Jenseits der Zeiten II

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reinsch

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Das scheint paradox zu sein. Hätten sie sich die Verhältnisse genauer angesehen, ohne an ihren eigenen unmaßgeblichen Vorteil zu denken, so könnten sie die folgende Feststellung gemacht haben: Darwin sprach in seiner Evolutionstheorie nicht von dem Kampf der Arten, sondern vielmehr davon, daß eine Lebensform um so größere Überlebenschancen hat, je besser sie dem sie umgebenden Lebensraum angepaßt ist. Doch dabei kann man drei Arten unterscheiden. Schnelle Anpassungsfähigkeit an wechselnde Bedingungen, Spezialisierung auf eine Bedingung, oder die Nutzung einer Nische, die noch nicht oder nur wenig von anderen genutzt wird. Von schneller Anpassungsfähigkeit der Menschheit konnte in diesem Stadium nicht gesprochen werden. Die Frucht der Erkenntnis stand ihnen im Wege und die vorhandenen Wirtschaftssysteme hatten als Grundgedanken die Ausbeutung der endlichen Ressourcen und stetiges Wachstum, was eine immer schneller fortschreitende Spezialisierung der industriellen Produktion und der von ihnen erzeugten Produkte zur Folge hatte. Doch Spezialisierung gepaart mit mangelnder Anpassungsfähigkeit hat einen entscheidenden Nachteil. Die Gefahr des Aussterbens ist sehr groß. Und eine weitere Komponente kam hinzu, die Erfindung der Aktie. Zu beginn dieser Entwicklung war sie wie eine Triebfeder, die die Entwicklung der Wirtschaft in ungeahnte Höhen katapultierte. Doch während der Globalisierung schadete sie den Menschen im gleichen Maße wie sie ihnen vorher genutzt hatte.

Jede Produktion richtete sich nach den Börsenkursen. Es war nicht mehr wichtig, wie gut ein Produkt hergestellt, wieviele Menschen in Lohn und Brot standen oder welchen Nutzen es hatte. Einzig der Gewinn der Aktie zählte. Meist nur kurzzeitige Gewinne ohne Nachhaltigkeit. Menschen wurden entlassen und der Kurs stieg. Produktionen wurden verlagert, ungeachtet ob noch jemand übrig blieb, der dann noch etwas kaufen konnte, und der Kurs stieg. Endziel war die Monopolisierung der Industrie. Und jeder machte mit, weil es alle taten und tun mußten. Doch dies allein war nicht das ganze Problem. Denn Globalisierung hieß auch, daß der Einfluß der einzelnen Staaten zurückging. Sie wurden erpeßbar. Sie waren nicht in der Lage ihren Anteil am Gewinn der Aktienkurse zum Ausgleich der Verwüstungen, die die Arbeitslosigkeit erzeugte, für den Erhalt der Sozialsysteme geltend zu machen. Einigkeit aller Staaten hätte Abhilfe schaffen können. Dazu fehlten die Mittel und der Wille zur Veränderungen und Anpassung.

Nun würde nicht gleich die ganze Menschheit aussterben. Nein, aber ihnen war schon bewußt, zumindest tief in ihrem Bauch, daß einige Gesellschaftsformen den Übergang in eine neue Zeit nur schwer, oder gar nicht schaffen würden. Doch welche würden das sein?

Die ersten Rufe nach Krieg wurden laut. Und nur wenige Aufrichtige erhoben das Wort, um den Gedanken an den Untergang, der damit verbunden sein würde, in die Köpfe der Menschen zu bringen. Diese wilden Tiere waren also wie in einem Käfig eingesperrt, den Bedingungen, die sie sich selber auferlegt hatten, machtlos ausgeliefert, und die Tür zur Freiheit würde sich nur dann öffnen, wenn sie den richtigen Schlüssel fänden. Eine unruhige Gemeinschaft, die immer darauf bedacht sein mußte, nicht ihren Urtrieben nachzugeben und damit das Chaos heraufzubeschwören. Doch gefährlich waren nicht die umhergetriebenen, sondern jene, die davon überzeugt waren, den Kampf am Ende doch zu gewinnen - koste es was es wolle. Denn gerade diese Sicht der Dinge war es, die der Lösung, die vor ihren Füßen lag, entgegen stand.



Die Klimaveränderung, entstanden vor allem durch den Ausstoß von Gasen in die ungeschützte Atmosphäre, lugte schon hervor und zeigte ihre häßliche Fratze. Erst wollten sie nicht wahr haben, daß sie selber die Ursache all dieser Schäden sein sollten. Dann konnte nicht sein, was nicht sein durfte.

Die einen Gesellschaften, die sich gerade im Aufschwung befanden, wollten gerade diesen nicht aufs Spiel setzen, und die Gesellschaften, die ihnen ein Vorbild für ihre Entwicklung gewesen waren, hatten keine neuen Lösungen anzubieten. Moderne Energiepolitik die sich den neuen Herausforderungen stellen konnte und Lösungen gerade für die im Wachstum befindlichen Staaten anzubieten hätte, war nur das Hirngespinst einiger, die angeblich nicht bereit waren, die Realitäten einer modernen Weltwirtschaft anzuerkennen. Die aufstrebenden Staaten würden in kurzer Zeit vor den gleichen Problemen stehen, wie ihre Vorbilder. Öl und dessen Derivate würden sich durch die zunehmende Verknappung stark verteuern, was das erhoffte Wachstum wiederum abschwächte. Die hohen Energiekosten, die lahmende Wirtschaft und die Kosten für den Unterhalt der Arbeitslosen ließen dann keinen Raum mehr für nötige Investitionen in die dringend neuzugestaltende Energiewirtschaft. Hinzu kamen die Kosten der Klimaveränderung. Doch auch hier zeigte die globalisierte Welt ihre dunkle Seite. Den Blick auf Wachstum gerichtet, waren sie nicht bereit, die nötigen Veränderungen zu gestalten. Es konnte sie ja auch keiner mehr dazu zwingen. Denn die Machte der Staaten und damit der Bürger, zumindest in demokratischen Regierungsformen, war durch die Macht der Großindustrie und dann durch die Macht des Geldes abgelöst worden. Doch die Lösung lag buchstäblich vor ihren Füßen.

Ein Ausbrechen einzelner aus den eingefahrenen Wegen, hätte ein Aussteigen aus der Gesellschaft, mit all den Folgen die das haben mußte, bedeutet. Individuen konnten an der Problematik nichts mehr ändern. Es mußte eine Gemeinschaftsleistung werden, die die dringendsten Probleme undogmatisch anging, Lösungen schuf und die Struktur der globalen Gesellschaft auf ein neues Niveau hob. Doch auch hierzu waren sie nicht mehr in der Lage. Doch die Antwort lag buchstäblich vor ihren Füßen - Globokratie.

Nun werden sich einige fragen, was es denn war, das sie so unfähig machte, die Dinge in die Hand zu nehmen und sich von dem Abgrund zu entfernen vor dem sie standen. Es waren Haß, Begierde und Unwissenheit, die in ihnen Angst vor Veränderung hervorbrachte.

All das wollte er nicht mehr wissen, als er eines Morgens erwachte ;- eben an jenem warmen Sommertag im August. Denn auch er war nur ein Produkt seiner Zeit und der Gesellschaft in der zu überleben er hoffte. Sie verwirrten ihn, machten ihm Angst mit ihrer Ignoranz und Wertelosigkeit - oberflächliche Handlungen und Aussagen ohne jede Substanz. Ziele ohne Ziel und Richtung. Machtgehabe - Konsum um jeden Preis, zur Beruhigung des eigenen Ego.

Sauber, satt und ordentlich hatten sie die Kinder erzogen. Es ist doch alles da, man kann doch alles kaufen. Kinderzimmer zugeschüttet mit Kunststoff, der allzu leicht entsorgt werden konnte, wenn das Interesse nachließ und der Wunsch nach etwas neuem wach wurde. Liebten die Kinder denn ihre Spielzeuge immer noch genauso wie er sie geliebt hatte in seiner Kindheit? Konnte denn der Besitz dieser Dinge in unglaublichen Mengen glücklich machen? Hatten sie denn nicht wie er die Erfahrung gemacht, daß neues Spielzeug mit zunehmendem Lebensalter immer schneller an Reiz verlor? Es zur sinnlosen Befriedigung wurde. Oder lag es an der Werbung, die immer wieder aufs neue versuchte, ihren Tant an den Mann und die Frau zu bringen? Es schien so zu sein, daß die Kinder vom eigentlichen Sinn ablenkt wurden. Wollten sie denn ihre Umwelt nicht mehr erkunden und wahrnehmen -sie in einer richtigen Art und Weise erforschen? Durch einfache Dinge sich versenken fand nicht mehr statt. Die Phantasie, aus einem Topf einen Ozeandampfer zu machen, und sich stundenlang auf hoher See mit ihm zu befinden, hatte keinen Reiz mehr. Kauf mir was, war der neue Slogan, was ist mir egal. Liebe, Familie, Freundschaft und Vertrauen, dies alles opferte man einem Wahn, der auf die Dauer wahnsinnig macht. Sie hatten die Kinder materiell und emotional verwahrlosen lassen. Falsch gedachte Emanzipation, der Terror des Konsums und der gesellschaftliche Druck, dem man sich nur schwer entziehen konnte, forderten ihren Preis. Und alle vorgeschlagenen Lösungen waren scheinbar unmodern, veraltet und entstammten vermeintlich einer Zeit, in die sie nicht mehr zurück wollten, nicht einmal in Gedanken. Was hatten sie nur falsch gemacht. Sie wollten nur Freiheit und Glück und hatten sich gleichzeitig selber versklavt. Es blieb ihnen nur noch das Geld. Es versprach Freiheit und Glück. Doch gerade das Geld war es, diese Fratze des Bösen im Gewand eines goldenen Engels, das sie so geblendet hatte. Geld ist wie eine Droge, die die Realität verschleiert und sie blind machte für die Wahrheit.

Heute, nach so vielen Jahren, ist es leicht sie zu verachten, ihnen Vorwürfe zu machen und sie zu verdammen. Es hat lange gedauert, bis sich die Menschheit selber davon überzeugt hatte, daß die Abschaffung des Geldes möglich und gleichzeitig ein Aufbruch zur geistigen Freiheit der Zivilisation bedeutete. Doch zu jener Zeit hätte ein solcher Vorschlag nur Unverständnis und heftiges Kopfschütteln hervorgerufen. Sie hätten Menschen, die diesen Ideen aus gutem Grund angehangen hätten, den gesunden Menschenverstand abgesprochen. Doch auch diese Reaktionen zeigen nur die eigentliche Verblendung. Sie hingen dem Fortschritt nach. Ließen Maschinen für sich arbeiten, bis sie keine Arbeit mehr hatten und konnten doch nicht erkennen welche Folgen das haben mußte. Was zur endgültigen Befreiung noch fehlte, war eine für alle Menschen frei zugängliche Energiequelle. Dies sollte nach der Industrialisierung und der Entwicklung der Mikroelektronik der letzte Schritt sein, der das Geld in großem Umfang unnötig machte.

Die Maschinen produzierten die Dinge des täglichen Lebens, die Elektronik sorgte für die freie und uneingeschränkte Kommunikation der Menschen weltweit und bildete somit die Grundlage zur Globokratie. Wobei die neue Energie der Motor all dessen war. Doch gerade diese Zusammenhänge könnten uns heute glauben machen, daß verschiedene gesellschaftliche Gruppen in der damaligen Zeit kaum Interesse zeigten, der Menschheit genügend preiswerte Energie zur Verfügung zu stellen. Und die Gesellschaft an sich zeigte auch keine besonderen Anstrengungen ihre Vertreter zu drängen. Hatten sie Angst vor dem was da noch kommen sollte? Was mit der freien Zeit anfangen? Arbeit im konventionellen Sinn gab es für die Massen nicht mehr. Nur besonders ausgebildete Spezialisten gingen noch Beschäftigungen nach, die man als Arbeit im klassischen Sinn hätte bezeichnen können. Aber auch hier ist Kritik nicht angemessen. Was sollten diese Gefangenen mit der neuen Freiheit anfangen. Sie hielten sich selber für völlig ungeeignet für die neuen Bedingungen. Welchen Sinn sollte ein Leben ohne Arbeit haben? Arbeit gab es nicht mehr, aber Beschäftigung...

R. Reinsch
http://beepworld.de/members97/wich_mann/
Bitte um Rückmeldungen. Danke
 
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