Wir sind nicht Papst! -Religulous

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Religulous: Wir sind nicht Papst
© Centralfilm
Was sagt eigentlich Jesus dazu? Bill Maher fragt sich in "Religulous" durch

Von Sophie Albers

Sprechende Schlangen und Empfängnis ohne Sex, Machtgeilheit und jede Menge Kriege. "Religulous" von "Borat"-Regisseur Larry Charles nimmt sich den Glauben vor, stellt einfache Fragen, auf die es immer wieder erschreckende und lächerliche Antworten gibt. Dieser Film ist ein überfälliges, gut gemachtes Stück Aufklärung. Und höllisch lustig.

Die wunderbar durchgeknallten Jungs von "Jackass" hat es einst in die Mormonen-Hochburg Salt Lake City verschlagen. Als Teufel verkleidet, mit roten Hörnern, Dreizack und einem Schild mit der Aufschrift "Ich bin ein netter Kerl" stellte sich einer der Stuntmänner mit nicht vorhandener Schmerzgrenze auf eine Straßenkreuzung. Und was passierte? Er wurde kräftig vermöbelt.



Auch wenn die Gesellschaftskritik bei "Jackass" selten so offen lag, landeten Johnny Knoxville und seine Mannen einen Volltreffer. Was sind das für Menschen, die sich einem Regelwerk beugen, um besser zu werden, um die Welt zu einem schöneren Ort zu machen, um ihrem Gott zu gefallen, denen aber bei jeder Kritik sofort Worte und Nächstenliebe ausgehen?

Der Film "Religulous" - das Wort ist eine Mischung aus religous und ridiculous, religiös und lächerlich - macht sich auf, diese Frage zu beantworten und ist dazu an ihre Wurzel gegangen: "Wie können rational denkende Menschen ernsthaft glauben, dass sie beim Abendmahl das Blut Christi trinken, oder dass nach dem Märtyrertod Jungfrauen im Jenseits auf sie warten?", lautet sie hier. Stellen tut sie Bill Maher.

Weltzerstörerische Scharlatanerie
Der amerikanische Late-Night-Talker und Stand-Up-Comedian ist dazu um die Welt gereist. Die Antworten, die der Mann mit den grauen Haaren ums Jungsgesicht gefunden hat, wären zum Lachen, wenn es nicht so traurig wäre. Denn die neue Satire von "Borat"-Regisseur Larry Charles landet immer wieder bei der Erkenntnis, dass der Glaube in seiner fundamentalen Variante vor allem eines ist: weltzerstörerische Scharlatanerie, die Menschen missbraucht und tötet. Dabei nimmt Maher sich fast jede große Religion vor. Gleich zu Beginn auch die eigene: Er setzt sich mit seiner Mutter vor die Kamera, um zu fragen, wie wichtig der Glaube eigentlich in seiner jüdisch-katholischen Familie war.


Weil Mama meist Besseres zu tun hatte, als sich die Gretchenfrage zu stellen, reist Maher weiter: von Utah nach Florida, von Jerusalem nach Stonehenge, von einer Kiffer-Kirche in Amsterdam zum Vatikan. Mal wird er geduldet, mal rausgeworfen, mal umarmt, von Christen oder Muslimen beschimpft, von Juden verachtet und von Mormonen bedroht. Zu Zeiten der Inquisition hätte man ihn auf dem Scheiterhaufen verbrannt, schreibt der "Rolling Stone". Im Film hat man zuweilen das Gefühl, manche Leute wünschen sich diese Zeiten zurück. Aber weil die glücklicherweise vorbei sind, lacht man schon wieder.

Die sprechende Schlange
Maher vorzuwerfen, dass er sich auf Kosten der Gläubigen und ihrer Geschichte lustig mache, funktioniert nicht. Sie sind es selbst, die für Lacher, aber auch Schrecken sorgen. Gruselig ist dabei ein Senator in Arkansas, der Probleme mit der Evolution hat, und auf die Frage, ob er denn wirklich an eine sprechende Schlange glaube, antwortet: "Man muss keinen Intelligenztest machen, um in den Senat zu kommen". Da ist sogar Maher sprachlos.


Manchmal erinnert dieses bissige Spiegel-Vorhalten an Michael Moore. Aber Maher ist besser. Anders als der "Fahrenheit 9/11"-Regisseur stellt er sich mit in den Kreis der Befragten und bleibt nicht draußen, um auf die nach Antworten Suchenden zu zeigen. "Ich weiß nicht, was passiert, wenn ich sterbe", ist sein Motto. "Woher wollen Sie es wissen", lautet seine Frage. Wie jede gute Satire sorgt "Religulous" dafür, dass der Lachende sich in der nächsten Minute fragt, worüber er da eigentlich lacht. Ganz im Sinne der Aufklärung: Treten Sie aus Ihrer selbstverschuldeten Unmündigkeit und gucken Sie sich mal um.

Die Jungs von "Jackass" sind übrigens noch mal mit einem blauen Auge davon gekommen. Sie wurden von kleinen Japanerinnen gerettet, die mit ebenso kleinen Handtaschen kichernd auf einen prügelnden Glaubenskämpfer einschlugen. Dem Himmel sei Dank.

"Religulous" kommt am 2. April ins Kino


http://www.stern.de/unterhaltung/film/:Religulous-Wir-Papst/659817.html
 
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