Na die haben dort wenigstens so etwas wie eine Streikkultur. Das ist beeindruckend. Wenn die Gewerkschaften in Frankreich aufrufen zum Generalstreik, dann wird auch gestreikt und zwar flächendeckend!
Das wäre in Deutschland aus verschiedenen Gründen gar nicht möglich. In Frankreich gibt es eine Art Bürgerrecht auf Streik. Jeder darf sich mit ein paar anderen zusammentun und die Arbeit niederlegen, um für eine beliebige Sache einzutreten, ohne von seinem Arbeitgeber dafür belangt zu werden.
In Deutschland darf dagegen nur gewerkschaftlich organisiert und im Rahmen von Tarifverhandlungen gestreikt werden, die einem engen, rechtlichen Rahmen mit Urabsimmungen, Schlichtungspflicht etc. folgen. Und im Gegensatz zu Frankreich, ist es hierzulande nicht erlaubt, die Arbeit aus politischen Gründen niederzulegen. Gewerkschaften dürfen also nicht zum Streik z.B. gegen die Rentengesetzgebung oder Benzinpreiserhöhungen aufrufen.
Dazu kommt, dass die französischen Gewerkschaften anders strukturiert sind, als die deutschen. Während sie hier nach Branchen und Berufsgruppen gegliedert sind, unterscheiden sie sich in Frankreich eher durch ihre politische Ausrichtung. Statt einer Gewerkschaft für Dienstleistung, einer für die Baubranche etc. wie hier, gibt es dort eine kommunistische Gewerkschaft, eine sozialdemokratische usw. In die kann jeder eintreten, egal, welchen Beruf er ausübt.
Das führt natürlich zu einer größeren Konkurrenz unter den verschiedenen Arbeitnehmerverbänden. Wenn in Frankreich vor den Werkstoren die Autoreifen brennen, ist das deshalb auch immer auch etwas Werbung in eigener Sache . Vor allem sind die in der Regel drastischeren Streikformen in Frankreich aber ein Ausdruck für die Schwäche französischer Gewerkschaften. In Deutschland gibt es ein Tarifrecht, das Arbeitnehmer-, aber auch die Arbeitgeberverbände nach einem festgelegten Verfahren mehr oder weniger an den Verhandlungstisch zwingt, da ist es oft gar nicht nötig zu streiken.
Aber es gibt insgesamt einfach zu viel Bequemlichkeit, Ignoranz, Mitläufertum (profitieren auch ohne selbst mit zu streiken z. B. bei Tarifverhandlungen) und irrationale Ängste vor irgendwelchen phantasierten möglichen Konsequenzen hier in der Bevölkerung, als dass da etwas passiert.
Dagegen spricht, dass der Organisationsgrad, also der Anteil der Arbeitnehmer, die Mitglied in einer Gewerkschaft sind, in Deutschland deutlich höher ist, als in Frankreich . Während hier gut 18% gewerkschaftlich organisiert sind (was natürlich auch noch viel zu wenig ist), sind es dort nur rund 8%.