Wissenschaftlicher Vergleich von Therevada- und Vajrayana-Meditationstechniken

http://en.wikipedia.org/wiki/Skandha schrieb:
In Buddhist phenomenology and soteriology, the skandhas (Sanskrit) or khandhas (Pāḷi), aggregates in English, are the five functions or aspects that constitute the sentient being.[a] The Buddha teaches that nothing among them is really "I" or "mine".

(Hervorhebung von mir.)

Im Therevada-Buddhismus ist der Geist vollständig aus fünf Komponenten - den Skandhas - aufgebaut. Mehr als diese fünf ist meines Wissens nirgendwo beschrieben, Rigpa beispielsweise kommt in den traditionellen Therevada-Schriften nicht vor.

Diese fünf sind:
  1. Rupa-Skandha
  2. Vedana-Skandha
  3. Samjna-Skandha
  4. Samskara-Skandha
  5. Vijnana-Skanda
Das Vijnana-Skandha wird oft mit "Bewusstsein" übersetzt, aber gemeint ist das Bewusstsein eines jeweiligen Geistesmoments - von Moment zu Moment, und zwar diskontinuierlich, sozusagen wie ein Blinklicht. Es gibt darüberhinaus nirgendwo in diesem Modell ein Grundgewahrsein, welches diesen Bewusstseinsmomenten zugrundeliegen oder sie miteinander verbinden würde.

Ein solches zu postulieren mag vielleicht aus unserer westlichen Sicht durchaus Sinn machen, aber es handelt sich bei einer solchen Interpretation halt eben nicht mehr um Therevada-Buddhismus. Ich sage somit nicht, dass dein Modell des Geistes falsch ist, aber ich sage, dass deine Auslegung oder dein Modell sich nicht mit den Lehren des Therevada-Buddhismus deckt. Das heisst ebenfalls nicht, dass Meditation nach deinem Modell nicht ebenfalls zu guten Resultaten führen kann.

Spätere Schulen begannen dieses Modell zu modifizieren, damit es besser in ihr eigenes Lehrsystem, ihre Meditationstechniken und ihre Auslegungen der buddhistischen Lehren passen würde. Während das aus ihrer eigenen Sicht zwar eine logische Weiterentwicklung darstellte, stellte das für die frühen buddhistischen Schulen (welche Vorgänger von Therevada sind - denn auch Therevada letztlich ist eine Entwicklung aus diesen früheren Schulen) eine Degeneration der Lehren dar. Es gibt bis heute hitzige Dispute darüber, welches das korrekte Modell des Geistes ist. Selbst im Vajrayana stimmen verschiedene Schulen in wichtigen Details miteinander nicht überein.

Die Yogacara-Schule beispielsweise nannte acht verschiedene Aspekte des Geistes, wovon fünf beispielsweise mehr oder weniger den Skandhas entspechen, drei jedoch im ursprünglichen Modell nicht vorkommen. Wir haben hier jedoch den Therevada bereits verlassen. In diesem Modell ist das achte Element dasjenige, welches am nächsten der Idee eines Grundgewahrseins kommt. Die Idee von Gewahrsein ist also zwar buddhistisch, aber sie ist nicht Therevada-konform. Auch über das siebte Element, das "Alaya-Bewusstsein", herrscht keine Einigkeit. Einige Schulen sehen das als individuell, andere als kollektiv.

Wie auch immer.

Die genannte Studie bezeugt, dass Vipassana und Rigpa-Meditation zu unterschiedlichen neurophysiologischen Korrelaten führen, dass Kisana-/Vipassana-Meditation eher "relaxing" und Deity-/Rigpa-Meditation eher "exciting" wirkt. Und zwar unabhängig von der philosophischen Interpretation und Auslegung. Und das alleine ist schon äusserst bemerkenswert.
 
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Die genannte Studie bezeugt, dass Vipassana und Rigpa-Meditation zu unterschiedlichen neurophysiologischen Korrelaten führen, dass Kisana-/Vipassana-Meditation eher "relaxing" und Deity-/Rigpa-Meditation eher "exciting" wirkt. Und zwar unabhängig von der philosophischen Interpretation und Auslegung. Und das alleine ist schon äusserst bemerkenswert.



Ja, und das ist auch völlig nachvollziehbar wenn man bedenkt daß die Techniken von vorne herein ein unterschiedliches Ziel haben.
 
(Selbst im Vajrayana stimmen verschiedene Schulen in wichtigen Details miteinander nicht überein..



Stimmt nicht. Die Ansätze sind etwas unterschiedlich in ihrer Gewichtung verschiedener Aspekte dieses Pfads, es gibt aber keine grundlegenden Unterschiede in der Lehrmeinung.
 
Stimmt nicht. Die Ansätze sind etwas unterschiedlich in ihrer Gewichtung verschiedener Aspekte dieses Pfads, es gibt aber keine grundlegenden Unterschiede in der Lehrmeinung.
Ach so. Dann fantasiert Berzin hier wohl, wenn er schreibt:
http://www.berzinarchives.com/web/en/archives/advanced/tantra/level4_advanced_points/alaya_impure_02.html schrieb:
All four traditions of Tibetan Buddhism accept that the Chittamatra (sems-tsam, mind-only) system of Indian Buddhist tenets asserts alayavijnana (kun-gzhi rnam-shes, all-encompassing foundation consciousness, storehouse consciousness) as a truly existent (bden-grub) unclear consciousness that underlies all moments of cognition before enlightenment. It serves as the basis for imputation of the habits of unawareness and of karma, continues from lifetime to lifetime, but ceases with the attainment of Buddhahood.

The non-Gelug traditions – Sakya, Kagyu, Nyingma – accept that the Madhyamaka tenet systems that make positive assertions about reality (all Madhyamaka systems other than Prasangika) also assert alayavijnana. These Madhyamaka systems, however, assert only a conventionally existent (tha-snyad-du yod-pa) alayavijnana, not an ultimately existent one (don-dam-du yod-pa). The conventionally existent alayavijnana, however, lacks true existence.
Es gibt noch eine Menge weiterer Unterschiede zwischen den verschiedenen Schulen, aber ich habe das nicht studiert, und es interessiert mich ab einem gewissen Grad auch nicht mehr.
 
Ach so. Dann fantasiert Berzin hier wohl, wenn er schreibt:

Es gibt noch eine Menge weiterer Unterschiede zwischen den verschiedenen Schulen, aber ich habe das nicht studiert, und es interessiert mich ab einem gewissen Grad auch nicht mehr.


Das sind minimale Unterschiede in der philosophischen Erklärung von Leerheit. Was unterschiedlich ist in der Erklärung der philosophischen Lehrinhalte ist vor allem die Terminologie die verendet wird.

Das sind Dinge mit denen sich die Geshes und Khenpos in der akademischen Diskussion austauschen können, das hat keinen Einfluss auf die Meditationsausübung oder auf das grundlegende Verständnis dieser Themen für "informierte Laienpraktizierende".

Ich kenne sowohl die Gelug als auch die Nyingma Schule aus eigenem Ansehen von innen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo fckw,

also mir fällt auf, dass hier für den Theravada lediglich Vipassana und Anapana untersucht wurden, jedoch nicht Metta-Meditation.
Die Metta-Meditation wurde z.B. in dieser Studie untersucht http://www.sueddeutsche.de/wissen/neuro-experiment-moenche-in-der-magnetroehre-1.912829
Auch wenn dies keine Theravada-Tradition war, so zeigt diese Studie immerhin, dass die Metta-Meditation mit extremer Gamma-Aktivität einher gehen kann.

Was nun die Studie angeht, die du hier vorgestellt hast, so irritiert mich, dass hier einerseits zwar von Geistes-Aktivität gesprochen wird, andererseits jedoch vom sympathischen und parasympathischen Nervensystem.
Das Problem hierbei ist, dass nur entweder das sympathische oder das paraysmpathische Nervensystem starkt aktiviert sein kann, jedoch nicht beide.
Dies gilt jedoch nicht für die entsprechenden EEG-Frequenzen: es kann nämlich sehr gut sein, dass Theta/Alpha-Wellen und Gamma-Wellen PARALLEL aktiviert sein können. Das würde dafür sprechen, dass zwar das parasympathische System durchaus aktiviert sein kann, aber ZUGLEICH eine sehr aktive Gamma-Aktivität vorliegen kann.

Dass bei der Meditation überhaupt das sympathische Nervensystem aktiviert wird, das sehe ich erst einmal als Nachteil. Mir ist nicht klar, weshalb dies in irgend einer Weise vorteilhaft sein soll. Der Sympathikus wird in Stress-Situationen, beim Sport, bei Aufregung aktiviert und Entspannungsverfahren zielen gerade darauf, das Gegensystem des Parasympathikus zu aktivieren, der in Verbindung zum Immunsystem steht, während der Sympathikus eher zur erhöhten Adrenalin und Kortisol-Ausschüttung führen kann.

Ich werde mir die Studie noch einmal genauer durchlesen, aber dies sind meine ersten Gedanken hierzu.
 
also mir fällt auf, dass hier für den Theravada lediglich Vipassana und Anapana untersucht wurden, jedoch nicht Metta-Meditation.
Die Metta-Meditation wurde z.B. in dieser Studie untersucht http://www.sueddeutsche.de/wissen/neuro-experiment-moenche-in-der-magnetroehre-1.912829
Auch wenn dies keine Theravada-Tradition war, so zeigt diese Studie immerhin, dass die Metta-Meditation mit extremer Gamma-Aktivität einher gehen kann.
Das ist richtig, es wurden keine Meditationen wie Metta, Karuna usw. geprüft, genausowenig wie z.B. Tonglen. Offenbar war das nicht als Ziel in der Studie vorgesehen.
Was nun die Studie angeht, die du hier vorgestellt hast, so irritiert mich, dass hier einerseits zwar von Geistes-Aktivität gesprochen wird, andererseits jedoch vom sympathischen und parasympathischen Nervensystem.
Das Problem hierbei ist, dass nur entweder das sympathische oder das paraysmpathische Nervensystem starkt aktiviert sein kann, jedoch nicht beide.
Dies gilt jedoch nicht für die entsprechenden EEG-Frequenzen: es kann nämlich sehr gut sein, dass Theta/Alpha-Wellen und Gamma-Wellen PARALLEL aktiviert sein können. Das würde dafür sprechen, dass zwar das parasympathische System durchaus aktiviert sein kann, aber ZUGLEICH eine sehr aktive Gamma-Aktivität vorliegen kann.
So weit ich den Sachverhalt verstehe, ist es so, dass bisher viele Studien implizit Meditation in die Kategorien "Focused Attention" (FA) oder "Open Monitoring" (OM) Meditation einteilten. Diese Kategorisierung ist relativ stark geprägt durch die Therevada-Tradition, wo Konzentration und Mindfulness als die zwei grundlegenden Merkmale aller Meditation angesehen werden. Ein Ziel der Studie war es zu überprüfen, inwiefern diese Kategorisierung tatsächlich geeignet ist aus einer neurophysiologischen Sichtweise. Das Resultat war offenbar, dass eine solche Kategorisierung den beobachteten Sachverhalt ungenügend abbilden konnte. Auf der Basis der gefundenen Resultate schlugen dann die Macher der Studie vor, Meditation eher nach dem Kriterion, ob sie sympathisch oder parasympathisch wirkt einzuteilen.

Ich persönlich denke, das ist eine interessante Feststellung der Wissenschaftler, aber ich glaube, sie benötigt erst noch Bestätigung von anderer Seite. Gewisse Zweifel bleiben übrigens auch von meiner Seite, ob diese Kategorisierung nicht wiederum zu vereinfachend ist, oder ob es dort weitere unbeobachtete Effekte gab, die einen Einfluss auf das Resultat ausübten (beispielsweise die Art und Weise, wie in besagtem Kloster Vipassana gelehrt wurde). Aus meiner eigenen, ganz subjektiven Erfahrung wirkt Vipassana nicht notwendigerweise parasympathisch, in dieser Hinscht hat mich das Resultat auch ein wenig überrascht. Aber meine subjektive Erfahrung kann natürlich von einer neurophysiologischen Messung abweisen. Aber weiter ist die Forschung halt offenbar zur Zeit nicht.
Dass bei der Meditation überhaupt das sympathische Nervensystem aktiviert wird, das sehe ich erst einmal als Nachteil. Mir ist nicht klar, weshalb dies in irgend einer Weise vorteilhaft sein soll. Der Sympathikus wird in Stress-Situationen, beim Sport, bei Aufregung aktiviert und Entspannungsverfahren zielen gerade darauf, das Gegensystem des Parasympathikus zu aktivieren, der in Verbindung zum Immunsystem steht, während der Sympathikus eher zur erhöhten Adrenalin und Kortisol-Ausschüttung führen kann.
Genau das ist ja das interessanteste Ergebnis der Studie. Es wird ja üblicherweise davon ausgegangen, dass eine wiederholte sympathische Aktivierung des Nervensystems tendentiell eher mit Stresssymptomen einhergeht, also eher negativ besetzt ist. Es gibt also drei Möglichkeiten:
1. Besagte sympathische Meditationen sind ungesund.
2. Die herkömmlichen Vorstellungen bezüglich Aktivierung des sympathischen Nervensystems und Stress müssten hinterfragt werden. Damit eine sympathische Aktivierung negativ wirkt, müssen offenbar weitere Faktoren berücksichtigt werden, denen bisher zuwenig Aufmerksamkeit geschenkt wird.
3. Die Resultate der Studie sind leider falsch. (Falsche Messungen, falsche Konklusionen, Zufallsresultate usw.)

Ich denke, 1) kann ausgeschlossen werden. 3) wäre immerhin möglich. 2) erscheint mir die wahrscheinlichste Variante. Wobei, wie gesagt, ich noch gewisse Zweifel daran habe, ob Therevada-Vipassana & Kasina-Konzentration tatsächlich parasympathisch und gleichzeitig Meditation auf den Yidam & Rigpa-Meditation sympathisch wirkt. Rein intuitiv habe ich den Eindruck, hier wurde noch nicht alles verstanden.
Ich werde mir die Studie noch einmal genauer durchlesen, aber dies sind meine ersten Gedanken hierzu.
Man muss übrigens anmerken, dass es sich beim gewählten Journal nicht unbedingt um das qualitativ allerbeste wissenschaftliche Journal in dem Bereich handelt. Trotzdem würde ich keineswegs die Studie einfach als Scharlatanerie abtun. Mir scheint, hier wurde ein wichtiger Input geliefert, und es wäre nun Aufgabe der Community, diesen Input angemessen zu würdigen und an den aufgeworfenen Fragen weiterzuarbeiten.
 
So weit ich den Sachverhalt verstehe, ist es so, dass bisher viele Studien implizit Meditation in die Kategorien "Focused Attention" (FA) oder "Open Monitoring" (OM) Meditation einteilten. Diese Kategorisierung ist relativ stark geprägt durch die Therevada-Tradition, wo Konzentration und Mindfulness als die zwei grundlegenden Merkmale aller Meditation angesehen werden. Ein Ziel der Studie war es zu überprüfen, inwiefern diese Kategorisierung tatsächlich geeignet ist aus einer neurophysiologischen Sichtweise.
ja, das ist eine interessante Ziel- und Fragestellung.

Das Resultat war offenbar, dass eine solche Kategorisierung den beobachteten Sachverhalt ungenügend abbilden konnte. Auf der Basis der gefundenen Resultate schlugen dann die Macher der Studie vor, Meditation eher nach dem Kriterion, ob sie sympathisch oder parasympathisch wirkt einzuteilen.
mich wundert hier, dass nicht auf Gehirn-Bereiche verwiesen wird, womit ich die "neurophysiologische Sichtweise" eher verbinde, denn die beiden Untersysteme (SP, PS) des autonomen Nervensystems wurden ja schon von Selye und Cannon ca. 1930 untersucht.

Ich persönlich denke, das ist eine interessante Feststellung der Wissenschaftler, aber ich glaube, sie benötigt erst noch Bestätigung von anderer Seite. Gewisse Zweifel bleiben übrigens auch von meiner Seite, ob diese Kategorisierung nicht wiederum zu vereinfachend ist, oder ob es dort weitere unbeobachtete Effekte gab, die einen Einfluss auf das Resultat ausübten (beispielsweise die Art und Weise, wie in besagtem Kloster Vipassana gelehrt wurde).

Mein Eindruck ist eben gerade, dass mit sympathischer oder auch parasympathischer Aktivität des AS durchaus sehr verschiedene Gehirnaktivitäten einhergehen können. So kann man ja durchaus verschiedene Beta-Bereiche unterscheiden, wobei Stress vor allem im oberen Beta-Bereich angesiedelt wird. Fraglich wäre, inwiefern Gamma-Aktivität auf sympathischer Aktivierung fußt.
Andererseits ist eben gerade auch mein Eindruck, dass bestimmte Meditationstechniken sich gerade dadurch auszeichnen, dass sie mehrere Frequenzbereiche abdecken, also einerseits Alpha und gar Theta-Wellen - wie in der Tiefenentspannung - und zugleich Gamma-Wellen, die noch über dem Beta-Bereich liegen.
In der von mir verlinkten STudie wurde ja nachgewiesen, dass sich bei Langzeitmeditierenden über den gesamten Neokortex Gamma-Wellen ausbreiten können, die für höchste kognitive Leistung stehen, und die normalerweise nur bereichsgebunden nachgewiesen werden.

Aus meiner eigenen, ganz subjektiven Erfahrung wirkt Vipassana nicht notwendigerweise parasympathisch, in dieser Hinscht hat mich das Resultat auch ein wenig überrascht. Aber meine subjektive Erfahrung kann natürlich von einer neurophysiologischen Messung abweisen. Aber weiter ist die Forschung halt offenbar zur Zeit nicht.
ich würde hier sagen, dass Vipassana parasympathische Aktivität voraussetzt.
Wenn ich 4-5 Tage oder länger zunächst Anapana praktiziere, dann wird mein Geist zwar konzentriert und feiner, aber vor allem wird mein Körper-Leib-Geist auch ruhiger und ich insgesamt entpsannter. BEIDES: Entspannung/Gelassenheit UND Konzentration, konzentrierte Achtsamkeit, Beobachter-Stabilität zeichnet meines Erachtens Upekkha aus.
Wenn ich nicht einigermaßen entspannt wäre, müsste ich ständig Vipassana abbrechen, denn die Anweisung, die ich kenne, heißt, dass der Atem ähnlich ruhig wie bei Anapana bleiben sollte und dass, wenn dieser zu unruhig wird, es durchaus sinnvoll sein kann, wieder zu Anapana zurück zu kehren, bis der Geist so ruhig und entspannt ist, dass Vipassana wieder möglich wird.
Und ich verstehe und erkläre mir die Bangha-Erfahrung auch so, dass sie einen Zustand von sehr starker Entspannung und zugleich Wachheit darstellt.
- weit entfernet von Erleuchtungszuständen, aber doch ein sehr spezifisches lebendiges Phänomen, das wir normlerweise im Alltag niemals erfahren würden. In meiner Bangha-Erfahrung kribbelte mein gesamter Körper-Geist-Leib, wie ich das annährend nur von sehr intensiven Tiefenentspannungstechniken kenne. Zugleich war mein Geist aber wach und ich musste mich nicht bewusst entspannen.




Genau das ist ja das interessanteste Ergebnis der Studie. Es wird ja üblicherweise davon ausgegangen, dass eine wiederholte sympathische Aktivierung des Nervensystems tendentiell eher mit Stresssymptomen einhergeht, also eher negativ besetzt ist. Es gibt also drei Möglichkeiten:
1. Besagte sympathische Meditationen sind ungesund.
2. Die herkömmlichen Vorstellungen bezüglich Aktivierung des sympathischen Nervensystems und Stress müssten hinterfragt werden. Damit eine sympathische Aktivierung negativ wirkt, müssen offenbar weitere Faktoren berücksichtigt werden, denen bisher zuwenig Aufmerksamkeit geschenkt wird.
3. Die Resultate der Studie sind leider falsch. (Falsche Messungen, falsche Konklusionen, Zufallsresultate usw.)
oder 4. bzw. verwandt mit 2.: "Stress" bezieht sich auf den oberen Beta-Bereich; und für noch wachere, konzentriertere, hochleistungsfähigere Gedanken ist der Gamma-Bereich zuständig, der ebenfalls mit einer sympathischen Aktivität einhergehen kann - eventuell aber auch mit parasympathischer Aktivität gekoppelt werden kann.
Der niedrigeste Beta-Bereich beginnt ja schon bei entspanntem Geist, wenn gerade einmal die Augen geöffnet werden, so dass hier auch Neurofeedback-Verfahren ansetzen können.

Ich denke, 1) kann ausgeschlossen werden. 3) wäre immerhin möglich. 2) erscheint mir die wahrscheinlichste Variante. Wobei, wie gesagt, ich noch gewisse Zweifel daran habe, ob Therevada-Vipassana & Kasina-Konzentration tatsächlich parasympathisch und gleichzeitig Meditation auf den Yidam & Rigpa-Meditation sympathisch wirkt. Rein intuitiv habe ich den Eindruck, hier wurde noch nicht alles verstanden.
ja, das ist auch mein Eindruck: dass die Konzepte noch zu grob sind.

Man muss übrigens anmerken, dass es sich beim gewählten Journal nicht unbedingt um das qualitativ allerbeste wissenschaftliche Journal in dem Bereich handelt. Trotzdem würde ich keineswegs die Studie einfach als Scharlatanerie abtun. Mir scheint, hier wurde ein wichtiger Input geliefert, und es wäre nun Aufgabe der Community, diesen Input angemessen zu würdigen und an den aufgeworfenen Fragen weiterzuarbeiten.
verstehe. Die empirischen Messungen wurden sicherlich zuverlässig durchgeführt, aber fraglich ist wohl wie viele und welche durchgeführt wurden (fMRT, EEG ?!) und wie die konzeptionelle Verarbeitung dieser.
 
Hier noch ein Auszug aus den Berzin-Archiven zum Unterschied zwischen Vipassana und Dzogchen (Quelle):
Berzin schrieb:
Im Bereich des Theravada-Buddhismus bedeutet Vipassana- Meditation (tib. lhag-mthong, Skt. vipashyana), das Entstehen und Vergehen von Momenten des konzeptuellen Denkens festzustellen und zu beobachten, jedoch nicht durch die ‚Augen’ eines unabhängig existierenden ‚Ichs’ als dem Beobachter. Anhand dieses Vorgehens erkennen wir die Vergänglichkeit oder die flüchtige Natur konzeptueller Gedanken sowie geistiger Aktivität im Allgemeinen. Wir erkennen auch, dass geistige Aktivität auftritt, ohne dass ein unabhängiger Handelnder namens ‚Ich’ sie beobachtet oder geschehen lässt.

Im Gegensatz dazu konzentriert sich die Dzogchen-Meditation auf das gleichzeitige Entstehen, Verweilen und Vergehen der Momente konzeptuellen Denkens – es stellt sie nicht nur fest und beobachtet sie. Dies erlaubt uns, zuerst das strahlenden Rigpa zu erkennen – den Aspekt von Rigpa, der spontan das Auftreten von gleichzeitig entstehenden, verweilenden und vergehenden Gedanken hervorbringt. Als nächstes gestattet es uns, essentielles Rigpa zu erkennen – den Aspekt von Rigpa, der den wahrnehmenden Raum ausmacht, der jedem Moment geistiger Aktivität zugrunde liegt und der das spontane Auftreten gleichzeitig entstehender, verweilender und vergehender Gedanken ermöglicht.
Bis hier stimme ich mit Berzin überein, seine Schilderung entspricht meiner eigenen Erfahrung.
Berzin schrieb:
Darüber hinaus befasst sich Vipassana nur mit den gröberen Ebenen geistiger Aktivität, wohingegen Dzogchen Zugang zur subtilsten Ebene, Rigpa, hat.
Das hingegen halte ich für eine Behauptung, wie sie leider im Vajrayana immer wieder gefunden werden kann, welche ich so aus meiner Erfahrung nicht bestätigen kann. Vollständig falsch ist das aber wiederum auch nicht. Die Sache ist also kompliziert.

Das Problem ist, dass nicht genau definiert ist, was genau mit "gröberen" oder "subtileren" Ebenen des Geists gemeint ist. Zwischen der grundlegenden Erkenntnis von Anatta und Shunyata, welche durch beide Methoden erreichbar ist, gibt es meiner Erfahrung nach keinen Unterschied. Und kann es auch keinen geben.
Allerdings besitzt Dzogchen (wie auch Mahamudra) Techniken, welche die Eigenschaft des Geistes, Zeit und Raum hervorzubringen, auflösen. Vipassana besitzt diese nicht, was - zumindest glaube ich das - nicht heisst, dass sie nicht prinzipiell auch in diese Meditationstechnik aufgenommen werden könnten. Das Problem ist jedoch, dass es gewisse grundsätzliche philosophische Unterschiede zwischen der Therevada- und der Dzogchen-Schule gibt, die ich als unvereinbar einschätze. Aus Sicht der Therevada-Schule wird durch das Postulieren von Rigpa quasi ein "Selbst durch die Hintertür eingeführt". Aus Sicht der Dzogchen-Schule hingegen (an-) erkennt Therevada nicht, dass es einen Geist unterhalb von Sem (~ bewegter oder denkender Geist, Intellekt) gibt oder geben kann. Das heisst nicht, dass Vipassana während der Meditation keinen Zugriff auf diese Ebene hat oder haben könnte, es heisst aber, dass Vipassana dieser Ebene sozusagen keine Beachtung schenkt, weil sie anders interpretiert wird als beispielsweise im Dzogchen.

Mit anderen Worten: Der Vorwurf von der Dzogchen-Schule, Therevada würde sich nur mit den gröberen Geistesarten befassten, stimmt zwar womöglich aus ihrer eigenen Sichtweise. Also nur solange akzeptiert wurde, dass es diese noch subtileren Ebenen (Rigpa) überhaupt gibt. Wenn hingegen diese Prämisse nicht gegeben ist, wenn also die Möglichkeit einer Existenz von Rigpa verneint wird, und das ist letztlich (meiner Einschätzung nach) die Therevada-Position, dann wird dieser Vorwurf sinnlos. Aus Sicht von Therevada-Vipassana postuliert Dzogchen etwas Unhaltbares, und insofern ist der Vorwurf entkräftet.

Das Problem ist, dass keine der beiden Positionen durch die andere schlüssig widerlegt werden kann. Die meditativen Erfahrungen sind tatsächlich pfadabhängig, das heisst, sie hängen davon ab, mit welchen theoretischen Prämissen man gestartet ist. Das ist ja eben gerade der Beitrag von Daniel Brown in dem Buch, von welchem ich schon viel gesprochen habe, also diese Erkenntnis.

Und wer das alles nicht versteht, dem sei vielleicht mit folgender Allegorie gedient.

Ein Mensch steht vor einem Fluss.

Die Anweisung im Therevada-Buddhismus lautet: Betrachte diesen Fluss. Sei dir gewahr, dass der Fluss in jedem Moment ein anderer ist. Es gibt nirgendwo in diesem Fluss etwas, was unvergänglich, bleibend und beständig ist. Jede Welle ist eine andere. Der Mensch meditiert lange über diesen Sachverhalt und erkennt, dass es hier nirgendwo ein unveränderliches Selbst gibt, dass alles dauernd am Vergehen ist, und dass der Versuch, etwas festzuhalten, nur zu Leiden führt. Diese Position kann man (selbstverständlich nicht wertend) als nihilistisch bezeichnen.

Die Anweisung im Hinduismus lautet: Betrachte diesen Fluss. Sei dir gewahr, dass der Fluss immer derselbe ist und bleibt, unabhängig davon, wieviel Wasser auch hinabfliest. Vielleicht schwimmen Äste oder Boote an dir vorbei, aber der Fluss ist immer derselbe. Es ist die Natur eines Flusses, dass Äste und Boote darin schwimmen. Der Fluss ist ewig und unvergänglich ein Fluss. Der Mensch meditiert lange über diesen Sachverhalt und erkennt, dass alle Ausdrucksformen, alle zeitlichen Qualitäten des Flusses nichts als der Fluss selbst sind, und zwar in seinen unzähligen Erscheinungsformen. Der Fluss selbst ist ewig, unveränderlich. Diese Position kann man (selbstverständlich nicht wertend) als eternalistisch bezeichnen.

Die Anweisung im Vajrayana-Buddhismus lautet: Betrachte diesen Fluss. Sei dir gewahr, dass er in jedem Moment unzählige Erscheinungsformen annimmt. Ein Potential, das sich spontan in jedem Moment manifestiert. Wellen, Boote, Äste - all das sind die äusseren Erscheinungsformen desselben Flusses, also derselben "inneren Form des Flussseins". Der Mensch meditiert lange über diesen Sachverhalt und erkennt, dass der Fluss gewissermassen zwei Seiten hat: Ein leeres, reines Potential (im Dzogchen: khadag), alle Erscheinungsformen spontan hervorzubringen (im Dzogchen: lhundrup). Diese Position kann man (selbstverständlich nicht wertend) als mittlere Sichtweise bezeichnen.

(Man beachte, dass in diesem Kontext "mittlere Sichtweise" sich nicht auf die traditionellen Termini bezieht, gemäss welchem der Buddhismus als "mittlerer Pfad" bezeichnet wird.)
 
Zuletzt bearbeitet:
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Das Problem ist, dass nicht genau definiert ist, was genau mit "gröberen" oder "subtileren" Ebenen des Geists gemeint ist.



Das steht evtl nicht in dem Text von Berzin, darüber gibt es aber in anderen Texten jede Menge Erklärungen.

Der Unterschied zwischen Dzogchen Meditation und "normaler" Shamata/Vipassana Meditation ist der daß du um Dzogchen Meditation üben zu können vorher erfolgreich die Übertragung durch einen qualifzierten Lehrer benötigst. Anhand dessen was du bei dieser Übertragung erfahren hast kannst du dann Technikan anwenden um diesen Zustand zu aktualisieren. Etwas das nicht funktioniert wenn du die Übertragung nicht erfolgreich erhalten hast.

Dzogchen nutzt zwar auch Techniken wie sie in der Shamata und Vipassana Meditation gelehrt werden, geht aber in ihrer Methodik weit über diese hinaus. Und dazu ist eben die Übertragung nötig.



Ich habe keine Ahnung wieso du dich so lange und ausufernd an dieser Thematik abarbeitest. Offenbar hast du recht wenig Ahnung darüber wie die Funktionsweise des tantrischen Buddhismus ist, sonst würdest du nicht ständig wieder mit deiner Argumentation auf der Basis von Halbwissen hier antraben.
 
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