Fortgelaufen

M

maria45

Guest
Wir haben uns getraut, fortzulaufen,
aus der heiligen Gemeinschaft wegzugehen,
in eine dunkle Welt,
ein dunkles Tal des Todes, des Leides, der Krankheit und des Vergessens,
wollten wissen, ob wir auch von dort wieder zurückfinden können,
ob das winzige Stimmchen in der hintersten Ecke unseres Herzens
auch hier noch nicht verstummt, sondern seine zarten Weckrufe aussendet,
obwohl wir wie im Koma liegend, unfähig, uns selbst zurückzubewegen,
uns selbst zurückzuerinnern,
uns selbst zurückbringend,

im Schlaf des geistigen Todes daliegend auch hier noch die Liebe finden könnten,
und wo wäre sie stärker zu empfinden als hier?
wo wäre sie noch größer zu erahnen als hier?

welche Freude wäre noch größer als die ...

des total Verlorenen, den Anfang des Weges zurück zu finden?
des Blinden für alle Freude, alle Glückseligkeit, wieder sehend zu werden?
des Verstörten, der Frieden findet?
des Verdummten, Einsicht zu gewinnen?
des Verachteten, dennoch Achtung zu gewähren?
des Gehassten, trotzdem zu lieben?
des Verängstigten, trotzdem Vertrauen zu verschenken?
des Vereinsamten, in der größten Verlassenheit einem Freund zu begegnen?

und so liefen wir in die Dunkelheit...
schalteten einfach das Licht aus...
verschlossen sicherheitshalber noch die Augen...
und wendeten uns ab von der Heiligkeit und Helligkeit...
 
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Du gibst der geistigen Umnachtung

der Karmamatrix des Irrenhauses

des Schlachthauses

der Hölle auf Erden

einen tieferen Sinn, einen Erkenntnis-sinn

und machst sie damit transparenter.

schön. danke.
 
Wir haben uns getraut, fortzulaufen,

In letzter Konsequenz ja. Verstehe ich auch so.

Aber zwischen "dort" und "da". "Damals" und "heute" liegt auch noch so einiges. Haben wir uns "nur" getraut, oder "mussten" wir auch mitunter fortlaufen? Und sei es auch "nur" vor uns selber. Und uns wieder mal verlaufen.

Wie siehst du das? Völlig klar, eindeutig? So wie du es hier schreibst?
 
und so liefen wir in die Dunkelheit...
schalteten einfach das Licht aus...
verschlossen sicherheitshalber noch die Augen...
und wendeten uns ab von der Heiligkeit und Helligkeit...
Ein schönes, modernes Gedicht.
Ob es verstanden wird, das ist eine andere Sache. Ist es eine traurige Feststellung, dass wir Heiligkeit und Helligkeit immer ausblenden wollen?
In der modernen Weltliteratur ist es einfach schön, in Aussichtslosigkeit und Pessimismus zu schwelgen. Und wenns geht, alles andere ein wenig in die Lächerlichkeit zu führen.
Wenn du das hervorheben willst, dann ist das Gedicht ein Spiegel für den Großteil der modernen Menschen.
Es ist nur so: Ich zähle mich nicht zu diesem Großteil.
 
Faydit: In letzter Konsequenz ja. Verstehe ich auch so.

Aber zwischen "dort" und "da". "Damals" und "heute" liegt auch noch so einiges. Haben wir uns "nur" getraut, oder "mussten" wir auch mitunter fortlaufen? Und sei es auch "nur" vor uns selber. Und uns wieder mal verlaufen.

Wie siehst du das? Völlig klar, eindeutig? So wie du es hier schreibst?


Es gibt - so ist mein Eindruck - da auch Prozesse, die eine Eigendynamik entwickeln.

Genauso, wie ein Kind, das anfängt zu zählen, irgendwann immer noch weiter zählt... solange bis es langweilig wird und möglicherweise eine neue Ebene betreten wird, in der der Raum der Natürlichen Zahlen als Ganzes betrachtet wird.

Ob wir "mussten"? Initial sicher nicht.
Es wird erzählt, dass es in gewisser Hinsicht drei "Abteilungen" der Gottessöhne gab/gibt. Etwa ein Drittel entschlossen sich zum Fortlaufen, ein zweites Drittel sah das Elend, das aus dem Fortlaufen entstand und beschloss, mit dem ersten Drittel aus Liebe mitzugehen und es zu begleiten, und das dritte Drittel ist "bei Gott" geblieben.

Die Erzählung Jesu vom verlorenen Sohn im Neuen Testament bezieht sich exemplarisch auch auf 2 dieser drei Fraktionen, einen "Fortläufer" und einen "Dagebliebenen".

Die Struktur des hebräischen Wortes für "schöpfen" gibt dabei das Grundmuster an, auf dem sich die Schöpfung entfaltet. Es ist das Muster 2->200->1. Initial entsteht die Dualität, die sich in die größtmögliche Vielfalt auseinanderfaltet und dann zur Einheit sich verbindet.

Deshalb ist das Fortlaufen zwar auch ein Teil, eben der von der 2 zur 200, aber noch nicht die ganze Geschichte, und, mein geschätzter Reinwiel, die Geschichte endet nicht dunkel, sondern hell.
 
Deshalb ist das Fortlaufen zwar auch ein Teil, eben der von der 2 zur 200, aber noch nicht die ganze Geschichte, und, mein geschätzter Reinwiel, die Geschichte endet nicht dunkel, sondern hell.
Ja wir sind fortgelaufen - von unserem ganz ursprünglichen Sein, der Gottnähe. Und wir sind ein einem fort dahin gelaufen. Ich denke diesbezüglich geistig an ur-vergangene Zeiträume. Ja, wir hatten den Mut und anders gesagt, den Starrsinn, in die Verhärtung zu laufen. Das meint nun freilich den ewig langen Weg in die Gottesferne.
Das, wovon das Gedicht spricht, betrifft wohl eher die gegenwärtige Situation - aber dahinter, ganz fein, da scheint eine lange lange Zeit durch. Eine Zeit, die viel weiter reicht als das physische Erdalter.

Nein, das Gedicht spricht noch nicht von der Erlösung. Es ist eher ein Spiegel an der Wand, der ein dunkles, aufrüttelndes Bild von uns zeigt. Das Aufrütteln bezweckt aber, die Lösung - die Erlösung anzustreben. Ich bin optimistisch.
 
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reinwiel: Ja wir sind fortgelaufen - von unserem ganz ursprünglichen Sein, der Gottnähe. Und wir sind ein einem fort dahin gelaufen. Ich denke diesbezüglich geistig an ur-vergangene Zeiträume. Ja, wir hatten den Mut und anders gesagt, den Starrsinn, in die Verhärtung zu laufen. Das meint nun freilich den ewig langen Weg in die Gottesferne.
Das, wovon das Gedicht spricht, betrifft wohl eher die gegenwärtige Situation - aber dahinter, ganz fein, da scheint eine lange lange Zeit durch. Eine Zeit, die viel weiter reicht als das physische Erdalter.

Nein, das Gedicht spricht noch nicht von der Erlösung. Es ist eher ein Spiegel an der Wand, der ein dunkles, aufrüttelndes Bild von uns zeigt. Das Aufrütteln bezweckt aber, die Lösung - die Erlösung anzustreben. Ich bin optimistisch.

101

ja, wunderschön, dass du das sehen und spüren kannst. :umarmen:
es ist der erste Teil des Gedichtes, den ich aufschrieb, und ja, er spricht von dem Zustand aller Menschen, die hierher kommen.
Vor einer Veränderung gilt es, eine Bestandsaufnahme zu machen.
Vor die Heilung hat Gott die Diagnose gesetzt.
Die Selbstdiagnose ist: wir sind fortgelaufen.
es war sehr mutig, das zu tun.
es ist schön, diese mutigen Schritte zu würdigen und zu erkennen, was sie uns bereits gebracht haben.
es ist ja nichts verloren... gar nichts...
wir haben nur unseren Kreis von Bewusstsein um die "dunklen" Seiten erweitert...
wissend, welchen Preis es kostet... eben den des Leidens.

es bedeutet einen großen Mut, ja zum Leid zu sagen,
ja zu dem, wie es gerade aussieht,
wie es um uns steht.

ja, wir haben es so richtig "verbockt".
ist nicht schlimm, weil es vorhergesehen war,
es war alles im Preis der Schöpfung enthalten,
alle unsere Wege sind von Anbeginn bereits gesehen worden,
auch die dunkelsten und bösesten und finstersten.

wie soll man es sagen?
die "Jauchegrube" hat es von Anbeginn gegeben, das ist Vorherbestimmung.
nicht vorherbestimmt war und ist es, wer hineinspringt...
noch weniger vorherbestimmt ist es, wie lang jemand drin liegenbleibt und sich nicht aufrafft und reinigen lässt...

Die Dinge fallen alle durch ihr eigenes Gewicht.
Die Hexe in Hänsel und Gretel fällt letztlich durch ihr eigenes Gewicht in den Feuerofen.

Der Mensch kann es nicht annehmen, kann das Licht nicht aus eigener Kraft annehmen.
Das ist das Bild von "Hänsel", der "kleine Hans", was wiederum die Verkleinerungsform von "Johannes" ist, dem hebräischen "Jochanan", was bedeutet: "Gott ist gnädig".

Hänsel, das Erleben der Gnade, ist im natürlichen Menschen gefangen im Käfig und soll geschlachtet werden.
Es ist sowieso nicht besonders groß, deshalb ist es nur ein "hänsel", etwas Verachtetes im Menschen, man sagt auch, man "hänselt" jemanden, ärgert ihn wegen irgendwelcher Dinge.

Gnade? ah, was soll das denn?
der Mensch möchte doch gerne selber die Erlösung in die Hand nehmen.
Er möchte der Große sein, möchte es selbst bewirkt haben.

Gott? Bestenfalls ein Anhängsel (wo auch hänsel drinsteckt), wo man sonntags in die Kirche geht und sich bewundern lässt wie fromm man doch ist.

Und doch sehnt sich im Menschen etwas nach dem Erleben dieser Gnade.
Bedingungslose Liebe wird es auch genannt.
Nur auch da... diese allgemeine Mißverständnis, dass man selbst so lieben könnte...
auch da im Kreise der "esoterisch angehauchten" wieder der Wunsch, selbst so groß zu sein, bedingungslos lieben zu können...
und mal eben schnell die Hürde überspringend, wo denn diese Liebe in einem gefunden werden soll?
wieso hat man denn nicht schon längst bedingungslos geliebt, wenn doch die bedingungslose Liebe bereits in mir wirksam ist?
also welche Bedingung befreit nun die gebundene bedingungslose Liebe (äh hier sollte man doch mal überlegen, was denn nun?) in mir.
Ist sie bedingungslos, kann sie nicht gebunden sein.
Sie kann weder gestern nicht da sein und dann aber heute,
noch kann sie je verloren gehen.

Also gibt es sie in dieser Weise gar nicht.
Der natürliche Mensch kennt sie einfach nicht und macht sich höchstens etwas vor, wenn er meint sie zu kennen.

Die Hürde, wo diese Liebe denn herkommen soll, ist es...
Ich kann sie nur erleben, kann mich nur mit ihr beschenken lassen, dann kommt sie auch in mir vor, dann erlebe ich sie bewusst...

Hänsel kann sich nicht selbst befreien...
er kann nur darauf aufpassen, wach sein, achtsam sein, dass er sich nicht an dieser Welt fettfrisst..., alles andere ist GNADE, pure Gnade, reines Geschenk, einfach so, ohne jede Bedingung...
höchstens die paradoxe Bedingung, dass es eben ohne Bedingung ist.
Gnade ist nicht Verdienst...
das ist die einzige Bedingung...

Die Befreiung geschieht in der Zeit...
denn die Zeit schenkt Gelegenheit zur Gnade...
die Zeit ist es, die die Ursache und die Wirkung verhüllt.
die Zeit ist es, die mir gestattet, ohne Vorherwissen zu handeln,
ohne die clevere Kalkulation, wenn ich dem andren Gutes tue, dass ich dann schon sehe, dass er mir auch Gutes tun wird.
jetzt, meine Liebe, habe ich mich dir geschenkt...
und bevor der Morgen graut, wirst du mich verraten... wirst an jemand anders gedacht haben...
nämlich an dich selbst...
wird das Ego wieder versuchen, seine Haut zu retten...
und wirst du behaupten, so etwas wie Gnade gebe es nicht, man müsse es doch selbst in die Hand nehmen, nur kräftig genug meditieren... nur genügend viele Bücher lesen, viele spirituelle Videos, Gottesdienste, fromme Taten, gute Seminare, hohe Einweihungen...

ja, so bist du... und so bin ich...

und doch... geschieht ständig auch dieses Unmögliche...
werde ich angesteckt von diesem Funken...
ich kann es mir einfach nicht erklären, weshalb ich einen Moment lang mich selbst völlig verschenkte...
wie genau geschah es?
dass ich mich vergaß,
das Verlorensein verlor...
und es in mir strömte...
und selbst wenn es nur ein Sekündchen war...
ein kleines Fünkchen entfacht die Sehnsucht,
das Herz...
so warm darinnen...
wie ein Nachhausekommen in mir selbst.
 
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