Die weibliche Beschneidung als medizinisches Problem
Dr.Gertrud Helling-Giese, MPH Tropenmedizin, Ärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe,
Tropenmedizinische Ambulanz, Universitätsklinikum Düsseldorf
Die traditionellen Eingriffe am weiblichen Genitale haben viele Namen und viele Gesichter. Die
Bezeichnungen, unter denen man diesem Brauch begegnet, sind weibliche Verstümmelung, weibliche
Beschneidung, female genital mutilation (FGM), female genital surgery, female circumcision oder
female genital cutting.
Zum Problemkreis der Internationalen Gesundheit gehört die FGM spätestens seit den
Weltbevölkerungskonferenzen von Kairo und Peking. Als entscheidend für die Entwicklung der Länder
der Dritten Welt wurde dort der Zusammenhang zwischen der Anerkennung der Menschenrechte der
Frauen, ihrer Gesundheit und Ausbildung und ihrer Selbstbestimmung formuliert. Zu den eklatanten
Verletzungen dieser Rechte aller Frauen muss die FGM gezählt werden, selbst wenn die Fortsetzung
der Tradition von Frauen mitgetragen und vollzogen wird.
Die Auswirkungen der FGM auf die körperliche und seelische Gesundheit der Betroffenen sind ebenso
vielfältig wie die Formen der Beschneidung selbst und können von kaum sichtbaren Spuren am
äußeren Genitale bis zum Tod durch Verbluten nach einem radikalen Eingriff gehen.
Die medizinischen Folgen der FGM sollen in diesem Beitrag dargestellt werden.
FGM wurde schon im pharaonischen Ägypten praktiziert, die Tradition lässt sich über dreitausend
Jahre zurück verfolgen. Die Verbreitung der FGM deckt sich weitgehend mit der Verbreitung des Islam,
ist aber keineswegs völlig überlappend. Im Koran gibt es keine Vorschrift zur Beschneidung von
Mädchen und Frauen. In einer Arbeit aus Nigeria wird berichtet, dass in den Küstenstaaten besonders
Angehörige der christlichen Pfingstgemeinden ihre Töchter beschneiden lassen.
Zu den Staaten Afrikas, in denen FGM praktiziert wird gehört Ägypten und südlich der Sahara mehr
als 23 Staaten. Aus dem mittleren Osten und aus Indonesien wird ebenfalls über Fälle von FGM
berichtet. Einwanderer und Flüchtlinge haben die FGM nach Europa, Kanada, Australien, Neu
Seeland und die USA gebracht.