Zwangsmedikation nicht gegen den Willen des Patienten

saffrondust

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Anfang des Jahres 2013 wurd ein Gesetz zur Zwangsbehandlung verabschiedet, das es Psychiatern erlaubt Menschen zwangsweise mit Medikamenten zu behandeln. Manch Jurist sagt, das wäre im Grunde verfassungswidrig.

Anbei die Information für eventuell Betroffene, dass diese Maßnahme dennoch nicht gegen den Willen des Betroffenen durchgeführt werden darf. Eine Empfehlung an dieser Stelle, Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht auf den Weg bringen. Manch Patient ist zu einer Willensbildung oder Artikulierung desselben - gerade in der Psychiatrie - mitunter gar nicht mehr in der Lage, da kommt es dann entscheidend auf ein gut informiertes und mit Vollmachten ausgestattetes Umfeld an.


http://www.sueddeutsche.de/gesundhe...ehandlung-zu-wenig-selbstbestimmung-1.1576278

Stuttgart (jur). Auch schwer psychisch kranke Menschen dürfen nicht gegen ihren Willen in eine Klinik eingewiesen und dort zwangsweise mit Medikamenten behandelt werden. Das gilt selbst dann, wenn der gesetzliche Betreuer „zum Wohle des Betroffenen“ in dieses Vorgehen eingewilligt hat, wie das Landgericht Stuttgart in einem am Dienstag, 21. Februar 2012, schriftlich veröffentlichten Beschluss vom 16. Februar 2012 entschied (Az.: 2 T 35/12). Es setzte damit die jüngste Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts um.

Im Streitfall hatte die Patientin eine schwere Persönlichkeitsstörung und war nach Einschätzung mehrerer Gutachter nicht in der Lage, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln und diese Situation richtig einzuschätzen. Daher wurde ihr eine Betreuerin unter anderem für die Bereiche Gesundheit, Aufenthalt und Wohnung zugeordnet. Die Betreuerin beantragte die Unterbringung der Frau in einer geschlossenen psychiatrischen Klinik. Wegen fehlender Krankheitseinsicht könne sie nur dort richtig behandelt werden.

Das Amtsgericht stimmte der Einweisung zu, die Frau verweigerte in der Klinik aber die Einnahme von Medikamenten. Eine Zwangsmedikation wollte das Amtsgericht aber nicht mehr unterschreiben. Es verwies dabei auf die jüngste Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschlüsse vom 23. März 2011, Az.: 2 BvR 882/09 und vom 12. Oktober 2011, Az.: 2 BvR 633/11). Dort werteten die Verfassungsrichter die zwangsweise Gabe von Medikamenten als besonders schwerwiegenden Eingriff in das Recht auf körperliche Unversehrtheit. Selbst bei psychisch kranken Straftätern sei daher eine Zwangsmedikation nur in Ausnahmefällen zulässig, insbesondere bei Selbst- oder Fremdgefährdung.

Dem schloss sich nun das Stuttgarter Landgericht an. Nach den Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts könne die Betreuerin die Zustimmung der Patientin nicht ersetzen. Im Streitfall könne die Frau zwar gegen ihren Willen in die Klinik eingewiesen, dort aber nicht zur Einnahme von Medikamenten gezwungen werden, solange keine Selbst- oder Fremdgefährdung vorliegt.

Noch 2010 hatte der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe eine Zwangsmedikation für zulässig gehalten, wenn sie „erforderlich und angemessen ist“ – etwa wenn ein Patient nicht nur Tabletten, sondern auch alternativ mögliche Spritzen ablehnt (Beschluss vom 22. September 2010, Az.: XII ZB 135/10).

Quelle: www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltskanzlei
Foto: Volker Dähn - Fotolia.com

http://www.juraforum.de/recht-gesetz/zwangsmedikation-nicht-gegen-den-willen-des-patienten-389554
 
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Dieses Thema ist ein ungeheuer schwieriges. Natürlich besteht die Chance, dass ein Patient mit einer entsprechenden (zwangsweisen) Behandlung sehr rasch wieder in ein normales Leben zurückfinden kann. Andererseits kann und darf man natürlich dem Arzt keinen Freibrief für die zwangsweise Medikamentierung geben.

Aber was tut man wirklich mit Patienten, die zu einem gegebenen Zeitpunkt nicht in der Lage sind, eine "vernünftige" (wie auch immer man das jetzt bewerten will) Entscheidung zu treffen? Selbst Angehörige können sich in diesem Fall nur auf das Urteil des Arztes verlassen.

Die andere Seite ist die Patientenseite. Klar kann ich ggf. eine Patientenverfügung machen, dass ich keine Medikamente bekommen möchte. Aber was handle ich mir damit ein, wenn es sich nur um eine temporäre Störung handelt, die relativ leicht mit Medikamenten auf ein erträgliches Maß zu dämpfen wäre und mich wieder in die Entscheidungsfähigkeit bringt?

Letztendlich bleibt - unabhängig von allen Gerichtsurteilen und Gesetzen - hier nur das Vertrauen, dass der Arzt in dieser Situation wirklich das Bestmögliche für einen tut. Umso strenger gehören hier aber auch Fehlhandlungen der Ärzte geahndet.
 
Dieses Thema ist ein ungeheuer schwieriges. Natürlich besteht die Chance, dass ein Patient mit einer entsprechenden (zwangsweisen) Behandlung sehr rasch wieder in ein normales Leben zurückfinden kann. Andererseits kann und darf man natürlich dem Arzt keinen Freibrief für die zwangsweise Medikamentierung geben.

Aber was tut man wirklich mit Patienten, die zu einem gegebenen Zeitpunkt nicht in der Lage sind, eine "vernünftige" (wie auch immer man das jetzt bewerten will) Entscheidung zu treffen? Selbst Angehörige können sich in diesem Fall nur auf das Urteil des Arztes verlassen.

Die andere Seite ist die Patientenseite. Klar kann ich ggf. eine Patientenverfügung machen, dass ich keine Medikamente bekommen möchte. Aber was handle ich mir damit ein, wenn es sich nur um eine temporäre Störung handelt, die relativ leicht mit Medikamenten auf ein erträgliches Maß zu dämpfen wäre und mich wieder in die Entscheidungsfähigkeit bringt?

Letztendlich bleibt - unabhängig von allen Gerichtsurteilen und Gesetzen - hier nur das Vertrauen, dass der Arzt in dieser Situation wirklich das Bestmögliche für einen tut. Umso strenger gehören hier aber auch Fehlhandlungen der Ärzte geahndet.


Hallo KingOfLions,

zu erstmal freue ich mich über Deinen sachlichen Beitrag, das ist ja eher selten hier.

Zum Thema, die Hürden für Ärzte bzgl. der Verordnungspraxis sind heraufgesetzt worden, so einfach ist das also nicht, aber das Selbstbestimmungsrecht der Patienten hätte parallel gestärkt werden müssen. Es wird nicht selten über den Kopf des Patienten hinweg bestimmt und das geht so wirklich nicht.


Ein Beispiel der anderen Art:

Mitte 2012 ergab sich durch eine Entscheidungen des Bundesgerichtshof eine neue Situation: Keine Medikamente mehr ohne ausdrücklichen Willen des Betroffenen. Wie die meisten Kollegen fürchtete auch Martin Zinkler: Das wird ein Drama mit schwierigen Patienten. Doch Zinkler und seine Mitarbeiter setzten den Beschluss konsequent um: "Wir haben Patienten gesagt, wir werden Sie nicht gegen Ihren Willen medikamentös behandeln, aber wir finden es immer noch richtig, dass Sie ein Medikament nehmen." Falls ein Patient aber partout keine Medikamente wollte, respektierten die Ärzte dies.

Verwandte und gesetzliche Betreuer wurden hinzugezogen, lange Diskussionen mit dem Patienten geführt. "Plötzlich bekam der erklärte Wille des Patienten mehr Gewicht", sagt Zinkler. Patienten fühlten sich in ihrer Würde geachtet und hätten mehr Freiräume für Entscheidungen bekommen.

Für die Ärzte und Pflegekräfte bedeutet dies mehr Arbeit. Aber es wuchs auch die Neugier, wie man mit Überzeugung statt mit Zwang weiterkommt. Am Ende habe es keine Zunahme dramatischer Situationen mit Patienten gegeben. Könnten Zwangsbehandlungen vielleicht generell ein Irrweg sein?

http://www.swr.de/odysso/-/id=1046894/nid=1046894/did=10912486/iqhxy2/


Ich kann nur jedem Betroffenen oder Angehörigen, dem Umfeld empfehlen sich bestmöglich zu informieren, ggf. eine zweite Meinung einzuholen, wenn noch möglich und sich mit Vollmachten auszustatten, das rechtzeitig, um überhaupt erstmal Auskünfte über z.B. verordnete Medikationen zu bekommen. Die bekommst Du nämlich als Angehöriger keinesfalls so ohne weiteres. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser, gerade in diesem Graufeld der Medizin.
 
Ich habe durchaus verstanden worum es geht. Wie du darauf kommst, dass dem nicht so ist bleibt dein Geheimnis. Fakt ist, dass das hier schon zig Male angesprochen worden ist und in Anbetracht dieser Tatsache könntest du da ja mal ansetzen und nachforschen, um deinem persönlichen Antrieb auf die Schliche zu kommen, warum du dennoch wieder so ein Thema eröffnest.
(Was ein hohles Gefasel.)

Aber ich will da auch gar nicht weiter stören. Gleich kommen eh die "Auskenner" und melden sich zu Wort. Einer ist ja schonmal da, wie ich sehe.

Ich glaube, die Gesamtproblematik ist ziemlich mißverständlich (?).
Es geht ja in erster Linie um das Betreuungsrecht ...

Hier wird es noch mal deutlicher:

Der Bundesgerichtshof hatte am 20.06.2012 entschieden, dass die frühere Form des Betreuungsgesetzes nicht die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Genauigkeit hatte, die erforderlich ist, um einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des Menschen zu rechtfertigen (siehe Beitrag hier). Damit hatte er absolut Recht. Er hat auch festgestellt, dass bis zur Überarbeitung des Gesetzen eine Zwangsbehandlung auf der Rechtsgrundlage des Betreuungsgesetzes nicht möglich ist.

Es gab allerdings Zwangsbehandlungen nach dem PsychKG oder sehr begrenzt auf der Gesetzesgrundlage des “rechtfertigenden Notstands“.


http://psychiatrietogo.wordpress.co...echtlichen-zwangsbehandlung-ist-nun-in-kraft/

Unten ist ein "klassisches" Beispiel aufgeführt!


Hier noch einmal eine dezidiertere Erläuterung bzgl. des Betreuungs"fiaskos":
http://www.zeit.de/gesellschaft/familie/2013-01/psychiatrie-zwangsbehandlung-gesetz/seite-2
 
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Naja wie will man umgehen mit Menschen die sich selbst oder und andere gleichzeitig gefährden ?

Es ist schlimm wenn man einem Menschne zuschauen muss wie er nach und nach verschwindet udn schlussendlich nur mehr eine Leerehülle übrig bleibt
ein Mensch daraus wird den du einfahc nicht mehr verstehst dessen tun und handeln man nicht mehrnach vollziehen kann aus ienem guten Freund wird nur mehr eine wahngesteuerte Hülle .
Habe ich selbst erlebt bei einem Menschen der dabei war ein guter Freund von mir zu werden .
Er litt unter anderem unter Bi Polaren Störungen war schwer medikamentiert
dann aber war das ein super Mensch mit dem man wunderbar sprechen konnte oder Dinge unternehmen . Ein Freund .

Als er dann durch seine Krankheit die Medikation absetzte bemerkte man schleichend eien Veränderung . Monate später erkannte man diesen Menschen nicht mehr wieder .

Ich weiß noch wie ich mir damals gedacht habe ich wünschte es gäbe sowas wie eine Zwangseinweisung . wir haben dann selbst die Rettung gerufne und ihn ins Neurologische Spital bringen lassen . 2 Tage später war er wieder zu Hause und die gleiche Scheiße ging von vorne los .
Und was er im Zuge seiner Störungen alles aufführte nun das will sich niemand vorstellen ^^ .


Also durch dieses Erlebniss vorgeprägt wäre ich dafür wenn sowas bei uns endlich eingeführt wird .
 
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