Cancel Culture von Büchern

Loop

Dauntless Banana
Registriert
10. Oktober 2008
Beiträge
41.784


Shakespeare von Leselisten verbannt: Cancel-Culture an britischen Unis
Ob von Shakespeare oder Colson Whitehead: Weltliteratur verschwindet von den Leselisten. Sie sei zu gewalttätig oder verletze "woke" Gefühle


Aus immer mehr Bibliotheken verschwinden immer mehr Titel. Anfang 2022 votierte eine Schulbehörde im Bundesstaat Tennessee dafür, Art Spiegelmans "Maus" wegen "anstößiger Sprache" aus den Klassen zu verbannen. Der Comic handelt von der Nazizeit und ihren Opfern: Spiegelman ist Nachfahr von Holocaustüberlebenden, "Maus" wurde 1992 mit dem Pulitzer-Preis geehrt.

Sklaverei und Suizid problematisch​

Nun ist es auch in good old Europe so weit. Die britische Zeitung "The Times" hat von 140 Universitäten auf der Insel Auskünfte zum Umgang mit Texten angefordert. Nicht alle Unis haben die gewünschte Auskunft erteilt. Es zeigte sich aber: Zehn Institutionen gaben an, bereits Bücher zu den Themen Sklaverei oder Suizid aus ihren Leselisten gestrichen zu haben.

Dazu zählt etwa Colson Whiteheads Roman "Underground Railroad" (2016) über ein fantastisches System von unterirdischen Bahnverbindungen in den USA zu Zeiten der Sklaverei, über das Schwarze aus den Südstaaten in den Norden flüchten. Die Universität Essex hat das Werk wegen drastischer Darstellungen von Sklaverei "dauerhaft" von Leselisten entfernt. Pulitzerpreis hin oder her.


Charles Dickens und William Shakespeare sind ebenso von den Aktionen betroffen. Im "Sommernachtstraum" des Letztgenannten wurde von der Uni Aberdeen "Klassismus" ausgemacht. Auch Jane Austen, Charlotte Brontë und Agatha Christie haben Triggerwarnungen erhalten. Traditionellen Märchen geht es wegen Grausamkeit gegen Tiere an den Hals.


Wie ich in die Schule gegangen bin, war das Lesen von schwierigeren Büchern noch was Gutes, man hat sich mit der Vergangenheit auseinandergesetzt. Shoa, Drogen, Gewalt, Diskriminierung, Sklaverei, das hat eigentlich zu den Dingen gehört, mit denen wir Schüler uns beschäftigen sollten, wir sollten hinschauen, damit wir die Welt kennen lernen und vielleicht was verändern.
Das hat sich anscheinend sehr geändert. o_O
 
Werbung:
Wir haben hier in Deutschland gerade den Fall um Winnetou, Buch verboten, eine Debatte entfachte - nicht bei allen, aber bei einigen die das Thema wieder wichtig machen (Interessengruppen). Und da denke ich nun auch wieder an Jahre vorher, als man die Bücher mit den Zigeunern verboten hat. Eine Sache ist wieder interessant - es kommen die zur Sprache, die eigentlich gar nicht betroffen sind. Was sagen die Zigeuner? Was sagen die Native Americans?

Zur aktuellen Stunde (auch hierzulande) -

Und ich sag mal so... wir haben ja sonst keine Probleme!
(nicht in Richtung von Threadersteller, sondern generell mein Eindruck wenn ich mir anschaue welche Nachrichten derzeit als wichtig deklariert werden könnten).
 
Shakespeare von Leselisten verbannt: Cancel-Culture an britischen Unis
Ob von Shakespeare oder Colson Whitehead: Weltliteratur verschwindet von den Leselisten. Sie sei zu gewalttätig oder verletze "woke" Gefühle












Wie ich in die Schule gegangen bin, war das Lesen von schwierigeren Büchern noch was Gutes, man hat sich mit der Vergangenheit auseinandergesetzt. Shoa, Drogen, Gewalt, Diskriminierung, Sklaverei, das hat eigentlich zu den Dingen gehört, mit denen wir Schüler uns beschäftigen sollten, wir sollten hinschauen, damit wir die Welt kennen lernen und vielleicht was verändern.
Das hat sich anscheinend sehr geändert. o_O
Bestimmt Verweisen sie dann bald auch das Goethe-Institut des Landes. :(



:whistle:
 
Wir haben hier in Deutschland gerade den Fall um Winnetou, Buch verboten, eine Debatte entfachte - nicht bei allen, aber bei einigen die das Thema wieder wichtig machen (Interessengruppen). Und da denke ich nun auch wieder an Jahre vorher, als man die Bücher mit den Zigeunern verboten hat. Eine Sache ist wieder interessant - es kommen die zur Sprache, die eigentlich gar nicht betroffen sind. Was sagen die Zigeuner? Was sagen die Native Americans?

Zur aktuellen Stunde (auch hierzulande) -

Und ich sag mal so... wir haben ja sonst keine Probleme!
(nicht in Richtung von Threadersteller, sondern generell mein Eindruck wenn ich mir anschaue welche Nachrichten derzeit als wichtig deklariert werden könnten).
Ob das Original von Karl May oder dieser Abklatsch sind nun mal nix weiter als Märchen über die edlen Wilden, die doch nur dank des weißen Deutschen überleben, solange sie sich freundlich gegenüber den Eindringlingen aus Europa verhalten.
Auch bei Cooper waren nur die Indianer gut, die auf der Seite der Briten standen, die anderen alle gemein und böse.
Ich weiß auch nicht, woher eine deutsche Produktionsgesellschaft indigene Kinder herbekommt, die der deutschen Sprache fast perfekt mächtig sind, um die Rollen der indigenen Kinder im Film zu spielen.
Und selbst, wenn man das hinbekäme, würde noch Kritik laut werden.
Wie z.B. in den USA, als die Bücher von Tony Hillerman verfilmt wurden und diese in einer Navaho-Reservation spielten. Die Hauptrolle aber mit einem Cherokee Wes Studi besetzt wurde.
Da kann man es aber noch besser verstehen, denn in den USA gibt es sicher auch Navahos, die englisch sprechen und Schauspieler sind.
Für mich waren ja die alten Defa-Filme über die Apachen wesentlich realistischer gedreht als der Winnetou-Kitsch.



Sicher wäre da auch noch Luft nach oben, aber schon besser als der Schmalz von Karl May.

Gruß

Luca
 
Die „Winnetou“Debatte wurde durch den Rückzug des Ravensburger-Verlags von zwei seiner Kinderbücher „Der junge Häupling Winnetou“, also Merchandising-Produkte zum Film, entfacht.
Wer in die Kinderbücher reingeschaut hat weiß, warum der Rückzug sinnvoll war…
Und dass Karl May ein deutsches, kolonialistisch-romantisiertes Bild in seinen Romanen transportiert, wurde und wird schon seit langem diskutiert.

Zu Shakespeare: New Zealand hat 2007 Shakespeare von den verpflichtenden Uni-Leselisten genommen… einfach so… ganz ohne CultureClash…
Ich war vor einigen Jahren in einem Seminar zu Shakespeares Fraunbild - und warum es Sinn macht, seine Stücke nicht völlig unkommentiert zu lesen!
Lebendige Kultur heißt eben auch, vermeintlich unumstößliche oder liebgewinnen Werke aus heutigem Blick zu betrachten und zu hinterfragen.

Und wenn der Platz auf/ die Zeit für Leselisten knapp ist, würde ich auch gerne mehr Diversity dort sehen. Eben auch Autor*innen, die in ihren Texten einen vielfältigeren Blick auf die Welt zeigen und nicht nur Romane von weißen Männern, die durchwegs schon hundert Jahre oder mehr tot sind…
 

Sicher wäre da auch noch Luft nach oben, aber schon besser als der Schmalz von Karl May.

Gruß

Luca
Als Kind wollte ich einen Indianer heiraten. Wegen Gojko Mitič, den ich übrigens vor ein paar Jahren persönlich traf weil er bei uns einen alten Häuptling spielte.
Er reiste vor einigen Jahren zu den indigenen Völkern in den USA und zeigte ihnen die DDR Indianerfilme. Die haben sich kaputtgelacht über den Blödsinn. Aber sie waren auch froh, dass sie positiv dargestellt wurden und nicht nur als mordende Wilde.
So ähnlich erlebe ich das auch immer in Radebeul zum Karl-May-Fest. Da sind auch immer Vertreter indigener Stämme da die ihre Kultur vermitteln. Der ganze Lößnitzgrund verwandelt sich in den Wilden Westen, alte Opas mit Westernstiefeln, Kinder mit Cowboyhüten und indigene Menschen sitzen fröhlich beieinander. Ich finde es schön.
Dann gibt es ein Indianerdorf mit originalen Tipis, etwas weiter Saloons, grottenschmutzig mit live Musik. Usw.
 
Es ist ja herrlich (und auch ein wenig dämlich), dass den Cancellern immer wieder was Neues einfällt, das wir hier diskutieren dürfen.

Die Cancel-Culture soll ja in den USA mittlerweile sogar schon so weit gehen, dass abgewählte Präsidenten tatsächlich den Sessel räumen müssen. Ich finde diesen Umgang nicht so gut. In Deutschland dürfen sie immerhin ein vom Staat bezahltes Büro behalten, sich von Staatskonzernen anderer Staaten anstellen lassen, und allgemein bisschen Quatsch rauslassen, den man nicht weiter ernst zu nehmen braucht. Aber auch in Deutschland arbeiten die Canceller daran, dass Ex-Präsidenten, die dann doch etwas zuviel Quatsch rauslassen, aus der Partei geworfen werden. Wohin das bloss noch führen wird?
 
Werbung:
Zurück
Oben