Die Idee ist es m.E. nicht, eine Gedankenleere herbeizuführen. Wenn sich eine solche einstellt - dann ok. Wenn nicht - dann ok. Die Gedanken "beobachten" halte ich für etwas unglücklich formuliert. Gemäss meiner Erfahrung ist es tatsächlich nicht vergleichbar mit Gefühlen, die ich beobachten kann. Es ist nach meiner Erfahrung die Natur der Gedanken, dass man sich mit ihnen identifiziert, sobald man sie hat und dadurch sie eigentlich streng genommen nicht beobachten kann. Ich glaube, die Idee ist eher wie im Vipassana: Wenn du Gedanken hast, dann merkst du's normalerweise erst nach einiger Zeit. Sobald du's bemerkst denkst du: "Gedanken, Gedanken", und dadurch ist der Kreis von Gedanken schon durchbrochen, du kehrst wieder zu deinem Meditationsobjekt zurück. Im Moment, in welchem du's merkst, geschieht die Entidentifikation sowieso. Wie du sagst: Die Gedanken verpuffen in dem Moment, wo man merkt, dass man sie hat. Nun aber "trainiert" man im Vipassana z.B. gerade dieses Bemerken. Man "gewöhnt" sich sozusagen einen Automatismus an, der tiefer geht als Gedanken. Wenn man das regelmässig macht, dann wird man mit der Zeit schneller feststellen, wenn man den Gedanken nachhängt und wieder zum Meditationsobjekt zurückkehren.
Mit der Zeit werden dann die Gedanken auch immer träger, feinstofflicher, langsamer, kraftloser, das dauert aber halt seine Zeit. Es gibt mehrere Geschichten von Zen-Lehrern, die aussagen, dass auch nach mehreren Jahrzehnten Meditation noch Gedanken auftauchen, wenn du meditierst. Ich halte es für schlicht unmöglich, absolut keinerlei Gedanken zu haben, ich denke so lange der Mensch ein funktionierendes Denkorgan besitzt wird er auch entsprechende Gedanken haben.
Es ist nur die Frage, wie wichtig diese Gedanken am Ende noch sind. Für Meditationsanfänger ist das Vermeiden von Gedanken sehr wichtig, weil sie denken, nur dann würde ihre Meditation "funktionieren". Mit etwas mehr Erfahrung merkt man, dass es tatsächlich nicht so wichtig ist, überhaupt keine Gedanken mehr zu haben, sondern eher, dass man mit einer gehörigen Portion Lockerheit und Humor an die Sache geht. Dann besitzen nämlich die Gedanken kaum Kraft, einen abzulenken, gerade WEIL man weiss, dass man früher oder später sowieso von ihnen abgelenkt werden wird.
Meditation ist immer in Ordnung, wie sie auch immer ausfällt. Das ist ja das schöne an der Sache.