Hallo Kiri!
Du hast mich zu einer Überlegung angeregt, und ich möchte betonen dass ich sie nicht auf dich gemünzt habe. Deine Worte gaben gepaart mit einigen Beobachtungen den Anstoss dazu.
Ich denke manchmal, Gemütszustände wie der von dir beschriebene sind ein typisch westlich-christliches Phänomen.
In anderen Kulturen, wo es den Menschen weitaus schlechter geht als uns, herrscht größere Gelassenheit und häufig sogar viel Freude.
Zwar gibt es Anzeichen einer Besserung, aber in Indien ist die gleichgültige bis abschätzige Haltung ärmeren Schichten gegenüber noch immer aktuell - wg. der degenerierten Karmavorstellung.
Etwas ähnliches kommt im Calvinismus zum Tragen, da wo man sozusagen selbstverschuldet arm ist, da man sich ja anscheinend nicht ausreichend bemüht!
Durch das (degenerierte) Christentum sind noch immer viele Menschen geprägt von einem aufoktruierten Bild des Leids als höchste und lobenswerteste, zu vollbringende Leistung.
Wer leidet ist gut, ja wer leidet ist sogar besser!
Leiden ist cool !!!
Den Weltschmerz tragen!
Ja, welch große Leistung, schliesslich hatten wir ein unerreichtes -und unerreichbares!- Vorbild darin, nicht wahr?
Das sich nicht mal beklagt hatte darüber.
Schliesslich trägt der Mensch mit seinem paradiesischen "Sündenfall" die Schuld, jawohl die Schuld am Leid der Kreatur! - so erklären es die Kleriker und Theologen.
Die ganze Welt auf einmal retten! Alles auf sich nehmen! Mit göttlichem Edelmut und Opferbereitschaft die Schmerzen der Welt tragen!
Ja!
Dabei weiss man ganz genau, dass einem dazu die über- bzw. UNmenschlichen Fähigkeiten fehlen.
So entartet das Einfühlungsvermögen (alias die marktesoterisch inflationierte Empathie) in im Grunde negative Verletzlichkeit, und es floriert das Minderwertigkeitsgefühl, kompensiert durch einen noch grösseren Erlösungswahn.
Das Resultat: unzählige unglückliche Menschen, die ein gefundenes Fressen für den Heilermarkt darstellen.