Liebe Ne1e,
Erinnerungen sind nicht etwas Festes, sondern gleichen eher einer Konferenzschaltung eines großen Konzerns. Wen da also etwas entschieden, eine Lösung gefunden oder ein Verbesserungsvorschlag bearbeitet werden soll, werden alle wichtige Teilnehmer miteinander verbunden. Es werden aber nicht alle Teilnehmer aus der Telefonliste eingeladen, die am ursprünglichen Thema mit beteiligt waren, sondern nur jene, die für die neue Aufgabe relevant sind. Auf das neuronale Netz übertragen, bedeutet das, dass sich bei jedem Erinnern auch diese „Telefonliste“ verändert. Das heißt also, dass sich auf diese subtile Weise unmerklich die Erinnerung verändert.
Beispiel:
Ein Problem taucht im Konzern auf und damit wird die Konferenzschaltung einer ähnlichen Sache aufgerufen. Da jetzt das Ausmaß dieses Problems noch nicht feststeht, wird also auch der Chef der Security mit einbezogen. Das Thema wird nun von allen Seiten beleuchtet und durchgespielt.
Es stellt sich dann heraus, dass das Ganze nicht ganz so schlimm ist als befürchtet und heftet sie in den Akten ab oder legt es in die Wiedervorlage zurück. Es wird nun Entwarnung gegeben, wobei man dann in der nächsten Konferenz den Chef der Security nicht mehr beteiligt, sondern sich mit einem seiner Angestellten begnügt oder auf diese Abteilung ganz verzichtet. Anderseits werden dann aber noch Teilnehmer zugeschaltet, die in diesem speziellen Fall zur Lösung beitragen könnten. Die Konferenzen werden nun solange einberufen, bis zu dem Problem usw. eine befriedigende Lösung gefunden wurde.
Gerade die Träume spielen bei der Pflege der Erinnerungen eine entscheidende Rolle, also verändern sich auch hier die neuronalen Verbindungen (die Telefonlisten). Ein Albtraum verliert so zum Beispiel den gewaltigen Druck der Angst, nur durch die bloße Beteiligung der rationalen Logik (der Chef der Security [Hippocampus]). Es kommt also nicht unbedingt darauf an, dass Du hier jetzt eine bewusste Entscheidung treffen musst, denn die neuronalen Verbindungen können nur indirekt beeinflusst werden.
Für unsere Befindlichkeit und unser Tun sind im großen Maße die Stimmungen verantwortlich. Da kannst Du dann zwar rational auch die Parole „Mir geht es gut“ ausgeben, ob das aber tatsächlich so ist, ist eine andere Frage. So wie Stimmungen aus dem Alltag in die Traumwelt schwappen, so bestimmen sie auch aus der Traumwelt den Alltag.
Ich merke in meinen eigenen Träumen auch oft, wie sie sich durch das bloße Beschäftigen verändern und um diese subtile Seelenpflege geht es. Ich weiß, dass dies alles nur sehr schwer durchschaubar ist, deshalb sollte man einfach diesen unbewussten Kräften mehr vertrauen.
Wenn Du also intuitiv das Gefühl hast, einen Traum einigermaßen erfasst zu haben, ist da schon mehr erreicht, als Deine rationale Logik glaubt, tun zu müssen. Es ist wie bei einem Kind, bei dem man über einen Traum auch nur sprechen sollte, wenn es selbst darüber sprechen möchte. Deine Seele hatte etwas auf dem Tisch ausgebreitet, über das sie mit Dir reden möchte und Du hast ihr zugehört und ernst genommen.
Ja und manche Dinge aus der Vergangenheit können nicht mehr gestaltet werden, aber man kann die Erinnerungen daran verändern und lernen mit ihnen anders umzugehen. Eine der wichtigen Aufgaben unserer Träume.
Merlin
