unterwelt
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bischen input:
http://www.markus-salhab.de/texte/missbrauch.html#5
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5. Die Folgen sexueller Gewalt
Kathleen A. Kendall-Tackett, Linda Meyer Williams und David Finkelhor untersuchten die Folgen sexueller Gewalt anhand einer Überblicksarbeit, in der sie eine Vielzahl von Studien miteinander verglichen haben. In den Überblick wurden nur jene Studien aufgenommen, in denen alle Probanden 18 Jahre oder jünger waren. Die einzelnen Arbeiten wurden zwischen 1988 und 1993 veröffentlicht.
In einem ersten Ansatz ging es um den Vergleich zwischen den Symptomen von mißbrauchten und nicht-mißbrauchten Kindern. Das häufigste Symptom das sich bei sexuell mißbrauchten Kindern zeigt ist sexualisiertes Verhalten. Sexualisiertes Verhalten, das als das charakteristischste Symptom sexuellen Mißbrauchs angesehen wird, beinhaltet Aspekte wie sexualisiertes Spiel mit Puppen, Einführen von Gegenständen in den After oder die Vagina, exzessives oder öffentliches Masturbieren, verführerisches Verhalten, Ersuchen um sexuelle Stimulation von Erwachsenen oder anderen Kindern und alters-unangemessenes sexuelles Wissen. Es finden sich aber auch eine Vielzahl anderer Symptome hinsichtlich derer sich mißbrauchte von nicht-mißbrauchten Kindern unterscheiden können. Im einzelnen sind das, Furcht, Alpträume , die allgemeine Posttraumatische Belastungsstörung, Rückzugsverhalten, neurotische Störungen, Grausamkeit, Delinquenz, regressives Verhalten (einschließlich Enuresis, Enkopresis, Wutanfälle und Jammern), Weglaufen, allgemeine Verhaltensprobleme, selbstverletzendes Verhalten (Substanzmißbrauch, Anorexie, Bulemie u.a.) und zusammengesetzte Symptome wie Internalisierung (Rückzugsverhalten, Ängstlichkeit, Hemmung, Überkontrolle) und Externalisierung (Aggression, antisoziales und unkontrolliertes Verhalten). Werden sexuell mißbrauchte Kindern mit anderen klinischen nicht-mißbrauchten Kindern verglichen, so ergibt sich jedoch ein anderes Bild. Bei vielen, der gemessenen Symptomen zeigten sich in der Mehrheit der Studien sexuell mißbrauchte Kinder aktuell weniger auffällig als die klinischen Kinder. Nur hinsichtlich des sexualisierten Verhaltens und der allgemeinen posttraumatischen Belastungsstörung zeigten sich bei sexuell mißbrauchten Kindern stärkere Symptome. Dies wird zum einen damit erklärt, daß die nicht-mißbrauchten Kinder in Wirklichkeit vielleicht Kinder sind, deren Mißbrauch einfach nicht aufgedeckt worden ist. Zum anderen werden Kinder gerade wegen ihres symptomatischen Verhaltens in Kliniken überwiesen. Somit liegt es auf der Hand, daß sie mehr Symptome zeigen als Kinder die nicht wegen ihrer Symptome in die Klinik überwiesen wurden, sondern aufgrund dessen was ihnen angetan wurde.
In einem weiteren Ansatz untersuchten die Autoren den tatsächlichen Anteil der Opfer für jedes einzelne Symptom und die Verteilung der Symptome auf die verschiedenen Altersstufen. Die Kinder wurden zum Zeitpunkt der Datenerhebung in drei Gruppen eingeteilt: Vorschulalter (0-6 Jahre), Schulalter (7-12 Jahre), Adoleszenz (13-18 Jahre). Die beiden Symptome die in allen Altersstufen ähnlich häufig auftraten waren und somit sehr stabile Symptome darstellen sind Depressionen und Schul-/Lernprobleme. Bei den mißbrauchten Vorschülern waren die häufigsten Symptome Angst, Alpträume, allgemeine posttraumatische Störung, Internalisierung, Externalisierung und unangemessenes Sexualverhalten. Bei Kindern im Schulalter umfaßten die häufigsten Symptome Furcht, neurotische und allgemeine psychische Störungen, Aggression, Alpträume, Schulprobleme, Hyperaktivität und regressives Verhalten. Bei Jugendlichen waren es Depressionen, Rückzugs-, suizidales und selbstverletzendes Verhalten, somatische Beschwerden, ungesetzliche Taten, Weglaufen und Substanzmißbrauch. Die Ergebnisse deuten darauf hin, daß ein großer Anteil der Symptomatologie entwicklungsspezifisch ist. Die Altersabhängigkeit bestimmter Symptome könnte aber auch auf den Vergleich von ungleich großen Stichproben zurückgeführt werden.
Neben den Opfern mit spezifischen Symptomen, gibt es überaschenderweise einen sehr hohen Anteil von mißbrauchten Kindern die keinerlei Symptome aufweisen. In mehreren Studien findet sich ein Anteil zwischen 21 % und 49 % von mißbrauchten Kindern die beschwerdefrei sind. Es gibt mehrere mögliche Erklärungen für das Phänomen:
Es wurden nicht alle Symptome gemessen oder unsensible Meßinstrumente benutzt.
Bei symptomfreien Kindern könnten sich die Symptome erst noch manifestieren.
Manche Kinder sind wirklich weniger beeinträchtigt da sie widerstandsfähiger sind und über die umfangreichsten psychologischen und sozialen Behandlungsressourcen verfügen, um den Mißbrauch zu bewältigen.
In einem weiteren Ansatz versuchten die Autoren die Variationen in der Symptomatologie der Kinder zu erklären. Manche Kinder zeigten vermehrte Symptome als andere, was zum einen durch situative Variablen bedingt ist zum anderen durch gewisse Merkmale des Kindes. Die Überblicksarbeit ergibt, daß Kinder vermehrte Symptome zeigen wenn
sie eine negative Haltung und einen negativen Bewältigungsstil haben,
die mütterliche Unterstützung fehlt,
Gewalt angewendet wurde,
der Täter zum Kind eine enge Beziehung hatte,
sie häufig mißbraucht wurden,
sie durch anale, orale oder vaginale Penetration mißbraucht wurden.
Einflüsse des Alters zum Zeitpunkt der Erhebung, des Alters bei Beginn des Mißbrauchs, der Anzahl der Täter und der verstrichenen Zeit zwischen der Beendigung des Mißbrauchs und der Erhebung, ergeben keine eindeutigen Ergebnisse. Betrachtet man Längsschittstudien, so ergibt sich, daß im ersten Jahr oder in den ersten eineinhalb Jahren nach der Aufdeckung, die Hälfte bis zwei Drittel aller Kinder weniger Symptome zeigten, während sich bei 10-24% die Symptome verstärkten. 6-19% erlebten einen weiteren sexuellen Mißbrauch (Kathleen et al.). Die Ängste und die somatischen Symptome verringerten sich am schnellsten. Aggressives Verhalten und sexuelle Fixierungen blieben am ehesten bestehen oder verstärkten sich sogar. Einen negativen Einfluß auf die Verbesserung der Symptomatik haben zahlreiche, langwierige oder hart geführte Zeugenverhöre im Gerichtssaal (Whitcomb et al. 1991). Eine Besserung der Symptomatik wird durch ein unterstützendes Familienumfeld gefördert.