spannende eigendynamik... meine absicht war alles andere als einen neuen thread zur gottesfrage zu eröffnen (den gibt es in epischer fülle eh schon), sondern mein posting ist nur als ironische replik auf das (in meinen augen) erschreckend respektlose statement "gottes" im selbstmordthread zu verstehen. walter hat das dann abgespalten und verschoben, weil er meinte, das gehöre nicht zum thema.
nun meine ich schon, dass auch der subjektive gottesverlust ("gott ist tot") als verlust des sinnzusammenhangs in den motivenbündeln des suizids eine rolle spielen kann, aber ich will nicht drauf herumreiten bzw. könnte es dort ja nochmals und enger in die thematik eingebunden posten. kein problem.
Christoph schrieb:
Dabei ist Gott nicht, was die meisten darunterverstehen: ein persönlicher Gott. Der persönliche Gott ist, was wir an Gottes Stelle setzen. Das kann mitunter auch der Angelverein sein. Und je mehr wir etwas an die Stelle Gottes setzen, ein Bild, desto weiter zieht Gott, das was hinter allem steht, sich zurück und ent-zieht sich unserer Blicke.
Der Blick muss sehr weit werden... sehr weit gehen... wollen wir Gottes ansichtig sein.
Ich weiß auch nicht, was Gott nicht ist, Christoph. Was die Bilder betrifft, so ist ja sogar an prominenter Stelle der 10 Gebote - im 2. - festgehalten, man solle sich kein Bild machen von seinem Gott. Damit waren zwar zur Entstehungszeit des Dekalogs recht konkret die in Erz gegossenen Götzenbilder gemeint, die zugleich auch Sinnbilder lokaler Göttervielfalt waren, die in Konkurrenz zum mosaischen Monotheismus standen ("Der Tanz ums goldene Kalb"), aber in einem weiteren Sinn steckt darin auch die tiefere Weisheit, dass jedes Reden über Gott vor allem auch ein Reden über die Unmöglichkeit ist, Gott in Begriffen zu fassen. Sprache ist ja auch ein System von Bildern.
Und es muss ja nicht gleich alles, was meinem Leben Sinn und Anker gibt, Gott sein - siehe Angelverein. Unabhängig davon ist ein persönlicher Gott, wie und in welchem religiösen Kontext auch immer er Bedeutung erlangt, im Leben von vielen Menschen eine Wirk-lichkeit höchsten Ranges. Auch mir selbst ist Gott kein gleich-gültiges Thema auf dem Niveau der Querelen eines Angelvereins, sondern eine essenzielle Frage. Ich empfinde, ohne dass ich für diese vielen anderen sprechen muss bzw. kann, ganz persönlich die Wahl des Begriffs "Gott" als Nickname als ein Überschreiten der Grenzen des common sense für Respekt und guten Geschmack. Selbstverständlich räume ich jedermann und -frau das gute Recht ein, sich auf diese Weise zu outen. Die Statements "Gottes" sind denn ja auch von jener Qualität, die bei solcher Eigentaufe zu erwarten ist.
Eine schöne Aussage über Gott - im Hinterkopf das oben Gesagte über das Reden über Gott behalten - habe ich bei Ken Wilber gefunden:
"Veilleicht bewegt Télos, vielleicht Eros den gesamten Kósmos, und wer weiß, vielleicht ist Gott sogar ein allesumfangender chaotischer Attraktor, der, wie Whitehead sagte, als sanfte Überredung zur Liebe in allem wirkt."
Alles Liebe, Jake