Zeit ist dem Raum nicht unähnlich. Ich kann den Raum, der weiter weg ist, vorhanden wissen. Aber solange ich nicht dort bin, kann ich ihn nicht sehen und daher auch nicht selber verifizieren, ob er existiert.
Das Gleiche mit der Zeit: ich kann wissen, daß die Zukunft aller Voraussicht nach kommen wird. Aber bevor sie nicht eingetreten ist, kann ich nicht verifizieren, daß sie existiert.
Bei der Vergangenheit ist es etwas anders: ich kann wissen, daß Vergangenheit stattgefunden hat. Und ich kann es auch noch beweisen, denn ich kann Gegenstände aus der Vergangenheit mit in die Zukunft nehmen. Der Inhalt meines Hauses hier bildet z.B. meine Vergangenheit ab, ist das, was ich von gestern Abend mit herübergenommen habe in die Zukunft. Ein eindeutiger Beweis: die Vergangenheit gab es, sonst hätte ich meine Materie hier nicht um mich herum so, wie sie ist.
Im Gegensatz dazu kann ich mir aus der Zukunft nichts herholen. Sie ist nicht erreichbar, wenigstens nicht in der materiellen Realität des Lebens. Zukunft ist also zunächst mal weniger an Materie gebunden als Vergangenheit.
Das könnte so sein, damit die Zukunft veränderbar bleibt. Anders als der Raum mit der in ihm beinhalteten Materie und anders als die Vergangenheit ist die Zukunft noch nicht realisiert. Hochinteressant ist nun die Frage, ob aus den Eigenschaften des Raumes und den Ereignissen der Vergangenheit, in welcher der Raum entstand, eine Vorhersage über die Eigenschaften und Ereignisse der Zukunft getroffen werden kann.
Und hier sehen wir uns vor ein Problem gestellt: ich kann manches aus der Zukunft wissen und manches nicht. Im Allgemeinen ist es so, daß je weiter die Zukunft von mir fern liegt, ich umso weniger vorhersagen kann. Außerdem ist die Frage, ob ich die zukünftigen Ereignisse bereits in der Vergangenheit erlebt habe. Sehe ich z.B. kommen, daß ich arbeiten gehe, dann weiß ich zwar noch nicht alles, was auf der Arbeit passieren wird, aber doch in etwa 80 Prozent. Gehe ich dagegen meine Mutter besuchen sind mir 99% bereits vorher bekannt.
Zukunft ist also an uns gebunden. Sie ist von uns aus der Erfahrung mit der Vergangenheit und dem Raum heraus zu einem gewissen Anteil antizipierbar, vorhersagbar. Auf diese Weise bekommen wir die Möglichkeit, Entscheidungen zu treffen: diese Zukunft will ich, und diese Zukunft will ich nicht.
Um diese Unter- und Entscheidung treffen zu können, benötigen wir Zeit. Wir führen - bewußt und unbewußt - Prozesse durch, um unsere Bestimmung der Zukunft zu tätigen. Dies geht nicht ohne Zeit. In diesem Zeitraum, in dem wir zwischen Vergangenheit und Zukunft sind, um zu entscheiden - bewußt und unbewußt -, findet Zeit im Grunde nicht statt. Kann man das sehen? Sondern sie steht still: der Mensch reflektiert die Ereignisse der Vergangenheit im Raum und spiegelt so die Möglichkeiten der eigenen Zukunft. Dies geht nur, wenn man die Zeit für einen Moment anhält. Bewußt oder unbewußt tut man dies alltäglich, denke ich, daß wir Zeit anhalten, aus ihr aussteigen, um dann wieder in sie einzusteigen. Eigentlich glaube ich, daß es ununterbrochen in jedem von uns passiert, nur nehmen wir diese Reflektionsebene nicht stets wahr.
lg
(kam mir so aus der Vergangenheit in den Sinn)