Abschied vom Perfektionismus - Landen in der Leere!

wonder

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Liebe Forumsmitglieder,
der Titel ist vielleicht nichts ganz verständlich, aber ich wollte Euch mal fragen, ob Ihr das kennt. Ich bin sehr perfektionistisch, und diese Eigenschaft ist eigentlich ziemlich lästig. Wenn ich z.B. im Beruf einen Bericht schreibe, muß dieser meinen hohen Ansprüchen genügen, also zB. sehr differenziert sein (ich arbeite im sozialen Bereich, wir schreiben z.B. Entwicklungsberichte über Menschen). Ich mache mir viele Gedanken, ob ich mit dieser Formulierung der komplexen Lebensrealität von Menschen gerecht werde. Die Folge: für das, was meine Kollegen in 3 Stunden schaffen, brauche ich 5.
Weil mich mein Perfektionismus so anstrengt, wollte/würde ich gerne etwas gelassener werden. Zumal ich vermute, dass die Berichte gar nicht so gründlich gelesen werden, die Differenzierung also oft gar keine Auswirkungen hat.
Aber irgendwie kommt mir alles viel oberflächlicher vor, seit ich versuche, mich von meinem Perfektionismus zu verabschieden. Es ist wie in ein Loch fallen. Es kann doch nicht so unbedeutend sein, ob ich mir viele Gedanken mache, oder einfach nur etwas hinschreibe. Habe ich mich wirklich die ganzen Jahre umsonst bemüht und angestrengt? Wäre es gar nicht notwendig gewesen, weil es letztendlich keinen großen Unterschied macht?
Ich versuche mir zu sagen, dass ich durch meinen Perfektionismus viel erreicht habe. Wenn ich ihn aufgebe, erreiche ich das alles dann nicht mehr? Verliere ich dann meinen Beruf? Oder ist das Gegenteil der Fall: war der Perfektionismus nur ein Hemmschuh, ohne großen Unterschied?
Ich dachte ich würde mich freier fühlen, weil es leichter wird. Aber ich bin vor allem verwirrt. Die Anstrengung der letzten Jahre kann doch nicht umsonst gewesen sein? Wenn ich mich nicht mehr anstrenge, fühlt sich mein Leben oberflächlich und leer an.
Klingt ziemlich verrückt, aber vielleicht kann es jemand von Euch verstehen.

Liebe Grüße

wonder
 
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Hallo Wonder
Ich möchte einmal versuchen auf Deine Frage nach dem Perfektionismus eine Antwort zu finden.
Das Erste wäre dein Nickname „Wonder“ - zu Deutsch „Wunder“ – du wählst aber den englischen Ausdruck. Ich muss also gewisse Sprachkenntnisse haben (perfekter sein) um das Wort zu verstehen. Nicht „Jeder“ soll es wissen – er muss eine gewisse Bildung haben – sich also von etwas „absetzen“ – das Niveau wahren. „Ich möchte mit den Menschen reden die mich verstehen. . .“
Wenn ich aber nur mit denen rede die mich verstehen, sind sie mein Spiegel. Das kann hilfreich sein um sich selber zu erkennen, aber dahinter lauert auch die „Selbstbeweihräucherung“

Gehen wir zu deinem Beitrag. Der Wunsch ist weg vom Perfektionismus, die Gefahr, welche du siehst – der Absturz ins Leere. Das ist natürlich sehr riskant von etwas Sicherem , das Halt gibt, wegzugehen ins Vakuum.

Lassen wir uns doch einmal das Wort „Perfektionismus“ auf der Zunge zergehen. Wenn ich perfekt bin, habe ich keine Makel – „der makellose Körper“ z.B., von dem ja viele Frauen träumen. Makellos oder perfekt heißt ohne Makel! Wenn ich aber keine Makel habe bin ich ohne Fehler, ich habe keine Schwachstellen / Angriffsflächen wo meine Umwelt an mir kritisieren könnte. Ich bin also perfekt in einer fehlerhaften Welt – ein Fremdkörper also, denn ich finde niemand der meinen perfekten Ansprüchen genügt.
Ich gehe in meinen perfektionistischen Turm, weil ich dort nicht „angreifbar“ (nicht greifen / berühren können) muss das allerdings durch Einsamkeit erkaufen.

Nun wäre die nächste Frage, was hat dich in perfektionistischen Elfenbeinturm getrieben, es war ja ein „Fluchtweg“. Denn wenn ich mich schwer tue Fehler zu machen, nicht angreifbar sein, habe ich ein Problem mit dem Selbstwert und der Verantwortung. „Ich muss für meine Fehler keine Verantwortung tragen, weil ich perfekt bin…“. Du erstellst dir allerdings deinen eigenen Maßstab, was perfekt ist (siehe Bericht)

Es gibt aber etwas, was dich motiviert hat absolut und fehlerfrei zu sein - in der Kindheit. Es war so eine Art Geschäft – Leistung gegen Liebe. „Sei ein „Wonder“kind und wir werden dich innigst lieben“ Du hast deinen Part erfüllt, aber richtige Liebe nicht erhalten, weil deine Eltern gar keine Liebe geben konnten, sie haben sie ja selbst nicht empfangen. So haben sich dann auch die Partnerschaften bisher gestaltet – du hast den Spieß umgedreht und nach den Makeln bei den Partnern gesucht und sehr kritisch geprüft – alle sind durchgefallen.

Nehmen wir noch einmal Deine Überschrift und ersetzen Perfektionismus durch „Einsamkeit“ und Leere durch „Liebe“.
„Abschied von der Einsamkeit und landen in der Liebe“

Das wäre doch ein guter Deal? Meinst du nicht auch? Natürlich ist der Weg nicht einfach, aber er würde sich unterm Strich bestimmt lohnen, zumal der perfektionistische Elfenbeinturm sehr kalt ist und du eine Frau bist welche die Wärme sucht. Wie sooft ist das was zwischen den Zeilen steht informativer als das geschriebene Wort.

Was kannst du tun?
Bitte schaue dir dein Umfeld an, denn es scheint eine gewisse „Belastung“ dazustellen. Wenn du noch bei den Eltern wohnst, dann versuche eine eigene Wohnung zu finden (auf eigenen Beinen stehen) – vor allem aber solltest du dich von deren „Wertemaßstab“ trennen.

Bitte schau dir Deine Eltern genau an und frage dich warum sie sich dir gegenüber so verhalten, wo haben sie eigentlich ihre Defizite? Versuche deine Eltern zu lieben, nicht anzubeten, nicht hassen, nicht verachten, aber entwickle eine „gesunde Distanz“ welche dich als selbstbewusster autonomer Mensch kennzeichnet. Ohnmacht ist auch eine Macht.

Bitte versuche „Verachtung“ gegenüber Menschen, die nicht so perfekt sind wie du, durch „Liebe“ zu ersetzen (Liebe deinen Nächsten wie dich selbst). Denn vor der Verachtung steht Hass und Verletzung und wenn wir etwas verachten, können wir uns nicht selbst lieben.

Beten wäre noch im Angebot. Bitte Deine Engel um Hilfe, sie warten darauf dir helfen zu dürfen, aber die Bitte muss von dir kommen.

Du solltest deine Wohnung energetisch reinigen, wer so schreibt, hat belastende Gedanken, Gedanken sind Energie und diese setzt sich (belastend) in der Wohnung fest.

Es gibt also sehr viel was du tun kannst. Wichtig wäre den Willen dazu zu haben, damit bekommst du auch den Weg.

In diesem Sinne wünsche ich dir ein schönes Wochenende!

Lg Dieter
 
hallo wonder
perfektionismus allein erkenne ich darin nicht. du unterstellst deinen kollegen quasi, dass sie oberflächlicher sind als du. vllt. haben sie jedoch in 3 std. genau dasselbe auf die reihe bekommen, wer weiß?
wenn du dich permanent mit anderen vergleichst, kommt nur unglück dabei heraus. ich denke, du darfst jetzt lernen, deinen eigenen ansprüchen zu genügen. und wenn du erkennst, es war zuviel der liebesmühe, dann reduziere dein pensum etwas und gut ist. schau mal nicht nach links und rechts um dich zu vergleichen, sondern schaue nach innen: was ist es, was mich zufriedenstellt? ich wette, da kommen ganz neue dinge ans tageslicht, die dich nun schmunzeln lassen, nicht wahr? tja, woher weiss ich das? weil ich vorgab, der größte perfektionist unter der sonne zu sein *lach. das unglück wohnt praktisch nicht in dir, sondern nur in dem fehler dich zu vergleichen.
 
Perfektionismus (etwas bestmöglichst machen zu wollen) ist per se nicht schlecht, setzt er doch voraus, daß man sich intensiv mit bestimmten Sachverhalten auseinandersetzt. Das kann anstrengen, muss aber nicht.

Beinhaltet aber nicht zuletzt auch Optimierung - Kürze Würze - ohne dabei an Qualität zu verlieren, die Besinnung aufs Wesentliche. Vorher zu überlegen, was das genau ist und wie man am elegantesten dahin kommt, kann Ressourcen sparen (Zeit, Energie, Aufwand, etc) die anderweitig vielleicht sinnvoller wären.

Wenns dann auch noch dem abschliessenden prüfenden Blick standhält, ist das doch was schönes ...
 
Ich versuche mir zu sagen, dass ich durch meinen Perfektionismus viel erreicht habe. Wenn ich ihn aufgebe, erreiche ich das alles dann nicht mehr? Verliere ich dann meinen Beruf? Oder ist das Gegenteil der Fall: war der Perfektionismus nur ein Hemmschuh, ohne großen Unterschied?
Ich dachte ich würde mich freier fühlen, weil es leichter wird. Aber ich bin vor allem verwirrt. Die Anstrengung der letzten Jahre kann doch nicht umsonst gewesen sein? Wenn ich mich nicht mehr anstrenge, fühlt sich mein Leben oberflächlich und leer an.
Klingt ziemlich verrückt, aber vielleicht kann es jemand von Euch verstehen.

Liebe Grüße

wonder


Dein Perfektionismus muß dich ja wirklich sehr "belasten", wenn du für dein "Grundproblem" extra einen 2. Thread eröffnest, der sich mit dieser Thematik befaßt.

Waren dir die von den Forenmitgliedern in deinem 1. Thread gegebenen Antworten und erteilten Ratschläge nicht "perfekt" genug?


Liebe Grüße
Abraxas

.
 
Hallo wonder,

perfektionistisches Vorgehen ist selten effizient. Daher würde ich im Beruf mehr auf Effizienz setzen. Sonst bist du möglicherweise eines Tages zu teuer für deinen Arbeitgeber.

Pragmatischen Gruß
Klartext
 
Hallo wonder,

ich verstehe dich nur allzu gut - dein Eingangs-Posting könnte zur Gänze von mir stammen.

Im Rahmen eines beruflichen Gesprächs vor einiger Zeit wurde ich gebeten, eine persönliche Stärke und eine persönliche Schwäche zu nennen. Bei beiden führte ich meinen "Perfektionismus" an.

Stärke - weil man sich selbst dazu herausfordert, das Bestmögliche zu geben. Ich glaube auch nicht, dass man das aus Berechnung heraus tut, sondern man kann fast nicht anders... Etwas nicht so gut zu machen, wie man es machen könnte, das kommt fast einem Selbstverrat gleich.

Wenn ich in meine Kindheit zurückgehe, so muss ich dmfmillion Recht geben. Aus dem "wenn du das tust oder so und so bist, dann bist du liebens-wert". Es ist eine Konditionierung, die man nicht einfach mal so ablegen kann.

Schwäche - weil man sich selbst unter einen ungeheueren Druck setzt. Hat durchaus etwas Zwanghaftes. Noch dazu kommt, dass sich diese Art zu leben und zu funktionieren ja meist nicht auf einen Bereich (zB Beruf) beschränkt, sondern sich wie ein roter Faden durch's Leben zieht. Schwer vorstellbar, dass ein "Perfektionist" im Job so gut wie unantastbar ist, sein privates Umfeld aber ein (äußerliches) Chaos darstellt.

Die eigene Meßlatte wird hoch angelegt. Man erwartet, wahrscheinlich unbewusst, dass der eigene Maßstab übernommen wird, weil es der einzige ist, mit dem man selbst leben kann.

Und - ja, es stimmt, dass der Preis (der erwähnte Elfenbeinturm) ein viel zu hoher ist.

Ich selbst beneide all jene, die sich Fehler zugestehen und belohnt werden mit einer leichteren und unbeschwerteren Art zu leben und zu genießen.

Lange Zeit und in völliger Unkenntnis der negativen Aspekte war ich richtig stolz darauf, mich eine Perfektionistin zu nennen. Im Laufe der letzten Jahre hat sich meine Einstellung recht geändert. Inzwischen leide ich unter dem Image, das ich mir selbst verpasst habe.

Ich weiss, dies hier ist an Widersprüchlichkeit nicht zu übertreffen - aber ich bekenne mich gleichzeitig dazu, dass mich die Resultate aus der Art und Weise, wie ich die Dinge tue, auch zutiefst befriedigen.

Wie kommt man von der Leistungs-Palme runter ohne dass die Äste brechen??? :confused: :confused: :confused:
 
Liebe Forumsmitglieder,
der Titel ist vielleicht nichts ganz verständlich, aber ich wollte Euch mal fragen, ob Ihr das kennt. Ich bin sehr perfektionistisch, und diese Eigenschaft ist eigentlich ziemlich lästig. Wenn ich z.B. im Beruf einen Bericht schreibe, muß dieser meinen hohen Ansprüchen genügen, also zB. sehr differenziert sein (ich arbeite im sozialen Bereich, wir schreiben z.B. Entwicklungsberichte über Menschen). Ich mache mir viele Gedanken, ob ich mit dieser Formulierung der komplexen Lebensrealität von Menschen gerecht werde. Die Folge: für das, was meine Kollegen in 3 Stunden schaffen, brauche ich 5.
Weil mich mein Perfektionismus so anstrengt, wollte/würde ich gerne etwas gelassener werden. Zumal ich vermute, dass die Berichte gar nicht so gründlich gelesen werden, die Differenzierung also oft gar keine Auswirkungen hat.
Aber irgendwie kommt mir alles viel oberflächlicher vor, seit ich versuche, mich von meinem Perfektionismus zu verabschieden. Es ist wie in ein Loch fallen. Es kann doch nicht so unbedeutend sein, ob ich mir viele Gedanken mache, oder einfach nur etwas hinschreibe. Habe ich mich wirklich die ganzen Jahre umsonst bemüht und angestrengt? Wäre es gar nicht notwendig gewesen, weil es letztendlich keinen großen Unterschied macht?
Ich versuche mir zu sagen, dass ich durch meinen Perfektionismus viel erreicht habe. Wenn ich ihn aufgebe, erreiche ich das alles dann nicht mehr? Verliere ich dann meinen Beruf? Oder ist das Gegenteil der Fall: war der Perfektionismus nur ein Hemmschuh, ohne großen Unterschied?
Ich dachte ich würde mich freier fühlen, weil es leichter wird. Aber ich bin vor allem verwirrt. Die Anstrengung der letzten Jahre kann doch nicht umsonst gewesen sein? Wenn ich mich nicht mehr anstrenge, fühlt sich mein Leben oberflächlich und leer an.
Klingt ziemlich verrückt, aber vielleicht kann es jemand von Euch verstehen.

Liebe Grüße

wonder
Hallo Wonder!

Ja, kann ich verstehen. Im Perfektionismus liegt ja auch die Fähigkeit zu differenzierter Wahrnehmung und der Wunsch nach tieferem Verstehen, nach Klarheit. Oberflächlichkeit ist also keine befriedigende Alternative.

Ich habe lange an meinem Perfektionismus gelitten. Der äußerte sich zwar nicht in Überstunden, sondern in Unzufriedenheit über das, was ich zu leisten mich fähig fühlte. Als Musikerin ergab sich der Perfektionismus von allein, da die Musik selbst die Ansprüche stellt... Aber ich hab einen Weg raus gefunden... Er führte durch eine Krankheit, die mich zwang für einige Monate zu pausieren. In dieser Zeit lernte ich bewusst loszulassen von jeglichem Ehrgeiz. Ich verzichtete auf alles, was mir sonst im Leben zur Selbstbestätigung diente. Und ich landete in der Leere :) . Ich erfuhr endlich, dass ich überhaupt NICHTS tun muss, und trotzdem komplett bin. Ich musste also auch nicht mehr Musik machen und muss es bis heute nicht. Es fehlt mir nicht, wenn ich keine Musik mache, da ist kein Druck, kein Wollen mehr. Mit Musik habe ich erst wieder angefangen, als ich ein Angebot bekam, in einem Ensemble mitzuspielen. Und ich war so frech mich da völlig unvorbereitet hineinzubegeben und rein aus der Geistesgegenwart zu musizieren. Und das gelingt. Ich muss mich nicht mehr anstrengen, es fühlt sich nicht mehr nach Leistung an. Es ist einfach Freude. Und wir haben Erfolg als Musikgruppe :) . Nun ergibt sich nur plötzlich, dass ich aus lauter Freude eifrig werde und gerade dadurch an den Rand zum Stress gerate, weil ich (zu) viel tue. Also nicht nur Musik, sondern alles Mögliche, was mir so in den Sinn kommt... Aber Stress bekommt mir nicht. Ich werde also wieder für ein ruhigeres Leben sorgen, in dem nur das Wesentlichste Platz findet.


Meine Erfahrung ist also folgende: Was ich bisher gelernt habe, ist mir durchaus dienlich. Aber in der Gelassenheit und Geistesgegenwart bin ich viel leistungsfähiger, als im mühevollen Perfektionismus. Also, hab keine Angst davor, dich auf die Leere einzulassen. Sie mündet nicht in Oberflächlichkeit. Sondern in eine Vertrauenshaltung, die einen tiefen Anker hat...

:liebe1:
K.S.
 
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Liebe Forumsmitglieder,

vielen Dank für Euer Verständnis: vor allem in den Beitragen von Daiy und Saraswati habe ich viel von mir wiedergefunden:)!

Zitat Daisy:
"Stärke - weil man sich selbst dazu herausfordert, das Bestmögliche zu geben. Ich glaube auch nicht, dass man das aus Berechnung heraus tut, sondern man kann fast nicht anders... Etwas nicht so gut zu machen, wie man es machen könnte, das kommt fast einem Selbstverrat gleich." (Zitat Ende)

Du hast es auf den Punkt gebracht. Genauso empfinde ich das auch. Ich möchte nicht bewußt "besser sein als Andere" (Oft bin ich es wahrscheinlich auch gar nicht, weil ich zu lange nachdenke).

Zitat Daisy
"Ich weiss, dies hier ist an Widersprüchlichkeit nicht zu übertreffen - aber ich bekenne mich gleichzeitig dazu, dass mich die Resultate aus der Art und Weise, wie ich die Dinge tue, auch zutiefst befriedigen." (Zitate Daisy Ende)


Sorry Daisy, dass ich Deinen Text aus dem Zusammenhang gerissen habe, aber genau diese beiden Punkte sind es, die mir den Abschied vom Perfektionismus so schwer machen. Er hat ja auch was Positives:Für andere Menschen, die von dem "das Beste geben" profitieren und natürlich für einen selbst, indem man seinen Ansprüchen gerecht wird.

Aber Perfektionismus hat auch einen hohen Preis, wie Du ja auch schreibst.
Die eigene Anstrengung, der damit verbundene Druck und Streß ist nur ein Aspekt davon. Erschreckender finde ich die mir lange Zeit nicht bewußte Überheblichkeit, die sich gemeinsam mit großen Selbstzweifeln hinter dem Perfektionismus verbirgt.

Zitat Daisy
"Die eigene Meßlatte wird hoch angelegt. Man erwartet, wahrscheinlich unbewusst, dass der eigene Maßstab übernommen wird, weil es der einzige ist, mit dem man selbst leben kann". (Zitat Ende)

Wenn ich ehrlich bin, zweifel ich oft daran, ob andere meine Maßstäbe überhaupt erreichen können. Gleichzeitig zweifel ich aber auch an mir selbst.
Ich habe oft Angst, im Beruf gekündigt zu werden, weil ich nicht gut genug bin und zu lange brauche (siehe auch den Beitrag von Klartext).
Das ist ein Widerspruch, den ich ich selbst nicht ganz verstehe. Wahrscheinlich habe ich Angst, an meinen eigenen (überhöhten) Maßstäben zu scheitern.
Vielleicht läßt mich mein Perktionismus manchmal überheblich erscheinen, aber im Grunde bin ich voller Selbstzweifel.

Aber ich will versuchen, mich nicht nur in der Opferrolle zu sehen, viele Beiträge in diesem Thread geben dazu gute Hinweise. Ich werde versuchen, darauf nochmal gesondert einzugehen. An dieser Stelle zunächst mal Danke vor allem an dmfmillion, Abraxas und Klartext.

Sehr schön fand ich die abschließende Zusammenfassung von Saraswati:
Zitat
"Meine Erfahrung ist also folgende: Was ich bisher gelernt habe, ist mir durchaus dienlich. Aber in der Gelassenheit und Geistesgegenwart bin ich viel leistungsfähiger, als im mühevollen Perfektionismus. Also, hab keine Angst davor, dich auf die Leere einzulassen. Sie mündet nicht in Oberflächlichkeit. Sondern in eine Vertrauenshaltung, die einen tiefen Anker hat..." (Zitat Ende)

Ich habe Angst, nicht mehr so gute Ergebnisse z.B. bei Antragstellungen im Beruf zu erzielen, wenn ich mich weniger bemühe. Die Erfolge werden mir fehlen. Wahrscheinlich werde ich auch wirklich im traditionellen Erfolgsverständnis (heißt, ich erreiche meistens, was ich will) etwas verlieren. Auch das macht den Abschied vom Perfektionismus schwer, worauf werde ich stolz sein können, wenn die Erfolge (über die ich mich sehr definiert habe) ausbleiben. Wahrscheinlich werde ich um das Betrauern des Verlorenen nicht herumkommen.
Aber Saraswati´s Worte machen mir Mut, dass nach dem Verlust, der Trauer, der Leere etwas kommt, was leichter und befreiender ist.
Nochmals:danke:

Liebe Grüße
wonder
 
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