Altersphobie

Tanita

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1. August 2008
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792
Ort
Norddeutschland
Hallo,

ich oute mich jetzt mal: ich habe eine Altersphobie und zwar eine ziemlich verschärfte! Damit meine ich, ich sehe mich außerstande, in Ehren und würdevoll zu altern, sondern ich bekomme die Krätze und die Krise bei der Vorstellung, alt zu werden.
Ich bin jetzt 45 Jahre alt und habe nicht mehr nur die ersten Fältchen, sondern bereits die zweiten;). Dieser Anblick treibt mir fast die Tränen in die Augen.

Ich reagiere absolut allergisch auf Leute meines Alters, die schon über "Alterswehwehchen" klagen. Und ganz schlimm finde ich es, wenn ich sehe, dass Menschen in meinem Alter bereits steif und relativ unbeweglich sind.

Ich weiß selbst, dass das keine sehr reife Haltung ist, aber ich glaube für diese reife Haltung fehlt mir noch eine Erfahrungsebene, nämlich die, überhaupt mal wirklich gelebt zu haben. Wenn ich auf mein Leben zurückschaue, dann graust es mich und ich denke, "Was, das soll jetzt das Leben gewesen sein?" Ich habe viel geleistet, gut funktioniert, einiges gelitten, aber gelebt?

Aber am Schlimmsten ist die Vehemenz des Schmerzes, den ich empfinde, wenn ich darüber nachdenke. Die Vorstellung, alt zu werden und nicht gelebt zu haben, nie die Liebe kennengelernt zu haben, das zerreißt mir fast das Herz.
Ja, ja, ich weiß, das ist alles ziemlich lächerlich und außerdem könnte ich jetzt mit Leben anfangen, nicht wahr? Aber wisst ihr was, ich weiß gar nicht mehr, wie das geht. Ich weiß gar nicht, wie ich da anfangen sollte.

Wer von Euch kann diese unreife Haltung nachvollziehen? Wem ist es vielleicht mal ähnlich ergangen? Und wie hat er/sie da rausgefunden?

Tanita
 
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Alle Achtung vor deiner Ehrlichkeit und deinem Mut, dich hier mit deinem Problem zu outen! Ich finde es überhaupt nicht lächerlich, sondern so wie du darüber sprichst, gut nachvollziehbar.

Dass du den Schmerz über das ungelebte Leben so gut spüren kannst, ist dabei in meinen Augen schon mal wirklich gut.

Ich denke, damit hast du den Schlüssel in der Hand.
 
Ich versteh das sehr gut, kenn das selber, obwohl ich erst 34 bin.

Es liegt wirklich am fehlenden Leben, wenn man sich immer nur für anderen den A***** aufgerissen hat und nie was für sich getan hat, dann ist es logisch, daß man was vermisst, grad wenn man merkt, daß die Zeit dafür langsam abläuft.

Da hilft echt nur nachholen was geht. Mach ich jetzt auch.

Du kannst noch viel machen mit 45, da bist Du noch nicht alt, überleg, was Dir gefällt, was Dich glücklich macht und erfüllt.
Zum Beispiel ein Freund. :)
 
Danke für Eure warmherzigen Antworten:). Da musste ich dann gleich erstmal losflennen. Gott, das Thema ist wirklich hyperemotional bei mir.

Aber offenbar habe ich genau da auch meinen blinden Fleck. Was macht mir Freude, was erfüllt mich? Wonach sehne ich mich? Wie also hole ich entgangene Lebensfreude, Leichtigkeit des Seins nach?
Ich kann sagen, was mir jetzt schon Freude macht. Das ist das Zusammensein und die "Arbeit" mit meiner Stute, die ich vor 2 Jahren geschenkt bekommen habe. Aber sie holt mich eben nur die 5 Kilometer bis zu ihrem Stall aus meinem Mauseloch heraus und wenn ich wieder nach Hause komme, ist es natürlich wie immer.

Freunde? Ich habe keine wirklichen Freunde, ich habe nur Sozialkontakte. Einen Freund? Naja, ich habe einen Mann und 5 Kinder;). Vor ein paar Wochen hatte ich einen inneren Ausbruchsversuch. Ich habe es aber nur bis zum nächsten Friseur geschafft:D.

Mein Sohn fragte mich kürzlich, ob ich zu seinem Tanzauftritt im Februar nach Köln kommen würde. Also, er wohnt noch hier bei mir, aber er hat dort eben einen Auftritt. Meine spontane Antwort war "Nein", aber da er deswegen nicht böse oder beleidigt war, nahm mir das den Druck und ich kam ins Nachdenken. Das kann doch nicht wahr sein, dachte ich. Ich, die immer hier raus möchte, traut sich nichtmals alleine nach Köln zu fahren. Also habe ich entschieden, dorthin zufahren. Aber das tue ich eigentlich nur, um mir zu beweisen, dass ich innerlich noch nicht so unbeweglich bin, wie ich es bei anderen so verabscheue. Ich kann da noch nicht Freude fühlen.

Übrigens, wenn Ihr nun denkt, ich sei eine kleine, graue Hausmaus aus der Provinz, - weit gefehlt. Kein Mensch würde, wenn er mich kennenlernt, denken, dass ich so ein innerlich verschüchtertes und eigentlich tiefängstliches Wesen bin. Ich gelte als starke Powerfrau, die voll im Leben steht und was ich schon erlebt und mit einer Stärke getragen habe, vor ich selbst manchmal erzittere, das ist kaum zu fassen. Aber innerlich bin ich doch irgendwie ein Mäuschen. Und eigentlich, ja, es ist schon fast langweilig, eigentlich wünsche ich mir nur wahre Liebe. Ganz unbescheiden:D.

Naja, mit so großen Ansprüchen braucht man sich ja nicht zu bewegen, nicht wahr? Denn man kann es ohnehin nie erreichen.
Dennoch: wie könnte denn der erste Schritt aussehen?

Liebe Grüße

Tanita
 
Hallo Tanita,

Ich bin ebenfalls 45, werde morgen 46.
Sooooo begeistert bin ich auch nicht, mich nicht mehr zu den Jungen zählen zu dürfen
Erst vorgestern hab ich in meinem Profil das Geburtsjahr angegeben, mich dazu überwunden, weil es halt so ist, wie es ist.

Attraktivität ist ja auch nicht immer eine Frage des Alters. eher sollte man sich fragen "Wie wirke ich auf andere?" Ist bspw. eine ausgeglichene 45jährige nicht anziehender als eine 25jährige unzufriedene Frau? Habe ich ein gepflegtes Erscheinungsbild? Ungekämmt das Haus zu verlassen kann man bis etwa 35, danach ein no-go. :D
Können Lachfältchen in einem aufgeschlossenem, freundlichen Gesicht nicht attraktiv sein? Ist das nicht besser als eine glatte, vom Chirurgen gestraffte, unpersönliche Maske?

Nichts ist abstossender als Vermessenheit, die sich in jungen Jahren eventuell entwickelt u. dann, ab 40 ungefähr, im Gesicht zu lesen ist. Wenn frau da aufgepasst hat, darf sie ohne grosse Sorge altern :)

Und das mit der Liebe: die kommt schon noch, wenn du mit offenen Augen durch die Welt gehst. :)
 
Du sagst du hast nicht gelebt, was glaubst du den konkret verpasst zu haben, kannst du dies in ein paar Worten, für dich selbst, klar und deutlich definieren? Wenn ja, was hält dich davon ab es nachzuholen?

Du sagst du hast die wahre liebe nicht erlebt?! Was ist den die Wahre Liebe für dich, wie definierst du sie? Du bist immerhin verheiratet und hast fünf Kinder, was fehlt dir, um da die wahre Liebe zu sehen?

Ich denke wenn du anfangen willst zu "Leben" (wie auch immer du das für dich definierst) musst du dir erstmals im klaren werden, was das für dich heißt und was du eigentlich im Leben willst, nur mit einem konkretem Ziel kannst du anfangen den Weg zu gehen, bei wagen wünschen ist es, wie du schon bemerkt hast, schwierig überhaupt den Anfang zu finden, da man ja gar nicht weiß wohin es gehen soll und was man überhaupt anstellen soll.

Alles Liebe auf deinem weiteren Weg

2BeFree
 
Freunde? Ich habe keine wirklichen Freunde, ich habe nur Sozialkontakte. Einen Freund? Naja, ich habe einen Mann und 5 Kinder;). Vor ein paar Wochen hatte ich einen inneren Ausbruchsversuch. Ich habe es aber nur bis zum nächsten Friseur geschafft:D.

Sozialkontakte, einen Mann und 5 Kinder - wow - für viele ist genau das der Sinn des Lebens!

Und dann schreibst du so was ...

Ich weiß selbst, dass das keine sehr reife Haltung ist, aber ich glaube für diese reife Haltung fehlt mir noch eine Erfahrungsebene, nämlich die, überhaupt mal wirklich gelebt zu haben. Wenn ich auf mein Leben zurückschaue, dann graust es mich und ich denke, "Was, das soll jetzt das Leben gewesen sein?" Ich habe viel geleistet, gut funktioniert, einiges gelitten, aber gelebt?

Was erwartest du denn noch vom Leben?

Ich vermute, du hast schon sehr früh mit dem Kinderkriegen angefangen, weshalb es jetzt so ist, wie es ist.

Ja, und ansonsten: Wir werden alle nicht jünger.
 
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Also, der Reihe nach:

a) ich wohne an der niedersächsischen Nordseeküste
b) Lele: ich stimme Dir ja zu in allem, was Du sagst, aber innerlich bin ich störrisch, ich will einfach nicht altern. Ich habe gestern ein Foto von mir gefunden, da war ich ca. 20 Jahre jünger. Wow! Und dann habe ich in den Spiegel gesehen. Nicht mehr so Wow!
Schönheit hat in meiner Familie bei den Frauen immer eine - unausgesprochen - große Rolle gespielt. Ich kann mich auch daran erinnern, dass ich als Teenie und junge Erwachsene sehr viel Aufmerksamkeit über mein Äußeres bezogen habe und das auch brauchte. Dann wurde das für mich im Laufe der Jahre - scheinbar - unwichtig. Und jetzt schaue ich mich im Spiegel an und........, ach ich weiß auch nicht:confused:.
c) ich habe verpasst: Lebensfreude, Unbekümmertheit. Da gab es einmal eine kurze Phase in meinem Leben, die dauerte ca. 8 Monate. Damals, junge Studentin, mit nur einem Kind, gerade von meinem Freund und Vater des Kindes getrennt, da hatte ich eine tolle Zeit. Ich erinnere mich wie ich damals, jung und schön und fröhlich mit meinem alten schwarzen Opel Admiral auf Reggae-Konzerte gefahren bin und einfach nur glücklich und innerlich frei war. Aber Hallo? Was sind 8 Monate in einem 45-jährigen Leben?
Ich habe mir da mit meinem So-Sein ein Leben gebastelt, aus dem ich den Ausstieg nicht finde.
d) naja, was wahre Liebe ist, das weiß ich nicht, aber das, was in meiner Signatur steht, das spricht mich schon sehr an:)
e) und klar, das Mäuschen will von mir geliebt werden. Ich weiß es ja und ich gebe mein Bestes und dennoch: mir fehlt ein Mensch auf Augenhöhe, bei dem ich mir erlauben kann, mich wirklich fallen zu lassen und der wirklich mich meint, wenn er meint, er meint mich:).

Hm! Schwierige Sache!
 
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