Pardon, aber das seh ich eben nicht so.
Ein Schamane ist in erster Linie dazu da, zwischen Mensch und Geistwesen, oder meinetwegen auch "Geisterwelt", zu vermitteln, würd ich meinen.
Klar, wenn krankmachende Geister involviert sind, oder Geistwesen gebeten werden sollen, zu helfen, Bedingungen zu schaffen, die zu einer Genesung beitragen, entsteht da eine gewisse Überlappung - ist aber ja nunmal nur ein Teilbereich des Spektrums.
Wieso wegen dieser eher geringen potentiellen(!) Überlappung der Schamane eine dem Hausarzt entsprechende ärztliche oder familiäre Fürsorgepflicht haben sollte, seh ich für meinen Teil da nicht.
Wenn ich mir die Nägel lackieren lassen möchte, aber gerade eine psychotische Phase durchlebe, und weder mein Familien- noch mein Freundeskreis es einsieht, mir da zu professioneller Unterstützung zu verhelfen, denke ich nicht, dass die Lackiererin auf einmal in der Pflicht ist, bloß weil sie gerade die nächstbeste Dienstleistern ist, die für mich greifbar ist. Im Gegenteil, wenn ich sie und/oder evtl. ihre MitarbeiterInnen und KundInnen belästigen würde, könnte ich es absolut nachvollziehen, wenn sie mich dafür schlicht und ergreifend vor die Tür setzt. Es wäre menschlich nett von ihr, wenn sie in Aktion treten und zu helfen versuchen würde - aber mit ihrer eigentlichen Dienstleistungstätigkeit hat es nichts zu tun, und dem sollte man sich an der Stelle bewusst sein. Mal ab von der Frage nach ihrer Qualifikation für den betreffenden psychotherapeutischen Bereich.
Als Schamane einer definierten Gruppe, Stammesschamane o.ä., mag es da noch über den eigentlichen Aufgabenbereich hinausgehende Dinge geben, die "mit erledigt" werden - gegenüber verhältnismäßig fremden Kunden, zu denen aber so eine Beziehung nicht besteht, sehe ich für meinen Teil nicht, wieso einE SchamanIn da in einer Verantwortung sein oder sich in der betreffenden Verantwortung sehen sollte.
Sicher gibt es Probleme mit Geistwesen, die sich nach außen ähnlich psychischer Erkrankungen darstellen - das sind dann Fälle, die sicher in den Bereich schamanischer Arbeit fallen. Wenn aber jemand einfach einen gestörten Hormonhaushalt o.ä. hat, wüsste ich nicht, wieso jeglicher x-beliebige Dienstleister sich in der Pflicht sehen sollte, damit umzugehen.
Dass man hierzulande vielleicht erstmal den Kunden beibringen muss, wie sie nun professionell mit dem Dienstleistungsangebot eines Schamanen umgehen, ist sicher ein Thema, das zu berücksichtigen ist, Kopfkino wird ja viel gefahren. Und wenn die Probleme durch eine falsch durchgeführte Arbeit überhaupt erst entstehen, ist das auch nochmal eine andere Geschichte. Aber noe, eine worauf auch immer basierende Psychose hat mit einem Schamanen erstmal nix zu tun und umgekehrt, und klar, wenn der "Kunde" aufgrund dessen allzu sehr nervt, ist es sicher vorzuziehen, so jemanden vor die Tür zu setzen, denn ewig Zeit und Energie auf so jemanden zu verschwenden, die man sonst für Leute übrig hätte, bei denen das tatsächlich auch etwas bringt.
Fällt aber wohl alles unter Grenzen, die man setzen sollte, BEVOR man mit dem Arbeiten anfängt. Und hat vermutlich auch mit der realistischen Betrachtung der eigenen Kompetenzen und Zuständigkeiten zu tun.
In dem Sinne: Zu wissen, wofür man in einem gewissen Dienstleistungsbereich zuständig ist, und wofür nicht, hat für mich was mit Professionalität zu tun. Eine Nagellackiererin mag ja ein gewisses Maß an Smalltalk betreiben müssen, um ihr Studio am Laufen zu halten und sich Stammkunden zu erhalten. Wenn sie aber daraus jetzt den Schluss zieht, dass es zu ihren Aufgaben gehört, ihre Kunden zu den und den Ärzten weiterzuschicken, läuft da, soweit sie nicht weitreichende Zusatzqualifikationen mitbringt, meiner Ansicht nach etwas gehörig schief. Und wenn sie meinen würde, sie müsste jetzt alles adoptieren, was bei ihr eine Leistung in Anspruch nimmt, und sich um die Leute kümmern, als sei sie mit ihnen verwandt, wäre das in unserer heutigen Gesellschaft vermutlich auch nicht die angemessene Berufseinstellung.
Wird auch sicher von niemandem erwartet. Außer halt, man betreibt irgendwas aus dem New-Age-Spektrum, die können und wissen ja alles, und haben auch immer alle lieb und so ...