der Tarot und was mit ihm verknüpft ist

FIST

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Der Tarot und seine Korrespondenzen

Was gibt es heute nicht alles für Tarots: Hexen, Kelten, Germanen, Indianer, I-Ging, Feministen, Gay, Kinder, Harry Poter, Zwerge und weiss der Geier was sonst noch. Sie alle machen das, was die Esoterik an sich macht und was viele glauben, was Esoterik grundsätzlich sein sollte: Alles mit allem Verknüpfen und alles mit allem in Zusammenhang bringen, weil ja alles eins ist.
Aber inwiefern macht es Sinn, alles in ein System zwängen zu wollen? Kann man da überhaupt dem System, oder den Systemen gerecht werden?

Das will nicht heissen, das jede Verknüpfung per definitionem Sinnlos sein muss, denn sicher gibt es auch einige Verknüpfungen, die erhellend, sinnhaft sind. Beim Tarot haben sich zwei Verknüpfungen etabliert, die, wenn nicht ursprünglich, so doch in sich geschlossen und stimmig in das Konzept des Tarots eingearbeitet werden können: die Kabbala und die Astrologie, bzw. die astrologischen Gedanken der Alchemie. Diese Verknüpfung macht deswegen Sinn, weil sie aufgeht, also keines der drei Systeme zurecht gebogen werden muss... Der Tarot und die Kabbala passen wie die Faust aufs Auge... 22 Karten/Buchstaben, die Karten nummeriert von 1 bis 22, die Buchstaben haben auch Zahlenwerte – die Reihenfolge muss nicht abgewandelt werden; die erste Karte entspricht dem ersten Buchstaben, die Zweite dem Zweiten usw. (wobei ungeklärt bleibt, ob die Reihenfolge des Tarots nach kabbalistischen Gesichtspunkten gewählt wurde – was im Norden des Renaissance Italiens möglich gewesen währe – oder ob diese Parallele dem Zufall zu verdanken ist). Und auch die Verknüpfung der Astrologie mit der Kabbala macht durchaus Sinn, da die Kabbala im Hebräischen Alphabet ja Himmlische Zeichen sieht und schon im Grundlegenden Werk, dem Sepher Jezira (zwischen 300 und 600 Jahrhundert nach Christus), die Buchstaben den Planeten, bzw. den drei „hebräischen“ Elementen zugeordnet werden. So hat die Kabbala 3 Mutterbuchstaben die den drei Elementen Luft, Feuer und Wasser entsprechen (wobei diese drei Elemente nach einer Passage der Paulusbriefe gerne als Sinnbild für die Trinität herhalten dürfen), sieben doppelte Buchstaben die den Planeten entsprechen und 12 Einfache für den Tierkreis.

Auch wenn man den Tarot mit dem Magischen System ach so geheimer Bruderschaften wie z.B. Dem Golden Dawn verknüpft macht das durchaus Sinn, da ja dort die Verknüpfung nichts weiter ist als eine Rückkoppelung, insofern jedenfalls, als Eliphas Levi und Papus als die Schöpfer des Modernen Magieverständnisses gelten dürfen, und der erstere die Ganze Magie aus dem Tarot heraus neu erfindet, der Zweitere die ganze Esoterik aus der Kabbala heraus.
Und wenn man Levi als den Vater des modernen Okkultismus versteht, dann macht es vielleicht auch Sinn, Parallelen zwischen dem Tarot und dem Christentum zu finden. Und selbst wo nicht – ist doch der Tarot, unabhängig seiner Ursprünglichen Bedeutung in einem christlichen Umfeld entstanden, in einer Zeit, in der die Diskusion über die Religion, durch die Reformatoren angeheizt, in aller Munde war.

In dem Zusammenhang macht es vielleicht sogar Sinn, dass man das Wicca-system versucht mit dem Tarot in Einklang zu bringen, denn entgegen der Eigendarstellung vieler Wiccaanhänger als „Uralte und überlieferte“ Tradition ist Wicca nicht viel anderes als eine Verschiebung des Golden-Dawns aus einem Tempel in die Natur, also Grundsätzlich eine auf Levi (dem Katholischen Dogmatischen Magier) und Papus zurückzuführende Linie (gefärbt natürlich durch die Nachfolger der Beiden, vor allem durch Crowley)

Die genannten Systeme sind alle miteinander kompatibel, weil sie alle auf eine Quelle zurückgehen, ein Christlich/Jüdisch gefärbtes Europa, in dem hin und wieder Fragmente der Antike hervorscheinen. Aus gleicher Quelle trinkend, ähneln sich diese Systeme, weswegen es keine Schwierigkeit darstellt, sie zu vereinen...

Was aber passiert, wenn man nun etwas auf den Tarot münzen will, was mit dem Tarot nicht kompatibel ist? Beispiel I-Ging:

Das I-Ging hat 64 Hexagramme, wovon es für jedes dieser Hexagramme 64 verschiedene Möglichkeiten der Wechsellinien gibt, es gibt also 4096 verschiedene Möglichkeiten eines I-Ging Orakels...
wie will man das mit dem Tarot in Verbindung bringen, ohne einige Hexagramme Wegzulassen (wie es Herman Haindl gemacht hat, als er die 56 Karten der kleinen Arcana den I-Ging Hexagramme zuordnete), oder wiederum einige doppelt nehmen (wenn man zu den 56 kleinen auch noch die 22 Grossen mit Hexagrammen versehen will) – oder man muss die Anzahl der Tarotkarten verändern (wobei es aber sehr Umständlich währe 4096 Karten zu mischen – und nur die 64 Hexagramme werden dem I-Ging selber nicht gerecht, dessen Stärke ja gerade in der Wandlung (das I des I – Ging) liegt).

Aber noch drastischer als der Versuch, verschiedenen Korrespondenzen dem Tarot aufzuzwingen ist der Versuch, dem Tarot eine bestimmte, ihm nicht immanente Weltsicht aufzuzwingen. Der Vorteil eines guten Tarots (selbst dem von Crowley) ist nämlich seine undogmatische Art keinerlei Religiöse oder Weltanschaulichen Fragen im Vorhinein zu bestimmen, sondern ist blos ein Medium die eigenen religiösen und Weltanschaulichen Fragen zu reflektieren (will heissen: ich kann als Christ oder als Satanist den gleichen Tarot benützen, und werde deswegen nicht die Religion des anderen annehmen – jedoch wird beide male meine Vorstellung des Religiösen in Frage gestellt, so dass sich vielleicht mein Christentum oder mein Satanismus wandelt). Anders ist dies z.B. Bei einem Wicca-Tarot, einem satanistischen Tarot, einem Druiden Tarot, einem GermanenTarot usw. Solche Spiele sind weltanschaulich Eingeengt und reflektieren die eigene Weltsicht nicht mehr, sondern zementieren sie zu Dogmen – ein Widerspruch zum alten Delphischen Wahlspruch der Orakelkunde: Erkenne dich selbst.

Auch ein Problem des: Alles ist eins: man will auf dem Tarot alles und jedes Darstellen und überlädt so den Tarot mit Ballast esoterischer Symbole (so geschehen bei Crowley), und verdeckt damit die Schlichtheit des Bildes. Man zwingt den Esoterisch Ungebildeten sich Hilfswerke zu Hand zu nehmen um die Esoterischen Symbole zu deuten und verhindert so das ausbilden der Bildinterpretation, die in der Lage ist, aus dem Bild selber, ohne Zusatzinformation Sinnhaftigkeit zu extrahieren (man stelle sich vor, man bräuchte ein Begleitbuch, dass einem den Sinn von Picassos „La Guernica“ erklären müsste, weil man nicht in der lage ist, die Schwingung des Bildes emotional zu erfassen).

In dem Sinne: keep it real, pure and simple

FIST
 
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Ich habs immer gewusst, Du hast eine Gabe :lachen:

Nein im Ernst, echt Interessant!!!!:foto:

:clown: Ich hab halt einen Genius (Loki) auf meiner Seite, vieleicht hab ich auch des Pudels Kern erkannt oder so was - oder aber ich hab einfach glück und teff auch dann, wenn ich ins blaue schiesse ;)

:liebe1:

se FIST
 
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