Kind der Sterne
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In unserer Gesellschaft existiert leider, weit verbreiteter als es gut wäre, die Vorstellung, Menschen wären unbeschriebene leere Blätter, auf die man beliebige Worte schreiben könne. Doch die Wissenschaft, allen voran Steven Pinker, dessen Buch ich gerade lese, hat bewiesen, dass überwiegend, nicht hauptsächlich, die individuelle Genetik dafür verantwortlich ist, wie sich ein Mensch entwickelt, ob er unmoralischer ist, ob er gläubig ist oder nicht. Einfach alles. Ich kann dieses Buch nur jedem empfehlen, denn die menschliche Natur wird in unserer heutigen Zeit gerne geleugnet obgleich sich manch einer denken mag, dass doch wohl jeder wissen sollte, dass Umwelt und Natur eine Korrelation eingehen. Leider jedoch überwiegt in Denkweisen und Diskussionen trotzdessen man vorgibt, man würde beides berücksichtigen, die extreme Position, im Grunde ist nur die Umwelt dafür verantworltich wie wir sind und nicht unsere Gene. Und das ist nicht wahr. Buchtipp: Steven Pinker - Das unbeschriebene Blatt. Die moderne Leugnung der menschlichen Natur. Die Politik versucht uns gleichzustampfen, weil sie von einem falschen Menschenbild ausgeht, wir wären alle gleich und somit gleich beliebig formbar. Dieses falsche Menschenbild führt zu falscher Politik. Steven Pinker ist der Star unter den kognitiven Neurowissenschaftlern und ist Leiter im Center for cognitive Neuroscience am Massachusetts Institute for Technology. Das Buch ist brandneu und ein Bestseller bei dem man nur klüger werden kann. Ich kann dieses Buch nur jedem empfehlen, der sich für die wahre Natur des Menschen interessiert.
Hierzu habe ich einen Artikel aus der Zeitung: Die Welt > http://www.welt.de/data/2004/01/03/217151.html?s=1
Oder aber auch so:
Artikel v. 03.01.2004 | Rubrik: Literarische Welt/Sachbücher
Da sind ganz furchtbar viel Gene drin
Steven Pinker leugnet die Leugnung der menschlichen Natur
von Wolfgang Schneider
Erbe oder Umwelt? Der alte Streit zwischen Biologisten und Kulturalisten geht in die nächste Runde. Und was für eine Runde - 700 Seiten stark, ein Gefecht, in dem die Argumente-Kanonen donnern und der Pulverdampf der Debattenkultur schwer über der Landschaft liegt. Bald schon scheint der Sieg errungen, aber der Beschuss geht unaufhörlich weiter, denn der Feind hat bisher noch alle Niederlagen überstanden und seine Truppen immer wieder neu formiert. Diesmal aber soll endgültig Schluss sein mit der "modernen Leugnung der menschlichen Natur".
An der Kanone: Steven Pinker, Leiter des Zentrums für kognitive Neurowissenschaften am Massachusetts Institute of Technology, nebenbei ein brillanter Populärwissenschaftler. Das Angeborene ist Pinkers Sache. Nichts erscheint ihm absurder als die Annahme, der menschliche Geist könnte ein unbeschriebenes Blatt sein. Aber leider musste er feststellen, dass ein großer Teil der akademischen Menschheit genau diesem Glauben anhängt. Den englischen Aufklärungsphilosophen John Locke macht Pinker als Stammvater der Irrlehre aus. Nichts ist im Verstand, was nicht durch die Sinne, also die Erfahrung, dorthin kam - mit diesem Diktum habe Locke einst den Empirismus vorangebracht, heute behindere es den wissenschaftlichen Fortschritt.
Der soziale Konstruktivismus sei zum Standardmodell des humanen Selbstverständnisses geworden. Der Mensch ist friedfertig und unverdorben - und wenn er es nicht ist, dann liegt das am falschen Input: der falschen Erziehung, den falschen Schulen, der falschen Gesellschaft, den Strukturen oder dem Patriarchat. Keiner ist von Natur aus krimineller, begabter oder süchtiger als die anderen. Zwischen ethnischen Gruppen, Geschlechtern und Individuen soll kein Unterschied sein, zumindest kein in den Genen begründeter.
Dabei haben Untersuchungen von eineiigen Zwillingen, die nach der Geburt getrennt wurden und trotzdem später bis in aberwitzige Vorlieben hinein Übereinstimmungen aufwiesen, die Macht der genetischen Prägung längst erwiesen. Aber davon wollen die Anhänger des "unbeschriebenen Blattes" nichts hören, klagt Pinker. Als Viktorianer unserer Zeit verdrängen sie die neuen Einsichten der Biologie in die menschliche Natur.
Aber ist die "menschliche Natur" mehr als eine riskante Größe? Lässt sie sich überhaupt dingfest machen? Sicher doch, meint Pinker. Die menschliche Natur bestehe derzeit aus etwa 400 Begriffen. Am Ende des Buches werden sie aufgezählt, in einer langen Liste der angeborenen Universalien. Das Schönheitsempfinden, das moralische Verhalten, die Sitten oder die Sprachlogik - all das und noch viel mehr hat demnach eine weltweit gültige, kulturübergreifende Tiefenstruktur, bei allen Differenzen an der Oberfläche. Darüber hinaus sind längst zahllose weitere Einzelheiten bekannt: "Haben Sie hingegen die kürzere Variante eines DNA-Abschnitts, der das Serotonintransporter-Gen auf Chromosom 17 abschaltet, ist es wahrscheinlich, dass Sie neurotisch oder ängstlich sind." Wozu braucht es da noch eine Umwelt?
Nun ist Pinker kein soziobiologischer Polterer, dem die Gene alles und die Umwelteinflüsse nichts sind. In seinem programmierten Bestseller, für den er den bis dato höchsten Vorschuss der Sachbuchliteratur einfuhr, geht es ihm letztlich um einen Kompromiss. Er will die verbreitete Angst vor der Biologie nehmen und zeigen, dass sie durchaus mit moralischen Standards zu vereinbaren ist. Weshalb dann aber diese scharfe Gegenweltendebatte? Baut sich der Autor mit dem "unbeschriebenen Blatt" einen Popanz auf? Gibt es heute überhaupt noch Anhänger der reinen Lehre (oder Leere) vom "unbeschriebenen Blatt"? Selbst wenn nicht: Pinker schreibt neuere Wissenschaftsgeschichte, und hier kann über die enorme Wirkung des "unbeschriebenen Blatts" kein Zweifel bestehen. Im 20. Jahrhundert lief es mit den Ideologien vom neuen Menschen zu fürchterlicher Form auf. Pinker zitiert den Massenmörder Mao mit zarten Worten, bei denen es einen zugleich gruseln kann: "Ein unbeschriebenes Blatt Papier ist makellos, daher kann man die schönsten Worte darauf schreiben ..."
Und dann gibt es im Kreis der sozial- und kulturwissenschaftlichen Intelligenz auch heute noch viele, denen die Biologie ein rotes Tuch ist. Gerade in den vergangenen Jahren haben die Theorien des sozialen Konstruktivismus - etwa die Gender Studies - neuen Schwung genommen; hier gilt jeder "Essentialismus" als Todsünde. Ausgiebig dokumentiert Pinker die universitären und publizistischen Querelen um die Biowissenschaft. Forscher wurden von Demonstranten in ihrer Arbeit gehindert und denunziert - als Faschisten und "rechtsradikale Propheten des Patriarchats". Dass die Nazis schlechte Biologen waren, müssen die Wissenschaftler bis heute büßen. Pinker zeigt, wie die Thesen von Edward O. Wilson und Richard Dawkins tendenziös entstellt wurden. Wobei er auch den "Linksdarwinisten" Stephen Jay Gould nicht von Kritik ausnimmt. Noch weniger allerdings die bibeltreuen Kreationisten, denen die Evolutionstheorie und die Hirnforschung Teufelszeug ist.
So entsteht der Eindruck einer von allen Seiten bedrängten Wahrheit. Das mag zugespitzt erscheinen; die Argumentation gewinnt durch die Gegenposition jedoch erheblich an Kontur und Spannung. Pinker findet immer wieder Gegner, deren Standpunkten er mit Eleganz und gesundem soziobiologischem Menschenverstand den Boden entzieht, von den Ethnologen, die sich den "edlen Wilden" erträumten, bis hin zu jenen Philosophen, die das menschliche Denken ganz und gar in die Sprache verlagerten. Auch wenn es dabei manchmal etwas verschwörungstheoretisch zugeht, das "unbeschriebene Blatt" gibt dramaturgisch geschickt das Leitmotiv ab, dem alle Aspekte untergeordnet werden können. So gelingt dem Autor ein hochinteressanter und ungemein kenntnisreicher Schnitt durch die Wissenslandschaft, bei dem man nur klüger werden kann.
Ausgiebig beschäftigt Pinker sich mit der Frage der Plastizität des Gehirns. Neuere Forschungen haben eine geradezu spektakuläre "Umwidmung von Hirngewebe" erwiesen: Die Funktion zerstörter Hirnareale kann von anderen Teilen des Organs übernommen werden. Das Gehirn scheint demnach keineswegs von Geburt an in den Einzelheiten determiniert. Pinker beschreibt diese Flexibilität zunächst ausgiebig, um sie dann doch wieder merkwürdig zu relativieren - wohl damit niemand auf die Idee kommt, es könne sich doch wieder um eine Art "Blatt" handeln: das Gehirn als Palimpsest, bei dem die alte Schrift von einer neuen überdeckt wird. An diesem zentralen Punkt wirkt Pinkers Argumentation dünn.
Im letzten und längsten Teil des Buches geht es um fünf "Tretminen" - um die heiklen Themenfelder Politik, Gewalt, Geschlecht, Kinder und Kunst. Mit Anmut balanciert Pinker hier manches heiße Eisen; und naturgemäß tendiert der Biologe zum Konservatismus. Wenn Gewaltbereitschaft, Ethnozentrismus, Nepotismus und anderer Egoismus zum genetischen Betriebssystem des Menschen gehören, dann ist schlecht Utopia bauen.
Den Feministinnen stimmt Pinker mit geschmeidiger Korrektheit zu, sofern sie nicht jenem radikalen Flügel angehören, der Geschlechtsverkehr prinzipiell für Vergewaltigung hält und die Gesamtzahl aller Männer am liebsten auf zehn Prozent reduzieren möchte. Er versichert, ihre berechtigten Anliegen stünden nicht im Widerspruch mit biologischen Erkenntnissen. Selbst wenn: Den naturalistischen Fehlschluss, die Verwechslung von Erklärung und Rechtfertigung, will sich Pinker nicht zu Schulden kommen lassen. Dass etwas wahr ist, heißt nicht, dass es wahr sein sollte. Dass die Natur "gut" ist - diesen Glauben überlässt er Ökologen und Kräutersammlern. Sie teilen ihn mit den Sozialdarwinisten. Pinker hält es lieber mit Katherine Hepburn in "African Queen": "Wir sind auf dieser Welt, Mr Allnut, um uns über die Natur zu erheben."
Steven Pinker: Das unbeschriebene Blatt. Die moderne Leugnung der menschlichen Natur. Berlin Verlag, Berlin. 713 S., 29,80 EUR.
Fertig .
Und auch so einige unter euch halten fälschlicherweise den Menschen für ein Silly Putt, eine formbare Knetmasse, die man nach beliebig ändern kann, wie man es will. Doch dem ist nicht so. Steven Pinker ist großartig mit seiner Brillianz und seinem Witz. Das Buch ist wirklich...wow.
Er listet ungemein viele Philosophen und Sozialpsychologen oder Gesellschaftskritiker mit ihren Zitaten auf, denen er dann der Reihe nach mit wissenschaften Erkenntnissen den Boden unter den Füßen wegzieht.
Er fängt bei John Locke an, macht bei Rousseau weiter über Margreth Mead bis hin zu Hobbes oder den amerikanischen behavioristischen Psychologen James D. Watson.
Hier lernt ihr auch gleich etwas über die Entwicklung der westlichen Welt in der Vergangenheit und wie die Wissenschaft von Kommunisten, Sozialisten, Marxisten, alle 3 zusammen sind eigentlich unter dem begriff Egalitarismus bekannt, unterwandert wurde für die politischen Machtzwecke mancher radikaler Gruppen, welche bedingt durch manche Philosophen die menschliche Natur für ein unbeschriebenes Blatt hielten.
Wenn in unserer Welt die individuelle Geneteik der Menschen anerkannt wird, dann wird es keine gesellschaftlichen Utopien mehr geben, dafür aber eine ehrlichere und menschenbezogenre und wohl auch human-biologischere Politik.
Es geht nicht darum wie Menschen sein sollen. Das ist doch immer sehr subjektiv. Es geht darum wie Menschen sind. Diese Erkenntnis bringt uns weiter.
Hierzu habe ich einen Artikel aus der Zeitung: Die Welt > http://www.welt.de/data/2004/01/03/217151.html?s=1
Oder aber auch so:
Artikel v. 03.01.2004 | Rubrik: Literarische Welt/Sachbücher
Da sind ganz furchtbar viel Gene drin
Steven Pinker leugnet die Leugnung der menschlichen Natur
von Wolfgang Schneider
Erbe oder Umwelt? Der alte Streit zwischen Biologisten und Kulturalisten geht in die nächste Runde. Und was für eine Runde - 700 Seiten stark, ein Gefecht, in dem die Argumente-Kanonen donnern und der Pulverdampf der Debattenkultur schwer über der Landschaft liegt. Bald schon scheint der Sieg errungen, aber der Beschuss geht unaufhörlich weiter, denn der Feind hat bisher noch alle Niederlagen überstanden und seine Truppen immer wieder neu formiert. Diesmal aber soll endgültig Schluss sein mit der "modernen Leugnung der menschlichen Natur".
An der Kanone: Steven Pinker, Leiter des Zentrums für kognitive Neurowissenschaften am Massachusetts Institute of Technology, nebenbei ein brillanter Populärwissenschaftler. Das Angeborene ist Pinkers Sache. Nichts erscheint ihm absurder als die Annahme, der menschliche Geist könnte ein unbeschriebenes Blatt sein. Aber leider musste er feststellen, dass ein großer Teil der akademischen Menschheit genau diesem Glauben anhängt. Den englischen Aufklärungsphilosophen John Locke macht Pinker als Stammvater der Irrlehre aus. Nichts ist im Verstand, was nicht durch die Sinne, also die Erfahrung, dorthin kam - mit diesem Diktum habe Locke einst den Empirismus vorangebracht, heute behindere es den wissenschaftlichen Fortschritt.
Der soziale Konstruktivismus sei zum Standardmodell des humanen Selbstverständnisses geworden. Der Mensch ist friedfertig und unverdorben - und wenn er es nicht ist, dann liegt das am falschen Input: der falschen Erziehung, den falschen Schulen, der falschen Gesellschaft, den Strukturen oder dem Patriarchat. Keiner ist von Natur aus krimineller, begabter oder süchtiger als die anderen. Zwischen ethnischen Gruppen, Geschlechtern und Individuen soll kein Unterschied sein, zumindest kein in den Genen begründeter.
Dabei haben Untersuchungen von eineiigen Zwillingen, die nach der Geburt getrennt wurden und trotzdem später bis in aberwitzige Vorlieben hinein Übereinstimmungen aufwiesen, die Macht der genetischen Prägung längst erwiesen. Aber davon wollen die Anhänger des "unbeschriebenen Blattes" nichts hören, klagt Pinker. Als Viktorianer unserer Zeit verdrängen sie die neuen Einsichten der Biologie in die menschliche Natur.
Aber ist die "menschliche Natur" mehr als eine riskante Größe? Lässt sie sich überhaupt dingfest machen? Sicher doch, meint Pinker. Die menschliche Natur bestehe derzeit aus etwa 400 Begriffen. Am Ende des Buches werden sie aufgezählt, in einer langen Liste der angeborenen Universalien. Das Schönheitsempfinden, das moralische Verhalten, die Sitten oder die Sprachlogik - all das und noch viel mehr hat demnach eine weltweit gültige, kulturübergreifende Tiefenstruktur, bei allen Differenzen an der Oberfläche. Darüber hinaus sind längst zahllose weitere Einzelheiten bekannt: "Haben Sie hingegen die kürzere Variante eines DNA-Abschnitts, der das Serotonintransporter-Gen auf Chromosom 17 abschaltet, ist es wahrscheinlich, dass Sie neurotisch oder ängstlich sind." Wozu braucht es da noch eine Umwelt?
Nun ist Pinker kein soziobiologischer Polterer, dem die Gene alles und die Umwelteinflüsse nichts sind. In seinem programmierten Bestseller, für den er den bis dato höchsten Vorschuss der Sachbuchliteratur einfuhr, geht es ihm letztlich um einen Kompromiss. Er will die verbreitete Angst vor der Biologie nehmen und zeigen, dass sie durchaus mit moralischen Standards zu vereinbaren ist. Weshalb dann aber diese scharfe Gegenweltendebatte? Baut sich der Autor mit dem "unbeschriebenen Blatt" einen Popanz auf? Gibt es heute überhaupt noch Anhänger der reinen Lehre (oder Leere) vom "unbeschriebenen Blatt"? Selbst wenn nicht: Pinker schreibt neuere Wissenschaftsgeschichte, und hier kann über die enorme Wirkung des "unbeschriebenen Blatts" kein Zweifel bestehen. Im 20. Jahrhundert lief es mit den Ideologien vom neuen Menschen zu fürchterlicher Form auf. Pinker zitiert den Massenmörder Mao mit zarten Worten, bei denen es einen zugleich gruseln kann: "Ein unbeschriebenes Blatt Papier ist makellos, daher kann man die schönsten Worte darauf schreiben ..."
Und dann gibt es im Kreis der sozial- und kulturwissenschaftlichen Intelligenz auch heute noch viele, denen die Biologie ein rotes Tuch ist. Gerade in den vergangenen Jahren haben die Theorien des sozialen Konstruktivismus - etwa die Gender Studies - neuen Schwung genommen; hier gilt jeder "Essentialismus" als Todsünde. Ausgiebig dokumentiert Pinker die universitären und publizistischen Querelen um die Biowissenschaft. Forscher wurden von Demonstranten in ihrer Arbeit gehindert und denunziert - als Faschisten und "rechtsradikale Propheten des Patriarchats". Dass die Nazis schlechte Biologen waren, müssen die Wissenschaftler bis heute büßen. Pinker zeigt, wie die Thesen von Edward O. Wilson und Richard Dawkins tendenziös entstellt wurden. Wobei er auch den "Linksdarwinisten" Stephen Jay Gould nicht von Kritik ausnimmt. Noch weniger allerdings die bibeltreuen Kreationisten, denen die Evolutionstheorie und die Hirnforschung Teufelszeug ist.
So entsteht der Eindruck einer von allen Seiten bedrängten Wahrheit. Das mag zugespitzt erscheinen; die Argumentation gewinnt durch die Gegenposition jedoch erheblich an Kontur und Spannung. Pinker findet immer wieder Gegner, deren Standpunkten er mit Eleganz und gesundem soziobiologischem Menschenverstand den Boden entzieht, von den Ethnologen, die sich den "edlen Wilden" erträumten, bis hin zu jenen Philosophen, die das menschliche Denken ganz und gar in die Sprache verlagerten. Auch wenn es dabei manchmal etwas verschwörungstheoretisch zugeht, das "unbeschriebene Blatt" gibt dramaturgisch geschickt das Leitmotiv ab, dem alle Aspekte untergeordnet werden können. So gelingt dem Autor ein hochinteressanter und ungemein kenntnisreicher Schnitt durch die Wissenslandschaft, bei dem man nur klüger werden kann.
Ausgiebig beschäftigt Pinker sich mit der Frage der Plastizität des Gehirns. Neuere Forschungen haben eine geradezu spektakuläre "Umwidmung von Hirngewebe" erwiesen: Die Funktion zerstörter Hirnareale kann von anderen Teilen des Organs übernommen werden. Das Gehirn scheint demnach keineswegs von Geburt an in den Einzelheiten determiniert. Pinker beschreibt diese Flexibilität zunächst ausgiebig, um sie dann doch wieder merkwürdig zu relativieren - wohl damit niemand auf die Idee kommt, es könne sich doch wieder um eine Art "Blatt" handeln: das Gehirn als Palimpsest, bei dem die alte Schrift von einer neuen überdeckt wird. An diesem zentralen Punkt wirkt Pinkers Argumentation dünn.
Im letzten und längsten Teil des Buches geht es um fünf "Tretminen" - um die heiklen Themenfelder Politik, Gewalt, Geschlecht, Kinder und Kunst. Mit Anmut balanciert Pinker hier manches heiße Eisen; und naturgemäß tendiert der Biologe zum Konservatismus. Wenn Gewaltbereitschaft, Ethnozentrismus, Nepotismus und anderer Egoismus zum genetischen Betriebssystem des Menschen gehören, dann ist schlecht Utopia bauen.
Den Feministinnen stimmt Pinker mit geschmeidiger Korrektheit zu, sofern sie nicht jenem radikalen Flügel angehören, der Geschlechtsverkehr prinzipiell für Vergewaltigung hält und die Gesamtzahl aller Männer am liebsten auf zehn Prozent reduzieren möchte. Er versichert, ihre berechtigten Anliegen stünden nicht im Widerspruch mit biologischen Erkenntnissen. Selbst wenn: Den naturalistischen Fehlschluss, die Verwechslung von Erklärung und Rechtfertigung, will sich Pinker nicht zu Schulden kommen lassen. Dass etwas wahr ist, heißt nicht, dass es wahr sein sollte. Dass die Natur "gut" ist - diesen Glauben überlässt er Ökologen und Kräutersammlern. Sie teilen ihn mit den Sozialdarwinisten. Pinker hält es lieber mit Katherine Hepburn in "African Queen": "Wir sind auf dieser Welt, Mr Allnut, um uns über die Natur zu erheben."
Steven Pinker: Das unbeschriebene Blatt. Die moderne Leugnung der menschlichen Natur. Berlin Verlag, Berlin. 713 S., 29,80 EUR.
Fertig .
Und auch so einige unter euch halten fälschlicherweise den Menschen für ein Silly Putt, eine formbare Knetmasse, die man nach beliebig ändern kann, wie man es will. Doch dem ist nicht so. Steven Pinker ist großartig mit seiner Brillianz und seinem Witz. Das Buch ist wirklich...wow.
Er listet ungemein viele Philosophen und Sozialpsychologen oder Gesellschaftskritiker mit ihren Zitaten auf, denen er dann der Reihe nach mit wissenschaften Erkenntnissen den Boden unter den Füßen wegzieht.
Er fängt bei John Locke an, macht bei Rousseau weiter über Margreth Mead bis hin zu Hobbes oder den amerikanischen behavioristischen Psychologen James D. Watson.
Hier lernt ihr auch gleich etwas über die Entwicklung der westlichen Welt in der Vergangenheit und wie die Wissenschaft von Kommunisten, Sozialisten, Marxisten, alle 3 zusammen sind eigentlich unter dem begriff Egalitarismus bekannt, unterwandert wurde für die politischen Machtzwecke mancher radikaler Gruppen, welche bedingt durch manche Philosophen die menschliche Natur für ein unbeschriebenes Blatt hielten.
Wenn in unserer Welt die individuelle Geneteik der Menschen anerkannt wird, dann wird es keine gesellschaftlichen Utopien mehr geben, dafür aber eine ehrlichere und menschenbezogenre und wohl auch human-biologischere Politik.
Es geht nicht darum wie Menschen sein sollen. Das ist doch immer sehr subjektiv. Es geht darum wie Menschen sind. Diese Erkenntnis bringt uns weiter.