Ich bin ein bisschen verwirrt über diese Fragestellung. Sie ist so gestellt, als sei überhaupt schon auf der Seite des einen Menschen gegeben, was auch immer an Gefühlen in jener Person vorhanden ist und es ginge jetzt nur noch darum für den andern Menschen herauszufinden, worum es sich "in Wahrheit" dabei handeln würde, und das Problem sei dabei eben, WIE das zu bewerkstelligen sei und dass es vielleicht sogar ganz und gar unmöglich sein könnte.
Aber, mich deucht die Sache überhaupt nicht so eindeutig: Wer sagt denn, dass durch den Akt der Wahrnehmung (egal, wie diese Wahrnehmung nun geschehe) nicht auch die Gefühle des Wahrgenommenen beeinflusst und also verändert werden? Menschen sind keine atomaren Wesen, sondern offene Systeme, die mit anderen offenen Systemen im dynamischen Austausch stehen, um das mal etwas verkompliziert auszudrücken. Diverseste Studien haben gezeigt, dass alleine schon bewusst geschenkte Aufmerksamkeit das Verhalten und Empfinden eines Menschen nachträglich verändern kann. Um das einzusehen, braucht man wirklich kein Wissenschaftler zu sein.
Somit ist die Situation noch "schlimmer", als die Frage impliziert: Denn es ist nicht nur nicht möglich, "korrekt" die Gefühle des anderen wahrzunehmen - was auch immer das heissen möge - sondern es ist noch nicht einmal möglich, das zu tun, ohne die andere Person gleichzeitig zu beeinflussen.
Oder anders ausgedrückt: Die Idee des unbeteiligten Beobachters ist eine Illusion. (Übrigens verbirgt sich dahinter ein Paradigmenstreit, der bis heute in den Wissenschaften nicht gelöst ist und verbittert ausgetragen wird.)