buches - "Der Narr und das Management" - zusammenfällt.

Ich beobachte die Entwicklung meiner Bücher mit Erstaunen und Faszination - aus dem neugierigen Versuch, überhaupt einmal ein paar Absätze zu schreiben, wurden bisher acht Sachbücher, davon zwei als Co-Autor, und zwei Romane.

2006 bin ich - aufgrund von Problemen mit meinen Verlagen - einen logischen Schritt gegangen: Ich hab einen eigenen Verlag gegründet, der auch Bücher anderer Autoren verlegen wird: Die Edition Zaunreiter. (www.edition.zaunreiter.at).

Das Buch aus dem ich heute lesen werde, ist mein erster Roman „Der Zaunreiter“, erschienen November 2005, der zu einem großen und wesentlichen Teil im 3. Bezirk spielt. Es ist keineswegs eine Autobiographie, wenn auch viele Facetten aus meinen Erinnerungen stammen – und meine Großmutter hat tatsächlich in diesem Viertel gewohnt.

Michael – die Hauptfigur – ist scheinbar, für einen unbeteiligten Beobachter, ein ganz normaler Mensch, der ein ganz normales Leben führt. Rund um und in und neben Michaels Leben handelt dieser Roman, geht tief hinein in Details, holt weit aus, überschreitet Grenzen zwischen Gegenwart und Vergangenheit, Wachsein und Traum, Realität und Phantasie, Grenzen zwischen Wirklichkeiten, eingebettet in den Rahmen eines nach außen hin ganz normalen Lebens von einem Glas Prosecco am Nachmittag am Rochusmarkt bis zu seinem rätselhaften Verschwinden.

Mehr über mich und den Zaunreiter finden Sie im Internet unter http://fritz.maywald.at und http://der.zaunreiter.at.
 
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