Hospizfilm: Zeit zu gehen

fiore

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Ich hoffe, es ist gestattet, aber ich habe diesen Beitrag vermutlich falsch eingeordnet und habe es mir erlaubt, ihn nochmal hierher zu kopieren.


Hallo miteinander!

Ich habe gestern den sehr gut besuchten Film von Anita Natmeßnig "Zeit zu gehen" mit anschließender Diskussion unter Anwesenheit der Regisseurin gesehen.
Angekündigt war er mit den Attributen 'hoffnungsfroh, aufklärend, positive Sterbebegleitung".
Es handelt sich um einen Film, der in einem Wiener Hospiz gedreht wurde - vielleicht gibts den Film in D daher gar nicht zu sehen, wird aber bald auf DVD erscheinen. Man sieht die aufopfernde Pflege, die Menschen erleben dürfen, die unheilbar an einer Krebsform erkrankt sind, und nur mehr kurze Zeit zu leben haben. Die Patienten haben ihre Einwilligung zum Filmen gegeben.

Ein sehr berührender Film. Ein sehr informativer Film, wußte ich doch bislang über die Hospizbewegung nicht allzuviel Bescheid.
Aber ich war auch bedrückt, und mein Gefühl war nicht 'hoffnungsfroh', als ich den Kinosaal verließ. Ich war nahezu schockiert von den Großbildaufnahmen etwa eines Lungenkrebspatienten, der schwer atmete und hustete, eines hoffnungslos an Nierenkrebs Erkrankten, der für eine Zeitlang die mobile Hospizhilfe in Anspruch nahm, um dann schwer krank wieder ins Hospiz zurückzukehren.
Der Film war äußerst informativ, sehr behutsam gedreht, mit langen und vor allem langsamen Kameraeinstellungen - sollte im Prinzip die Angst vor dem Tabuthema 'Sterben' nehmen.
Bei mir wurde eine gegenteilige Empfindung ausgelöst, obwohl ich mich viel mit den Büchern und Filmen von Kübler-Ross auseinandergesetzt habe und auch Vorträge von Bernard Jakoby besucht habe.

Nun wäre ich doch sehr neugierig:
Hat jemand von euch von dem Film gehört oder ihn gesehen? (evtl. die Österreicher unter euch?)

Mit lieben Grüßen in den Tag!


fiore
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Hallo Fiore,

ich habe den Film nicht gesehen, aber mit der Hospizarbeit mußte ich mich im letzten Jahr ziemlich intensiv beschäftigen.
Mein Cousin erkrankte an einer seltenen ,unheilbaren Krankheit die einen unerwarteten schnellen Verlauf nahm.
Es gibt bis heute kein Medikament dagegen.
Bei dieser Krankheit versagen nach und nach alle Muskeln.Mein Cousin wurde sehr schnell pflegebedürftig und seine Frau war nicht gewillt ihn zu pflegen(doch dies ist eine andere Geschichte)
So kam mein Cousin erst in ein Pflegeheim, dann auf die Palleativstation und wir wußten nicht, wie es weitergehen sollte, bis eine Schwester uns auf ein Hospiz aufmerksam machte.Es begann eine Zeit des Kämpfens, denn die Plätze sind rar und die Warteliste lang.Außerdem wollte die Krankenkasse die Kosten nicht übernehmen.
Aber wir schafften es in kurzer Zeit einen Platz zu bekommen.
Die Plege war sehr, sehr liebevoll, die Zimmer so geschmackvoll eingerichtet und die Betreuung der Angehörigen so, wie man es sich wünscht.
Mein Cousin fühlte sich dort wohl, obwohl ihm bewußt war, dass er sterben würde.Seine Sprache wurde immer schlechter, doch sein Verstand sollte bis zuletzt klar bleiben.So war es auch. Das Pflegepersonal nahm ihn ernst, ging auf seine Wünsche ein und wenn er nicht richtig lag, dann suchten sie solange eine Lage, bis es für ihn erträglich war.
Jeder Wunsch erfüllten sie ihm und ich war über diese Liebe, die diese Schwestern und Pfleger den Menschen entgegenbrachten oft beschämt.
Sie hatten eine Engelsgeduld.
Was mir einzig dort zu schaffen machte, war diese Stille.
Als mein Cousin dann starb und wir alle kamen, waren in seinem Zimmer Blumen aufgestellt( vom Personal) und wir wurden in keinster Weise gedrängt Abschied zu nehmen.Wir konnten bleiben solange wir wollten.
Kurz vor seinem Tod sagte mein Cousin, dass er zum ersten Mal das Gefühl hatte, als Mensch behandelt zu werden und seine Würde dort respektiert würde.
Dennoch ist es unglaublich schwer , jedenfalls hier in Deutschland , einen Hospizplatz zu bekommen.

Früher habe ich mich nie damit beschäftigt, aber heute sehe ich dies mit völlig anderen Augen und denke, die Arbeit im Hospiz , damit sollte man sich in seinem Leben beschäftigen.

Alles Liebe
Ruschka
 
Hallo Ruschka,
es tut mir sehr leid, daß du deinen Cousin auf so tragische Weise durch eine unheilbare Krankheit verloren hast.
Gleichzeitig klingen deine Zeilen so hoffnungsfroh und bestätigen mich in meiner Meinung, dass die Hospizbewegung ein äußerst wertvoller Bestandteil in unserer heutigen schnelllebigen Zeit ist.
Genau wie du beschrieben hast, so verlaufen die Filmsequenzen. Liebevolles Umsorgen, Erfüllen aller letzten Wünsche und Achtsamkeit vor dem sterbenden Menschen. Ein Lungenkranker raucht, eine Dame wird jeden Tag auf der Veranda umgebettet, damit sie noch ein bißchen von der Natur erhaschen kann, eine Katze streicht um die Tischbeine.....man tut alles, um die 'Zeit zu gehen' zu erleichtern und gleichzeitig aber auch zuzulassen.

Man darf nicht vergessen, daß das Personal auch in den Krankenhäusern gute Pflege leisten, die fast unbezahlbar ist.
Aber in diesem Hospiz in Wien - vermutlich auch in anderen - kümmern sich, ich glaube doppelt soviele Schwestern und Pfleger um die 12 Patienten.

Sterben in Würde, ja, ich unterstreiche das.
Lg
fiore
 
Liebe Fiore,

hier in Deutschland muß man eine Zusatzausbildung machen, um im Hospiz zu arbeiten.
Auch viele Ehrenamtliche unterstützen die Arbeit, wenn z.B. jemand nicht so oft Besuch bekommt.Diese Menschen lesen vor, unterhalten sich mit den Kranken - es ist schon bewundernwert.
Bei meinem Cousin erlebte ich es auch, dass eine sehr nette Dame an seinem Bett saß, mit ihm erzählte und er war dankbar, die Zeit nicht alleine verbringen zu müssen.
In dem Hspiz gab es auch eine Küche, die man als Angehörige benutzen konnte und die Tochter meines Cousins und ich nahmen dieses Angebot oft und gerne an, um ihm seine Lieblingsgerichte zu kochen.
Die Aufenthaltsräume waren für jeden zugänglich und es strahlte Wärme und Gemütlichkeit aus.
Mein Cousin äußerte mal den Wunsch, seine Katze sehen zu wollen, auch dies war gar kein Problem.
Er wurde begleitet in einer unaufdringlichen, liebevollen Art und Weise.

Da sich hier die Hospize viel durch Spenden finanzieren, war für es für alle selbstverständlich eine Spende zu geben.

Liebe Grüsse

Ruschka
 
Liebe fiore!
Vielen Dank für den Filmtipp! Ich werde mal Ausschau danach halten.

In meiner Altenpflegeausbildung waren wir auch zweimal zu einem Sterbebegleitungsseminar im Hospiz zu Gast.
Dort hatten wir aber keinen Kontakt zu den Sterbenden.
Daher wäre so ein Film eine wertvolle Ergänzung für Auszubildende der Berufsgruppen, die täglich mit dem Tod zu tun haben.

Dass du vom Film geschockt warst, kann ich gut verstehen.
Ist ja normal - wir haben ja in unserem Alltag keine Begegnung mit Sterbenden. Es gibt viele Menschen, die zwar schon mal auf einer Beerdigung waren, die aber noch keinen Toten gesehen haben!
Aber die Sterbekultur ist zum Glück wieder im Wandel und besinnt sich allmählich auf alte, ehemals vorhandene Kultur wie Aufbahrung und bewusstes Abschiednehmen.
Sei also nicht verzagt - lass dich weiter anrühren, bis es normal ist. Verdrängung ist ungesund. Lassen wir den Tod als zum Leben dazugehörend zu, dann kommen wir uns selbst ein gutes Stück näher.

Ich hatte grade heute erst wieder so einen Moment. Habe frei und wollte einen Bewohner aus dem Heim, in dem ich arbeite, im Krankenhaus besuchen gehen. Ich kam zu spät. Es traf mich wieder heftig, obwohl ich auf die Situation vorbereitet war und auch weiß, dass das zwangsläufig darauf hinauslaufen würde... Aber je weniger wir den Tod aus dem Leben ausklammern, um so einfacher wird der Umgang damit.

Hallo Ruschka,
dein nick erinnert mich an meinen und ich stelle grade fest, dass wir uns immer öfter in threads über den Weg laufen... *lächel*

Herzliche Grüße,
Romaschka
 
mir kommt der film bekannt vor, als hätte ich ihn mal gesehen. es war aber auch bedrückend, weil es eben die letzte station ist...

ich bin froh, dass es hospize gibt und menschen, die sich der schweren aufgabe der sterbebegleitung widmen.

althea
 
Es gibt eine Website zum Film:
http://www.zeitzugehen.at/index.php

Ich habe (schon länger) einen Thread zum Film gemacht, aber wohl im falschen Unterforum... Da eh keiner geantwortet hat, setze ich meine Meinung hier nochmals rein:

"Zeit zu gehen" ist ein Dokumentarfilm über das Hospiz am Rennweg (Wien). Ich bin mir nicht sicher, was ich davon halten soll. Einerseits ist es eine Auseinandersetzung mit dem Sterben, durchaus behutsam gemacht. Der Tod als Teil des Lebens, bis an die Grenze zur Banalität.
Andererseits ist da doch das voyeuristische Element: Sterbenden mit der Kamera ins Gesicht fahren? Überhaupt Menschen in sehr privaten Situationen filmen? Aber gerade die Augen dieser Menschen, dieser ganz besondere Ausdruck darin, haben mich berührt.
 
Andererseits ist da doch das voyeuristische Element: Sterbenden mit der Kamera ins Gesicht fahren? Überhaupt Menschen in sehr privaten Situationen filmen? Aber gerade die Augen dieser Menschen, dieser ganz besondere Ausdruck darin, haben mich berührt.

Das voyeuristische Element kann man vordergründig vielleicht so sehen, aber es ist auch unglaublich schwer für einen sterbenden Menschen, wenn er das Erschrecken in den Gesichtern der Angehörigen und der Besucher bei seinem Anblick sieht. Er nimmt sich ja selbst schon als fremd wahr, sofern er sich noch im Spiegel sehen kann.

Das man sich an den Anblick eines möglicherweise total abgemagerten Menschen, in dessen Gesicht die Augen besonders gross und sprechend sind, gewöhnen kann, will ich nicht behaupten - aber vielleicht erleichtert es für manchen Menschen, der diesen Film (also sterbende Menschen mit dem Abstand des nicht persönlich kennens) gesehen hat, wenn er in eine tatsächliche Situation kommt. Das Erschrecken über den Anblick ist dann vielleicht nicht mehr so groß.

So habe ich das zumindest empfunden, wenn Besucher zu meiner sterbenden Mama kamen - es war immer ein großes Erschrecken und eine Fremdheit zu spüren, bei unseren lieben Angehörigen, die noch nie einen Sterbenden gesehen haben. Nach ein paar Minuten war es dann immer gut, und aus diesem Eindruck meine ich, dass so ein Film auch helfen kann im Umgang mit dem Thema Sterben. Die Scheu ist bei manchen Menschen so groß, daß sie erst gar keinen Besuch machen, aus Angst, was sie wohl erwartet.

Aber ich war auch bedrückt, und mein Gefühl war nicht 'hoffnungsfroh', als ich den Kinosaal verließ. Ich war nahezu schockiert von den Großbildaufnahmen etwa eines Lungenkrebspatienten, der schwer atmete und hustete, eines hoffnungslos an Nierenkrebs Erkrankten, der für eine Zeitlang die mobile Hospizhilfe in Anspruch nahm, um dann schwer krank wieder ins Hospiz zurückzukehren.

Auf etwas, das ich schon mal gesehen oder in irgendeiner Form erlebt habe, kann ich mich besser einstellen.

Liebe Grüße Bineken
 
Hallo Fiore,

ich habe den Film nicht gesehen, aber mit der Hospizarbeit mußte ich mich im letzten Jahr ziemlich intensiv beschäftigen.
Mein Cousin erkrankte an einer seltenen ,unheilbaren Krankheit die einen unerwarteten schnellen Verlauf nahm.
Es gibt bis heute kein Medikament dagegen.
Bei dieser Krankheit versagen nach und nach alle Muskeln.Mein Cousin wurde sehr schnell pflegebedürftig und seine Frau war nicht gewillt ihn zu pflegen(doch dies ist eine andere Geschichte)
So kam mein Cousin erst in ein Pflegeheim, dann auf die Palleativstation und wir wußten nicht, wie es weitergehen sollte, bis eine Schwester uns auf ein Hospiz aufmerksam machte.Es begann eine Zeit des Kämpfens, denn die Plätze sind rar und die Warteliste lang.Außerdem wollte die Krankenkasse die Kosten nicht übernehmen.
Aber wir schafften es in kurzer Zeit einen Platz zu bekommen.
Die Plege war sehr, sehr liebevoll, die Zimmer so geschmackvoll eingerichtet und die Betreuung der Angehörigen so, wie man es sich wünscht.
Mein Cousin fühlte sich dort wohl, obwohl ihm bewußt war, dass er sterben würde.Seine Sprache wurde immer schlechter, doch sein Verstand sollte bis zuletzt klar bleiben.So war es auch. Das Pflegepersonal nahm ihn ernst, ging auf seine Wünsche ein und wenn er nicht richtig lag, dann suchten sie solange eine Lage, bis es für ihn erträglich war.
Jeder Wunsch erfüllten sie ihm und ich war über diese Liebe, die diese Schwestern und Pfleger den Menschen entgegenbrachten oft beschämt.
Sie hatten eine Engelsgeduld.
Was mir einzig dort zu schaffen machte, war diese Stille.
Als mein Cousin dann starb und wir alle kamen, waren in seinem Zimmer Blumen aufgestellt( vom Personal) und wir wurden in keinster Weise gedrängt Abschied zu nehmen.Wir konnten bleiben solange wir wollten.
Kurz vor seinem Tod sagte mein Cousin, dass er zum ersten Mal das Gefühl hatte, als Mensch behandelt zu werden und seine Würde dort respektiert würde.
Dennoch ist es unglaublich schwer , jedenfalls hier in Deutschland , einen Hospizplatz zu bekommen.

Früher habe ich mich nie damit beschäftigt, aber heute sehe ich dies mit völlig anderen Augen und denke, die Arbeit im Hospiz , damit sollte man sich in seinem Leben beschäftigen.

Alles Liebe
Ruschka

Hallo Ruschka,


mein Beileid an Dich,
Deine Familie und Deine Großcousine,
die Kontakt zu Ihm aufnahm.:trost:

Ihm geht es jetzt gut,
wird Peggy Deiner Großcousine bestimmt auch mitgeteilt haben.

Hier ist ein Video über die Hospiz:

http://www.zdf.de/ZDFmediathek/inhalt/13/0,4070,3936077-5,00.html



Dir alles Liebe, :kiss3:


Sonja
 
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ihr lieben,

ich lese später noch einmal gründlich bei euch nach. möchte nur erst einmal kurz anmerken, dass es von "hart aber fair" auch über das sterben eine sendung auf video gibt, in der auch ein mensch bis ins hospiz und bis ins sterben begleitet wird. es hat mich sehr berührt. wenn ihr möchtet, setze ich den link hier rein. gebt bitte bescheid. der film handelt von einem menschen, der weiss, dass er bald sterben wird, aufgrund seiner krankheit und dann auch stirbt und eine ehrenamtliche dame begleitet ihn bis in den tod im hospiz.

lieben gruss

althea:)
 
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