"Zehn Gebote gegen Fanatismus" von Bertrand Russell

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Wo ist der Unterschied zwischen "leidenschaftlich für eine Sache eintreten" und Fanatismus?
 
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LeBaron schrieb:
Wo ist der Unterschied zwischen Martin Luther King und dem Klu-Klux-Klan?

Gruss
LB

Letztere tragen seltsame Nachthemden. :D

Die Frage war ernst gemeint. Wenn ich mich für ein beliebiges Thema engagiere, wie merke ich an mir den Unterschied? Wann überschreite ich die Grenze? Wie verhindere ich, für mich selbst blind zu werden und es nicht zu merken?

Denn eines ist klar: in einer Diskussion stosse ich den Gegner nicht mir der Nase auf etwaiige Argumente gegen meine Position. Das ist natürlich noch nicht Unterdrücken der Wahrheit, ich überlasse es bloss ihm, selbst zu denken und zu suchen. Oder?
 
Pelisa schrieb:
Letztere tragen seltsame Nachthemden. :D

Die Frage war ernst gemeint. Wenn ich mich für ein beliebiges Thema engagiere, wie merke ich an mir den Unterschied? Wann überschreite ich die Grenze? Wie verhindere ich, für mich selbst blind zu werden und es nicht zu merken?

Denn eines ist klar: in einer Diskussion stosse ich den Gegner nicht mir der Nase auf etwaiige Argumente gegen meine Position. Das ist natürlich noch nicht Unterdrücken der Wahrheit, ich überlasse es bloss ihm, selbst zu denken und zu suchen. Oder?
Dass du dir selbst der Schwächen deiner Position bewusst
bist (sie aber verschweigst) ist schonmal ein sicheres Zeichen
gegen Fanatismus.

Das ist eher (berufsbedingte?) Täuschung.

Was die generelle Frage betrifft, so kann ich nur von
mir selbst erzählen. Und die Punkte von Russell oben
sind da schon wertvoll.

Also, ich sehe meinen Weg nicht als schnurgerade
Strecke, sondern als ziemlich verschlungen. Das
heisst ich reflektiere darüber und adaptiere meine
Haltung ein wenig falls erforderlich.

Trotz aller Windungen will ich so erreichen, dass
wenigstens die allgemeine Richtung in etwa stimmt,
und auch die ändere ich ein wenig nach links oder
rechts, wenn es sein muss.

Also so etwas wie adaptives Fortschreiten.

Trotzdem kann ich den Fall nicht ganz ausschliessen,
dass ich trotz aller Vorsicht in eine totale Sackgasse
gerate.

Und das ist das schwierigste überhaupt: sein Scheitern
einzugestehen und nicht irrational an "Auge zu und durch"
festzuklammern. Das wäre für mich das typisch fanatische
Verhalten!

Aber auch so ein Eingeständnis kann ich, weil ich es lernen musste.
Obwohl es schon bitter ist.

Äh, hilft das irgendwie?

Gruss
LB
 
Pelisa schrieb:
Wo ist der Unterschied zwischen "leidenschaftlich für eine Sache eintreten" und Fanatismus?
Das ist psychologisch einfach.
Fanatismus zweifelt niemals.
Leidenschaft ist bei den richtigen Argumenten noch zum Selbstzweifel fähig.

:zauberer1
 
Danke euch beiden. :)

Nein, der Beruf hat nix damit zu tun. Da sind die Rollen verteilt und kein Mensch erwartet von mir, dass ich ohne Not meine eigene Position schwäche. Das Auseinandersetzen mit möglichen Gegenargumenten ist lediglich eine Absicherung um nicht überrascht zu werden.

Natürlich habe ich schon Positionen aufgegeben, natürlich hat das weh getan. Aber es gibt Themen, die mich schon ein Leben lang begleiten, die Grundrechte sind eines davon, und da ist die Gefahr riesengroß, zu verhärten und einseitig zu denken. Reflexionsfähigkeit mag ja ganz nützlich sein, aber wenn die Blindheit beginnt, werden auch die Reflexionen in die falsche Richtung laufen.
 
Das habe ich in einem anderen Forum gefunden*gg..passt doch irgendwie zu allem
Nachdem wir uns ziemlich die Köpfe über einen letzten Artikel heißgeredet haben, da wir alle eine jeweils andere Meinung hatten, stellte ich irgendwann fest, das eines der Probleme in den Foren ganz bestimmt ist, das vielen Usern aus diversen Gründen die Streitkultur ein wenig abgeht und daher sich die Dinge schnell ins weniger erfreuliche wenden.

..

Ach was, das versteht doch eh mal wieder keiner, also Tacheles: In den Foren gibt es massive Hohlhupenvorkommen, die es für einen gelungenen Streit halten den anderen möglichst platt zu beleidigen und damit mächtig nerven, bis man gewillt ist besagten Schrumpfhirnträgern die unegalen Finger dieselbe Behandelung zukommen zu lassen wie einst die Obrigkeit dem Schnitzmeister Tillmann Riemenschneider. Was leider nicht einmal verbal wirklich gestattet ist, obwohl – manchmal denk ich mir schon, das es einen Versuch wert wäre.
Das grundlegende Problem ist also ein sprachliches, bzw. eines welches unseren Umgang mit der Sprache als Waffe angeht. Denn statt Skav und Katas, die uns auf dem Spielfeld gute Dienste leisten, stehen uns im Forum die Worte zu Verfügung und diese können durchaus eine Waffe sein.
Man kann aus seiner Sprache ein schimmerndes Schwert machen, welches eine Daune im Sinkflug zerteilt und welches selbst in der Lage ist eine Idee zu verhackstücken ... leider verfügen die meisten eher über ein olles Buttermesser, bei dem zudem noch die ganze Zeit der Griff abfällt. Das ist nicht nur schlecht, das ist vor allem für alle anderen unermesslich langweilig und bekanntlich ist das größte begehbare Verbrechen im virtuellen Raum das penetrante Verbreiten von Langweile.

Darum ein paar grundlegende Tipps zur Aufrüstung vom Buttermesser, in der Hoffnung auf künftige spannende Duelle:

1.
Vergesst alle herkömmliche Beschimpfungen, die hauen niemanden vom Hocker. Der eine Teil der Mitschreibenden hat eh gar nichts dafür über und ärgert sich nur drüber so was überhaupt lesen zu müssen (egal an wen es nun gerichtet ist), den Betreffenden ist es oft herzlich wumpe, weil die es eh drauf angelegt haben und der Rest stammt in direkter Linie von einem uralten Geschlecht arabischer Müllkutscher mit sizilianischen Ahnen ab und flucht euch ohne nicht nur an die Wand, sondern dadurch, durch die nächste Wand, über die Straße und aus dem ganzen Ort raus. Kurzum: Mit Beschimpfungen habt ihr keine, gar keine Chance. Das ruft nur alte arabische (und mit Pech sizilianische) Flüche hervor.

2.
Mache dich mit zwei bevorzugt unbekleidet rumlaufenden Damen bekannt, die trotzdem sogut wie nie wahrgenommen werden (obwohl beide über einen beachtlichen Vorbau verfügen): Frau Ironie und Frau Satire. Lungern eigentlich ständig zwischen den Zeilen rum und werden trotzdem konsequent übersehen.
Solltest du die zwei bisher übersehen haben, dann gibt es einige Methoden um festzustellen was schief lief. Überprüfe ob du wirklich nur Probleme mit der Verdauung hast oder ob es nicht doch ein Stock ist der in deinem Rektum steckt. Frage einige wirklich gute Freunde (Leute die dir sagen wenn dein Haarschnitt scheiße ist oder die Kleine von vorhin dich wirklich in die Wüste schickte) ob du zu penetranter Rechthaberei neigst. Auch ein „Öhm, weißt du ...“ bedeutet JA. Versuche dich mit der Idee anzufreunde „Andere Leute könnten auch eine berechtigte Meinung haben“.

3. Sei witzig, sei locker, sei lässig. Dein Kontrahent hat eben etwas gnadenlos dummes, verbohrtes und diffamierendes geschrieben und dir steht der Schaum vorm Mund? Wisch ihn ab und lächele – aber tue es mit gespitzten Zähnen und einer Tastatur die vorher tief ins Giftfässchen getaucht wurde. Laß dich nicht dazu herab wirklich auf den geballten Unsinn zu antworten, da kannst du nur verlieren, das ist seine Meinung und sein Realitätstunnel, von beiden wir er nicht um einen lausigen Millimeter abweichen. Denn du musst deinen Kontrahenten nicht wirklich überzeugen, viel geschickter ist es wenn du alle anderen auf deine Seite bekommst und dafür sorgst, das er als da dasteht, was er in deinen Augen eh bereits ist: Eine Lachnummer.

4. Keine Flames zum Thema Rechtschreibung. Jeder vertippt sich mal, jeder schreibt mal was komplett falsch. Und es bösartiges Karma sorgt zudem noch dafür, das in jedem zweiten Rechtschreibflame ein paar richtig peinliche Fehler sind.
Einzige legitime Ausnahme: Die Brüder, die derart an allen einmal zum Thema Schreibweise getroffenen Vereinbarungen vorbeischreiben, das es sich erst einmal wie ne fremde Sprache liest. Wenn einem da der eine oder andere Schmerzenschrei raus rutscht ist das nur menschlich.

5. Werde unsachlich, aber werde es mit Charme. Sachlichkeit ist doch nur ne müde Ausrede dafür das einem nichts gescheites einfällt und so was wie ne objektive Realität gibt es ohnehin nicht. Was dem einem ein Greul und grottenfalsch erscheint, hält der nächste für völlig normal. Kurzum: Sachlich bleiben ist die pure Zeitverschwendung. Außerdem erweckt es spätestens nach der dritten Mail den dringenden Eindruck als ob selbst Vollkontakt mit einem Presslufthammer für dich kaum eine nennenswerte Auflockerung bedeuten würde, was dann doch vermeidbar sein sollte.

6. Lerne über deinen Schatten zu springen. Ist der wichtigste Leitsatz jeder Streitkultur, denn irgendwann kommt der Augenblick, wo dir klar wird, das du eben (und viel schlimmer: Die ganzen ca. 72 Seiten Thread vorher ebenfalls) einen unsäglichen Bockmist in den Raum gestellt hast. Nickname wechseln und so tun, als hätte man mit der ganzen Sache nichts zu tun erscheint verlockender denn je, aber du weißt: Sie würden dich eh wieder erwischen.
Also spring über den Schatten und erklär fröhlich „Huch, da hab ich mich wohl ein wenig vertan, na Schwamm drüber“ und tu als sei alles ne Bagatelle. Okay, je nach Größe des gebauten Klopses wird es einem immer wieder unter die Nase gerieben werden, aber: Die anderen bauen auch Mist und wenn es an der Zeit ist, kannst du sie daran erinnern und damit zum Wahnsinn treiben.

Es gibt natürlich noch viel mehr zum Thema Streitkultur, doch eine wirklich erschöpfende Abhandelung würde 1. Mich beim schreiben über Gebühr erschöpfen und 2. euch als Leser erschöpfen. Spätestens wenn ihr vom weiterscrollen ne solide Blase habt. Doch wenn ihr alle mal versucht schon einmal diesen Ansatz zu verinnerlichen könnten wir demnächst interessante Zeiten im Forum erleben.
(Natürlich streng im Sinne des alten chinesischenFluchs)
 
Wissen die Leute wirklich nicht, dass man nicht einfach von einem Forum zum nächsten kopieren darf ohne die Autoren zu fragen?

Sorry, mich regt das auf!
:nudelwalk
 
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