Wir leuchteten

C

chaya_wien

Guest
Ich habe versucht mir die Namen zu merken, ihre Gewohnheiten und Lebensräume zu verstehen. Ich habe begonnen von alltäglichen Szenen zu träumen und sie zu meinem Wunsch zu machen. Ich wollte Dich und doch wieder nicht. Ich begann von vorne, denn der Anfang war mir lieber als jedes mögliche Ende. Ich suchte Dich und lief weit weg, selbst von Deinem Schatten wollte ich nichts mehr wissen.
Es gab nur uns zu sehen und spiegeln, zu finden und verlieren, das war mehr, als ich ertragen konnte und darum spielte ich eine nüchterne Figur. Krank von den auswendig gelernten Phrasen erbrach ich heimlich die vertrauten Plätze, sie lagen schwer in meinem Magen und auf verkehrtem Wege entledigte ich mich ihrer Bedeutung. Ich sprach Dich im Gedanken und ganz leise aus, damit wir nicht erschrecken vor der Tiefe unserer Ängste.

Unter meinen Augen Äonen müder Tage und ihre Zeichen, die einen Unterschied machen, der vielleicht Du bist und für den es keine Relativierung gibt.
Was können wir schon machen, unfähig die Entscheidung zu fällen bleiben wir im ständigen Schwebezustand zwischen Abschied und Vereinigung, kosten die Bedeutung von zehn Minuten, dagegen wiegen ganze Jahre nichts.

Was weiß Eros?

Bunte Früchte auf kargen Ästen, abgebrochen, gekostet und analysiert, aber nicht verstanden. Im Drehkreis den Schwindel als zugehörig empfinden, die Ausdehnung von Schicksal und Unabwendbarkeit umfasst meine gesamte Flügelspannbreite und so schwinge ich mich auf zu einer luftigen Höhe, in der ich das erste Mal den möglichen Fall außer Acht lasse. Mit jeder weiteren Ernüchterung werde ich mir des Rausches sicherer, durch den Deine hartnäckige, wankende Fährte direkt zu meinem Herzen führt.

Ich träumte von Deinem Mund, wie er gestern war und mich nie beim Namen nannte, aber kaum war da Dein Lächeln blieb alles stehen.
Felsenfest.
Du bist der in Glas gehauene Versuch niemals zu zerbrechen und ich will flüstern: Sei für alle stark, die, von Auflösung bedroht, mit gepressten Lungenflügeln trotzdem weiteratmen. Ermuntere die ständigen Schläfer zu einer tolldreisten Verausgabung, indem Du mich aufsuchst, obwohl Dir der Verlust ins Gesicht geschrieben ist. Vertraue in die Dimension dessen, was bisher unerwähnt blieb, es ist die wahre Sprache, derer wir uns noch nie bedient haben, weil schon der Gedanke daran die Zunge spaltet.

Eine Hälfte von mir ist bei Dir, ich bin nur mehr zum Schein die gewohnte ganze Gestalt, langweilig gefällig und fast jeder mag mich so, wie ich mich selbst am allerschlimmsten finde. Das gehört dazu, ich will es erwähnen und sofort wieder vergessen; ich schreibe auf, aber spreche nichts, denn zu sagen gibt es nicht einmal Dich, nur fühlen kann ich, was wir in dieser Welt für einen Sinn haben. Unsere wehen Körper schlagen eine Brücke zwischen gestern und heute, verbinden Schmerz und Tollheit zu einem Ausdruck reinster Freude, der Purzelbäume schlägt, wenn wir uns sehen.

Sie glauben nicht an Deine Schönheit, die ich Echtheit taufe und finden ganz andere Bezeichnungen, verordnen mir zur Genesung eine Diät aus Steinen, die mich nüchtern erdrückt. Nach dem siebenten Kiesel das mühsam erlangte Gewicht zur Niederlage erklären, denn es lässt mich trocken schlucken. Ich will meinen leichten Leib aus Feuer und Begehren zurück, der den meisten Beschwerden bereitet, weil er sie an ihre Grenzen erinnert.
Nur Du bist immer wieder gekommen, ein steter Gast in meinem ungeschmückten, kargen Raum - doch wir, wir leuchteten.
 
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Wow, liebe chaya,
so etwas Wunderschönes, Tiefsinniges und Emotionales habe ich lange nicht gelesen.

Danke fürs Lesenlassen!

LG, Romaschka
 
Deine Worte berühren

alle Worte

mehr davon

geben
wäre doch schön?

auf das sie aufleuchten

oder Du aufleuchtest

gesehen wird
nur so
was sonst verborgen bleibt
:kiss4:


Wenn einer sagt, der Traum ist gestorben, würde man Ihn nicht auslachen?
Und wenn einer sagt, das Lied ist gestorben, würde man nicht lächeln müssen?

Siehst Du, genau so ist das, mein Freund.
Darum lächelt man, auch unter Tränen, da es nur die eigenen sind.
Mit dem Lied oder dem Traum haben die Tränen nichts zu tun.

Gut ist es zu lächeln, denn das Lied mag wiederkommen, wie der Traum
Plötzlich, unerwartet und leise sagen:
ICH bin nun ein Teil von Dir, denn soeben bin ich IN DIR lebendig geworden.

Das ist das Geheimnis des Liedes und des Traumes.

Und würde einer, der sich erinnert, das Lied fragen:
Wie konntest Du mich hier alleine zurücklassen?
Und würde der Träumer den Traum fragen,
warum hast Du mich verlassen?
Dann würde der Traum wohl antworten:
Siehst Du nicht, dass Du mich größer gemacht hast, als ich selbst jemals war?
Das bist Du!
Das ist DEINE GRÖSSE
Du gibst mir RAUM, und so schenkst Du mir LEBEN.

Und das Lied würde antworten:
Nie haben so viele Stimmen meine Melodie angestimmt.
Ich kannte sie nicht, als ich mich selbst komponierte, aber jetzt, jetzt bin ich das vielfache meiner Selbst;
durch all jene, die sich meiner erinnern, mich hören und singen.

(aus "Ein Brief" R.S.)



Manchmal will der Mensch nur fühlen, was es ist, das er erträgt
und manchmal fühlt er so unerwartet das, was Ihn trägt.
(R.S.)



unerwartet


nicht erwartet, dass es so ist
die größte Weisheit,
die der Mensch im Angesicht des Unbegreiflichen offenbaren kann,
ist es,
nicht zu versuchen, es an sich zu reißen

das Unerwartete kommt
und man geht oder nimmt Platz,
um sich einzureihen
in die Warteschlange für die nächste Gelegenheit

Weisheit darüber zu erlangen
warum es gerade jetzt, gerade hier und gerade so geschieht
indem man es nicht zu erfassen sucht

erlangen? wie?
wer hätte Macht darüber?
niemand!
sich einfach der Tatsache unterwerfen
menschlich zu sein
ist der erste Schritt
zum unerwarteten
erhoben zu werden

im Angesicht der Wahrheit
kann keiner zu Ihr nach vorne gehen
keiner sich zu Ihr erheben
oder Ihr Leuchtfeuer entzünden

doch wird man
von Ihr nach vorne geführt
zu Ihr erhoben
und von Ihr entzündet

das richtige Größenverhältnis
erkennen
einsehen
verstehen

Weisheit erlangen

eben dadurch

unerwartet

(R.S. 25/03/08)


 
für chaya_wien

... und ich lese Dich obgleich ich mich...

... schön EINS zu spüren
... manchmal schön EINS zu denken
 
liebe regina,

auch dir vom herzen :danke:
ich bin erst jetzt wieder seit einigen tagen online, umso mehr bin ich gerade bewegt. was du zu meinen zeilen schreibst, ist wie die antwort, auf die ich für mich und innerlich gewartet habe, denn ich finde trost und erklärung und noch viel mehr...:kiss4:
 
Bist Du gerade dabei aufzustehen? Wie gerne würde ich dabei sein, wenn Du der Schwere trotzt und Dich aufrichtest, immer wieder, von mir aus auch gerne langsam, es ist egal, das wollte ich Dir in Wirklichkeit sagen, es ist egal, mit welchem Tempo Du in die Welt trittst, es wird ihr ohnehin nie genügen, aber mir ist es genau recht so wie es ist, keine Sekunde schneller musst Du sein. Wir sind nicht dazu geboren jemand anderen zu retten außer uns selber, dafür muss auch Platz sein, ich will gar nie mehr verlangen, ich will lediglich, dass wir tatsächlich sind oder es wenigstens werden.

Fern grüßt ein nie betretener Winkel, in dem Sonne und Dämmerung, Winter und Frühling, ineinander gewoben genau dasselbe sind und die Menschen mit einem wunderschönen Glorienschein in einer Krippe aus Heu vergehen. Es sind die Ungeheuer, die auch in den Paradiesen warten, vor denen wir schon im voraus erschrecken, sie knurren und das gespenstische Echo ihrer Stimmen erreicht uns lange vor jeder Ankunft.

Das Allerheiligste wechselt seine Bezeichnungen und ist stets aufs Neue wirksam. Der Verbrauch schützt es vor der Bedeutungslosigkeit und doch scheint es niemals zu Neige zu gehen, ist plötzlich da und schimmert in Farben, die nicht einmal Blumen kennen.

Eine seltsame Vorstellung, dass auch Jubel zu Dir gehört, aus Deinen Armen springt und sich verschwenderisch über allem ergießt, die Traurigkeit einmal ausspart und einen Rhythmus findet, in dem wir geschehen. Was wäre neben diesem Zauber schon der Rest der Welt? Ich finde mich ein in der Vorstellung Deines bevorstehenden und niemals endenden Glücks und bin drei, vier, fünf Sekunden lang unsterblich.
 
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chaya sagt - "Bist Du gerade dabei... von mir aus auch gerne langsam..." ;) - heiße doch nicht umsonst langsam ;)


einen lieben Gruss von mir
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