Interview mit Faust (über die Wahrheit)

Christophe

Mitglied
Registriert
19. Dezember 2004
Beiträge
167
Ort
Bei Heilbronn (Nähe Stuttgart)
Ich hab vor nicht all zu langer Zeit ein fiktives Interview mit Faust geschrieben. Mich würden eure Meinungen dazu interessieren. Ich hoffe ich bin in dieser Rubrik richtig damit.

Ich habe hierfür Zitate aus Faust 1 verarbeitet und teils ein paar Dinge verändert und bzw oder bearbeitet. Bin auch offen für Kritik. Speziell hinsichtlich Faust und seiner Einstellung. Ob ich ihn eben erfassen konnte, in seiner Einstellung. Oft neigt man ja dazu einen Text durch die eigene Einstellungen etwas zu verzerren.
 
Werbung:
Reporter:
Ich begrüße Sie herzlich bei dieser Zusammenkunft Herr Faust. Ich freue mich auf ein interessantes Gespräch und auf einen unterhaltsamen Diskurs mit Ihnen. Sie sind ein wohlbekannter und hoch geschätzter Doktor, der es mit Ihren Mitbürgern auch in so manch schweren Stunden durchaus gut gemeint hat. Und doch scheinen sie so oft in Gedanken versunken zu sein. Was ist es, das sie so oft beschäftigt?

Faust:
O könnten Sie in meinem Innern lesen, wie wenig Vater und Sohn solch eines Ruhmes wert gewesen! Die Wahrheit ist’s, die mich verfolgt. Mein Sinnen stets ins trübe rollt.
Nicht nur die eigne, nicht. Um Recht zu sein. Das, was die Welt im innersten zusammen hält ist’s, was mir den Kopf erhellt. Philosophie, Juristerei und Medizin und leider auch Theologie!
Dies Alles hab ich durchaus studiert, mit heißem Bemühen. Und sehe, dass wir nichts wissen können! Das will mir schier das Herz verbrennen.

Reporter:
Wie meinen Sie das Herr Faust? Als ein gebildeter Mann, wie sie es sind, müssen sie doch wohl am ehesten wissen, was dieser, wie sie es nennen, Wahrheit noch am nächsten kommt, oder irre ich mich?

Faust:
Wahrheit, was ist die Wahrheit? Was man weiß, kann man nicht brauchen. Was man nicht weiß, das eben brauchte man. O glücklich, wer noch hoffen kann. O glücklich, wer noch glauben kann. Das Wunder ist des Glaubens liebstes Kind. So bin ich zwar gescheiter als alle die Laffen, Doktoren, Magister, Schreiber und Pfaffen. Mich plagen keine Skrupel noch Zweifel. Dafür ist mir auch alle Freud entrissen.

Reporter:
Ich verstehe sie leider nicht so ganz. Ist es denn diese Wahrheit, die sie so hoch schätzen. Ist sie dies Alles wert. Ist sie es wert sich den Kopf so sehr damit zu zerbrechen?

Faust:
Die wenigen, die was davon erkannt, die töricht genug ihr volles Herz nicht wahrten, dem Pöbel ihr Gefühl, ihr Schauen offenbarten, hat man von je gekreuzigt und verbrannt. Was ihr den Geist der Zeiten heißt, das ist im Grund der Herren eigner Geist, in dem die Zeiten sich bespiegeln. Dass ich erkenne, was die Welt im Innersten zusammenhält, schau alle Wirkenskraft und Samen und tu nicht mehr in Worten kramen. Dies ist’s, wonach mich meiner Seele Geister plagen.

Reporter:
Wahrhaftig, sie sind ein äußerst interessanter Gesprächspartner. Haben sie noch ein Schlusswort, welches Sie mir mitteilen möchten?

Faust:
Wenn wir zum Wahren dieser Welt gelangen, dann heißt das bessre Trug und Wahn. Die uns das Leben gaben, herrliche Gefühle, Erstarren in dem irdischen Gewühle.

Doch bescheidne Wahrheit spricht der Mensch. Wenn er sich, die kleine Narrenwelt, gewöhnlich für ein Ganzes hält.
 
Zurück
Oben