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Das finde ich ja nun wirklich spannend und bemerkenswert. Da verursachen von anderen auferlegte Sanktionen, die mehrheitlich (eigentlich nur die medizinischen Folgen ausgenommen und die juristischen, die auf klaren Rechtsgrundlagen beruhen) durch Unverständnis, Vorurteil, soziale Ausgrenzung, rigiden Moralismus etc. begründet sind, den Leidensdruck ... und das soll Krankheit definieren?


Dann sei zumindest die Frage gestattet, über wessen Gesundheit hier Befunde abgeliefert werden und wie Gesundheit definiert wird. Gesund ist, wer angepasst ist? Völlig klar, dass Nichtanpassung und Normabweichung eine andere individuelle und soziale Kosten-/Nutzenrechnung anstellen als Normalität (die aufgrund oft genug auftretender Verdrängungen und entsprechender psychosomatischer Folgen ja nun auch nicht gerade das ewige Leben verspricht...).


Wie gesund ist ein System, das solche Klassifizierungen trifft - und vor allem: cui bono? Gut für alle, die von einer gleichgeschalteten Normalität profitieren. Gut für einen Krankenverwaltungsapparat, der Fälle statt Menschen bearbeitet. Der Vergleich ist sicherlich sehr weit hergeholt, aber wenn ein System Menschen wegen devianten Sexualverhaltens als krank punziert und in zynischer Kälte allfällige Prozesse misslungener sozialer Integration mit einem "selber schuld" quittiert und als Leidensdruck aus individueller Erkrankung ideologisiert ... das erinnert mich an die finstersten Kapitel deutscher Geschichte, in der solche Klassifizierungen durch eine willfährige Medizin notorisch waren.


Aber vielleicht ist es ja auch nur die Lust an der Erfindung von Krankheitsbildern, wie sie Jörg Blech zum Beispiel in seinem Buch "Die Krankheitsmacher" beschreibt. Da sind herrliche Beispiele beschrieben, zu welch skurrilen "Syndromen" sich manche Götter im weißen Mantel versteigen... oder die Pharma-Marketingabteilungen, die sich damit lukrative Pfründe erschließen. Auch irgendwie krank, oder?


Alles Liebe,

Jake


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