Erwacht

K

~Kaji~

Guest
Es lebte einst eine Seele in Angst und Schrecken in einem tiefen Abgrund. Scharfe Steine umgaben ihr Verließ. Sie lebte viele Jahre dort und war sich gar nicht bewußt, wie tief das Loch war, in dem sie steckte. Denn es war dunkel, sie konnte nicht erkennen, daß sie sich in einem Kerker befand. Ahnen tat sie es erst, als das Licht kam, in Gestalt eines Engels. da begann sie, hinaufzusehen und brach in Tränen aus. „Wie nur soll ich hier jemals entkommen? Ist es nicht völlig hoffnungslos?“
Doch der Engel tröstete sie. „Hoffnungslos ist es nicht. Du hast bisher nur noch nicht den Richtigen gefunden, der dir helfen wird. Ich zeige dir den Weg.“
Wie konnte es sein, daß der Engel mit einer männlichen Stimme zu ihr sprach? Waren Engel nicht stets weiblich? Sollte sie solch einem Engel vertrauen? Und der Engel sprach weiter:
„Glaube mir, ich meine es ernst. Schau an, wo Du lebst, schau an, wie du lebst. Willst du ewig so weitermachen? Hier oben ist das Leben, hier oben ist es schön. Kannst du es nicht erkennen?“
Doch, sie sah das Licht, sie spürte das leben und eine unendliche Sehnsucht erfasste ihr Herz. Sie begann sich auf den Weg zu machen, begann die Steine entlang zu klettern, welche in ihre Füße schnitten und ihrem Herzen Stiche verliehen. Sie war noch nicht weit gekommen, als die Angst in ihr aufstieg. „Nein, Engel“, rief sie ihm entgegen. „Ich kann dir nicht vertrauen, sicher hat dich der Teufel geschickt. Laß mich in Ruhe, nichts will ich mehr mit dir zu tun haben!“ Und sie ließ sich fallen in die Dunkelheit.
Traurig zog der Engel von dannen.

Nicht lange danach erkannte die Seele ihren Irrtum und bitterlich begann sie zu weinen. Wie sehnte sie sich nach dem Licht des Engels! Unerträglich erschien es ihr jetzt alleine in der Dunkelheit. Sie rief nach ihm, und siehe da, er kam zurück. „Vertraust du mir jetzt?“, fragte er sie. „Ich möchte dich retten, ich möchte dich mit in meine Welt des Sonnenscheins nehmen. Ich bin dein Engel, allein für dich erschaffen. Du sollst meine zweite Hälfte werden.“
Und wieder begann die Seele ihren Aufstieg. Wieder schnitten die Steine ins Fleisch, jeden einzelnen von ihnen mußte sie sich anblicken und bei jedem einzelnen dämmerte ihr, weshalb er sich in ihren Weg gerollt hatte. Die ersten siebzig meter hatte ihre Mutter aufgeschüttet, zwischendrin schwarze Pfähle, die ihr fremd erschienen, jedoch etwas mit ihr zu tun haben mußten. Sie wußte, diese Pfähle hatten sie einst verletzt. Doch sie konnte sich nicht so recht erinnern warum, und von wem sie stammten. Dicke Schichten hatte sie selbst hinterlassen, ein festes Bollwerk, damit niemand sie je hier unten fand. Und doch war er gekommen, hatte sie entdeckt. Und doch war er da und zeigte mit seinem Glanz den Weg in die Welt des Lichtes. Aber warum tat er das? War er nicht auch nur ein Wesen wie ihre Mutter, der sie zutiefst verletzen würde, wenn er sie erst einmal in seine Welt gelockt hätte? War er nicht genauso, wie die einstigen Schulkameraden, die sich nur lustig über sie machten? Stand nicht auch er jetzt da oben und lachte über ihre hilflosen Versuche, die sie ihm zu liebe auf sich nahm?
„Komm weiter“, sprach er. Und er zeigte ihr Bilder aus seiner Welt. „Komm zu mir, du kannst alles haben. Ich werde dir mein herz schenken, meine Liebe, alles was ich besitze. Vertraue mir.“
Und sie sah sich von dort unten die Dinge an, die möglich waren. und sie fand es schön. es war warm und friedlich. Er war schön. Und sie wußte, daß sie ihn liebte.
Aber die Welt da unten, war es dort nicht einfacher? Wie schwer es war, an der Oberfläche des Lichtes zu sein. Hier, wo alles sichtbar wurde. Wo kein verstecken möglich war. Es war unerträglich. Zuviel Schmerz mußte sie sich ansehen, zu viele Fehler, die sie an sich erkannte. Er war gnadenlos, zwang sie hinzusehen, wo sie nicht hinsehen wollte. Sprach davon, daß alles vorbei wäre, wenn sie doch nur endlich in seine Welt kommen würde. er zeigte ihr mehr und mehr, so daß sie den Halt verlor und in die Dunkelheit zurück prallte.
„Geh weg, du Monster!“ schrie sie ihn an. „Du blendest mich mit deinem Licht, so daß es unerträglich ist. Kein Engel würde das tun. Du bist kein Engel, ich halte dich nicht aus. ich kann dir nicht glauben, ich kann dir nicht vertrauen. Ein Scheusal bist du, daß du mir alles so gnadenlos zeigst. Ich hasse dich. Du bist wie alle anderen!“
Höhnisch rief er zu ihr hinab: „Du wirst dich einst nach diesem Leben sehnen. jetzt wo du weist, wie es sein kann! Du wirst erkennen, daß ich der einzig richtige für dich bin.“ Er sprach davon, daß er Abstand brauche, das er sich schützen müsse, um nicht selbst in den Abgrund gezogen zu werden. Er erkannte einen Teil ihrer Dunkelheit und voll Abscheu machte er sich aus dem Staub, zog sich zurück, überließ sie ihren Schmerzen und leckte seine eigenen Wunden, welche sie ihm in ihrer Panik gerissen hatte.

Während sie für eine Weile Trost in der Dunkelheit fand und verdaute, was sie gesehen hatte, zwängten sich ihr seine Worte auf. „Du wirst dieses Leben vermissen...“ Und mit Erschrecken erkannte sie, daß er die Wahrheit gesprochen hatte. Sein Licht war fort, so ganz alleine fühlte sie sich nutzlos. Sie brauchte diesen Engel, so wie er sie brauchte. Denn was nützt es dem Licht, wenn es keine Dunkelheit gibt?
Und eines Tages war er wieder da. Sprach von Liebe. Sprach von der Liebe. Sprach über die Liebe. Sprach von der Liebe zu ihr. Sprach von der Liebe zum Leben. Sprach von der Liebe eines gemeinsamenen Lebens. Sprach von der Liebe, die entstehen würde, wenn sie sich liebten. Sprach von der Liebe zu einem gemeinsamen Kind. Sprach von der Liebe des vaters, der Liebe der Mutter, der Geborgenheit der Familie, ihrer Familie. Er sprach von der Liebe zu der Liebe. Er sprach von der körperlichen Liebe. Er sprach von der geistigen Liebe. er sprach von der seelischen Liebe. Er sprach von der unendlichen Liebe. Er sprach von der Liebe, die selbst nach dem Tod besteht. Nichts wäre wichtiger als die Liebe. Die Liebe des Lichtes der Dunkelheit gegenüber. Die Liebe der Dunkelheit des Lichtes gegenüber. Die Liebe zwischen Mann und Frau und die Liebe zwischen Frau und Mann. Die Liebe zu ihr. Die Liebe zu ihm. Er sprach davon, daß er einzig und alleine beim Tod seiner Geliebten, seiner zweiten Hälfte weinen würde, bei niemanden sonst. Er sprach davon, daß er für die Liebe einer Seele alles tun würde. Er sprach davon, daß er nur für die Liebe leben würde. Er sprach davon, das die Liebe das wichtigste überhaupt sei.
Er hörte gar nicht mehr auf über die Liebe zu sprechen. Er flehte sie an, sie solle doch endlich in seine Welt kommen. Er würde sich nach ihr verzehren. Sein Licht wäre unbedeutend ohne ihre Dunkelheit. Es wäre unerträglich, sie so weit von ihm entfernt zu wissen. Er wollte lieben, er wollte für die Liebe leben und sterben. Er wollte sie nicht verlieren, er wollte sie bei sich wissen. Er sagte, er wäre ein besserer Engel, als all die anderen, die sie kannte. Er sagte, er würde es ihr beweisen. Er redete und redete unendlich über die Liebe.

Bei soviel Liebe fasste die Seele erneuten Mut und begann zu klettern. Mühsam, langsam. es war so schwer. So hell in diesem Licht, so schrecklich weit und offen. Es machte ihr Angst, doch er sprach ihr Mut zu, sie würde es schaffen, er wäre da. Für sie. Er würde kämpfen, für sie, mit ihr, um sie. Und er kämpfte. Dämpfte das Licht, wenn es gar zu unerträglich wurde. Erhellte besonders dunkle Flecken, wenn sie nicht weiter kam.
Sie weinte und wimmerte, zerschnitten ihre Füße, so groß ihre Angst, so schwer wog ihre Hoffnung, daß er es ehrlich meinte. Allein diese Hoffnung ließ sie weiter machen. Wir sind füreinander bestimmt, sprach der Engel. Mein Licht kann es fühlen. Wir gehören zusammen, ich bin davon überzeugt. Ich kann es mir so gut vorstellen, dich zu lieben. Ein gemeinsames Kind aufzuziehen. Es wird ein wenig Arbeit kosten, doch bald schon werde ich soweit sein, daß wir eine Familie gründen können. Das wir uns lieben können. Das wir beieinander sind. Für die Liebe zu einer Seele, würde ich alles tun.

(Fortsetzung folgt)
 
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Oft schwankte die Seele, es zog sie zurück in den Schutz der Dunkelheit. Sie war hin und hergerissen, zwischen dem was sie kannte, und dem, mit dessen er sie lockte. Sie war sich nicht sicher, ob es gut war, all das aufzugeben was sie bisher aus gemacht hatte. Den Ort an dem sie lebte, die Beschäftigungen, denen sie folgte. Sie wußte nicht, ob er es ernst meinte. Sie hatte Angst, daß er sie hängen lassen könnte. Sie hatte Angst, das seine Nähe sie überwältigen könnte. Sie hatte Angst, das er sie formte nach seinen Vorstellungen, die ihr nicht entsprechen würden. Aber es gab ja die Liebe. Die Liebe, die machte die Schmerzen leichter. Die Liebe, das Vertrauen gaben ihr die Kraft weiter zu klettern. Sich zu befreien. Sie konnte doch vertrauen, oder etwa nicht? Sie war doch die einzig Wahre für ihn, oder etwa nicht? Ja, der Engel bestätigte es ihr wieder und wieder. Sprach davon, wie sehr er sich nach ihr sehnen würde, und das sie es doch schon bald geschafft hätte. Sie solle weiter machen. Fast schon würde sie sich in der Freiheit befinden. Er könne verstehen, das das Dunkle sich in dem Licht unwohl fühlt. Aber das würde vorübergehen, sprach er. Dafür würde er sorgen.

Es gab Momente, wo er diese tiefe Dunkelheit kaum ertragen konnte. Wo die Kraft ihn verließ, sich damit auseinanderzusetzen. Ihr ständiges Schwanken setzte ihm zu. Dauernd Trost zu spenden, kostete zeit und Mühe. Er begann zu verstehen, was es bedeutete, die Dunkelheit ans Licht zu holen. Und er dachte nach. Er zog sich zurück, labte sich im Klang der heiligen Töne und göttlichen Bilder. Wie einfach es doch dort war, wo die Dunkelheit keinen Platz kannte. Und plötzlich erschien es ihm die Mühe nicht mehr wert, für diese eine Seele zu kämpfen. Sein Licht begann zu flackern. Würde er bestehen können, wenn er sich die Dunkelheit in sein Leben holen würde? Würde sie nicht zu viel von seinem Licht verschlucken, zu fordernd sein, zu viel zeit in Anspruch nehmen? Mit der Dunkelheit ein Kind zeugen – würde ihn das nicht in seiner Freiheit berauben, seinen ganzen Ruhm stehlen? Nein, so erkannte er für sich. Für diese eine Seele, für eine eigene Familie würde er seinen Glanz nicht verschenken wollen. Er war für die Welt erschaffen, er wollte frei sein. Eine einzige Seele zu retten, war ihm nicht heldenhaft genug. Er wollte ganz Heerscharren befreien. Und dafür mußte er frei sein, durfte er sich nicht belasten. Er vergaß die Liebe, für die er sich opfern wollte.

Als er die erste Hand der Seele am oberen Rand des tiefen Abgrundes bemerkte, sprach er zu ihr.
„Hör zu, meine Liebe. Ich hab dich wirklich in mein Herz geschlossen. Ich habe es genossen, von dir zu lernen und dich zu lehren. Bedeutend bist du mir, wunderschön bist du. Doch in meiner Welt ist kein Platz für dich. Ich kann mich nicht binden, ich habe hier viel zu tun und vieles zu erledigen. Ich muß wachsen und reifen und lernen. Eine Seele an meiner Seite und ein Kind, die würden mich nur aufhalten. Ich muß andere Seelen retten, viele Seelen retten. Nicht nur einige wenige. Wenn du als meine Begleiterin in mein Leben trittst, habe ich keine Zeit mehr für meine eigentlichen Aufgaben in dieser Welt. Gerne können wir uns ab und an treffen, doch ganz frei und ungezwungen, ohne Verpflichtungen. Jetzt weiß ich, wie du funktionierst. Du selbst wirst deine Freiheit brauchen.“
„Aber...“, wimmerte die Seele am ende ihrer Kräfte, so kurz vor dem Ziel.
„Nichts aber, verstehe es. Ich muß es dir nicht erklären, es ist einfach so. Ich weiß nicht wie es geschehen konnte, ich verstehe es selbst nicht wirklich. Aber ich muß hier meine Aufgabe erfüllen. Große Verantwortung kostet zeit. Ich muß frei bleiben. Gerne können wir uns weiterhin austauschen, denn die zeit mit dir war sehr bereichernd. Ich danke dir dafür. Doch nichts festes; an meiner Seite ist kein Platz für dich und gemeinsamen Nachwuchs. Ich bin zu höherem berufen, ihr würdet mich hindern. Es reicht mir einfach nicht, mich nur um eine Seele und ein Kind zu kümmern und arbeiten gehen zu müssen. Lassen wir alles so, wie es bisher war.“
„Aber..., es befriedigt uns doch schon lange nicht mehr. Ich hier in der Dunkelheit, du dort im Licht, so weit voneinander entfernt.“
„Ich kann es nicht ändern. Ich bin einfach nur ehrlich zu dir und teile dir mit, wie ich jetzt fühle. Bitte verstehe es doch.“
„Also bist du doch der Teufel! Also bist du doch nur ein Scheusal! Du hast mir das Licht der Welt versprochen, du hast mir vor noch vor zwei Tagen gesagt, ich soll dir vertrauen, ich kann mich auf dich verlassen. Du hast mir gesagt ich soll durchhalten und weitermachen, daß wir für einander bestimmt wären, das die Gefühle tiefe Gefühle wären, daß es echt wäre. Wie kann ich jetzt nur noch ein vertrautes Etwas für dich sein, von dem du nicht mal weißt, ob überhaupt Liebe dabei ist? Wie soll ich jemals wieder jemanden vertrauen, wenn ich nicht mal dem vertauen kann, der von der Liebe sprach?“
„Ich kann es nicht erklären, es ist einfach so. ES TUT MIR LEID! Doch die Welt wartet auf mich. Du bist nur eine Seele, eine einzige Seele.“

Schreiend löste sich ihre Hand. Tief war der Fall. Mörderisch der Aufprall. Schwarz die Dunkelheit.

„Wir standen kurz vor unserem Ziel! Wie kann es sein, daß du die Liebe, unendlich gepredigt, einfach so vergessen kannst? Wie kann es sein, daß dein Herz plötzlich zu Eis erstarrt für die eine, die dir nach langer Zeit endlich vertraute? Wie kann es sein, daß du die Bewunderung der Welt der Liebe einer einzigen vorziehst? Wie kann es sein, daß Freiheit und Zeit plötzlich wichtiger werden als sich der Verantwortung zu stellen? Wie kann es sein, das du eine eigene Familie als Belastung und nicht als Unterstützung für Dein Leben empfindest? Wie kann es sein, das das Licht so blind ist, nicht zu sehen, das auch die Dunkelheit für sich selbst sorgen kann und auch ihren Teil in der Welt zu erfüllen hat? Erträgt das Licht denn nichts zweites an seiner Seite? Erkennt das Licht denn nicht, das die Dunkelheit auch große Fähigkeiten in sich birgt? Wie kann es sein, daß das Licht so blind sein kann? Oder einfach nur verblendet? Oder berauscht von der alleinigen Macht?“
Die Seele sprach diese Worte nicht mehr aus, stumm schrie sie in ihrem Inneren, grub sich tiefer in den Abgrund. Versteckte sich an den schwärzesten Stellen, zutiefst verletzt und enttäuscht. Wieder einmal, wie oft noch? Er war doch ein Engel! Wenn nicht mal ein Engel es schaffte sie aus dem Abgrund zu ziehen, wer denn dann? Wenn selbst ein Engel sie von sich stieß, der nur von der Liebe sprach, wem sollte sie jemals wieder vertauen?
Nie wieder sollte ein Licht die Seele finden und sie dermaßen zum Narren halten. Nie wieder würde sie sich auf das Licht einlassen, so enttäuscht war sie, so verwirrt von dem Geschehenen. Wie konnte der Engel ihre Gefühle dermaßen verletzen, so kurz vor dem Ziel? Wie konnte er das gemeinsame so plötzlich zerstören?

(Fortsetzung folgt)
 
„Warum läßt du das zu, Gott? Wie konntest du es geschehen lassen, daß dein Engel mich einfach fallen ließ? Wie kann es sein, daß du auch nur eine einzige Seele opferst? Ich hasse dich, Gott! Ich hasse das Licht. Was ist der Sinn hinter all dem?“

Und Gott sprach, wie er immer in der tiefsten Dunkelheit spricht. Gott sprach dort, wo ihn die wenigsten vermuten oder suchen. Er sprach in der finstersten Hölle. „Du hast einen Weg gezeigt bekommen. Das Licht zeigte dir einen Weg, wie du dich befreien kannst. Das Licht kann dich nicht befreien. Befreien kannst nur du dich selbst. Laß dich nicht blenden vom Licht. Das Licht kann nur leuchten, das Licht kann schwanken, das Licht kann glänzen, das Licht kann sich selbst verzerren oder die Dunkelheit an sich reißen in seiner Gier und sie ersticken. Doch errettet hat es noch niemanden. Das Licht kann vieles sichtbar machen. Doch sehen tut nur jener, der zu sehen vermag. Das Licht kann noch so stark leuchten und von sich begeistert sein. Erfolglos wird es bleiben, wenn jemand nicht sehen will, erfolglos wird es bleiben, denn einen Blinden kann es nicht zum Erkennen zwingen. Verzweifelt wird es kämpfen und an den Seelen rütteln, nicht verstehend, warum es sie nicht erwecken kann. Falle nicht darauf herein. Retten kann das Licht dich nicht. Erretten muß sich jeder selbst. Das Erwachen erfolgt in der Dunkelheit, nicht im Licht. Das Licht dient dazu, die Dunkelheit sichtbar zu machen. Mehr kann es nicht tun. Den Weg heraus, mußt du selbst finden.

Licht und Dunkelheit gehören zusammen. Nur gemeinsam können sie das göttliche Spiel durchschauen. Ein Licht, welches sich von der Dunkelheit abwendet, ist nutzlos. Es ist wie eine Kerzenflamme im Glühen der Sonne. Niemand wird es bemerken. Ein Licht welches nur am Tage erstrahlt und nur dort brennen möchte, wo es keine Arbeit gibt, erfüllt keinen Zweck.
Ein Licht muß sich in die Finsternis wagen und unreine Orte aufsuchen, wenn es bemerkt werden will. Ein Licht, welches in der höllischsten Nacht zu erstrahlen vermag ohne zu flackern, kann einem verirrten Wanderer den Weg zeigen. Gehen aber muß der Wanderer selbst. Suche das Licht in dir, und nicht im anderen, werde ganz. Dieser Schatz ist kostbarer als jeder Engel dort draußen, der Illusionen verspricht, die er nicht erfüllen kann. Dieser Schatz wird dich wirklich tragen und befreien und niemals fallen lassen. Manche Engel wollen weiter ziehen, du kannst sie nicht halten, keine Macht der Welt kann dies. Lasse sie los. Manche Engel werden tief fallen und dann erkennen, daß auch in ihnen Dunkelheit ist. Fange sie auf, wenn du kannst. Manche Engel sind zu wahrer Liebe fähig. Diese kannst du lieben. Doch suche zuerst nach der Liebe in dir, erst dann wird dir ein Engel geschenkt werden, der dich nicht verletzt. Und wenn ihr es richtig anstellt, könnt ihr ganze Universen erschaffen und mit neuen kleinen Engeln füllen.“

Gott lachte und für einen Augenblick brach die Hölle auf, die Seele erkannte einen Teil ihrer Zukunft. Sie wischte sich die Tränen aus den Augen und erneut machte sie sich an den langen Aufstieg. Helden würde sie nun nicht mehr brauchen, die ihr den Weg beleuchteten und mit künstlichem Honig lockten. Jetzt würde sie selbst zur Heldin werden und im Glanze erstrahlen. Und dann würde sie sich auf die Suche nach der wahren Liebe machen, irgendwo mußte diese schließlich zu finden sein.



Kaji (11.08.07)
 
Derweil an einem Ort tief im inneren der Erde
sitzt der Engel und starrt ausdruckslos in den See
klar wie ein Spiegel und rein wie Kristall
und obwohl sein Licht die Hallen erleuchtet
zieren noch immer knochige, zerfurchte Hörner sein Haupt

er weiss nicht, wieso das Licht in ihm heute erkaltet
und morgen strahlt wie die Sonne selbst
doch er weiss, er ist das Licht und nicht die Fratze,
die von Tag zu Tag verblasst, vertrocknet, dem Tag entgegen,
an dem sie sich abschälen und abfallen wird
wie ein welkes Blatt

die Seele ruft ihn und er hört sie
doch er antwortet nicht und kommt nicht
er will ihr sagen:
Nicht ich habe mich von Dir abgewendet
Gott selbst hat mich von Dir weg gezogen
richte Deine Schreie nicht an mich
richte sie an ihn
denn nur er weiss, wieso er das tat
es ist sein Wille, nicht der Meine

Ich bin nur ein Engel
auf dem Weg

Und sie kann ihn hören
doch sie versteht es nicht
ihre Augen erkennen nur die Hörner
das Licht bleibt ihnen verborgen

----------------------------

Der Engel möchte ihr sagen:

Kein Schrei ist umsonst
kein Schmerz vergebens
gib niemals auf
kämpfe für Dein Glück
am Ende wird Dich kein Engel erwarten
Du selbst wirst Dich erkennen und umarmen
 
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Derweil an einem Ort tief im inneren der Erde
sitzt der Engel und starrt ausdruckslos in den See
klar wie ein Spiegel und rein wie Kristall
und obwohl sein Licht die Hallen erleuchtet
zieren noch immer knochige, zerfurchte Hörner sein Haupt

er weiss nicht, wieso das Licht in ihm heute erkaltet
und morgen strahlt wie die Sonne selbst
doch er weiss, er ist das Licht und nicht die Fratze,
die von Tag zu Tag verblasst, vertrocknet, dem Tag entgegen,
an dem sie sich abschälen und abfallen wird
wie ein welkes Blatt

die Seele ruft ihn und er hört sie
doch er antwortet nicht und kommt nicht
er will ihr sagen:
Nicht ich habe mich von Dir abgewendet
Gott selbst hat mich von Dir weg gezogen
richte Deine Schreie nicht an mich
richte sie an ihn
denn nur er weiss, wieso er das tat
es ist sein Wille, nicht der Meine

Ich bin nur ein Engel
auf dem Weg

Und sie kann ihn hören
doch sie versteht es nicht
ihre Augen erkennen nur die Hörner
das Licht bleibt ihnen verborgen

----------------------------

Der Engel möchte ihr sagen:

Kein Schrei ist umsonst
kein Schmerz vergebens
gib niemals auf
kämpfe für Dein Glück
am Ende wird Dich kein Engel erwarten
Du selbst wirst Dich erkennen und umarmen

Dann viel Spaß, mein Engel, so ganz mit Dir allein.

Niemand wird Dich brauchen, denn jeder wird nur sich selbst finden am Ende. Gut, ich habe verstanden.

Was ist schon Glück, in der Einsamkeit. Mich selbst habe ich jeden Tag.

Was für ein herzloses Licht, welches die Seele hört und doch nicht zu ihr spricht. Was für ein herzloses Licht, das jegliche Verantwortung an Gott abwälzt. Welcher Gott, wenn es doch nur uns selbst gibt? Oder bist gar Du Gott? Dann rette mich!

Der Engel möchte, doch er tut es nicht. der Engel sitzt leuchtend in seinen Hallen, verschlossen sein Herz, vor dem Unglück der Welt. In Ekstase taumelt er dahin, vergessend was ihn einst mit dem Leben verband. Wie konnte es geschehen, Engel, daß Du Dich abgewandt hast? Das nicht Du selbst, sondern Gott über Dich bestimmt? Wärst Du wirklich weise, würdest Du anders handeln. Wärst Du wirklich weise, würdest Du lieben können. Wärst Du vollkommen und von Gott gesandt, würdest Du niemanden in den Abgrund werfen, sondern um jeden kämpfen.

Du besitzt keine Stärke, Engel. Du siehst nur Dich selbst. Du siehst das es Dir gut geht. Mit Schmerzen möchtest Du nichts mehr zu tun haben. Du hast Dich abgewandt.

Wen siehst Du, in Deinem Gegenüber? Stets Dich selbst? Wie kann es sein, daß Du dann vor Dir selbst davon läufst?

Du bist ein einsamer Engel, ohne Begleiter. Statt andere mitzunehmen, gehst Du einfach davon. Du hast es Dir wahrlich leicht gemacht.

Einen letzten Gruß, eine letzte Umarmung, ein letztes nettes Wort, ein letztes mal Deine Hand berühren hätte nicht so tiefe Wunden gerissen. Du bist unwissend, Engel. Du bist hart. Du hast recht, ich kann Dich nicht verstehen. Ich kann keinen Engel in Dir sehen. Ein Engel kann heilen, doch Du hast mir den Tod gebracht.

Wie einfach, zu sagen, es sei Gott gewesen. Wie einfach, zu vergessen. Wie einfach das Chaos ungelöst hinter sich zu lassen. Wie einfach es ist, von Gott gerufen zu werden. Wie unendlich einfach, einfach so verschwinden zu können, weil Gott es war.

Doch nicht Gott, hat mir versprochen mich zu lieben. Nicht Gott war es gewesen, der mir sein vetrauen schwor. Nicht Gott war es gewesen, welcher mein Leben verwüstete und mich dann alleine sitzen ließ. Das warst Du, leuchtender Engel, das allein hast Du vollbracht. Wie einfach, nicht wahr? Sich herauszureden und zu flüchten.

Ist es nicht jetzt Deine Aufgabe, die Wunden zu versorgen? Wie leicht, zu sagen: "Kämpfe um dein Glück". Das habe ich getan, Engel. Du warst mein Glück. Für dich habe ich gekämpft. Wie leicht, zu sagen, am Ende wird kein Engel auf mich warten. Jetzt, so plötzlich, wo Gott Dich rief. All die Monate hast Du das Gegenteil behauptet. Und jetzt gehst Du einfach so davon.

Wenn Du wirklich ein Engel wärst, würdest du aufrichten, was Du umgeworfen hast. Wenn Du wirklich ein Engel wärst, würdest Du all die Tränen trocknen, die wegen Dir in Sturzbächen fließen. Wenn Du wirklich zu Dir stehen würdest und nicht einfach davon hasten würdest, dann könnte ich in Dir einen Engel sehen. Dann könnte ich Dich mit Freuden davon schweben lassen.

Aber Du läßt mich allein. Du überläßt es mir, wegzuräumen, was Du angerichtet hast. Meinst Du wirklich, es ist Gottes Aufgabe, dies jetzt für Dich zu lösen? Wie einfach, wahrlich, wie einfach Du es Dir machst. Aber es liegt nur daran, daß ich Dich nicht verstehe, ich weiß. Und wieder kannst Du flüchten. Und wieder bist Du fein raus. Glaubst Du wirklich, ich bin so dumm, es nicht zu begreifen, wenn Du nur den Mut gehabt hättest, es mir persönlich zu erklären?

Was wirst Du jetzt tun, Engel? Vieles hängt davon ab. Nicht Gott, Du allein trägst die Verantwortung.
 
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