Hartz IV - auf dem Prüfstand des Bundesverfassungsgerichts (Nov. 19)

Amant

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Guten Morgen in die Runde!

Lange ist es erwartet worden, nun soll heute (05.11.2019) um 10,00 Uhr das Urteil zu den strittigen Hartz-IV-Sanktionen bekannt gegeben werden.


Hartz IV auf dem Prüfstand Wegweisendes Urteil zu Sanktionen bei ALG II erwartet

Darf Erwerbslosen das Arbeitslosengeld II gekürzt werden, wenn sie zu Terminen nicht erscheinen, Jobangebote nicht annehmen oder Probearbeiten ablehnen? Diese Frage hat ein Gericht in Thüringen vor vier Jahren zu einem Fall aus Erfurt aufgeworfen. Nun entscheidet das Bundesverfassungsgericht über Sanktionen bei Hartz IV.

https://www.mdr.de/thueringen/west-...gsgericht-urteil-sozialgericht-gotha-100.html


Urteil Bundesverfassungsgericht Sind Hartz-IV-Sanktionen zulässig?

Stand: 05.11.2019 04:25 Uhr

Von Kolja Schwartz, ARD-Rechtsredaktion

Wie funktioniert Hartz IV?

Wer länger keine Arbeit hat, bekommt vom Staat Arbeitslosengeld 2, umgangssprachlich Hartz IV. Der Regelsatz liegt derzeit für einen alleinstehenden Arbeitssuchenden bei 424 Euro pro Monat. Oben drauf gibt es unter anderem Geld für angemessenes Wohnen, Heizen und Zuschüsse zur Krankenversicherung. Im Gegenzug sind die Hartz-IV-Empfänger verpflichtet, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um ihre Hilfsbedürftigkeit zu beenden oder zu verringern. "Fördern und Fordern" nannte einst Alt-Bundeskanzler Gerhard Schröder dieses Prinzip. Wer sich weigert mitzuarbeiten, dem wird die Leistung gekürzt.





Erneuter Rückgang



Welche Sanktionen sieht das Gesetz vor?

Verpassen Arbeitssuchende einen Termin beim Jobcenter, mindert sich der Regelsatz für drei Monate um zehn Prozent. Verweigern Hartz-IV-Empfänger einen zumutbaren Job oder brechen sie eine Ausbildungsmaßnahme ab, wird härter sanktioniert. Für drei Monate werden über 25-Jährigen dann 30 Prozent des Regelsatzes gekürzt. Bei einem zweiten Regelverstoß innerhalb eines Jahres sind es 60 Prozent. Und beim dritten Mal sogar 100 Prozent. Zusätzlich werden in dieser Stufe auch die Gelder für Wohnen und Heizen und der Zuschuss zur Krankenversicherung nicht mehr gezahlt. Bei Kürzungen um mehr als 30 Prozent können die Arbeitssuchenden zumindest Lebensmittelmarken beantragen.

Warten wir es also ab.

:morgen:
 
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das heisst es wird nicht abgestimmt bei euch?
da bin ich gespannt auf das Urteil, aber es wird sicher ungerecht sein, weil die ja nicht den Einzelfällen nachgehen können.

Selbst wenn das Urteil gerecht ausfallen wird, es nützt nichts, denn sie werden sich nicht dran halten.
Ein Bekannter von mir bezieht schon lange Arbeitslosengeld und er sagte mal, dass man am besten bei jedem Termin seinen Anwalt mitbringt.
Es ist eben leicht, die Menschen ungerecht zu behandeln, wenn die sich ihre Rechte gerichtlich erstreiten müssen, denn es hat ja nicht jeder die Fähigkeit, sowas anzugehen und durchzustehen.
 
Nur kurz, bevor es losgeht. Es handelt sich hier um eine Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber, ob ein ausgewiesenes Existenzminimum noch sanktioniert werden darf. Es geht da auch um Rechtssicherheit.

Wie es auch ausgeht, es wird sicher nicht zur Tagesordnung übergegangen werden können.

Na warten wir es doch einfach ab.

:)
 
So, nun ist es raus. Es werden jetzt die 74 Seiten Begründung verlesen.

Die Kernpunkte:

30% Sanktion maximal weiterhin möglich
60% Sanktion verfassungswidrig
100% Sanktion verfassungswidrig

Wichtig: Härtefallregelung, selbst bei erteilter Sanktion kann eingewendet werden!

Und:

Es tritt ab heute in Kraft!
 
So, nun ist es raus. Es werden jetzt die 74 Seiten Begründung verlesen.

Die Kernpunkte:

30% Sanktion maximal weiterhin möglich
60% verfassungswidrig
100% verfassungswidrig

Wichtig: Härtefallregelung, selbst bei erteilter Sanktion kann eingewendet werden!

Und:

Es tritt ab heute in Kraft!

Danke für die Info, @Amant! :)
 
Das ist ein richtungsweisendes Urteil und zumindest nahe an einer "gerechten" Lösung. Der Gesetzgeber hat das Recht bestimmte Leistungen an Bedingungen bzgl. einer Mitwirkung zu knüpfen, das ist die Grundaussage. Die Härte jedoch, mit der bisher operiert werden konnte, ist mit dem Grundgesetz nicht vereinbar und daher verfassungswidrig.

Bis es gesetzlich alles umgesetzt wird, tritt dessen ungeachtet bereits heute die Veränderung bzgl. der Sanktionspraxis in Kraft. Anhängige laufende Bescheide können widersprochen werden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Vor Jahren habe ich manchmal Menschen als Beistand zu Termin begleitet. (Man sollte dort nie allein hingehen!) Da habe ich einem Mitarbeiter gesagt, dass diese Sanktionen gegen das Grundgesetz verstoßen. Das wurde verlacht und auf das SGB hingewiesen. Ich solle mich lieber mit diesem befassen...


Wer hätte das gedacht.
 
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Sehr gut dabei finde ich, dass auch möglichen Schikanen von Leistungsbeziehern dadurch ein Stück weit der Boden entzogen wird.

Wenn man sich durch das Netz mit Erfahrungsberichten arbeitet, dann kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass das durchaus ein Thema ist. Bis hin zu Berichten und Aussagen von ehemaligen Bearbeitern, die entsprechende "Order" bekommen haben sollen.

Systemisch so gewollt? Ein ziemlich heißes Eisen.
 
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