Wie lässt man jemand sterben, den man liebt?

Das Problem ist, es nimmt mich alles enorm mit, eben seit 19 Jahren. Ich hab alle möglichen Ratschläge bekommen, vom Verstand her weiß ich, daß ich ihn loslassen soll, ich hab wahrscheinlich jeden möglichen Tipp bekommen. Es hilft mir nur nichts.
Was andere für Probleme haben oder Wege aus ihren Problemen gefunden haben, das ist hier unwichtig, weil es deine Situation ist, mit einer ganz individuellen Situation. Deswegen würde ich an deiner Stelle, diese Tipps nicht zum Herzen nehmen, zumal du selber schreibst, „Es hilft mir nur nichts“.

Deine individuelle Situation und die, deines Bruders hat etwas mit emotionaler Wunde, auch der Urwunde zu tun.

Ich krieg es nicht hin, meinen Bruder los zu lassen, er ist depressiv und redet von Selbstmord, und ich hab das Gefühl, wenn ich ihm nicht helfe, dann wird er sterben.
Du muss überhaupt nichts loslassen. Vergesse es mit dem Loslassen, es ist nicht Deins.

Wenn es in dein Leben gekommen ist bzw. du dir diese Situation(en) selbst angezogen hast, dann ist bestimmt das Letzte was man dabei einem empfehlen kann, „lasse es los“, oder?

Es ist genau richtig, so wie es ist. Ansonsten wäre es für dich ja nicht von Bedeutung.

Dass es schwer ist, also deine volle Aufmerksamkeit und deine Kraft kostet, das ist uns fühlenden Wesen klar. Vor allem den Menschen, die hier lesen und sich für sowas interessieren. Und trotzdem hebe ich vor deiner Ausdauer und deiner Mut den Hut ab und verbeuge mich, weil es etwas anderes ist, über etwas zu schreiben, es nachzufühlen und aber es zu leben oder zu erleben.
Es ist auch nicht so wie bei einer Sucht, mein Bruder kann niemals clean werden von seiner Krankheit, er hat eine Persönlichkeitsstörung, mit der wird er immer leben müssen, er wird immer drunter leiden müssen und doch nichts dran ändern können, die Krankheit lässt das gar nicht zu.
Hast du schon mal folgende Situation in Erwägung gezogen:

Was ist, wenn dein Bruder sein Leben vorlebt, mit seinen Problemen und Problemstellungen, Krankheiten, psychischen Krankheiten, Persönlichkeitsstörungen, erzeugen von Angst und anderen Gefühlen und Emotionen einerseits nur „für dich“? Damit dir in deinem Leben etwas klar wird, damit du mit dieser Situation lernst umzugehen, damit du dir deiner Ängste und anderer Emotionen bewusst wirst?

Und andererseits zeigt er durch sein „Schicksal“, also eine bestimmte Lebenssituation, uns allen, der Gesellschaft, was entstehen kann und was tagtäglich entsteht, wenn wir schon in der Kindheit ein Trauma erleben oder die Liebe der Eltern nicht erhalten. Dann kann das für uns ganz, ganz schlimm ausgehen, je nachdem, wie tief es uns trifft und was es für uns dann bedeutet und welche Folgen es hat.

Ich habe gelernt, dass egal wen wir im Leben treffen, also wen wir in unsere Realität anziehen, hat immer für beide Seiten „Vor- und Nachteile“ oder ich würde es anders nennen, Möglichkeiten in uns etwas zu entdecken, damit uns etwas bewusst wird, damit uns unsere Wunde wenigstens ein wenig bewusst wird.

Eine Krankheit, eine chronische Krankheit ist immer ein Hinweis darauf, dass unsere Seele mit etwas ganz grundlegend nicht einverstanden ist. Wie kann sie sich denn anders damit ausdrücken als über den Körper, in der Form, dass etwas nicht stimmt, dass es nicht rund läuft.
 
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Bitte nicht weiter streiten! (n)

Es sieht jeder anders, und auch @Werdender , auch wenn ich mit ihm oft nicht einer Meinung bin, hat schon irgendwo recht, wie alle hier im Thread. Ich kann meinen Bruder nicht aufgeben, das könnte ich gar nicht. In der Gruppe waren die meisten anderen betroffene Eltern, auch die würden ihre Kinder niemals aufgeben, das lässt die Liebe gar nicht zu. Es ist auch nicht so wie bei einer Sucht, mein Bruder kann niemals clean werden von seiner Krankheit, er hat eine Persönlichkeitsstörung, mit der wird er immer leben müssen, er wird immer drunter leiden müssen und doch nichts dran ändern können, die Krankheit lässt das gar nicht zu. Sie ist stärker, das hab ich gestern gelernt. Dadurch kann ich jetzt anders damit umgehen und auch mit ihm. Ich kann ihn auf eine ganz andere Art loslassen, und trotzdem für ihn da sein.
Das ist eine kluge und weise Erkenntnis! Damit zeigst Du ihm auch, dass Du ihn nicht an Dich binden und somit seine individuelle Freiheit wahren willst. Ein Beweis für Deine aurichtige selbst-lose Liebe zu ihm! Und: Vielleicht vollbringt dieser Liebeserweis das Wunder seiner inneren Heilung...
 
@Siriuskind, hast du mich zitiert und danach editiert? Ich habe einen hinweis aber sehe nichts von einem quote.


Ich hatte bei Deinem Beitrag aus Versehen auf zitieren gedrückt und das war dann erst noch mit in einem Beitrag von mir dabei und ich habe es dann schnell gelöscht, weil es zu meinem Zitat und Beitrag gar nicht gehörte.:o
 
Wie wär's Mal damit den Kranken wie einen Gesunden zu behandeln.
So rein im Umgang.

super, genau das finde ich auch,

ihn als gleichberechtigten und gleichstarken Menschen sehen vorerst.
Nicht auf der Schiene laufen ihn gesund machen zu wollen,
sondern mit ihm einfach versuchen die Freude zu finden, einen Lebenssinn für ihn zu finden.
Damit er erstmal innerlich eine echte eigene Basis hat , die ihn unterstützt.
 
Einen Kranken wie einen Gesunden zu behandeln bedeutet auch, von ihm die Rücksicht mir gegenüber erwarten zu dürfen, die er auch von mir einfordern darf. Krankheit ist kein Freifahrschein zum Drangsalieren der Gesunden. Genauso, wie Gesundheit kein Freifahrschein ist über die Würde und Bedürfnisse eines Kranken hinwegzutrampeln.

Begenung auf Augenhöhe.
 
Wenn Rücksichtnahme bedeutet, den anderen nicht zu sagen was man wirklich denkt und fühlt, ist es eine falsche Rücksichtnahme.
Der Punkt ist doch, der Kranke sagt gegenüber dem Gesunden nur das was er denkt oder fühlt, während der Gesunde meint, er dürfe es nicht sagen. Der Kranke ist gegenüber den Gesunden nur Ehrlich, währen der Gesunde gegenüber den Kranken einiges verschweigt. Der Gesunde sagt einem anderen Gesunden etwas, dass er dem Kranken gegenüber nicht sagt
Auf Augenhöhe heisst, ehrlich zu sein und paradoxerweise eben keine Rücksicht zu nehmen.

Da ist der Kranke irgendwie ehrlicher.
 
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Ein Problem ist eben, dass diese Ehrlichkeit auch verletzend wirken kann. Ich denk aber schon das man in der Lage ist zwischen Ehrlichkeit und Boshaftigkeit unterscheiden kann, wenn man länger über das Gesagte nachdenkt. Ist leider aber auch so eine Sache.

Sorry, sprengt jetzt wohl etwas das eigentliche Thema des Threads
 
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