Hallo Zusammen!
Momentan ziemlich zwischen den Stühlen sitzend, könnte ich dringend etwas konstruktiv-objektive Unterstützung bei der Orientierungsfindung gebrauchen.
Denn diese ist mir nachdem ich sie in dieser schwierigen Situation anfangs zu haben glaubte nun irgendwie verloren gegangen.
Auf der einen Seite ist meine langjährige Lebensgefährtin, welche seit einigen Jahren schwer erkrankt und deshalb auf meine Hilfe angewiesen ist.
Auf der anderen Seite habe ich mich auf eine Beziehung eingelassen, aus welcher nun zwei Kinder (Zwillinge) entstanden sind.
Für Beide fühle ich mich in gewisser Weise verantwortlich aber beiden Seiten gerecht zu werden, scheint ein Ding der Unmöglichkeit. (Zumal es die eine kategorisch ablehnt und die andere noch nicht mal etwas davon weiß.)
Und wie üblich in solchen Lagen, bekommt man natürlich von allen Seiten wohlmeinende Ratschläge. Allerdings könnten die wohl kaum gegensätzlicher sein.
Da wären einerseits die nennen wir sie mal etwas vereinfacht "Moralisten" für die es außer Frage steht, dass mein Platz auf jeden Fall nur an der Seite meiner kranken Lebensgefährtin sein könne (die Variante, die ich selbst anfangs auch für die einzig richtige hielt woran mir aber nun von Tag zu Tag mehr Zweifel kommen)
und andererseits die vielleicht etwas "spiritueller Angehauchten", die die Meinung vertreten, dass es niemals die Aufgabe eines Menschen sein kann, sich für einen anderen erwachsenen Menschen aufzuopfern, weil jeder sein eigenes Schicksal tragen muß und deshalb mein Platz auf jeden Fall bei den beiden kleinen Kindern, den neuen Leben sei, die ja wohl nicht ganz zufällig in mein Leben geschneit seien.
Einige meinen (insbesondere aus dem Lager der Spirituellen), ich solle einfach auf mein Herz hören. Leichter gesagt als getan, wenn dieses beides möchte und deshalb kurz vor dem Zerreißen steht. Niemals zuvor war mir so bewußt, wie viele verschiedene Formen von Liebe es gibt.
Von den Spirituellen bekomme ich auch immer wieder zu hören, dass nur das, was uns selbst glücklich macht, der richtige Weg sein kann.
Das erscheint mir allerdings etwas zu einfach. Denn wenn Alle immer nur das tun würden, worauf sie frei übersetzt grad Bock haben und Schwierigkeiten und Verantwortung einfach aus dem Weg gehen, dann würde ich nicht wissen wollen, in welchem Zustand unsere Welt wäre.
Ich war bislang stets der Überzeugung, dass man immer die Wahl zwischen richtig und falsch hat und dass es zu unseren Aufgaben im Leben gehört, die richtigen Entscheidungen zu treffen ob einem diese nun gefallen, oder nicht.
Aber dieser Maßstab ist mir nun irgendwie abhanden gekommen denn momentan habe ich das Gefühl, dass wie immer ich mich auch entscheide, dies nur falsch sein kann.
Hat irgend jemand einen Kompaß für mich? Was ist in diesem Falle richtig? Wo ist mein Platz? Oder seh ich nur einfach den Wald vor lauter Bäumen nicht?
Für Eure Hilfe schon mal lieben Dank!
S.
Hi Searcher!
Ich habe jetzt nur Deinen Eingangsbeitrag gelesen...
Es gibt eine simple gedankliche Methode, um sozusagen die eigenen Grenzen abzustecken... sie zu erkennen.
Das erste ist, dass Du Dich fragst, was Du wollen und wie Du handeln würdest, wenn aus Deinem Handeln für niemanden Leid und für niemanden (v.a. Dich selbst) Schuld entstehen würde. Das wäre dann der Part von wegen "Deinem Herzen folgen". Wahre Freiheit in der Abwesenheit von Leid.
Nur... das dann einfach zu tun, ist erst mal irrational, weil der Aspekt der es anders sieht nicht einfach verschwunden ist. Und er ist es auch deshalb nicht, weil er Argumente auf seiner Seite hat, die Du nicht einfach wie in meinem "Gedankenmodell" ignorieren kannst und auch nicht willst.
Diesen zweiten Pol kannst Du Dir etwa mit der Frage anschauen, wie Du handeln würdest, wenn Du Deine eigenen Wünsche absolut zurückschraubst und alles nur aus Verpflichtung tust. Da muss differenziert werden, weil ich meine damit, dass in diesen Bereich n i c h t das fällt was Nächstenliebe genannt wird und ist... also Dein aufrichtiger Wunsch, dass es Deiner Lebensgefährtin besser geht, auch mit Deiner Hilfe... fällt nicht unter diesen Bereich. Dieses Extrem das ich jetzt meine ist ein psychologisches Gebilde aus Schuld, Bedingungen, Verpflichtungen. "Dort" entspringt jede Handlung einer Angst-Motivation ("Ich darf/kann nicht, sonst .......).
Während der erste Punkt sehr simpel ist, weil man lediglich sehr vieles ausklammert und sich kurz vorstellt wie es wäre, wenn all das was Leid bringt abwesend wäre, ist dieser Verpflichtungs-Komplex sehr kompliziert.
Und m.A.n. ist das Beste das man für sich, und tatsächlich auch für alle im eigenen Umfeld tun kann, das möglichst aufzulösen, durch bewusstmachen... erkennen. Es ist nicht wirklich ein Auflösen, es ist eher ein relativieren. Und anders als viele denken, wird man in der Folge nicht amoralisch handeln. Man wird die Dinge klarer sehen, man erkennt wo man tatsächlich helfen kann und wo nicht. Man erkennt wo die eigene Verantwortung beginnt und wo die der anderen beginnt. Dein Wunsch Deiner Lebenspartnerin beizustehen würde dann tatsächlich rein unter dem Aspekt stehen, dass Du ihr Bestes wünscht... nicht mehr unter Schuldgedanken im Sinne von "Ich kann und darf ihr das nicht antun." Und vor allem: Man erkennt dann dass es nie nur entweder oder gibt und dass das Beste für einen selbst nicht in Opposition zum Besten anderer stehen muss, sondern dass es sogar umgekehrt ist.
Es ist simpel wie auch schwer... Versuch es einfach mal Testweise, dass Du diesen Teil in Dir, der ausschließlich auf der Basis von Überzeugungen über Verpflichtung, Schuld, Angst, Sorge usw. handelt/handeln würde auf Papier bringst und sozusagen sanft hinterfragst... Es hört sich etwas fies an, aber der tarnt sich sozusagen als "Gutmensch"... funktioniert aber letztlich destruktiv, da die Motivation auf Angst basiert. Vergleich das mit dem Wunsch dass es anderen gut geht.. Es ist wirklich ein Unterschied. Wenn man möglichst viel dieser Argumentation bewusst macht, löst es sich. Das kann bei einzelnen Punkten sogar schlagartig geschehen.
VG,
C.