Hallo allerseits,
der Thread zum Therapeutenhass hat mich dazu gebracht, einmal darüber nachzudenken, was denn eigentlich positiv erforderlich wäre, um das, was wir unter dem Namen "Psychotherapie" kennen, zu einem besseren Hilfsinstrument für den Menschen zu machen (wobei die hier zu nennenden Bedingungen eigentlich jegliche Form "seelischer Heilung" betreffen müssten).
Denn so sehr man an der Form, in der Psychotherapie heute vielfach praktiziert wird, berechtigte Kritik üben kann und muss, so sehr erscheint mir die Psychotherapie doch im Kern einige Elemente zu beinhalten, die gut sind, weil sie der Heilung des Menschen dienen. Würde man diesen guten Kern der Idee vergessen, würde man wahrscheinlich in gewisser Weise das Kind mit dem Bade ausschütten.
Wollte man diesen "guten Kern" in Kurzform beschreiben, so würde ich hier vor allem zwei Punkte hervorheben: Die heilende Funktion des Gesprächs, bzw. überhaupt des menschlichen Kontakts, sowie die Anerkennung der Wichtigkeit der Seele für das Glück des Menschen. Es stellt sich allerdings die berechtigte Frage, ob dieser gute Kern durch die "real existierende Praxis der Psychotherapie" in ihrer gegenwärtigen Form bereits in einer Weise zur Geltung kommt, wie dies vielleicht möglich wäre.
Deswegen einfach mal ein paar Thesen von mir, was gute seelische Heilung ausmacht (ob man diese nun Psychotherapie nennt oder nicht):
1. Es gibt kein abschließendes System, das den Menschen optimal zu sich selbst führt. Alle hierzu entwickelten Systeme (sei es nun Psychologie, der christliche Glaube, oder esoterische Weltdeutungen) sind immer nur Form für die Annäherung des Menschen an sich selbst, niemals die persönliche Realität dieses Menschen selbst. Sie sind nur Instrumente der Selbstfindung.
Ein guter Heiler berücksichtigt dies durch eine möglichst undogmatische Herangehensweise. Es ist erlaubt, zwischen den Systemen zu springen und zu gucken, was jeweils am besten passt. Kein System hat insoweit einen Allein-Vertretungsanspruch, auch die "Wissenschaft Psychologie" nicht.
2. Verabschiedung von der Fiktion, die Beziehung zwischen Heilendem und Heiler sei in irgendeiner Form wissenschaftlich "kontrollierbar". Das ist nicht nur nicht möglich (wie bei jeder menschlichen Beziehung!), sondern auch gar nicht wünschenswert oder erforderlich. Innerhalb bestimmter Eckpunkte (z. B. keine sexuellen Übergriffe auf den "Zu-Heilenden") ist es vielmehr die heilende Beziehung selbst, die den Rahmen für den Heilungsprozess setzt. Rationalität und Wissenschaft sollte insoweit nur eine Rolle spielen, wie es dem Heilungsprozess dient, was z. B. bei einem extrem wissenschaftsgläubigen "Zu-Heilenden" der Fall sein könnte.
3. Der Heiler erkennt an, dass es seine zentrale Aufgabe ist, sich als Projektionsfläche für die Heilungs-Phantasien des "Zu-Heilenden" zur Verfügung zu stellen. Das heißt auch ein Abschied des Heilers von der Vorstellung, es käme darauf an, dass ER irgendetwas beim "Zu-Heilenden" bewirke. Dass es vielmehr seine Aufgabe ist, für diese Projektion des "Zu-Heilenden" ein möglichst störungsfreies Feld zur Verfügung zu stellen. Verantwortung des Heilers für dieses "Kraftfeld" kann dann im Einzelfall wieder bedeuten, in die Rolle des "wissenschaftlichen Psychologen mit Erklärungsmodellen" zu schlüpfen, wenn dies dem "Zu-Heilenden" am besten entspricht.
4. Psychologe als "Beruf": Jeder Mensch, der sich mit der Welt, die ihn umgibt, als verbunden ansieht, und dieser Welt gut will, ist ein "Heiler". So gesehen ist "Heiler" als Beruf eigentlich ein Pseudo-Beruf insoweit, als hier die Heiler-Funktion, die eigentlich jeder Mensch hat, der sich genau dessen bewusst wird, zu einem Berufsbild verdichtet wird. Der Heiler sollte versuchen, diejenigen Elemente in ihm, die ihn dazu bringen, diese Aufgabe jedes Menschen (der sie als solche annimmt) als seinen "Beruf" zu bezeichnen, genau in Betracht zu nehmen. Auch für den Heiler lautet die allererste Devise: Mache Dich selbst heil! Ironischerweise scheint gerade der Berufsstand der Psychologen an exakt diesem Punkt eine unerkannte Neigung zum Projezieren zu haben, die er sonst vor allem seinen "Patienten" unterstellt.
Würde mich freuen, Eure Meinung zu diesen Thesen zu hören.
Herzlichen Gruß,
Vitirol
der Thread zum Therapeutenhass hat mich dazu gebracht, einmal darüber nachzudenken, was denn eigentlich positiv erforderlich wäre, um das, was wir unter dem Namen "Psychotherapie" kennen, zu einem besseren Hilfsinstrument für den Menschen zu machen (wobei die hier zu nennenden Bedingungen eigentlich jegliche Form "seelischer Heilung" betreffen müssten).
Denn so sehr man an der Form, in der Psychotherapie heute vielfach praktiziert wird, berechtigte Kritik üben kann und muss, so sehr erscheint mir die Psychotherapie doch im Kern einige Elemente zu beinhalten, die gut sind, weil sie der Heilung des Menschen dienen. Würde man diesen guten Kern der Idee vergessen, würde man wahrscheinlich in gewisser Weise das Kind mit dem Bade ausschütten.
Wollte man diesen "guten Kern" in Kurzform beschreiben, so würde ich hier vor allem zwei Punkte hervorheben: Die heilende Funktion des Gesprächs, bzw. überhaupt des menschlichen Kontakts, sowie die Anerkennung der Wichtigkeit der Seele für das Glück des Menschen. Es stellt sich allerdings die berechtigte Frage, ob dieser gute Kern durch die "real existierende Praxis der Psychotherapie" in ihrer gegenwärtigen Form bereits in einer Weise zur Geltung kommt, wie dies vielleicht möglich wäre.
Deswegen einfach mal ein paar Thesen von mir, was gute seelische Heilung ausmacht (ob man diese nun Psychotherapie nennt oder nicht):
1. Es gibt kein abschließendes System, das den Menschen optimal zu sich selbst führt. Alle hierzu entwickelten Systeme (sei es nun Psychologie, der christliche Glaube, oder esoterische Weltdeutungen) sind immer nur Form für die Annäherung des Menschen an sich selbst, niemals die persönliche Realität dieses Menschen selbst. Sie sind nur Instrumente der Selbstfindung.
Ein guter Heiler berücksichtigt dies durch eine möglichst undogmatische Herangehensweise. Es ist erlaubt, zwischen den Systemen zu springen und zu gucken, was jeweils am besten passt. Kein System hat insoweit einen Allein-Vertretungsanspruch, auch die "Wissenschaft Psychologie" nicht.
2. Verabschiedung von der Fiktion, die Beziehung zwischen Heilendem und Heiler sei in irgendeiner Form wissenschaftlich "kontrollierbar". Das ist nicht nur nicht möglich (wie bei jeder menschlichen Beziehung!), sondern auch gar nicht wünschenswert oder erforderlich. Innerhalb bestimmter Eckpunkte (z. B. keine sexuellen Übergriffe auf den "Zu-Heilenden") ist es vielmehr die heilende Beziehung selbst, die den Rahmen für den Heilungsprozess setzt. Rationalität und Wissenschaft sollte insoweit nur eine Rolle spielen, wie es dem Heilungsprozess dient, was z. B. bei einem extrem wissenschaftsgläubigen "Zu-Heilenden" der Fall sein könnte.
3. Der Heiler erkennt an, dass es seine zentrale Aufgabe ist, sich als Projektionsfläche für die Heilungs-Phantasien des "Zu-Heilenden" zur Verfügung zu stellen. Das heißt auch ein Abschied des Heilers von der Vorstellung, es käme darauf an, dass ER irgendetwas beim "Zu-Heilenden" bewirke. Dass es vielmehr seine Aufgabe ist, für diese Projektion des "Zu-Heilenden" ein möglichst störungsfreies Feld zur Verfügung zu stellen. Verantwortung des Heilers für dieses "Kraftfeld" kann dann im Einzelfall wieder bedeuten, in die Rolle des "wissenschaftlichen Psychologen mit Erklärungsmodellen" zu schlüpfen, wenn dies dem "Zu-Heilenden" am besten entspricht.
4. Psychologe als "Beruf": Jeder Mensch, der sich mit der Welt, die ihn umgibt, als verbunden ansieht, und dieser Welt gut will, ist ein "Heiler". So gesehen ist "Heiler" als Beruf eigentlich ein Pseudo-Beruf insoweit, als hier die Heiler-Funktion, die eigentlich jeder Mensch hat, der sich genau dessen bewusst wird, zu einem Berufsbild verdichtet wird. Der Heiler sollte versuchen, diejenigen Elemente in ihm, die ihn dazu bringen, diese Aufgabe jedes Menschen (der sie als solche annimmt) als seinen "Beruf" zu bezeichnen, genau in Betracht zu nehmen. Auch für den Heiler lautet die allererste Devise: Mache Dich selbst heil! Ironischerweise scheint gerade der Berufsstand der Psychologen an exakt diesem Punkt eine unerkannte Neigung zum Projezieren zu haben, die er sonst vor allem seinen "Patienten" unterstellt.
Würde mich freuen, Eure Meinung zu diesen Thesen zu hören.
Herzlichen Gruß,
Vitirol