Wenn ich so in der letzten Zeit im Forum lesen, frage ich mich ernsthaft, ob seit Kain und Abel sich die Menschheit
wirklich verändert-weiterentwickelt hat, dass Konkurenzdenken hat einfach immer, in den meisten Fällen die erste Priorität, egal, um jeden Preis.
Sind die meisten Menschen nicht in der Lage, Gelesenes, von sich
zuerst einmal abzuspalten, aus der Distanz heraus zu beobachten
und wahrzunehmen, um den tatsächlichen Inhalt der Worte zu
erfassen.
Obwohl ich noch nicht so lange und auch nicht sehr regelmäßig hier bin ist mir das auch schon aufgefallen. Ist das denn erst in der letzten Zeit so?
Meine Ideen dazu: Es ist ja IRL schon schwer genug, die wahre Geisteshaltung und die wahren Intentionen des Gegenübers zu erkennen. Was nicht heißen soll, dass das in jedem Fall überhaupt unbedingt wichtig wäre. Aber ein Abchecken ab und zu, ob man überhaupt noch im "selben Film" ist, wäre schon sinnvoll. Wieviel schwerer ist das dann bei geschriebenen Worten, wo die Mimik (z. B. wie jemand weiter vorn schrieb: der "geschockte Blick"), Gestik, Körperhaltung komplett wegfallen.
Man kann sehr oft einfach gar nicht wissen, wie's gemeint ist.
Der Hauptpunkt ist, dass Menschen total unterschiedliche Realtitäten haben können, auch darüber was z. B. eine Beleidigung ist und was nicht.
Zufällig habe ich gestern ein schönes Beispiel dafür im Fernsehen gesehen, und zwar einen Ausschnitt aus einem "Tatort". Sicher kennen viele hier den Tatort aus Münster. Die Szene ging darum, wie Kommissar Thiel sich mit der Staatsanwältin darüber unterhielt, warum der Prof. Boerne seine kleinwüchsige Kollegin "Alberich" nennt. Die Staatsanwältin erklärte dem Kommissar, dass Alberich der Zwergenkönig aus der Nibelungensage ist.
Ich hätte spontan gedacht: Ziemlich unverschämt, derart auf die Kleinwüchsigkeit der Kollegin anzuspielen.
Die Staatsanwältin sagte jedoch: "Das ist seine Art, ihr seine Wertschätzung auszudrücken."
Ich verstand, dass das auch möglich sein kann. So kann etwas bei jemandem "böse, ruppig" ankommen, was aber gar nicht so gemeint war. Und das kann man dann ja auch einfach mal stehen lassen, ohne dem anderen vorzuhalten weswegen man meint, dass das aber
doch unverschämt ist.
Ein Wort allein genügt, um den inneren Motor, der Verletzlichkeit,
oder Zynismus in Gang zu setzten.
M. E. liegt das daran, dass (ich glaube mit fortschreitendem Alter umso heftiger) jeder seine ganz speziellen Verletzlichkeiten und Triggerthemen hat. Und bei einigen führt das so weit, dass derjenige bereits in Rastern denkt und alles was ihm zugetragen wird, automatisch in dieses Thema packt und es daraufhin durchleuchtet bzw. auch dementsprechend antwortet. Bewusst ist demjenigen das in den meisten Fällen gar nicht.
Das Gegenüber kann freilich gar nicht wissen (jedenfalls in den meisten Fällen, es gibt sicher auch Fälle, wo jemand das mit Absicht macht) was es da beim anderen ausgelöst hat und ist total perplex angesichts der heftigen Reaktion. Wie gesagt, das ist IRL schon schwierig, wieviel schwieriger ist es bei geschriebenen Worten. Man weiß ja beim Forenschreiben gar nicht, mit wem man es da eigentlich wirklich zu tun hat.
Das ist Gewaltgeladene und Konkurenzdenkende Kommunikation !
Gewaltgeladen, da stimme ich dir zu. Draufschlagen aus Verletztheit allerdings. BTW: Hier fällt zwar die Körpersprache weg, aber in sehr begrenztem Maße können Smileys stattdessen verwendet werden. Die natürlich auch nur geschauspielert und viel bewusster eingesetzt werden können als spontane Körpersprache.
Mir ist besonders der häufige Gebrauch dieses Trost-Smileys hier:
der eigentlich vom Grafiker ursprünglich sicherlich nett gemeint war, in einem Kontext aufgefallen, wo es gar nicht um eigentlichen Trost geht wenn jemand traurig ist (und das auch klar geäußert hat), sondern darum, sich mit der Verwendung dieses Smileys über den anderen zu erheben indem man ihm suggieriert, er würde Trost bedürfen. Mit diesen Smileys kann man schon einiges überbringen.
Was ich nicht verstehe, wieso du diese Phänomene mit "Konkurrenz" gleichstellst?