Wie löst man Schuldgefühle auf?

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Hallo Katarina,

JAber diese "Wiedergutmachung" löst offenbar das alte Schuldgefühl nicht auf, denn sonst würde ich mein Leben nicht so leben wie ich es tue.

Du kannst ein Schuldgefühl nicht auflösen, indem Du etwas wiedergutmachst. Du kannst damit für kurze Zeit Dein schlechtes Gewissen beruhigen, aber die Schuld, die Du in Dir spürst, verschwindet nicht.

Diese Schuld verschwindet erst, wenn Du sie angenommen hast. D.h. wenn Du erkannt hast, daß es einen Grund dafür gab, daß Du so gehandelt hast, auch wenn Du den (noch) nicht kennst. D.h. nehme Dich so an, wie Du bist, ALLE Deine Handlungen.

Natürlich kannst Du sagen, alle haben Dir bereits verziehen, jetzt kannst Du Dir selbst verzeihen. Aber Du hast auch gemerkt, daß das nicht einfach mit dem Gedanken "ich verzeihe mir" geht. Das wäre ein reines Gedankenspiel.

Du kannst Dir selbst etwas nur verzeihen, wenn Du Dich selbst, Dein Handeln 100%ig annimmst. Mit dem Annehmen kommt auch die Erkenntis, warum Du so gehandelt hast und dann kann es heilen.

Liebe Grüße
Gabi
 
Женечка;867265 schrieb:
...Du könntest es von der anderen Seite anschauen,
wenn Du die Frage beantworten können würdest:
"was machst Du,
damit es Dir keinesfalls vergeben wird ?" :)

Da denke ich nun schon die ganze Zeit drüber nach. Aber ich komme einfach nicht drauf.

@Gabi: Wie nimmt man an, was man ablehnt? Vielleicht fällt Dir ein Beispiel aus Deiner eigenen Erfahrung ein? Bislang gehe ich nämlich davon aus, dass das nicht geht. Erst wenn dieses unpersönlich arbeitende Programm im Hintergrund das alles ist, entscheidet, dass das Spiel nun eine andere Wendung nehmen soll, dann funktioniert es, - und zwar ohne, dass das Ich etwas wirklich effektives dazu beigetragen hätte. Aber ich lasse mich wirklich gerne eines besseren belehren, - sehr gerne sogar.

Mir schwant allerdings, dass mir noch ein Puzzleteilchen fehlt. Ich finde meinen gegenwärtigen Täteraspekt nicht.

Katarina :)
 
OK :)

Du kannst es ersetzen
(was hättest Du gern stattdessen ? was tust Du dafür ? Tu es.)
oder kombinieren
(gemeinsame Ziele von "Gewünschtem" und "Ungewünschtem" zusammenlegen.
Welche sind sie ? )

ja, noch was:
bitte liste Dir alle Situationen,
in denen Du keinen Fehler machen darfst (dürftest), auf :)

Probiere dann aus, sie im Leben zu finden... :)weihna1)
 
Mir schwant allerdings, dass mir noch ein Puzzleteilchen fehlt. Ich finde meinen gegenwärtigen Täteraspekt nicht.
Das ist es- ich wollte auf keinen Fall Täter sein. Weil- Täter sein ist pfui. Ich war Täter, indem ich mir das Tätersein verboten habe. Und warum? Täter werden nicht geliebt. Darum war ich lieber Opfer. Nur- Opfer werden auch nicht geliebt, und wenn sie sich noch so aufopfern.

Katarina schrieb:
Wie nimmt man an, was man ablehnt?
Indem man sich eingesteht, dass man am liebsten selber so handeln würde. Man hat bloss Angst, dann von anderen abgelehnt und nicht geliebt zu werden.

Beispiel: Ich hatte immer Angst, vom Partner verlassen zu werden. Also war es mir unmöglich, selber so zu handeln, sprich- ihn zu verlassen. Lieber hab' ich alle seine Verhaltensweisen ertragen. Ich bin keine, die verlässt. Die Schuldgefühle hätte ich nicht ertragen. Ich hätte mir ewig und drei Tage Vorwürfe gemacht, ich bin doch verantwortlich, ich arbeite doch an mir. Wenn ich dies und jenes noch versuche, dann klappt es ja vielleicht doch noch, er ist mir doch Spiegel, ich sehe doch den Mechanismus, blablabla.

Natürlich war ich verantwortlich- aber für mich. Für mein Glück. Nicht für seins.

Das unpersönlich im Hintergrund arbeitende Programm bist du selbst.
Das Spiel nimmt eine andere Wendung, wenn du dich bewusst dazu entscheidest. :clown:

lg :)
 
Liebe Katharina,
Ich kenn auch den Aspekt Schuld und andere Gefühle die man gerne loswerden will. Je mehr ich sie loswerden möchte umso größer werden sie. Erinnerst du dich an den Thread von mir - wenn man seine Seele verprügelt? Im Grunde ist es das gleiche.. du gibts dir Schuld, deiner Seele, beschuldigst sie, und kannst ihr einfach nicht verzeihen. Könntest du einem lieben Menschen denn eher verzeihen? Dann stell dir deine Seele doch als eigene Person vor und verzeih ihr so.
Hier noch eine schöne Geschichte, die dir gefallen könnte..
ist recht lang drum muss ich sie wohl aufteilen

LG
Sabrina
 
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Die Geschichte vom Angstschreck - von Waltraud Bachmann


Prolog

"Willst du wirklich da runter? Jetzt schon?"

Julian blickt in fragende Gesichter rings um sich herum. Einige schauen etwas besorgt drein, andere blicken ihn aufmunternd und liebevoll an. Die kleine Himmelblau hat sich unter dem weiten, weißen Mantel von Gabriel versteckt und hält krampfhaft die Hand von Rosaleicht fest, die schon ein wenig älter ist und mehr davon versteht, was hier vor sich geht.

"Was dachtet ihr denn. Die Planungssitzung hat doch längst stattgefunden und die Vorbereitung hat lange genug gedauert. Außerdem hab ich mich in der letzten Phase im Service-Center ausgiebig erholt. Ihr wisst doch, wie wichtig es ist, dass ich gerade jetzt auf die Erde zurückkehre."

"Ein schwieriger Zeitpunkt" sagt einer der weiß Gewandeten und wiegt seinen Kopf hin und her. "Die meisten schlafen noch tief und fest."

"Gerade deshalb" meint Julian selbstbewusst. "Ich werde gebraucht."

"Wie mutig du bist" sagt einer der Jüngeren bewundernd. "Wenn du durch den Schleier gehst, wirst du genauso vergessen, wie alle anderen auch. Das war jedes Mal so."

"Oh ja, ich weiss. Aber ich arbeite mit daran, genau das zu ändern. Und außerdem kann mir ja nichts passieren. Dort unten, hinter dem Schleier, ist nichts wirklich real. Es ist ein Spiel, wie ihr wisst. Und mit euch bleibe ich immer verbunden, egal was passiert."

"Willst du wirklich wieder in diese Familie? Die ist besonders schwierig, das weißt du doch? Da haben im Moment einfach alle vergessen, wer sie sind. Und du nimmst auch all diese Energien mit aus den anderen Leben. Pass gut auf, welche davon du nähren wirst."

"Ja, das weiß ich natürlich. Aber da wartet ja schon eine Schwester auf mich. Sie hat gute Chancen, irgendwann aufzuwachen, das hatten wir doch vorher ausgemacht. Und da gibt es noch andere, mit denen ich verabredet bin. Wie sollen die denn ihre Aufgaben erledigen können, wenn ein Mitspieler fehlt."

"Du wirst dem Angstschreck wieder begegnen" flüstert Himmelblau und ihre Stimme zittert leicht.

"Ich werde ihn wieder neu erschaffen" lächelt Julian und beugt sich zu ihr hinunter. "Hab keine Angst, er ist nicht real. So wenig, wie ich das dort unten sein werde, auch wenn ich es dort nicht mehr weiß. Und ich nehme Vertraumir mit, vergiss das nicht."

Himmelblau lächelt erleichtert und reicht ihm verlegen die Hand. "Viel Glück, Julian. Bis bald."

Eine große, goldene Gestalt nimmt ihn in die Arme. "Mach's gut, mein Lieber. Wenn du gesprungen bist, wirst du nicht mehr wissen, dass ich der Teil von dir bin, der hier auf dich wartet und dass wir beide niemals getrennt sein werden."

Egal was deine Reise bringt, du kannst nichts falsch machen, denn es gibt kein richtig oder falsch. Alles ist im großen Plan. Dass du bereit bist, durch den Schleier zu gehen, verändert alles im Universum und wir werden dich mit Jubel empfangen, wenn du wieder zu uns zurückkehrst.

An eines solltest du dich aber doch erinnern, du machst diese Reise auch, um dich zu amüsieren. Es ist ein herrlicher Spielplatz, auf den du dich begibst. Das beste Ergebnis erzielst du dann, wenn du alles leicht nimmst und die Reise genießt. Du neigst ein wenig dazu, die Dinge gar zu verbissen anzugehen. Es kann dir nichts passieren, vergiss das nicht ganz."

"Ich werde versuchen, mich daran zu erinnern" sagt Julian mit einem letzten Blick auf seine große Familie, die sich zu seiner Abreise versammelt hat. "Bis bald."



Der Angstschreck

"Mal sehen" sagt der Angstschreck, horcht und grinst dann breit. "Hat alle Antennen ausgefahren, der Junge. Das geht schon seit heute morgen so. Alle 5 Minuten krieg ich mein Futter und heute sind ein paar ganz besondere Leckerbissen darunter."

Lässig lehnt er sich zurück und flüstert:" Hey, Julian, hast du schon mitgekriegt, dass es wieder Anschläge gegeben hat? Und genau dahin willst du jetzt fahren? Was da so alles passieren kann, schon daran gedacht?

Ja, ja, so ist's gut. Warte mal einen Moment, das ist ein besonders günstiger Augenblick, wie ich sehe, da zwick ich dich schnell noch mal in den Bauch. Schon gemerkt? Denk daran, könnte ja auch was Ernstes sein."

Genussvoll verschlingt er den großen Happen Energie, der ihm bereitwillig gereicht wird.

"Hey, du hast ja schon eine richtige Wampe, ich will auch was ab haben" zetert Fürchtegott und richtet sich auf. "Kommt nicht in Frage, dass du dich alleine am Futtertrog bedienst. Du bist fett genug, weisst du?"

Ein verächtlicher Blick wandert zu Vertraumir, die ruhig in ihrer Ecke sitzt. "Eine himmelschreiende Ungerechtigkeit ist das, nur weil du nicht von diesem Planeten stammst. Es ist verdammt harte Arbeit hier unten, über die Runden zu kommen."

"Was meinst du?" fragt Schuldig verdattert.

"Na du Dussel, die hängt doch am Tropf bei der Quelle direkt. Braucht ihn nicht mal, um gefüttert zu werden."

"Hatte ich doch glatt für einen Moment vergessen. Ha, aber dafür kann sie lange warten, bis er sie wahrnimmt."

"Hat er doch schon, das ist ja das verdammte Unglück mit dieser blöden, dickschädeligen Schwester. Wacht doch glatt im ungünstigsten Moment auf und fängt an, sich zu erinnern. Fehlt bloß noch, dass er die direkte Standleitung nach oben entdeckt und alle anderen auch noch sieht. Der ganze Haufen wartet doch nur darauf, ob er es diesmal endgültig schafft."

"Na, da kannst du lange warten. So schnell geht das nicht."

"Ich hab schon Pferde kotzen sehen" grummelt der Angstschreck und schüttelt sich. "Man hat mir erzählt, dass das auch ganz schnell gehen kann. Und die kriegen jetzt immer mehr Hilfe. Schwierige Zeiten sind das, sag ich dir. Mensch Fürchtegott, da hast du es vielleicht gut im Moment. Deine Miniversion bläst gerade zum Marsch auf München. Ich hab gehört, die versiegeln sogar die Gullydeckel in der Stadt für ihn."

Fürchtegott richtet sich zu voller Größe auf und blickt stolz auf seine prächtige Verkleidung herab. Das schwere, goldene Kreuz baumelt zwischen seinen Beinen und zieht seinen dicken Hals nach unten.

"Jaaaa" stöhnt er lustvoll. "Hast du schon mitgekriegt, dass die mein Konterfei auf Kerzen verkaufen? Und sogar auf Bierdeckeln? Machen ne Menge Knete damit. Und Straßen werden schon nach mir umbenannt. Das wird das größte Festival aller Zeiten. Wer hätte das gedacht. Ein echtes Revival. Die guten alten Zeiten kommen wieder. Die Groupies werden auch immer mehr."

"Ja, ja, sag ich doch, du hast es gut."

"Na du etwa nicht? Heute schon die Nachrichten gesehen? Und die Schlagzeilen? Unser lieber Ernährer tut ja was er kann. Und das gleiche tun doch alle anderen auch. Schon mal dein Ohr in das Massenbewusstsein gehängt in letzter Zeit? Mmmmmh - das duftet sag ich dir, wenn du auch noch deine Nase reinsteckst."

"Ja" grunzt der Angstschreck, "manchmal muss man gar nicht viel dafür tun. Wir lassen machen, das geht ganz von alleine, sag ich immer. So, aber jetzt muss ich trotzdem sicherheitshalber mal wieder ran."

Er horcht kurz und grinst dann, steht auf und plustert sich mächtig auf. Dann dreht er sich um und zieht ein ellenlanges, riesiges Kostüm aus der Ecke und stülpt es sich über den Kopf.

"Na, wie seh ich aus?"

"Boah", da könnte ja sogar ich erschrecken. Super Verkleidung mein Lieber. Das Dämonkostüm hast du schon lange nicht mehr getragen."

"Ja, Zeit, mal wieder die schweren Geschütze aufzufahren. Er steht vor einer schwierigen Situation wie du weißt und da kann es nicht schaden, wenn ich ein bisschen mehr nachhelfe als sonst."

"Pass bloß auf, dass er nicht eines Tages deinen Rock hebt und sieht, dass da drunter nur heiße Luft ist."

"Ne, ne, das traut der sich nicht. Ist noch viel zu beschäftigt mit den ganzen Phantomen, die ich ihm immer wieder gezeigt habe. Die Rille auf seiner Festplatte ist so breit und ausgefahren, dass er da immer wieder rein rutscht. Da müsste er ja erst mal auf die Idee kommen, eine neue anzulegen. Und bis die dann mal breit genug ist..... Ne, ne, auch wenn er schon ein paar zaghafte Versuche gemacht hat, die ist noch nicht mal ein kleiner Kratzer bis jetzt."

Aber ein wenig besorgt schaut er jetzt doch drein.

"Die Schwester" grummelt er vor sich hin. "Muss die als einzige in dieser Familie so aus der Art schlagen! Hat ihre eigene Standleitung nach oben inzwischen und benutzt die auch noch ständig. Und dann gleich nach ganz oben! Verbündet sich mit dem NET, dieses Biest! Schon was von neuer Energie gehört? Na Mahlzeit, so was vertragen wir doch überhaupt nicht. Bin letzthin fast daran erstickt, als ich nicht aufgepasst habe. Verbreitet sich wie die Pest, wenn es mal angefangen hat."

"Ja, schöner Mist. Und dann dieses Einheits-Gesülze. Familientreffen - nicht zu fassen. Und das von hier unten! Wartet nicht mal anstandshalber, bis sie wieder nach Hause kommt. Hat doch glatt herausgefunden, dass sie selbst das Ganze inszeniert hat. Hab gehört, dass sie jetzt sogar unter die Springer gegangen ist. Die ist echt gefährlich, sag ich dir. "

"Nur gut, dass sich das jeder selbst erarbeiten muss. Muss ja erst mal einer glauben, was die so erzählt. Glaubst du das etwa?"

Langer Seufzer in der Runde.

"Na, dann mal wieder ran an die Arbeit. Bin schon ganz schön vom Fleisch gefallen. Schaut bloß, da hab ich glatt ne richtige Energie-Delle am Bauch. Das kommt davon, wenn man mit euch so lange quasselt."

"So, da wollen wir mal die lineare Zeitschiene auflegen und Julian daran erinnern, dass es heute zwar ganz gut für ihn aussieht, dass sich das aber morgen schon ganz schnell ändern kann. Was da alles passieren kann, nicht auszudenken, ha! "

"Wie soll man sich denn noch sicher fühlen, wenn er etwa damit anfängt, sich selbst sicher zu fühlen?" Ein scheeler Blick gleitet zu Vertraumir, die leise vor sich hin lächelt.

"Hey" schreit Schuldig," lach bloß nicht zu früh. Selbst wenn er dich wirklich entdecken sollte, dann komm erst ich mal ins Spiel. Er wird sich winden, wenn er sieht, dass er dich fast verhungern ließ und uns stattdessen dick und fett gefüttert hat."

"Sie braucht das doch nicht, hängt doch am Tropf" knurrt der Angstschreck.

"Weiß er doch nicht" brummelt Schuldig." Wenn das passiert, schick ich ihm wieder die Sühne auf den Hals. Hat bisher immer wunderbar funktioniert."

Vertraumir blickt ihm direkt in die Augen, was ihn leicht blinzeln lässt. "Und was machst du, wenn er aufhört zu kämpfen? Wenn er die Kontrolle loslässt? Oder noch besser, wenn er sich erinnert, dass das Ganze nur ein Spiel ist?"

"Komm uns bloß nicht mit der Tour" Alle blicken total verschreckt in ihre Richtung.

"Solange er seine Antennen in die richtige Richtung hält, ist da keine Gefahr."

"Ach - du fühlst dich in Gefahr? Sehr interessant" lächelt Vertraumir. "Hast du schon mal darüber nachgedacht, wovor du dich fürchtest?"

"Wer, ich? Ich und Angst?" keift der Angstschreck wütend zurück. "Das ist doch meine Aufgabe, die zu schüren. Schließlich bin ich Spezialist darin."

"Ja, das stimmt, aber du brauchst dazu Energie von ihm, die du ihm vorher stehlen musst, und die er dir dann wieder wegnimmt, wenn es ihm mal gut geht. Schönes Spiel, das ihr da macht. Vielleicht wird es ihm ja irgendwann mal langweilig?"

"Gut, dass du mich daran erinnerst. An die Arbeit. Der Augenblick ist günstig. Ist völlig überlastet, der alte Knabe. Sieht nicht, dass das alles nur ein Bild in seinem Kopf ist. Hält das für Realität und hat wieder mal keine Ahnung, dass er Einfluss darauf hat. Und so richtig wütend ist er jetzt auch noch."

"Wütend?" fragt Schuldig interessiert. "Hey, das hab ich ja gestern gut hingekriegt. Hab ihm ins Ohr geflüstert, dass er sich das auf keinen Fall erlauben darf. "

"Ja" tönt die begeisterte Stimme vom Angstschreck. "Hab ihm ins andere Ohr geblasen, dass ihm das dann richtig schadet."

"Seelisch" schreit Schuldig.
"Körperlich" jubelt der Angstschreck.
"Wird ihn so richtig in die Zwickmühle bringen! Ping, pong" übertönt ihn Fürchtegott.

"Was für eine wunderbare Angriffsfläche" flüstert der Angstschreck ergriffen. "Da brauchen wir niemanden mehr zur Unterstützung zu holen. Für heute ist die Sache gebongt."

"Lass ihn bloß nicht zur Ruhe kommen" mahnt Schuldig.

"Schon vergessen, dass er das alles ganz alleine inszeniert?" kommt die leise, ruhige Stimme von Vertraumir aus dem Hintergrund.

Verdutztes Schweigen breitet sich in der Runde aus.

"Was willst du denn damit wieder sagen?"

Vertraumir lächelt nur leise. "Abwarten, ihr Lieben, wartet einfach ab."
 
Epilog


Die große Feier ist vorbei. Es war ein rauschendes Fest. Julian steuert mit seinen Freunden zum wiederholten Mal auf die endlos lange Bar am Ende des Raumes zu.

Unter der Decke, die über die Tafel gebreitet ist, lugt vorwitzig ein kleines Gesicht hervor. Himmelblau hat den passenden Moment abgewartet, um ihren großen, geliebten Freund zu begrüßen. Julian bückt sich und zieht sie lachend unter dem Tisch hervor.

"Endlich" flüstert sie und strahlt.

"Du bist groß geworden" sagt er, "mächtig gewachsen bist du."

"Ja" sagt sie, "das stimmt. Das war doch, weil du auf die Erde gegangen bist und dort die Energie mit verändert hast. Weißt du, Michael hat gesagt, dass sich dadurch auch die Energie hier verändert hat. Sie hat sich überall verändert, sagt er. Und hast du schon die vielen neuen Babys hier gesehen?"

"Na", sagt eine vertraute Stimme hinter ihm, "zufrieden mit unserer Zusammenarbeit?"

Julian dreht sich zu Rafael um, der ihm schmunzelnd ein Glas hin hält.

"Ah, mein Freund, ich glaube, wir haben beide einen guten Job gemacht, sagt Julian lachend. "

"Ich hatte ganz schön zu tun mit dir" grinst Rafael zurück. "Du musstest dir ja ausgerechnet meinen Bereich aussuchen. Nicht gerade der leichteste Job, den du dir da aufgehalst hast."

"Tja, das wussten wir ja beide vorher, stimmt's? Aber du hast Recht, es war verflixt trickreich diesmal wieder. Hat ganz schön lange gedauert, bis ich auf den Trichter kam."

"Der Angstschreck?" Rafaels Stimme klingt amüsiert.

"Ja, ja, der Angstschreck! Wir sind ganz schön erfindungsreich, nicht wahr? Eine Glanznummer hat der wieder hingelegt. Mich ganz ordentlich an der Nase rumgeführt."

"Wann hast du es denn herausgefunden?"

"Dass er gar nicht existiert? Na, das hab ich erst entdeckt, als ich herausfand, wer ich selbst bin. Aber das hat gedauert. Nein, erst mal hat es sich verändert, als ich erkannte, dass er genauso viel Angst hatte wie ich selbst.

Eines Tages beschloss ich einfach, den Kampf aufzugeben. Ich wusste damals noch nicht, dass ich damit aufhörte, ihn ständig zu füttern und damit am Leben zu erhalten. Er bekam alle meine Aufmerksamkeit und der schlaue Kerl wusste natürlich ganz genau, wie er sich die holen konnte.

Zuerst einmal musste ich aber den Unterschied erkennen zwischen Resignation und dem Beenden des Kampfes gegen ihn. Ich schwankte ja immer zwischen Resignation und Kämpfen. Und mir war nicht klar, dass Resignation immer bedeutet, in der Opferrolle zu bleiben. Und dass Kämpfen immer bedeutet, den anderen mit Energie zu versorgen. Ich kann dir sagen, es ist verdammt schwierig, aus der Opferrolle heraus zu steigen. Ist doch so vertraut. Und so verrückt es auch klingt, man fühlt sich da richtig geborgen und sicher.

Ich erlaubte ihm also einfach, anwesend zu sein, aber ich gab mir Mühe, ihm nicht ständig meine ganze Aufmerksamkeit zu widmen. Eine Art Waffenstillstand war das dann. Mit der Zeit gelang mir das immer besser. Und der Angstschreck begriff langsam, dass ich ihn gar nicht mehr loswerden wollte, sondern ganz gut mit ihm leben konnte. Ich ließ ihn einfach da sein und irgendwann war mir das gar nicht mehr wichtig. Du weißt ja, dass wir eine Menge solcher Hilfsmittel brauchen, um das Spiel da unten spielen zu können. Und manchmal ist er ja sogar ganz nützlich.

Na, jedenfalls wurde er nicht mehr ständig von mir gefüttert und wurde richtig ansehnlich rank und schlank. Er fing doch glatt an, sich selbst immer besser zu gefallen. So langsam fühlte er sich auch nicht mehr von mir bedroht.

Und eines Tages stand ich vor dem Spiegel und begriff, dass er mir nur das widerspiegelte, was ich selbst fühlte. Er war der gleichen Illusion aufgesessen wie ich selbst. Auch er hat ständig in einen Spiegel geschaut, wenn er mich sah. Und dann kam der Moment, wo wir beide begriffen haben, dass wir ein und dasselbe sind, nur eben jeweils die Kehrseite der Medaille.

Als dann die nächste Gelegenheit kam, ging ich einfach durch ihn hindurch und in diesem Moment verschwand meine Angst vor ihm genauso wie seine Angst vor mir. Er und ich wurden eins.

"Hokuspokus, verschwindibus" meint Rafael lakonisch.

"Ja, aber geh du erst mal da runter. Da unten kann man vor seinem eigenen Spiegelbild erschrecken, sag ich dir. Alle um dich herum machen dir weis, dass das alles ganz ernst ist. Und wehe, du sprichst von einem Spiel. Die lynchen dich glatt, wenn du nicht mit ihnen übereinstimmst, dass alles richtig gefährlich ist und du ständig alles unter Kontrolle haben musst."

"Ja, ja, die Kontrolle. Auch so eine nette menschliche Erfindung, fast so gut wie der Angstschreck selbst. Aber ist ja auch ein Teil von ihm, hat nur eine andere Verkleidung an."

"Ja, sie verstehen da unten einfach noch nicht, dass Kontrolle eine der größten Illusionen ist und dass alles von ganz alleine läuft, wenn sie sie loslassen."

Sein Blick schweift durch den Raum und ein breites Lächeln gleitet über sein Gesicht, als er Vertraumir erblickt, die ihm zuwinkt.

"Sie wissen halt nicht, wie sehr sie beschützt sind und vor allem wissen sie nicht, dass ihnen niemals wirklich etwas passieren kann."

"Hast du vor, irgendwann wieder da runter zu gehen?"

"Ja, ich denke schon. Ich möchte zu gerne dabei sein, wenn dann alle entdecken, wer sie wirklich sind und dass sie das ganze Spiel selbst erfunden haben. Dann geht ja der Spaß erst richtig los. Stell dir vor wie das sein wird, wenn es all diese Bedrohungen nicht mehr gibt, vor denen die Menschen heute so große Angst haben. Früher haben wir das Paradies genannt, weißt du noch?"

"Sprecht ihr von den guten alten Zeiten?"

Die beiden drehen sich überrascht um und blicken in lauter lachende Gesichter.

"Nein" sagt Julian und ein strahlendes Lächeln zieht über sein Gesicht, "wir sprechen gerade von den neuen Zeiten, die kommen werden."

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Finde es eine sehr schöne Geschichte, sie darf auch gerne weiterveröffentlicht werden wenn der Name der Autorin dabei steht!
LG
Sabrina
 
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Andere haben es ja schon geschrieben:

Indem du dir selbst verzeihst.

Dass du deine "Schuld" bemerkst, heißt ja schon, dass du dich weiterentwickelt hast gegenüber dem Zeitpunkt, als du das tatest. Und du würdest es ja nicht wieder tun. Das ist doch positiv.

Du könntest dir verzeihen, indem du dir vor Augen hältst, dass du es zum damaligen Zeitpunkt eben nicht besser konntest, weil du es nicht besser wusstest oder weil du in einer Situation warst, die dich wohl irgendwie überfordert hat.

Ich denke, man kann einfach nicht immer und überall jedem liebevoll gerecht werden, auch wenn's manchmal weh tut.

"Sich verzeihen", heißt ja nicht, sich Narrenfreiheit geben, nach dem Motto: Mir wird ja verziehen, also kann ich ja machen was ich will. Es heißt ja, dass man an sich gearbeitet hat.

Denkst du manchmal an Jesus? Der hätte/hat dir doch mit Sicherheit verziehen, zumal du deine "Schuld" ja bereust. Warum solltest du es dann nicht selbst tun?
 
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